Online-Nachricht - Montag, 11.09.2017

Reiserecht | Ausgleich bei Annullierung oder Verspätung eines Fluges (EuGH)

Der Ausgleich, der Fluggästen im Fall der Annullierung oder einer großen Verspätung eines Flugs mit Anschlussflügen zu zahlen ist, ist nach der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen zu berechnen. Der Umstand, dass die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke wegen des Anschlussflugs die Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen übersteigt, hat keine Auswirkungen auf die Berechnung des Ausgleichs ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerinnen sind mit einem Flug von Rom über Brüssel nach Hamburg gereist. Da ihr Flug in Hamburg mit einer Verspätung von drei Stunden und fünfzig Minuten ankam, befassten sie das AG Hamburg, um den in der Unionsverordnung über die Leistung von Ausgleichszahlungen an Fluggäste vorgesehenen Ausgleich zu erhalten. Diese Verordnung sieht u. a. vor, dass die Fluggäste im Fall einer Verspätung von drei Stunden oder mehr Anspruch auf einen Ausgleich in Höhe von 250 € bei Flügen von 1.500 km oder weniger und von 400 € bei Flügen zwischen zwei Mitgliedstaaten von mehr als 1.500 km haben.

In diesem Kontext fragt das AG den EuGH, ob im Fall eines Flugs mit Anschlussflügen die Gesamtentfernung für den Flug der Entfernung zwischen dem Start- und dem Zielflughafen entspricht (im vorliegenden Fall 1.326 km zwischen Rom und Hamburg) oder ob diese nach der tatsächlich zurückgelegten Flugstrecke zu berechnen ist (im vorliegenden Fall 1.656 km, nämlich 1.173 km für die Entfernung zwischen Rom und Brüssel und 483 km für die Entfernung zwischen Brüssel und Hamburg).

Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Die Verordnung im Rahmen des Ausgleichsanspruchs unterscheidet nicht danach, ob die betroffenen Fluggäste ihr Endziel mittels eines Direktflugs oder eines Flugs mit Anschlussflug erreichen. Die Fluggäste sind daher in beiden Fällen bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichs gleichzubehandeln.

  • Die verschiedenen in der Verordnung vorgesehenen Ausgleichstranchen tragen dem unterschiedlichen Umfang der Unannehmlichkeiten Rechnung, die den Fluggästen dadurch entstehen, dass sie nicht die Möglichkeit haben, ihre Reise nach freien Stücken umzugestalten und so den mit der Annullierung oder großen Verspätung ihres Flugs verbundenen Zeitverlust zu vermeiden.

  • Die Art des Flugs (Direktflug oder Flug mit Anschlussflug) hat keine Auswirkungen auf den Umfang der den Fluggästen entstandenen Unannehmlichkeiten. Daher ist bei der Bestimmung der Höhe des Ausgleichs im Fall eines Flugs mit Anschlussflug lediglich die Luftlinienentfernung (Großkreisentfernung) zu berücksichtigen, die ein Direktflug zwischen dem Start- und dem Zielflughafen zurücklegen würde. Der Umstand, dass die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke wegen des Anschlussflugs die Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen übersteigt, hat keine Auswirkungen auf die Berechnung des Ausgleichs.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung Nr. 92/17 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB ZAAAG-56404