BGH Beschluss v. - I ZB 121/15

Instanzenzug:

Gründe

1I. Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.

2II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, ein selbständiges Beweisverfahren sei nicht zulässig, weil weder das Risiko des Beweisverlusts bestehe noch ein Rechtsstreit in der Hauptsache abgewendet werden solle. Das beantragte Verfahren solle vielmehr der Durchführung der Zwangsvollstreckung nach einem durch Vergleich beendeten Rechtsstreit dienen. Es sei nicht dargelegt, dass durch das beantragte selbständige Beweisverfahren die Zwangsvollstreckung vermieden werden solle, so dass offenbleiben könne, ob das Zwangsvollstreckungsverfahren unter den in § 485 Abs. 2 ZPO genannten Begriff des Rechtsstreits zu fassen sei.

3III. Die aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde (§ 575 ZPO) ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

41. Die angefochtene Entscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Sie ist deshalb aufzuheben und zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

5Der Einzelrichter durfte über die Beschwerde nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (st. Rspr., vgl. nur , NJW 2012, 3518 Rn. 4; Beschluss vom - I ZB 110/14, NJW 2016, 645 Rn. 10).

62. Der angefochtene Beschluss ist ferner deshalb aufzuheben, weil er nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.

7Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen hierzu, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen daher Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, ist der Beschluss nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits aus diesem Grund aufzuheben (vgl. nur , NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4; Beschluss vom - XII ZB 266/13, MDR 2014, 1339 Rn. 7 und 9, Beschluss vom - I ZB 7/14, ZUM-RD 2015, 214 Rn. 5, jeweils mwN).

8So verhält es sich vorliegend. Dem angefochtenen Beschluss ist zwar zu entnehmen, dass der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen wird. Der angefochtene Beschluss gibt jedoch weder den Sachverhalt noch die Anträge der Antragstellerin wieder. Er enthält lediglich rechtliche Schlussfolgerungen, ohne deren tatsächliche Grundlage mitzuteilen.

93. Hinsichtlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
JAAAF-80880