BVerwG Urteil v. - 2 C 26/15

Maßgeblicher Stichtag nach dem Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz

Leitsatz

Maßgeblicher Stichtag für die Zuordnung zu den Erfahrungs- und Überleitungsstufen nach dem Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz vom (GVBl. 306) (juris: BesÜblG BE) ist der . Berliner Beamte der Besoldungsordnung A mit dem Geburtsmonat August, die nach alter Rechtslage erst ab dem Monat August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, haben daher keinen Anspruch darauf, ab dem auf der Grundlage der dem entsprechenden Überleitungsstufe besoldet zu werden.

Gesetze: § 2 Abs 1 S 2 BesÜblG BE, § 2 Abs 1 S 1 BesÜblG BE, § 3 Abs 2 S 1 BesÜblG BE, § 3 Abs 4 S 2 BesÜblG BE, Art 3 Abs 1 GG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: OVG 4 B 17.15 Urteilvorgehend Az: 26 K 196.14 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin begehrt die Zuordnung einer höheren Erfahrungsstufe bei der Überleitung in das ab geltende Besoldungsrecht des beklagten Landes.

2Die im August 1958 geborene Klägerin - eine Lehrerin - steht als Beamtin auf Lebenszeit der Besoldungsgruppe A 13 im Dienst des Beklagten. Ihr Besoldungsdienstalter wurde auf den festgesetzt. Entsprechend der bis zum geltenden Rechtslage erhielt die Klägerin zuletzt ein Grundgehalt nach der Dienstaltersstufe 11. Hätte diese Rechtslage weitergegolten, wäre die Klägerin im August 2011 in die Dienstaltersstufe 12 aufgestiegen.

3Im November 2011 informierte die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft die Klägerin darüber, dass sie der neuen Rechtslage entsprechend mit Wirkung vom von der Dienstaltersstufe 11 in die Erfahrungsstufe 7 übergeleitet worden sei und auf dieser Grundlage besoldet werde. Den Antrag der Klägerin, sie ab August 2011 gemäß der Überleitungsstufe zu Erfahrungsstufe 8 zu besolden, lehnte die Senatsverwaltung ab.

4Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Besoldung nach der Überleitungsstufe zur Erfahrungsstufe 8 zu. Für ihre Überleitung sei die von ihr zum Stichtag des erreichte Dienstaltersstufe maßgebend. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift, der gesetzlichen Systematik, der Entstehungsgeschichte der Norm sowie aus ihrem Sinn und Zweck.

5Zur Begründung der vom Berufungsgericht zugelassenen und von ihr erhobenen Revision hat die Klägerin ausgeführt, für eine Überleitung der Besoldung zum Stichtag spreche besonders der Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift. Danach seien die Beamten auf Grundlage des am maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihnen am zustehen würde, den neuen Erfahrungs-Überleitungsstufen zuzuordnen. Mit dieser Wortwahl verknüpfe der Gesetzgeber das Datum 31. Juli nur mit dem vom Beamten innegehabten Amt. Für die betragsmäßige Überleitung des Grundgehaltes werde aber das Datum 1. August angeführt. Deshalb komme es für die Überleitung auf den konkreten Grundgehaltssatz an diesem Tag an.

6Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom und des Verwaltungsgerichts Berlin vom sowie den Bescheid der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin ab dem Besoldung auf Grundlage der Überleitungsstufe zur Erfahrungsstufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 zu gewähren.

7Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

8Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Berliner Beamte der Besoldungsordnung A mit dem Geburtsmonat August, die nach alter Rechtslage erst ab dem Monat August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, haben keinen Anspruch darauf, ab dem auf Grundlage der dem entsprechenden Überleitungsstufe besoldet zu werden (1.). Dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (2.).

91. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz (BerlBesÜG) vom , GVBI. 306) werden Beamte des Landes Berlin am auf der Grundlage des am maßgeblichen Amtes mit dem Grundgehalt, das ihnen gemäß dem Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011 vom (BerlBVAnpG 2010/2011, GVBI. S. 362) am zustehen würde, nach Maßgabe der folgenden Absätze den Stufen oder Überleitungsstufen des Grundgehaltes der Anlage 3 zugeordnet. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist der der maßgebliche Stichtag für die besoldungsrechtliche Überleitung der Berliner Beamten.

10Der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BerlBesÜG ist zwar nicht eindeutig, lässt aber mehr Anhaltspunkte für den als maßgeblichen Stichtag für die besoldungsrechtliche Überleitung der Dienstalters- in die Erfahrungsstufen erkennen. Die Vorschrift benennt den als Zeitpunkt, an den die grundgehaltsbezogene Besoldungsüberleitung anknüpft. Der daneben in derselben Vorschrift im selben Satz enthaltene Hinweis auf den bezieht sich hingegen auf das die Besoldungserhöhung anordnende Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung (BerlBVAnpG 2010/2011), nicht aber auf das alte - die Dienstaltersstufen beinhaltende - Besoldungsrecht. Dies deutet darauf hin, für die Überleitung des Grundgehalts an den anzuknüpfen, ergänzt um die Besoldungserhöhung zum .

11Ein weiteres Argument für die Bestimmung des Stichtages zur Besoldungsüberleitung nach § 2 Abs. 1 BerlBesÜG ergibt sich aus der Normsystematik. Bereits der dem § 2 Abs. 1 Satz 1 BerlBesÜG unmittelbar folgende Satz 2 sieht vor, dass in Fällen der Beurlaubung ohne Dienstbezüge das Amt mit demjenigen Grundgehalt zu Grunde zu legen ist, das bei einer Beendigung der Beurlaubung am maßgebend wäre. Beurlaubte Beamte sind also stets zum Stichtag des besoldungsrechtlich von den Dienstalters- in die Erfahrungsstufen überzuleiten. Der enge Regelungszusammenhang zwischen den beiden Sätzen des § 2 Abs. 1 BerlBesÜG legt es nahe, in den Fällen des Satzes 1 gleichfalls auf diesen Stichtag abzustellen, zumal ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Überleitung von beurlaubten und nicht beurlaubten Beamten nicht erkennbar ist. Damit korrespondiert die Sonderregelung für den Aufstieg bei Zuordnung zu einer Stufe des Grundgehaltes oder zu einer Überleitungsstufe des Grundgehaltes in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A in § 3 BerlBesÜG. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BerlBesÜG ist diejenige Stufe des Grundgehalts maßgebend, zu der das Grundgehalt in der bis zum geltenden Fassung gestiegen wäre. Auch im Übrigen sieht das Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz grundsätzlich eine Geltung der bisherigen Besoldungsregelungen nur bis zum und deren Ablösung durch neue Regelungen ab dem vor. So bestimmt etwa die Sonderregelung in § 3 Abs. 4 Satz 2 BerlBesÜG für Beamte der Besoldungsgruppen A 10 bis A 13, dass sich der Anrechnungszeitraum nach Satz 1 der Norm aus einem dort näher definierten Zeitraum ergibt, zu dem das Grundgehalt nach § 27 Abs. 2 BBesG in der Überleitungsfassung für Berlin in der bis zum geltenden Fassung gestiegen wäre.

12Auch die Entstehungsgeschichte von § 2 Abs. 1 BerlBesÜG spricht dafür, für die Überleitung der Dienstalters- in Erfahrungsstufen die besoldungsrechtliche Gesetzeslage des für maßgeblich zu halten. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 1 BerlBesÜG findet sich ein Hinweis darauf, dass die Besoldungsempfänger "auf der Grundlage der bisherigen Dienstbezüge" übergeleitet werden (Abgeordnetenhaus Berlin Drs. 16/4078 vom , S. 41 f.). Zwar wird sodann in dem Klammerzusatz ergänzt "Grundgehaltstabelle der Besoldungsordnungen A mit Stand vom ", doch daran schließt sich wiederum unmittelbar in demselben Satz weiter an "Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011". Dies legt es nahe, auch diesen Zusatz allein auf die außer Kraft getretene Grundgehaltstabelle zu beziehen. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung, dass für die Zuordnung "das bisherige Grundgehalt ('betragsmäßige' Überleitung)" maßgebend ist. Auch diese Wortwahl spricht dafür, dass der Gesetzgeber als maßgeblichen Stichtag für die Besoldungsüberleitung den angesehen hat. Denn ein „bisheriges“ Grundgehalt setzt einen vorangegangenen Zeitraum voraus. Würde man mit der Klägerin den als Anknüpfungspunkt wählen, könnte man nicht von einem "bisherigen" Grundgehalt sprechen, sondern nur von dem punktuell am maßgeblichen Grundgehalt.

13Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen dafür, als Stichtag für die Besoldungsüberleitung den anzusehen. Der Anspruch auf Besitzstandswahrung der Laufbahnbeamten, die nach altem Recht ab August 2011 in eine höhere Dienstaltersstufe aufgerückt wären, hat sich nicht auf die Berücksichtigung des an sich zum anstehenden Aufstiegs in die vormalige Dienstaltersstufe beziehen können, denn bis zum Außer-Kraft-Treten der bisherigen Regelung am hatten sie diese Stufe gerade noch nicht erreicht.

14Somit ergibt die Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 BerlBesÜG, dass die besoldungsrechtliche Überleitung der Dienstalters- in die Erfahrungsstufen an den Stichtag anknüpft, ergänzt um die lineare Besoldungserhöhung am .

152. Der vom Gesetzgeber festgelegte Stichtag zur Besoldungsüberleitung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BerlBesÜG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

16Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ist nicht darin zu sehen, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BerlBesÜG Beamte, die bis zu dem Stichtag des eine besoldungsrelevante Dienstaltersstufe erreicht hatten, am im Verhältnis zu solchen Beamten besoldungsrechtlich günstiger standen, bei denen dies erst ab dem der Fall war. Bei der von der Revision angegriffenen Rechtsänderung handelt es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41 und 2 C 48.13 - NVwZ-RR 2016, 467 Rn. 22). Unter Berücksichtigung der unionsrechtlich zur Vermeidung von Altersdiskriminierung zulässigen besoldungsrechtlichen Überleitung der Dienstalters- in Erfahrungsstufen bei Besitzstandswahrung zugunsten der angestellten Lebenszeitbeamten (vgl. u.a. - NVwZ 2014, 1294; 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234) besteht kein Anlass an der Sachgerechtigkeit der getroffenen Regelung zu zweifeln.

17Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:020317U2C26.15.0

Fundstelle(n):
OAAAG-43724