Online-Nachricht - Montag, 19.03.2018

Umsatzsteuer | Steuerbefreiung von Tangounterricht (FG)

Der von einer ausgebildeten, selbständig tätigen Tänzerin erteilte Tangounterricht kann als von einem Privatlehrer erteilter Schul- und Hochschulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL umsatzsteuerfrei sein (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 66/17).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der von der Klägerin u.a. an einer VHS erteilte Tangounterricht von der Umsatzsteuer befreit ist.

Hierzu führten die Richter des FG Berlin-Brandenburg weiter aus:

  • Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG kommt nicht in Betracht, da weder eine staatliche Genehmigung nach Art. 7 Abs. 4 GG noch eine landesrechtliche Erlaubnis vorliegt.

  • Die Klägerin kann sich jedoch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL berufen, wonach Mitgliedstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht befreien.

  • Die Klägerin ist als Privatlehrerin anzusehen: Sie ist entsprechend den Anforderungen des "Haderer", Rn 30 f. tätig geworden, da sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelte und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen als ausgebildete Tänzerin stand.

  • Dem Merkmal „Privatlehrer” steht es nicht entgegen, dass die Unterrichtseinheiten mehreren Tanzschülern gleichzeitig erteilt werden ( "Haderer", Rn. 31). Darüber hinaus ist es unerheblich, ob die der Unterrichtserteilung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen unmittelbar mit den Schülern oder mit Dritten (zum Beispiel mit deren Eltern) bestanden haben ().

  • Auch hat die Klägerin Schulunterricht erbracht: Nach der Rechtsprechung des EuGH beschränkt sich der Begriff des Schulunterrichts nicht auf solchen Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

  • Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin Unterrichtsleistungen erbracht. Der an der VHS und ansonsten in eigener Verantwortung der Klägerin durchgeführte Tangounterricht verfolgt nach der Überzeugung des Senats nicht nur bloße Freizeitzwecke. Dies folgt zum einen daraus, dass Tanzen allgemein in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen in den Unterrichtsfächern Darstellendes Spiel, Musik und Sport fest verankert ist und der Tangotanz im Besonderen fester Bestandteil des Hochschulsports ist.

  • Gegen die Annahme einer bloßen Freizeitgestaltung für die Teilnehmer spricht ferner, dass das Kursangebot der Klägerin aufeinander aufbaut und diesen die Möglichkeit bietet, ihre Fertigkeiten kontinuierlich zu vervollkommnen. Schließlich handelt es sich insbesondere bei dem von der Klägerin unterrichteten Tango Argentino um eine besonders anspruchsvolle Form des Tanzes, die nicht zum gängigen Repertoire bloßen Freizeitvergnügens zählt, wie dies etwa beim Seniorentanz der Fall ist.

Hinweis:

Die Revision gegen die Entscheidung ist beim BFH unter dem Az. V R 66/17 anhängig.

Quelle: , NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB LAAAG-78601