Online-Nachricht - Freitag, 13.10.2017

Europa | Geplante Änderungen in der MwStSystRL (Bundesrat)

Die Europäische Kommission hat den Bundesrat über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems und zur Einführung des endgültigen Systems der Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten unterrichtet (BR-Drucks. 660/17).

Hintergrund: Bei der bisherigen Regelung wird bei Warenumsätzen zwischen Unternehmen der grenzüberschreitende Warenverkehr in zwei separate Umsätze aufgeteilt: eine steuerbefreite Lieferung im Abgangsmitgliedstaat der Gegenstände und einen innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert wird. Obwohl diese Regelung nur als vorübergehend geplant war, wird sie dennoch mehr als 20 Jahre nach ihrer Annahme immer noch angewandt.

In diesem Zusammenhang forderte der Rat Änderungen in vier Bereichen:

  1. Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer

  2. Reihengeschäfte

  3. Konsignationslager (Call-off Stock)

  4. Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung

Die Kommission schlägt nun Änderungen der MwStSystRL in den ersten drei Bereichen vor. Für den vierten Bereich soll die MwSt-DVO geändert werden, diese ist daher Gegenstand eines separaten Vorschlags.

Hierzu führte die Europäische Kommission u.a. weiter aus:

  • Zertifizierter Steuerpflichtiger (Artikel 138 Absatz 1 (geändert)):
    Bestimmte Vereinfachungsregeln sollen nur dann zum Tragen kommen, wenn ein zertifizierter Steuerpflichtiger am jeweiligen Umsatz beteiligt ist. Außerdem soll die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft gelten, wenn der Erwerber bei Lieferungen innerhalb der Union ein zertifizierter Steuerpflichtiger ist.
    Folgende Kriterien wird man erfüllen müssen, um den Status als zertifizierter Steuerpflichtiger zu erhalten:

    Der Antragsteller

    1. darf keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen steuer- oder zollrechtliche Vorschriften begangen haben,

    2. muss ein hohes Maß an Kontrolle seiner Tätigkeit und Warenbewegungen nachweisen,

    3. muss seine Zahlungsfähigkeit nachweisen und

    4. darf kein pauschalbesteuernder Landwirt, kein Kleinunternehmer, kein Steuerpflichtiger, der nur Umsätze ausführt, die den VSt-Abzug ausschließen oder kein nur gelegentlich Steuerpflichtiger sein.

  • Konsignationslager (Artikel 17a (neu), Artikel 243 Abs. 3 und Artikel 262 (geändert)):
    Die Konsignationslagerregelung soll als einzige Lieferung im Abgangsmitgliedstaat und als innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Mitgliedstaat anzusehen sein, in dem sich das Lager befindet, sofern der Umsatz zwischen zwei zertifizierten Steuerpflichtigen stattfindet.

  • MwSt-IdNr. und Steuerbefreiung bestimmter innergemeinschaftlicher Umsätze (Artikel 138 Absatz 1 (geändert)):
    Während derzeit auf den Erwerber als Steuerpflichtigen Bezug genommen wird, soll nun als materielle Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung festgelegt werden, dass der Erwerber für Mehrwertsteuerzwecke in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände für Mehrwertsteuerzwecke registriert sein muss. Die korrekte Erfassung des MIAS-Eintrags soll auch zu einer materiellen Voraussetzung für eine Steuerbefreiung werden.

  • Reihengeschäfte (Artikel 138a (neu)):
    Es werden Bestimmungen vorgeschlagen, wem die Beförderung in einer Reihe zuzuschreiben ist, wenn die Beförderung durch einen Zwischenlieferer der Reihe erfolgt ist:

    1. der Lieferung an diesen Zwischenlieferer, sofern er für Mehrwertsteuerzwecke in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Lieferung registriert ist und den Namen des Eingangsmitgliedstaats der Gegenstände an seinen Lieferer übermittelt hat;

    2. der Lieferung durch den Zwischenlieferer an den nächsten Wirtschaftsbeteiligten in der Reihe, wenn eine der beiden unter Ziffer a genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist.

    Die Bestimmungen und die damit verbundene Rechtssicherheit gelten nur, wenn sowohl der Zwischenlieferer als auch der Steuerpflichtige, der die Gegenstände an ihn geliefert hat, zertifizierte Steuerpflichtige sind.

  • endgültiges System (Artikel 402 (geändert), Artikel 403, 404 (gestrichen)):
    In diesem Kontext soll ein neuer Begriff die sogenannte „Lieferung innerhalb der Union“ aufgenommen werden. Dieser neue einzige Steuertatbestand soll das derzeitige System einer steuerbefreiten Lieferung im Abgangsmitgliedstaat und eines steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat als zweiten und separaten Steuertatbestand ersetzen.

    Der „Ort der Lieferung“ soll im Eingangsmitgliedstaat der Gegenstände liegen. Der Lieferer soll die Zahlung der MwSt auf diese „Lieferung innerhalb der Union“ schulden, es sei denn, der Erwerber ist ein zertifizierter Steuerpflichtiger; in diesem Fall muss letzterer die MwSt in seiner MwSt-Erklärung ausweisen.

Der Vorschlag ist auf der Homepage des Bundesrates abrufbar.
Im Jahr 2018 soll ein vorzulegender Vorschlag weitere technische Bestimmungen für die tatsächliche Umsetzung dieser Punkte enthalten.
Zur weitreichenden Reform der MwStSystRL lesen Sie unsere Nachricht vom 04.10.2017.
Weitere Informationen zum zertifizierten Steuerpflichtigen finden Sie in der Nachricht vom 12.10.2017.

Quelle: BR-Drucks. 660/17 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB IAAAG-59622