BFH Urteil v. - VIII R 36/99

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb in den Jahren 1982 und 1983 abgezinste Sparschuldverschreibungen einer Bank, die am Ende ihrer jeweils siebenjährigen Laufzeit zum Nominalbetrag eingelöst werden sollten. Im Jahr 1983 verpfändete der Kläger die Sparschuldverschreibungen an die Bank als Sicherheit für Kredite, die ihm die Bank gewährt hatte. Nachdem der Kläger die Kredite nicht zurückzahlen konnte, verwertete die Bank die Sparschuldverschreibungen am und erhielt hierfür einen Kurswert von 927 751 DM, der zur teilweisen Rückführung der Kreditverbindlichkeiten des Klägers verwendet wurde. Eine Abrechnung der Bank, aus der sich die Aufteilung dieses Betrags auf die Hauptschulden, die Zinsen und etwaige Kreditkosten hätte ergeben können, legte der Kläger nicht vor. Auf Anfrage des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) erklärte die Bank mit Schreiben vom , dass in dem Kurswert von 927 751 DM Zinsen in Höhe von 115 866,23 DM enthalten gewesen seien, von denen 49 190 DM auf das Jahr 1988 und 66 675,81 DM auf das Jahr 1987 entfallen seien. Nachdem das FA im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1988 die Zinsen zunächst in Höhe von 300 000 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt hatte, korrigierte es auf Grund des vorstehend genannten Schreibens die Höhe der anzusetzenden Zinsen auf 49 190 DM.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, den Zinseinnahmen seien mindestens in gleicher Höhe Schuldzinsen gegenüberzustellen, die entweder als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit oder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen seien, da sie mit diesen Einkunftsarten in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Mangels brauchbarer Unterlagen seitens der Bank sei er als Kläger aber nicht in der Lage, diesen Zusammenhang nachzuweisen.

Nach dem Einspruchsverfahren beantragte der Kläger im Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) die Beiziehung der Kreditakten der Bank sowie die Vernehmung des zuständigen Sachbearbeiters der Bank, Herrn G, als Zeugen. Hierbei wies der Kläger darauf hin, dass er trotz aller Bemühungen keine ausreichenden Unterlagen von der Bank erhalten habe, so dass er ohne die Auskunft der Bank und Einsichtnahme in deren Kreditakten weder die Verwendung der von ihm im Jahr 1982 aufgenommenen Kredite noch die Höhe der von ihm im Streitjahr entrichteten Zinsen nachweisen könne.

Das FG forderte den Kläger demgegenüber auf, die Verpfändungs- und Kreditverträge vorzulegen sowie seinen Vortrag, die erhaltenen Kreditmittel stünden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit bzw. aus Vermietung und Verpachtung, zu substantiieren. Der Kläger legte daraufhin mit Schriftsatz vom neben einer mit der Bank getroffenen Kreditvereinbarung vom diverse Unterlagen —insbesondere eine selbst erstellte Auflistung über die an die Bank geleisteten Zahlungen— vor.

Das FG wies die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass der Kläger weder den Verwendungszweck der Kredite substantiiert dargelegt noch die Tilgung von Zinsschulden im Rahmen der Verwertung der verpfändeten Sparschuldverschreibungen nachgewiesen habe. Nach den Grundsätzen über die Feststellungslast habe sich dies zu Lasten des Klägers ausgewirkt. Das FG habe dem Antrag auf Zeugenvernehmung des G nicht nachkommen müssen, weil der Kläger das Beweisthema nicht deutlich benannt habe und eine Beweiserhebung das erforderliche Vorbringen des Klägers nicht hätte ersetzen können. Im Übrigen hätten richtigerweise auch die im Jahr 1987 angefallenen Zinsen aus den abgezinsten Sparschuldverschreibungen im Streitjahr als Einnahmen aus Kapitalvermögen angesetzt werden müssen, da sie dem Kläger infolge der Verwertung der Wertpapiere zugeflossen seien; jedoch sei eine Verböserung im FG-Verfahren ausgeschlossen.

Der Senat hat die Revision wegen des Verfahrensmangels mangelnder Sachaufklärung zugelassen (Beschluss vom VIII B 106/98, BFH/NV 1999, 1369). Seine Revision hat der Kläger mit einer Bezugnahme auf den genannten Revisionszulassungsbeschluss des Senats begründet und seiner Revisionsschrift eine Abschrift dieses Beschlusses beigefügt. Mit Schriftsatz vom hat der Kläger ausgeführt, dass das Verfahren an das FG Düsseldorf infolge unzureichender Sachaufklärung zurückzuverweisen sei.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

II. Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat einen Verfahrensfehler i.S. von § 118 Abs. 3 Satz 1 FGO begangen, indem es seiner Verpflichtung, den Sachverhalt soweit wie möglich aufzuklären (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), nicht nachgekommen ist, sondern zu Unrecht die —entscheidungserheblichen— Beweisanträge des Klägers abgelehnt hat. Die Entscheidung beruht auf diesem Verfahrensmangel (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Die Revision ist zulässig. Der Kläger hat —entgegen der Ansicht des FA— die Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO erfüllt.

Der Kläger hat sich in seiner Revisionsschrift vom ausdrücklich auf den Beschluss des Senats in BFH/NV 1999, 1369, mit dem der Senat die Revision wegen eines Verfahrensmangels zugelassen und die Zulassung mit einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG begründet hat, bezogen und in dem —innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO eingereichten— Schriftsatz vom die Auffassung vertreten, dass das Verfahren ”infolge unzureichender Sachaufklärung” an das FG zurückzuverweisen sei. Aus der Bezugnahme auf den Beschluss in BFH/NV 1999, 1369 ergibt sich eine den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO entsprechende Revisionsrüge des Klägers, da aus dem Revisionszulassungsbeschluss deutlich wird, welchen Verfahrensmangel der Kläger rügt und aus welchen Tatsachen sich der gerügte Verfahrensmangel ergibt. Eine derartige Bezugnahme auf einen Beschluss, mit dem die Revision wegen eines Verfahrensmangels zugelassen wird, ist zulässig und ausreichend (vgl. , BFH/NV 1998, 182; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 35; Beermann/Rüsken, Steuerliches Verfahrensrecht, § 120 FGO Rz. 214; Schwarz/Dürr, Finanzgerichtsordnung, § 120 Rz. 109; , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1984, 74, zur entsprechenden Vorschrift des § 139 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis gültigen Fassung; , Entscheidungssammlung zum Sozialrecht 50/246, zur entsprechenden Vorschrift des § 164 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes). Zudem ergibt sich auch aus dem Schriftsatz des Klägers vom , nach dem das Verfahren an das FG infolge unzureichender Sachaufklärung zurückzuverweisen sei, dass die Revision auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG gestützt wird; zugleich beinhaltet dieser Schriftsatz —entgegen der Auffassung des FA— einen bestimmten Antrag i.S. von § 120 Abs. 2 FGO, da der Kläger sinngemäß eine Entscheidung i.S. von § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO begehrt.

2. Die Revision ist auch begründet. Die Entscheidung des FG ist verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da das FG seine Sachaufklärungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt hat, indem es entscheidungserheblichen Beweisanträgen des Klägers nicht nachgekommen ist.

a) Nach § 76 Abs. 1 FGO hat das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FGO zu erheben. Diesem Gebot der Sachverhaltsaufklärung entspricht es, dass das FG grundsätzlich Beweisanträgen, die die Aufklärung entscheidungserheblicher Tatsachen betreffen, nachgeht. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen insbesondere dann, wenn das Beweismittel bzw. die Beweiserhebung unzulässig bzw. absolut untauglich ist, das Beweismittel unerreichbar ist, der Beweisantrag unsubstantiiert gestellt wird oder wenn das FG die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zu Gunsten der betreffenden Partei unterstellt (vgl. , BFH/NV 1996, 757, m.w.N.; Gräber/von Groll, a.a.O., § 76 Rz. 24 ff.). Im Übrigen wird die Sachaufklärungspflicht des FG nur dann eingeschränkt, wenn ein Beteiligter seine prozessuale Mitwirkungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 FGO verletzt hat (vgl. , BFH/NV 1997, 407, unter 2. b der Gründe; vom X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 3. der Gründe). Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht ist gegeben, wenn der Beteiligte seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts nicht nachkommt; dabei ist seine Verantwortung für die Sachverhaltsaufklärung umso größer, je mehr Tatsachen oder Beweismittel der von ihm beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre angehören (zur sog. Beweisnähe vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 3. der Gründe). Erst wenn das FG nach Maßgabe der vorstehend genannten Grundsätze alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, den Sachverhalt aufzuklären, darf es eine verbleibende Ungewissheit nach den Grundsätzen über die Feststellungslast (Beweislast) prozessual dem Beteiligten anlasten, der sich auf eine für ihn günstige Norm beruft (vgl. , BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864, unter II. B. 1. b der Gründe; in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 2. der Gründe).

b) Das FG hat die vorstehend genannten Grundsätze zur Sachaufklärungspflicht und zu den Voraussetzungen für die Anwendung der Regeln über die Feststellungslast (Beweislast) nicht berücksichtigt und die Beweisanträge des Klägers zu Unrecht abgelehnt.

aa) Die Beweisanträge des Klägers betreffen entscheidungserhebliche Tatsachen und wurden substantiiert gestellt. Die Fragen der Verwendung des Kredits und der Höhe der vom Kläger entrichteten Zinsen sind entscheidungserheblich, da nur bei einer Verwendung des Kredits im Zusammenhang mit einer Einkunftsart die für den Kredit entrichteten Schuldzinsen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 des EinkommensteuergesetzesEStG—) oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 1 i.V.m. § 21 EStG) abziehbar wären und der Umfang der Abziehbarkeit von der Höhe der im Streitjahr gezahlten Schuldzinsen abhinge.

Die Beweisanträge waren auch substantiiert; insbesondere hat der Kläger die Beweisthemen hinreichend benannt. Der Kläger hatte den Zeugen G sowie die Beiziehung der Kreditakten der Bank zum Beweis für die Verwendung der Kredite im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit als Architekt bzw. im Rahmen der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung genannt; hinsichtlich der Höhe der von ihm entrichteten Zinsen hatte der Kläger im Schriftsatz vom eine Konkretisierung in der Weise vorgenommen, dass er ”bis zum ” Zinsen in Höhe von 51 509,83 DM entrichtet habe. Wenngleich sich aus den Beweisthemen nicht ergibt, ob —und ggf. in welchem Umfang— die geltend gemachten Zinsen durch die Erzielung von Einkünften i.S. von § 18 EStG oder i.S. von § 21 EStG veranlasst gewesen sein sollen, gaben sie dem FG gleichwohl eine hinreichende Grundlage für eine Beweiserhebung; denn das FG wurde auf Grund der genannten Beweisthemen in die Lage versetzt, hinsichtlich des Verwendungszwecks der Kredite und der Zinshöhe die Kreditakten der Bank auszuwerten sowie den Zeugen G zu befragen (zu den Anforderungen an die Zulässigkeit eines Beweisantrags vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 757).

bb) Den Kläger traf hinsichtlich der Verwendung der im Jahr 1982 aufgenommenen Kredite und der Zinshöhe keine erhöhte Mitwirkungspflicht. Zwar trägt der Kläger insoweit grundsätzlich eine größere Verantwortung für die Sachverhaltsaufklärung, da es sowohl bei der Frage, ob und inwieweit die aufgenommenen Kredite für seine freiberufliche Tätigkeit bzw. für die Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung verwendet wurden, als auch bei der Höhe der Zinsen um die Ermittlung von Tatsachen geht, die typischerweise der von ihm beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre angehören (vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 3. der Gründe). Im Streitfall hat aber der Kläger substantiiert dargelegt, dass er selbst über die aus dem Jahre 1982 stammenden Unterlagen, die die Kreditverwendung belegen könnten, nicht mehr verfüge und er von der Bank nur unzureichende Dokumente erhalten habe. Verfügte der Kläger danach nicht über die erforderlichen Unterlagen und bestand für ihn auch keine Zugriffsmöglichkeit, so ist eine erhöhte Mitwirkungspflicht zu verneinen; diese ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich sowohl bei der Kreditverwendung als auch bei der Höhe des Anteils der durch die Einkünfteerzielung veranlassten Schuldzinsen um Angaben handelt, die ursprünglich in den Wissensbereich des Klägers fielen (vgl. hierzu , BFH/NV 1995, 570, unter 2. c der Gründe). Aus den vorstehend genannten Erwägungen ist auch eine Verletzung der prozessualen Mitwirkungspflicht des Klägers, die eine Einschränkung der Sachaufklärungspflicht des FG nach sich zöge (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 407, unter 2. b der Gründe; in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 3. der Gründe), zu verneinen.

cc) Das FG hätte nach den vorstehenden Ausführungen auf Grund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den Beweisanträgen des Klägers stattgeben müssen und gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FGO den Zeugen G bezüglich der Verwendung der im Jahr 1982 aufgenommenen Kredite vernehmen sowie gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 97 der Abgabenordnung (AO 1977) die Kreditunterlagen der Bank zur Einsicht und Prüfung verlangen müssen. Die Grundsätze über die Feststellungslast (Beweislast) hätte das FG erst anwenden dürfen, wenn es alle Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts ausgeschöpft hätte, insbesondere die vom Kläger beantragte Sachaufklärung durchgeführt hätte, gleichwohl aber Ungewissheiten im Tatsächlichen verblieben wären (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864, unter II. B. 1. b der Gründe; in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, unter 2. der Gründe).

c) Der Kläger hat auf die Beweiserhebung nicht dadurch verzichtet, dass er die Ablehnung seines Beweisantrags im Verfahren vor dem FG nicht gerügt hat. Ein Verfahrensmangel kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die Prozessbeteiligten verzichten können und verzichtet haben (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung —ZPO—). Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört auch das Übergehen bzw. die ungerechtfertigte Ablehnung eines Beweisantrags (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, m.w.N.). Bei verzichtbaren Mängeln geht das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge, ohne dass es hierfür eines Verzichtwillens bedarf. Dieser Grundsatz gilt allerdings bei Beweisanträgen des Klägers nur dann uneingeschränkt, wenn der Kläger vor dem FG durch einen rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten war. Trat der Kläger hingegen —wie im Streitfall— ohne Rechtsbeistand vor dem FG auf, kann ihm die Unkenntnis eines derartigen Verfahrensverstoßes nicht zugerechnet werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 757).

d) Das Urteil des FG beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insoweit genügt die Möglichkeit, dass das FG ohne die Rechtsverletzung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 51). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das FG bei Durchführung der beantragten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die vom Kläger aufgenommenen Kredite zumindest anteilig zur Erzielung von Einkünften verwendet worden sind und der Kläger hierfür Schuldzinsen im Streitjahr entrichtet hat, so dass das FG die Voraussetzungen für deren Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bejaht hätte.

Dem steht nicht entgegen, dass das FG in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass dem Kläger im Streitjahr nicht nur 49 190 DM, sondern insgesamt 115 866 DM Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zugeflossen seien (§ 11 Abs. 1 EStG), so dass —bestünde im FG-Verfahren kein Verböserungsverbot— richtigerweise Zinseinnahmen aus den abgezinsten Sparschuldverschreibungen in Höhe von 115 866 DM bei der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigt werden müssten. Der Kläger hat nämlich den Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben stets in einem mindestens der Höhe der angesetzten Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG entsprechenden Umfang begehrt, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich auf Grund der Beweisaufnahme abziehbare Schuldzinsen in Höhe von mehr als 66 676 DM ergeben hätten; in diesem Fall wäre selbst nach Saldierung mit dem vom FG für zutreffend erachteten Ansatz von Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 115 866 DM der Klage zumindest ein Teilerfolg beschieden gewesen.

3. Das FG wird im zweiten Rechtsgang aufzuklären haben, ob und inwieweit der Kläger die im Jahr 1982 bei der Bank aufgenommenen Kredite für eine Einkünfteerzielung im Bereich des § 18 oder § 21 EStG verwendet hat und in welcher Höhe er Schuldzinsen für diese Kredite im Streitjahr gezahlt hat. Aus Gründen der Prozessökonomie weist der Senat dabei auf Folgendes hin: Sollte die Beweisaufnahme die vom Kläger behauptete Kreditverwendung nicht bestätigen bzw. sollten insoweit Ungewissheiten verbleiben, sind —wie unter II. 2. a der Gründe ausgeführt— die Grundsätze über die Feststellungslast (Beweislast) anwendbar. Sollte hingegen die Beweiserhebung zu dem Ergebnis führen, dass der Kläger die bei der Bank aufgenommenen Kredite für die Erzielung von Einkünften verwendet hat und der Kläger hierfür Schuldzinsen im Streitjahr entrichtet hat, wird das FG —wie es in seiner Entscheidung dem Grunde nach zutreffend erkannt hat— den sich danach ergebenden Abzug von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten im Wege der Saldierung (vgl. hierzu , BFH/NV 1987, 473) mit höheren Einnahmen aus Kapitalvermögen verrechnen müssen. Denn zu den im Streitjahr zugeflossenen Zinsen aus den abgezinsten Sparschuldverschreibungen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören nicht nur die im Streitjahr entstandenen Zinsen, sondern auch die in den Vorjahren seit der Anschaffung der Sparschuldverschreibungen angefallenen Zinsen, deren Höhe das FG für das Jahr 1987 mit 66 675,81 DM beziffert hat, während es für die weiteren Vorjahre Feststellungen —aus seiner Sicht zu Recht— nicht getroffen hat. Der höhere Ansatz von Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ergibt sich daraus, dass bei abgezinsten Wertpapieren die Zinsen nicht jährlich zufließen, sondern ein Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG erst bei Einlösung bzw. Verwertung des Wertpapiers in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Ausgabepreis und dem Rückzahlungsbetrag bzw. Verwertungserlös erfolgt (vgl. , BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540; Dötsch in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. I 49 und I 60). Ob die im Streitjahr noch anwendbare Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung (, BStBl I 1989, 428), nach der der Steuerpflichtige für Veranlagungszeiträume vor 1989 bei Bundesschatzbriefen Typ B die jährliche Besteuerung von Zinsen wählen kann, auch für Zinsen aus abgezinsten Sparschuldverschreibungen anzuwenden ist, wird das FG nur zu prüfen haben, falls der Kläger für die vorherigen Veranlagungszeiträume die jährliche Besteuerung gewählt und entsprechende Zinseinnahmen aus den Sparschuldverschreibungen erklärt hat.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 789 Nr. 6
PAAAA-67593