IWB Nr. 23 vom Seite 1

Governance indian style

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

Der Wille [i]Bekämpfung der Steuervermeidung durch Transparenz – Vorschlag für den EU-weiten „öffentlichen“ Ertragsteuerinformationsberichtzur Transparenz gehört inzwischen zur Good Governance. Er bricht sich gerade in neuen Vorschriften Bahn, so im Country-by-Country Reporting der OECD, aber auch im Vorschlag der EU-Kommission für einen Ertragsteuerinformationsbericht. Damit sollen große Unternehmen verpflichtet werden, Angaben zu ihrer Besteuerung öffentlich zu machen. Erklärtes Ziel dieses Vorhabens ist es, durch „öffentlichen Druck“ multinationale Unternehmensgruppen von steuerminimierenden Gestaltungen (seien sie auch völlig legal) abzuschrecken. Dies betrifft etwa 1.200 Unternehmen in Deutschland. Den Unterschieden des steuerlichen CbCR unter BEPS-Vorzeichen und des geplanten „öffentlichen“ Ertragsteuerinformationsberichts geht Grotherr in seiner Keynote ab nach. Er zeigt, dass die Unterschiede beider Regulierungsrahmen erheblich sind und er bezweifelt, dass die geplanten zusätzlichen Berichtspflichten für die breite Öffentlichkeit wirklich viele neue Erkenntnisse bieten werden.

[i]86 % des indischen Bargelds sind seit Kurzem wertlosAngesichts großer Reformvorhaben lohnt oft der Blick in die Ferne. In Indien sieht man, wie man es nicht machen sollte. Dort herrscht das zahlungstechnische Chaos, seit die Regierung am 9. November quasi über Nacht die beiden wichtigsten Geldscheine abgeschafft hat. Dieses Geld kann man nur noch auf Konten einzahlen, um später neue Scheine zu erhalten. [i]90 % aller Geschäfte wurden in Indien bislang bar abgewickeltDie Maßnahme richtet sich gegen die grassierende Schattenwirtschaft. Angeblich werden 90 % alle Geschäfte in Indien „in cash“ abgewickelt; so gediehen Schwarzgeldhandel und Korruption. Also will die Regierung den elektronischen Zahlungsverkehr fördern und über die zusätzliche Transparenz mehr Steuern einnehmen. Leider sucht sich das angehäufte Schwarzgeld bereits den Weg auf Strohmann-Konten. Firmen bezahlen ihr Personal bar für viele Monate im Voraus. Analysten sehen jetzt eine empfindliche Wachstumsdelle voraus. Kritiker verweisen außerdem darauf, dass Immobilieneigentümer verschont bleiben, obwohl ihr teils imperialer Besitz bisweilen auf Schwarzgeld gegründet ist. Am meisten Empörung ruft aber hervor, dass große Industrielle vor der Reform informiert worden sind, um Vorkehrungen treffen zu können. Semi-Transparenz hat eben nichts mit gutem Regierungshandeln zu tun.

[i]Die Stimmung kippt – die chaotische Reform bedeutet Not für MillionenDie Kritik am Bargeldentzug in den langen Schlangen vor den Banken ist laut und wütend. Doch: Eine viertel Milliarde Inder hat gar kein Konto. Viele Menschen auf dem Land leben auch mit täglicher Bargeldbezahlung buchstäblich von der Hand in den Mund. Sie können infolge der Geldknappheit den einfachsten täglichen Bedarf nicht mehr bezahlen. Die radikale Operation trifft weite Teile der Gesellschaft elementar. Die Reform muss nun kurzfristig Erfolge zeigen, sonst wird die Regierung Modi im neuen Jahr weggefegt. Gewählt worden war sie für Ihr Versprechen von Wirtschaftsreformen und den Kampf gegen Korruption.

Ich wünsche Ihnen viele hilfreiche Erkenntnisse

Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 23 / 2016 Seite 1
NWB PAAAF-87595