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Kontierungslexikon vom

Lieferungen

Karl-Hermann Eckert

Eine Übersichtsseite zu den Stichwörtern des Kontierungslexikons finden Sie hier: NWB LAAAE-91155.

Zusammenfassung

Die umsatzsteuerrechtlichen Leistungen lassen sich in zwei Begriffe unterteilen: a) in Lieferungen und b) in sonstige Leistungen. Was unter einer Lieferung zu verstehen ist, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 UStG, nämlich die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand. Für die umsatzsteuerrechtliche Würdigung eines Geschäftsfalles ist die genaue Bestimmung der Art der Leistung unabdingbar, da sich aus der weiteren Prüfung unterschiedliche Rechtsfolgen hinsichtlich der Ortsbestimmung, einer möglichen Steuerbefreiung oder des Steuersatzes ergeben.

Der Beitrag gibt einen grundsätzlichen Überblick, was sich hinter dem Begriff der Lieferung verbirgt und wie diese rechtlich zu würdigen ist. Ergänzend dazu runden praxisnahe Beispiele die rechtlichen Erläuterungen ab.

1. Welche Konten werden im SKR 03 oder 04 benötigt?

1.1 SKR 03


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1000
Kasse
1200
Bank
1776
Umsatzsteuer 19 %
8400
Erlöse 19 % USt

1.2 SKR 04


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1600
Kasse
1800
Bank
3806
Umsatzsteuer 19 %
4400
Erlöse 19 % USt

2. Rechtsgrundlagen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

3. Wie wird kontiert?

3.1 Grundsätzliches zu Lieferungen

Ob ein Umsatz nach § 1 UStG steuerbar ist oder nicht, hängt neben weiteren Umständen von der Art der Leistung und von deren Ortsbestimmung ab. Zunächst muss zweifelsfrei festgestellt werden, um welche Art der Leistung es sich handelt, da das Umsatzsteuergesetz für die Ortsbestimmung von Lieferungen und sonstigen Leistungen unterschiedliche Vorschriften enthält.

Der Begriff der Lieferung ist in § 3 Abs. 1 UStG geregelt: Demnach muss für das Vorliegen einer Lieferung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die Verfügungsmacht an einem Gegenstand auf den Abnehmer übergehen. Verfügungsmacht bedeutet an dieser Stelle, dass der Abnehmer befähigt wird, wie ein Eigentümer über den körperlichen Gegenstand zu verfügen. Das bedeutet, der Abnehmer muss in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren. Die Übertragung dieser Befugnis verlangt weder, dass der Leistungsempfänger physisch über den Gegenstand verfügt, noch, dass der Gegenstand physisch zu ihm befördert und/oder physisch von ihm empfangen wird. Bei der Ausgabe eines Einzweckgutscheins kann die Lieferung bereits mit deren Übergabe ausgeführt sein.

Der Begriff des „Gegenstands“ der Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG umfasst Sachen i. S. des § 90 BGB, sowie Tiere i. S. des § 90a BGB; jedoch auch Sachgesamtheiten werden im Rahmen einer Lieferung übertragen. Bei einer Sachgesamtheit handelt es sich um mehrere selbständige Wirtschaftsgüter, die in ihrer Gesamtheit als ein einheitliches Wirtschaftsgut betrachtet werden, z. B. Briefmarken- oder Münzsammlungen. Gleiches gilt für Wirtschaftsgüter, die im wirtschaftlichen Verkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z. B. Elektrizität, Wärme und Wasserkraft.

Die Zahlung eines sogenannten KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral verbrauchten Strom nach § 4 Abs. 3a KWKG 2009 führt nicht zu einer Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG. Der von einem Anlagenbetreiber erzeugte und dezentral verbrauchte Strom wird daher weder an den Stromnetzbetreiber geliefert noch an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert.

Hinweis:

Rechte, wie z. B. Forderungen oder Lizenzrechte, werden nicht im Rahmen einer Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG, sondern durch eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG übertragen.

Sofern man bei der rechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG handelt, ist im weiteren Verlauf der Ort der Lieferung zu bestimmen. Für die Ortsbestimmung ist es von Bedeutung, ob es sich um eine bewegte oder unbewegte Lieferung handelt.

Hinweis:

Weitere Einzelheiten zur Ortsbestimmung einer Lieferung enthält das Stichwort „Ort der Lieferung“ NWB NAAAG-38063.

3.2 Verschaffung der Verfügungsmacht

Durch die Verschaffung der Verfügungsmacht wird der Abnehmer in die Lage versetzt, über den Gegenstand wirtschaftlich zu verfügen. Dabei ist es für eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG nicht zwingend erforderlich, dass auch das zivilrechtliche Eigentum übertragen wird. Für die Feststellung einer Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG genügt es vielmehr, dass der Abnehmer faktisch über den Gegenstand verfügen kann.

Beispiel 1

Unternehmer A lieferte dem Abnehmer B eine Maschine für netto 8.000 € am . Bei Vertragsabschluss verständigten sich beide Vertragsparteien auf eine Ratenzahlung über die Laufzeit von 72 Monaten und darauf, dass die Maschine bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des A verbleibt (Eigentumsvorbehalt).

Lösung

Obwohl das zivilrechtliche Eigentum erst mit Zahlung der letzten Rate im Jahr 2030 auf den Abnehmer B übergeht, handelt es sich bei der Warenübergabe am um eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG.

Wie und in welcher Form die Verfügungsmacht verschafft werden kann, regeln §§ 929 ff. BGB. Im Grundsatz erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht immer mit Einigung und Übergabe des Gegenstands an den Abnehmer.

Beispiel 2

Unternehmer A überträgt das Eigentum an einer bestellten Maschine an den Abnehmer, indem er diesem die Maschine übergibt und sich die Parteien darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

Hat der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung bereits in seinem Besitz, z. B. aus einer der Lieferung vorhergehenden sonstigen Leistung, kann die Verfügungsmacht auch durch Einigung ohne Übergabe nach § 929 Satz 2 BGB verschafft werden.

Beispiel 3

Abnehmer K hatte sich vom Fahrradhändler F für die Dauer von einem Monat ein Rennrad gemietet. Für die sonstige Leistung hatten die Vertragsparteien einen Preis von 150 € inkl. Umsatzsteuer vereinbart. Kurz vor Ablauf des Mietvertrages sucht der Abnehmer K den Fahrradhändler F auf und äußert den Wunsch, das Rennrad zu erwerben. Die Vertragsparteien schließen einen Kaufvertrag, und der Kaufpreis wird sofort in bar beglichen. Beide sind sich einig, dass das Eigentum an dem Rennrad auf den Abnehmer K übergehen soll. Da der K bereits im Besitz des Rennrades ist, bedarf es keiner weiteren Übergabe.

Neben den o. g. Grundfällen enthält das BGB weitere Ersatztatbestände, die sog. „Übergabesurrogate“. Mögliche Fallgestaltungen sind hierbei die Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach § 930 BGB oder die Abtretung eines Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB:

1. Bei der Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach § 930 BGB sind sich die Beteiligten einig darüber, dass das Eigentum an dem Gegenstand auf den Erwerber übergehen soll, jedoch belässt der Erwerber den Gegenstand beim Veräußerer. Eine tatsächliche Übergabe im Moment der Einigung erfolgt nicht.

Beispiel 4

Bauunternehmer B erwirbt beim örtlichen Baustoffhändler H 20 Paletten Hohlblocksteine für netto 1.500 € zzgl. 19 % USt. Da B keinerlei Lagermöglichkeiten hat, vereinbart er mit dem Baustoffhändler, dass die Paletten noch zwei Wochen auf dem Gelände des Baustoffhändlers verbleiben.

Lösung

Durch den Kaufvertrag und die Einigung erlangt der Bauunternehmer B die Verfügungsmacht über die erworbenen Baustoffe. Obwohl der Baustoffhändler im Besitz der Paletten bleibt, ist der Bauunternehmer in der Lage, über die erworbenen Baustoffe wie ein Eigentümer zu verfügen, auch wenn tatsächlich keine Übergabe stattgefunden hat und die Baustoffe im Besitz des leistenden Unternehmers verbleiben.

2. Ein weiteres Übergabesurrogat ist die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB: In diesen Fällen ist ein sog. „Dritter“ im Besitz der Sache. Dies kann der Fall sein, wenn das Eigentum an einer vermieteten Sache übertragen werden soll. Die Übergabe wird nach § 931 BGB dadurch ersetzt, dass der neue Erwerber nunmehr den Herausgabeanspruch an der vermieteten Sache innehat.

Beispiel 5

Unternehmer U hat seinen betrieblichen Kleintransporter an den Privatmann Müller für die Dauer von sechs Monaten vermietet. Als Nutzungsentgelt für die sonstige Leistung wurden monatlich 300 € zzgl. 19 % USt vereinbart.

Aus diversen Wareneinkäufen hat U noch kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber verschiedensten Lieferanten. Aufgrund von Zahlungsproblemen verständigt sich U mit einem Lieferanten darüber, dass dieser ihm den Kleintransporter für netto 10.000 € zzgl. 19 % USt abkauft. Der Kaufpreis wird dabei mit den offenen Rückständen verrechnet. Unternehmer U und der Lieferant sind sich darüber einig, dass das Eigentum des Kleintransporters mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Lieferanten übergeht.

Lösung

Durch den Kaufvertrag und die Einigung tritt der Unternehmer U seinen Herausgabeanspruch an den Lieferanten ab. Obwohl der Kleintransporter sich im Besitz eines Dritten befindet, geht das Recht auf Herausgabe der Mietsache (nach Ablauf der Mietdauer) auf den neuen Eigentümer über. Auch in diesem Fall handelt es sich beim Verkauf des Fahrzeugs um eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG, auch wenn tatsächlich keine Übergabe an den Erwerber stattgefunden hat.

3.3 Ergänzungstatbestände

In § 3 Abs. 1 UStG ist nur der Grundfall der Lieferung geregelt. Darüber hinaus gibt es weitere Tatbestände, die der Lieferung gleichgestellt sind. Dies sind:

  • die Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen für außerunternehmerische Zwecke, vgl. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG,

  • bestimmte unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes an das Personal, vgl. § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG,

  • jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes mit Ausnahme von geringwertigen Geschenken oder Warenmustern, vgl. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG,

  • das Verbringen eines Gegenstandes aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch den Unternehmer zu seiner eigenen Verfügung, vgl. § 3 Abs. 1a UStG,

  • das Kommissionsgeschäft, vgl. § 3 Abs. 3 UStG,

  • die Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten, vgl. § 3 Abs. 3a UStG,

  • die Werklieferung, vgl. § 3 Abs. 4 UStG oder

  • die Gehaltslieferung, vgl. § 3 Abs. 5 UStG.

3.4 Besonderheiten: Rückgabe, Umtausch, Rücknahme

Nicht immer verbleibt der Gegenstand der Lieferung beim ursprünglichen Erwerber. Mittlerweile ist es üblich, im Rahmen einer kulanten Kundenpolitik unter bestimmten Vorzeichen den Liefergegenstand zurückzunehmen oder umzutauschen. So kann es vorkommen, dass der Erwerber den Liefergegenstand zurückgeben oder umtauschen möchte oder der leistende Unternehmer die Rücknahme der gelieferten Sache begehrt. Alle diese Möglichkeiten führen zu unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Folgen.

3.4.1 Rückgabe

Um eine Rückgabe handelt es sich, wenn der ursprüngliche Empfänger der Lieferung den erworbenen Gegenstand an den leistenden Unternehmer zurückgeben möchte. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein erworbener Gegenstand innerhalb einer geschäftsüblichen Frist oder aufgrund eines vorher vereinbarten Widerrufsrechts zurückgegeben wird. Der Wunsch der Rückabwicklung der Lieferung geht hierbei vom Erwerber aus. Umsatzsteuerrechtlich führt die Rückabwicklung dazu, dass die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht wird, so als ob es dieses Rechtsgeschäft nicht gegeben hätte.

Hat der Erwerber den Liefergegenstand jedoch wie ein Eigentümer benutzt und weicht der Zustand im Zeitpunkt der Rückgabe (gebraucht) vom Zustand bei Lieferung (neu) ab, kann der Unternehmer für den Nutzungszeitraum ein Entgelt verlangen oder dieses Entgelt mit dem zu erstattenden Betrag verrechnen. Dieser Geldbetrag wäre dann als Entgelt für eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.

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