BGH Beschluss v. - 4 StR 526/16

Strafzumessung bei schwerem Kindesmissbrauch: Verletzung des Doppelverwertungsverbots bei strafschärfender Berücksichtigung eines Qualifikationsmerkmals

Gesetze: § 46 Abs 3 StGB, § 176a Abs 2 Nr 1 StGB

Instanzenzug: LG Baden-Baden Az: 206 Js 1599/11 jug 3 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt, wobei drei Monate dieser Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge und eine nicht ausgeführte Verfahrensrüge gestützte Revision des Angeklagten hat zum Strafausspruch teilweise Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2Der Strafausspruch in den Fällen II. 1 und 4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. In diesen Fällen ist der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB zu Einzelfreiheitsstrafen in Höhe von jeweils drei Jahren verurteilt worden. Das Landgericht hat minder schwere Fälle gemäß § 176a Abs. 4 - 2. Alt. - StGB verneint. Bei dieser Abwägung und bei der konkreten Strafzumessung hat es zu Lasten des Angeklagten u.a. berücksichtigt, dass es bei den Taten zu einem Eindringen in den Körper der geschädigten Nebenklägerin gekommen ist. Damit hat es die Verwirklichung der Qualifikation in § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB strafschärfend verwertet und das in § 46 Abs. 3 StGB normierte Doppelverwertungsverbot verletzt (, BGHR StPO § 354 Abs. 1a Anwendungsbereich 10).

3Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der gegen den Beschwerdeführer in den Fällen II. 1 und 4 erkannten Einzelstrafen auf diesem Rechtsfehler beruht. Soweit das Landgericht hingegen den Zeitablauf nach der Tatbegehung gewürdigt hat (vgl. , NStZ-RR 2017, 103, 104), schließt der Senat ein bestimmendes Gewicht dieser Erwägungen zu Lasten des Angeklagten aus.

4Die Aufhebung der beiden Einzelfreiheitsstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht. Der neu zuständige Tatrichter kann ergänzende, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen treffen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:290317B4STR526.16.0

Fundstelle(n):
MAAAG-80192