NWB Nr. 19 vom Seite 1409

Vergangenheit und Zukunft des Sanierungsgewinns

Professor Dr. Hans-Joachim Kanzler | Rechtsanwalt und Steuerberater | Mitherausgeber der NWB

Anwendungs- und Übergangsregelungen zum Gesetz

Bekanntlich hat der entschieden, dass das (BStBl 2003 I S. 240 „Sanierungserlass“) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Inzwischen hat der Gesetzgeber gehandelt und auf Vorschlag des Bundesrats flugs neue Vorschriften zum EStG, KStG und GewStG in das dafür eigentlich nicht vorgesehene Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (Lizenzschrankengesetz) aufgenommen. Diese Vorschriften sehen eine Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne nach vorrangiger Verrechnung mit Verlusten vor, wenn die Schulden nach dem – dem Tag der Veröffentlichung des BFH-Beschlusses – erlassen wurden. Allerdings enthalten die Anwendungsvorschriften zu dieser Steuerbefreiung keine detaillierten Regelungen zum Übergang von der beanstandeten Verwaltungsanweisung auf das Gesetz. § 52 Abs. 4a EStG-E nimmt lediglich Schulderlasse nach dem von der gesetzlichen Regelung aus, „wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Abs. 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 AO zu gewähren sind“ (Finanzausschuss, BT-Drucks. 18/12128 S. 18). Die Entwurfsbegründung geht insoweit noch von einem Wahlrecht aus, das vom Wortlaut der Vorschrift nicht bestätigt wird. Weitere Fallvarianten wurden nicht behandelt.

Am fand die 2./3. Lesung zum Lizenzschrankengesetz statt. Zeitgleich veröffentlichte das BMF – wohl in der Gewissheit, dass es zu einer Steuerbefreiung der Sanierungsgewinne von Gesetzes wegen kommt – ein Schreiben, das mit fünf Punkten vertrauensschützende Übergangsregelungen anordnet NWB UAAAG-43881. Bei dieser Übergangsregelung, die ebenso wie das Gesetz kein Wahlrecht vorsieht, nach alter oder neuer Rechtslage behandelt zu werden, geht das BMF offenbar davon aus, dass der missbilligte Sanierungserlass günstiger als die gesetzliche Neuregelung ist. Denn in Fällen, in denen der Forderungsverzicht vor dem endgültig vollzogen oder eine verbindliche Auskunft bzw. Zusage vor diesem Zeitpunkt erteilt wurde, ist der Sanierungserlass weiter anzuwenden. Bei einer solchen nach dem verfügten Auskunft oder Zusage verzichtet die Verwaltung auf die Rücknahme des dem Steuerpflichtigen als rechtswidrig bekannten Verwaltungsakts (§ 130 Abs. 2 Nr. 4 AO), wenn der Forderungsverzicht bis zur Entscheidung über die Rücknahme vollzogen wurde: Ein unwürdiges „rat race“ um die Anwendung des Sanierungserlasses oder ein verkapptes Wahlrecht? Beides ist höchst fragwürdig, denn der Verwaltung ist es verwehrt, Steuerbefreiungen nach eigenen Vorstellungen zu bewirken (s. nur , BStBl 1997 II S. 245). In allen übrigen Fällen sind Sanierungserlasse bis zum Inkrafttreten des Gesetzes unter Widerrufsvorbehalt zu stellen. Dieses Inkrafttreten aber kann sich hinauszögern, weil der Gesetzgeber die Steuerbefreiung unter den Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission gestellt hat.

Hans-Joachim Kanzler

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 1409
NWB PAAAG-44003