Online-Nachricht - Mittwoch, 24.05.2017

Einkommensteuer | Restschuldbefreiung und Betriebsaufgabe (BFH)

Ein Buchgewinn, der aufgrund der Erteilung einer Restschuldbefreiung entsteht, ist grundsätzlich im Jahr der Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses zu erfassen. Wurde der Betrieb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben, liegt allerdings ein in das Jahr der Aufstellung der Aufgabebilanz zurückwirkendes Ereignis vor (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger ist als Handelsvertreter tätig und betrieb in den Jahren 1994 und 1995 daneben ein Einzelhandelsgeschäft für Kinderausstattung. Dieses gab er am auf. 1999 beantragte der Kläger die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen. 2006 erteilte das Amtsgericht die Restschuldbefreiung.

Das Betriebs-FA erließ einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1995, der im Schätzungswege einen sog. Befreiungsgewinn aufgrund der Restschuldbefreiung berücksichtigte. Während des Einspruchsverfahrens änderte das BMF seine Rechtsauffassung zur zeitlichen Erfassung des Befreiungsgewinns (BMF, Schreiben vom 22.12.2009 - IV C 6 S 2140/07/10001:01) und vertrat nunmehr die Auffassung, im Fall einer Restschuldbefreiung sei von der Realisierung eines Befreiungsgewinns erst im Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung auszugehen. Es handele sich nicht um ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Hierzu führt der BFH weiter aus:

  • Die Erteilung der Restschuldbefreiung führt nicht zu einem (gar in die Vergangenheit zurückwirkenden) Erlöschen der Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners. Stattdessen werden die nicht erfüllten Forderungen ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts, mit dem die Restschuldbefreiung erteilt wird (§ 300 InsO), in unvollkommene Verbindlichkeiten (sog. Naturalobligationen) umgewandelt, deren Erfüllung von da ab d.h. ex nunc freiwillig möglich ist, jedoch nicht erzwungen werden kann. Daher wirkt die Erteilung der Restschuldbefreiung auch einkommensteuerrechtlich grundsätzlich nicht zurück.

  • Davon unabhängig sind die Auswirkungen der Restschuldbefreiung im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe zu betrachten. Aufgrund der Einstellung der gewerblichen Tätigkeit hat ein Steuerpflichtiger wie hier der Kläger eine Betriebsaufgabebilanz zu erstellen.

  • Die in diese Bilanz eingestellten Verbindlichkeiten sind aufgrund der im Streitjahr erteilten Restschuldbefreiung auszubuchen. Somit stellt die Restschuldbefreiung bei einem Zusammenhang mit einer früheren Betriebsaufgabe ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.

  • Im Streitfall ist zwar nicht klar, ob der Betriebsaufgabezeitraum bereits mit der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit im Jahr 1995 endete. Unstreitig endete die Betriebsaufgabe jedenfalls in einem Jahr vor Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers im Jahr 1999.

Hinweis:

Nachdem die Finanzverwaltung seit dem davon ausging, dass die Restschuldbefreiung kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist, gab es unterschiedliche Rechtsprechung der FG, die nun geklärt wurde. Das BMF wird seine Verwaltungsauffassung nun anpassen müssen.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB UAAAG-45689