BFH Urteil v. - V R 27/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren (1980 und 1983 bis 1985) in erster Linie als Gesellschafter-Geschäftsführer der Finanztreuhandgesellschaft A-KG tätig; daneben unterhielt er u.a. eine Kanzlei als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Seit 1974 war er im Rahmen seiner Tätigkeit für die A-KG fast ausschließlich mit der steuerlichen Beratung der Baugesellschaft B-KG befasst. Für die A-KG betreute der Kläger seit 1977 auch den für die B-KG tätigen Immobilienmakler H.

Hintergrund des vorliegenden Verfahrens ist das C-Grundstückskarussell. Es diente dazu, unter Einschaltung der X, die kirchlichen Grundbesitz verwaltete, und des Liegenschaftsamtes der Stadt C, der B-KG geeignetes Baugelände zu verschaffen. Treibende Kraft war dabei H, der maßgebende Bedienstete der Stadt C und der X bestochen hatte.

Nachdem H zunächst als Makler tätig geworden war, schaltete er in der Folge Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH ein, die als Erwerber der Grundstücke bzw. Erbbaurechte auftraten und deren Gesellschaftsanteile später, aber vor der Vermarktung der Grundstücke an die B-KG veräußert wurden. Bei dem hier angewandten, vom Kläger konzipierten ”Modell I” gründeten mehrere Personen eine GmbH. Die bei der Vermarktung der Grundstücke/Erbbaurechte erzielten Gewinne wurden an die B-KG ausgeschüttet und durch Teilwertabschreibungen auf die Anschaffungskosten der GmbH-Anteile kompensiert.

An der am gegründeten Grundstücksgesellschaft D-GmbH waren H, dessen Ehefrau und eine seiner Töchter sowie der Steuerberater R, ein freier Mitarbeiter der A-KG, mit je 25 % (nominell 12 500 DM) beteiligt. R hielt den Anteil treuhänderisch für den Kläger. Die Gesellschafter der D-GmbH verkauften ihre Anteile am für 2 Mio. DM brutto bzw. nach Anrechnung der Passiva für 1 320 120 DM an die B-KG.

Am übernahmen H, seine Ehefrau, seine zwei Töchter und Steuerberater S, wiederum ein freier Mitarbeiter der A-KG, den Firmenmantel der E-GmbH. S wurde zum Geschäftsführer bestellt. Die Hälfte seines Geschäftsanteils hielt er treuhänderisch (nominal 3 750 DM) für den Kläger. Die Töchter von H hielten ihre Anteile teilweise treuhänderisch für die Mutter und eine Tante des bei der X für Grundstücksgeschäfte zuständigen Bediensteten J. Die E-GmbH erwarb in den Jahren 1981 bis 1983 Grundstücke von der Stadt C und Erbbaurechte von dem Kirchenfonds. Die Anteile an der E-GmbH wurden am für 9,34 Mio. DM an die B-KG veräußert.

Nach Auffassung der Steuerfahndung hatten die vorgenannten GmbH nur den Zweck, für die B-KG bestimmte Grundstücke zu ”parken”. Mangels Kapitalausstattung seien sie zur Durchführung von Bauträgermaßnahmen nicht in der Lage gewesen. Die Gestaltung habe ausschließlich dem Zweck gedient, die Grundstücksvermittlungsvorgänge aus dem Bereich steuerpflichtiger Provisionseinkünfte herauszulösen. Alle Grundstücke und Erbbaurechte habe sich H schon vor Gründung der jeweiligen GmbH durch ”Unrechtsvereinbarungen” mit städtischen und kirchlichen Mitarbeitern gesichert. Die Zwischenschaltung der GmbH erfülle damit den Tatbestand des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) rechnete zunächst H sämtliche Erlöse aus der Veräußerung der GmbH-Anteile im Rahmen seines Einzelunternehmens als Provisionseinnahmen zu und berücksichtigte die auf die anderen Gesellschafter (darunter den Kläger) entfallenden Veräußerungserlöse als Betriebsausgaben. Dementsprechend erhöhte das FA auch beim Kläger die erklärten Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit und die umsatzsteuerpflichtigen Entgelte im Rahmen seiner Einzelpraxis für die Jahre 1980 und 1983 bis 1985 um insgesamt 610 030 DM.

Die Klage gegen die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) kam zu dem Ergebnis, die dem Kläger insgesamt zugeflossenen Erlöse in Höhe von 610 030 DM unterlägen als Einnahmen aus steuerberatender Tätigkeit der Einkommensteuer und als Entgelt für sonstige Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des UmsatzsteuergesetzesUStG 1980—) der Umsatzsteuer. Der Kläger habe als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater entsprechende Fachleistungen erbracht und dafür Vergütungen in verdeckter Form erhalten. Er habe H das ”Modell I” zur Verfügung gestellt, durch Vertragsentwürfe und Buchführungsarbeiten maßgebliche Hilfestellung geleistet und dies zunächst auch eingeräumt, aber als unentgeltlichen Gesellschaftsbeitrag bewertet wissen wollen. Später habe er dies als Leistungen der A-KG dargestellt, für die er als Gesellschafter-Geschäftsführer tätig geworden sei. Die A-KG habe ihre Leistungen auch gesondert in Rechnung gestellt.

Letzteres sei zwar zutreffend. Daneben aber habe der Kläger persönliche Fachleistungen erbracht. H habe dem Kläger und nicht der A-KG Beteiligungen an der D-GmbH und der E-GmbH angeboten. Er habe neben seinen Familienangehörigen nur solche Personen direkt oder indirekt an den GmbH beteiligt, die die Durchsetzung der Geschäfte förderten, wie J und den Kläger - nicht etwa die A-KG. Er sei auf den Rat des Klägers angewiesen gewesen.

Die Fachleistungen könnten nicht als unentgeltliche Gesellschaftsbeiträge gewertet werden. Das führe zu einer unangemessenen ”Auslagerung” der vom Kläger selbst erwirtschafteten Gewinne auf einen anderen Rechtsträger.

Aufgrund des von H aufgebauten Beziehungsgeflechts habe festgestanden, dass die in die GmbH einzubringenden Grundstücke eine erhebliche, durch Veräußerung der GmbH-Anteile zu realisierende Wertsteigerung erfahren würden. Bei dieser Sachlage seien Leistungen nicht für die A-KG erbracht worden; vielmehr stelle die Einräumung der Beteiligungen eine besondere Art der Vergütung dar.

Ob die Zwischenschaltung der GmbH insgesamt einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten erfülle, könne offen bleiben. Der Umgehungstatbestand sei jedenfalls insoweit erfüllt, als durch die von vornherein feststehende Veräußerung der Anteile an den GmbH einzelne erbrachte Leistungen durch ein verdecktes Erfolgshonorar vergütet werden sollten. Die angemessene Gestaltung wäre ein Beratungsvertrag gewesen. Mit der Gestattung gewinnträchtiger Beteiligungen hätten die Beteiligten eine Gestaltung gewählt, die nicht nur allgemein unüblich, sondern ungewöhnlich und zur Erreichung des angestrebten Ziels unangemessen gewesen sei. Wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe seien nicht ersichtlich.

Darauf, ob 600 000 DM als erfolgsabhängiges Honorar eine angemessene Gegenleistung seien, komme es nicht an. Die Gegenleistung habe im Belieben der Vertragsparteien gestanden. H habe die Leistung des Klägers offenbar sehr hoch eingeschätzt. Dieser habe H den Weg zu einer vermeintlich steuerfreien Vereinnahmung gewiesen. Das rechtfertige die Annahme, dass er im Rahmen eines Beratungsvertrages ein ähnlich hohes Honorar hätte erzielen können.

Entscheidend für die Bemessung des Honorars sei der Zeitpunkt der Veräußerung der GmbH-Anteile.

Die Steueransprüche seien schließlich weder verjährt noch verwirkt.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat die Revision wegen Umsatzsteuer 1980 sowie 1983 bis 1985 abgetrennt und an den erkennenden Senat abgegeben. Die Revision gegen die Einkommensteuerbescheide hatte im Ergebnis keinen Erfolg; nach Auffassung des BFH gehörten die GmbH-Anteile zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers, so dass der Erlös aus der Veräußerung der Anteile seinen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit erhöht habe, ohne dass es darauf ankomme, ob die Zwischenschaltung der beiden GmbH auch den Tatbestand des § 42 AO 1977 erfüllten (, BFHE 195, 150, BStBl II 2001, 546).

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil —soweit es die Umsatzsteuer betrifft— aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 1980 und 1983 bis 1985 unter Außerachtlassung der im Steuerfahndungsbericht vom getroffenen Feststellungen zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es ist der Auffassung, der Kläger habe mit der Entwicklung des oben geschilderten Modells Leistungen an H erbracht. Die Einschaltung der Gesellschaften erfülle den Umgehungstatbestand des § 42 AO 1977. Nach Vereinnahmung der Erlöse aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile habe H den Kläger in Form des zugestandenen Vorteils entlohnt. Da der Kläger H den Weg aufgezeichnet habe, wie H und dessen Familie die sich abzeichnenden Gewinne vermeintlich steuerfrei vereinnahmen könnten, rechtfertige dieser ganz erhebliche Vorteil die Annahme, dass der Kläger auch im Rahmen eines Beratervertrags mit H ein ähnlich hohes Honorar hätte erzielen können.

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG ist zu Unrecht von einem Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten ausgegangen, ohne den von ihm festgestellten Sachverhalt unter das UStG 1980 zu subsumieren.

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Erhebungsgebiet gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 wird der Umsatz in diesem Fall nach dem Entgelt bemessen.

Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger Beratungsleistungen und damit sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 an H ausgeführt.

Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt hat er als Entgelt die Beteiligungen an der D-GmbH und der E-GmbH erhalten. Dies steht auch im Einklang mit der ertragsteuerlichen Würdigung des Sachverhalts durch den IV. Senat des BFH (Az. IV R 57/99).

a) Falls der Kläger —wie das FA vorträgt— die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (vgl. § 20 UStG 1980), war die durch die Beteiligung an der D-GmbH vergütete Leistung im Jahre 1978 und nicht in den Streitjahren (1980 und 1983 bis 1985) zu versteuern.

b) Dagegen war der Erwerb der Beteiligung an der E-GmbH im Streitjahr 1980 zu versteuern. Bei der Bewertung des Anteils ist auch der Zweck der GmbH, Grundstücke und Erbbaurechte zu erwerben und für die B-KG baureif zu machen, zu berücksichtigen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Wert der vom Kläger erbrachten Dienstleistung und der des GmbH-Anteils (soweit er das Entgelt für diese Dienstleistung ist) einander entsprechen. Vor einer Umgehung des Steuergesetzes i.S. von § 42 AO 1977 kann folglich nicht ausgegangen werden.

2. Nach den Feststellungen des FG ist nicht klar zu erkennen, ob der Kläger die Anteile an der E-GmbH gegen Zahlung ihres Nennwerts oder aber ohne bare Gegenleistung erworben hat. Im ersten Fall muss die Zahlung des Nennwerts vom Wert des Gesellschaftsanteils abgezogen werden, da dieser dann nur mit dem überschießenden Wert das Entgelt für die vom Kläger erbrachte Dienstleistung ist. Der Senat kann deshalb in der Sache nicht selbst entscheiden. Er macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache insgesamt an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1056 Nr. 8
JAAAA-68502