Online-Nachricht - Mittwoch, 21.02.2018

Verfahrensrecht | Missachtung des Vertragsstatuts als Rechtsanwendungsfehler (BFH)

Hat das Tatsachengericht einen Vertrag, der ausländischem Recht unterliegt, nach deutschem Recht ausgelegt, liegt darin ein Verstoß gegen materielles Bundesrecht, der vom Revisionsgericht ohne Rüge zu berücksichtigen ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine deutsche Filmproduktionsgesellschaft in Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie produzierte einen Spielfilm und räumte die Verwertungsrechte des Films einem ausländischen Vertriebsunternehmen ein. Die Verträge waren im Wesentlichen kalifornischem Recht unterstellt.

Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe eine am Schluss der Vertragslaufzeit vom Vertriebsunternehmen zu leistende Zahlung in der Bilanz der Klägerin bereits während der Laufzeit des Vertrags gewinnerhöhend auszuweisen war. FA und FG der ersten Instanz hatten die Verträge nach den in Deutschland üblichen Methoden ausgelegt.

Die Richter des BFH folgten dem nicht:

  • Für die Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang der Leistungsverpflichtete seine Leistung erbracht hat und ihm der Anspruch auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist, kommt es darauf an, zu welcher Leistung der Leistungsverpflichtete überhaupt verpflichtet ist. Dies muss durch Auslegung des zugrunde liegenden Vertrags ermittelt werden.

  • Unterliegt dieser Vertrag gemäß den Vorschriften des Internationalen Privatrechts ausländischem Recht, ist die Auslegung des Vertrags nach jenem ausländischen Recht vorzunehmen.

  • Denn das auf einen Vertrag anzuwendende Recht ist maßgebend für die Vertragsauslegung (Art. 32 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F.; vgl. Palandt/Thorn, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl., Rom I (IPR), Vorbemerkung Rz 1).

  • Die bei der Vertragsauslegung anzuwendenden Auslegungsmethoden sind danach dem ausländischen Recht zu entnehmen. Die §§ 133, 157 BGB finden keine Anwendung. Den von den Vertragsparteien im Vertragstext verwendeten Rechtsbegriffen ist die Bedeutung beizumessen, die ihnen nach der ausländischen Rechtsordnung zukommt.

  • Danach hat das deutsche Gericht das ausländische Recht so anzuwenden, wie es die Gerichte des ausländischen Staates auslegen und anwenden (vgl. , Rz 70, m.w.N.).

Hinweise:

Im Streitfall wird das FG Feststellungen zum kalifornischen Recht treffen müssen. So fehlen bisher Feststellungen zu den Grundsätzen, nach denen Willenserklärungen und Verträge nach kalifornischem Recht auszulegen sind. Weiter geht es darum, ob das kalifornische Zivilrecht Begriffe wie "Fälligkeit" und "aufschiebende" sowie "auflösende Bedingung" kennt und ob es diesen Begriffen die gleiche Bedeutung wie das deutsche Zivilrecht beimisst. Zu klären ist auch, wie Begriffe wie "Call Option" und "Final Payment" nach kalifornischem Rechtsverständnis zu beurteilen sind.

Die Ermittlung ausländischen Rechts darf wegen der erforderlichen Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden. Hierfür zuständig ist das FG.

Quelle: BFH, Pressemitteilung v. sowie NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB DAAAG-73216