Online-Nachricht - Mittwoch, 04.10.2017

Einkommensteuer | Sofortabzug für mutwillig herbeigeführte Substanzschäden (BFH)

Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG) (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin im Jahr 2007 eine vermietete Eigentumswohnung erworben, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand. Im Folgejahr kam es im Rahmen des - nach § 566 BGB auf die Klägerin übergegangenen - Mietverhältnisses zu Leistungsstörungen, da die Mieterin die Leistung fälliger Nebenkostenzahlungen verweigerte; vor diesem Hintergrund kündigte die Klägerin das Mietverhältnis. Im Zuge der Rückgabe der Mietsache stellte die Klägerin umfangreiche, von der Mieterin jüngst verursachte Schäden wie eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen an der Eigentumswohnung fest. Darüber hinaus hatte die Mieterin einen Rohrbruch im Badezimmer nicht gemeldet; dadurch war es zu Folgeschäden gekommen. Zur Beseitigung dieser Schäden machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 Kosten in Höhe von rund 20.000 € als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Mangels Zahlungsfähigkeit der Mieterin könnte die Klägerin keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin durchsetzen.

Das FA versagte den Sofortabzug der Kosten, da es sich um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ (§ 9 Abs. 5 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) handele; der zur Schadenbeseitigung aufgewendete Betrag überschreite 15 % der Anschaffungskosten für das Immobilienobjekt. Daher könnten die Kosten nur im Rahmen der AfA anteilig mit 2 % über einen Zeitraum von 50 Jahren geltend gemacht werden.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Zwar gehörten zu den als Herstellungskosten der AfA unterliegenden Aufwendungen nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen wie etwa sog. Schönheitsreparaturen oder auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.

  • Selbst die Beseitigung verdeckter - im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener - Mängel oder die Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte fällt hierunter.

  • Demgegenüber sind Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinne „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln des Mieters am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Solche Aufwendungen können als sog. „Erhaltungsaufwand“ und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.

Hinweis:

Der Steuerpflichtige trägt die objektive Beweislast. Er sollte den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung mit Unterstützung eines Sachverständigen dokumentieren, damit man nach Auszug des Mieters feststellen kann, welche Schäden erst nach der Anschaffung verursacht wurden. Leistet der Mieter Schadensersatz, so sind die Aufwendungen grundsätzlich nur in Höhe des Saldos zwischen dem vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwand und dem vom Mieter erstatteten Aufwand in die Ermittlung der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 61/2017 vom 04.10.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB BAAAG-58703