BAG Urteil v. - 7 AZR 376/14

Befristung - wissenschaftliches Personal - Lehrkräfte für besondere Aufgaben

Gesetze: § 1 Abs 1 S 1 WissZeitVG, § 2 Abs 1 S 1 WissZeitVG, § 2 Abs 1 S 3 WissZeitVG

Instanzenzug: Az: 3 Ca 206/12 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 2 Sa 496/13 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses und um Weiterbeschäftigung.

2Die Klägerin ist Germanistin. Sie wurde von dem beklagten Land zunächst für die Zeit vom bis zum als wissenschaftliche Angestellte mit 50 vH der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollzeitbeschäftigten Angestellten am Institut für Germanistik der Universität Kassel eingestellt. Das Institut für Germanistik gehört zum Fachbereich 02 (Geistes- und Kulturwissenschaften).

3Auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom wurde die Klägerin ab dem zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen befristet bis zum als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach § 2 Abs. 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) weiterbeschäftigt.

4Mit zwei Arbeitsverträgen vom vereinbarten die Parteien parallel laufende befristete Arbeitsverhältnisse für die Zeit vom bis zum . Die Klägerin wurde - jeweils auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 WissZeitVG - nach dem einen Arbeitsvertrag mit 25 vH der Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten als Schulungskraft für Tutorinnen und Tutoren und nach dem anderen Arbeitsvertrag mit 50 vH der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten als Lehrkraft für besondere Aufgaben im Fachbereich 02 weiterbeschäftigt. Diese Arbeitsverträge sahen die Anwendung ua. des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) vor, der in § 2 Abs. 2 Folgendes regelt:

5Nach der „Beschreibung aller anfallenden Arbeitsvorgänge“ des Fachbereichsreferenten Dr. Gr vom oblagen der Klägerin als Schulungskraft für Tutorinnen und Tutoren aufgrund des Vertrags vom folgende Aufgaben:

6Dieser Arbeitsvertrag als Schulungskraft für Tutorinnen und Tutoren wurde durch Änderungsvertrag vom unter Fortgeltung der übrigen Bedingungen bis zum verlängert.

7Der Tätigkeit als Lehrkraft für besondere Aufgaben aufgrund des weiteren Vertrags vom lag die von Prof. Dr. G unterzeichnete „Beschreibung aller anfallenden Arbeitsvorgänge“ zugrunde. Diese hat folgenden Inhalt:

8Unter § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrags vom ist Folgendes geregelt:

9Diesen Arbeitsvertrag verlängerten die Parteien durch Änderungsvertrag vom ebenfalls bis zum .

10Nach Abschluss des Änderungsvertrags wurde der Klägerin eine unter dem erstellte „Arbeitsplatzbeschreibung“ ausgehändigt, in der die der Klägerin übertragenen Aufgaben im Einzelnen bezeichnet und wie folgt zusammengefasst sind:

11Im Sommersemester 2012 hielt die Klägerin zwei Proseminare mit Tutorium sowie zwei Blockseminare. Im Wintersemester 2012/2013 führte sie ein Proseminar, zwei Proseminare mit Tutorium sowie ein Blockseminar durch. Die Lehrveranstaltungen wurden von der Klägerin im Rahmen vorgegebener Module eigenverantwortlich geplant.

12Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen und am erweiterten Befristungskontrollklage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum gewandt und dazu die Ansicht vertreten, die befristeten Arbeitsverträge vom und vom seien die Grundlage für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSv. § 2 Abs. 2 TV-H. Die Befristung der Arbeitsverträge zum könne nicht auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG gestützt werden, weil die ihr übertragenen Tätigkeiten keinen wissenschaftlichen Zuschnitt aufgewiesen hätten und sie deshalb nicht zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört habe. Ihre eigene Qualifizierung und Forschung sei nicht vorgesehen gewesen. Die Lehraufgaben hätten sich auf eine repetierende Wissensvermittlung nach den Vorgaben eines Modulhandbuchs beschränkt. Auch im Rahmen ihrer Tätigkeit als Tutorenausbilderin sei sie nicht wissenschaftlich tätig gewesen, sondern habe lediglich gesicherte Erkenntnisse praktisch angewendet.

13Die Klägerin hat beantragt

14Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

15Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

16Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage zu Recht abgewiesen. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

17I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 WissZeitVG am geendet.

181. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien aufgrund der Arbeitsverträge vom und vom gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 TV-H ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitszeitanteil von insgesamt 75 vH eines Vollzeitarbeitsverhältnisses bestand.

19a) Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TV-H dürfen mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber nur begründet werden, wenn die jeweils übertragenen Tätigkeiten nicht in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen. Anderenfalls gelten sie nach § 2 Abs. 2 Satz 2 TV-H als ein Arbeitsverhältnis. Nach dem tariflichen Grundsatz sollen nicht nebeneinander mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber bestehen. Ausnahmsweise gilt nur dann etwas anderes, wenn kein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen den übertragenen Tätigkeiten besteht.

20b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist danach die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die mit den Arbeitsverträgen vom und vom vereinbarten Aufgaben der Klägerin als „studierte Germanistin“ in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen, weil sie insgesamt auf die Durchführung bzw. Unterstützung der Lehre im Fachbereich 02 der Universität Kassel ausgerichtet sind. Dieser Sachzusammenhang wird nicht dadurch aufgelöst, dass die Tätigkeit einer Tutorenausbilderin zentral dem Dekanat zugeordnet ist und sich auf alle Tutorinnen und Tutoren des Fachbereichs 02 bezieht, während die Stelle als Lehrkraft für besondere Aufgaben dem Institut für Germanistik zugeordnet ist. Auf den Umstand, dass die Stellen getrennt ausgeschrieben wurden und mit unterschiedlichen Arbeitnehmern hätten besetzt werden können, kommt es nach der tariflichen Vorgabe in § 2 Abs. 2 TV-H ebenfalls nicht entscheidend an. Dies ist bei Teilzeitstellen typischerweise der Fall.

212. Die Befristung zum gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit dem Antrag zu 1. hat die Klägerin rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG iVm. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Sie hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und die Rechtsunwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom mit dem am beim Arbeitsgericht eingegangenen neugefassten Antrag zu 1. geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG ( - Rn. 10; - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

223. Die Befristung zum ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 WissZeitVG wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

23a) Die vereinbarte Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die schriftlichen Arbeitsverträge vom und vom nehmen jeweils unter § 1 ausdrücklich Bezug auf § 2 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG.

24b) Der zeitliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl.  - Rn. 15; - 7 AZR 291/08 - Rn. 10, BAGE 132, 54). Das WissZeitVG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft“ vom (BGBl. I S. 506) beschlossen worden und am in Kraft getreten. Die am und am vereinbarten Befristungen unterfallen nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen nach § 6 WissZeitVG (vgl. hierzu  - Rn. 19, BAGE 139, 109; - 7 AZR 827/09 - Rn. 16 f., BAGE 138, 91).

25c) Auch der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 WissZeitVG ist eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG ist die Universität Kassel eine Hochschule des Landes Hessen. Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 2, 3 WissZeitVG auf befristete Arbeitsverträge ist nicht, dass die staatliche Hochschule Vertragsarbeitgeber ist ( - Rn. 16; - 7 AZR 827/09 - Rn. 18, BAGE 138, 91).

26d) Die zulässige Höchstdauer der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 3 WissZeitVG ist nicht überschritten. § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG erlaubt für wissenschaftliches Personal, das - wie die Klägerin - nicht promoviert ist, eine Befristungsdauer von bis zu sechs Jahren. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG verlängert sich die insgesamt zulässige Befristungsdauer bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich. Die Klägerin ist Mutter von zwei am und geborenen Kindern, mit denen sie im Haushalt lebt und die von ihr betreut werden. Die danach hier zulässige Befristungshöchstdauer von zehn Jahren ist unter Anrechnung der seit geschlossenen befristeten Arbeitsverträge eingehalten. Die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses beträgt sieben Jahre und sieben Monate.

27e) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler erkannt, dass die der Klägerin vertraglich übertragenen Tätigkeiten wissenschaftlich geprägt sind und sie deshalb zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zählt.

28aa) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an. Die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen - hier §§ 66, 32 Abs. 3 Nr. 3 HHG - bleiben insoweit außer Betracht. Ob die dem Angestellten übertragenen Aufgaben wissenschaftlichen Zuschnitt iSd. WissZeitVG haben, richtet sich ausschließlich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Bedeutung der landesrechtlichen Vorschriften ist darauf beschränkt, den Rahmen zu bestimmen, in dem das Land einem Angestellten bestimmte Tätigkeiten übertragen darf ( - Rn. 20).

29(1) § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bezeichnet mit dem Ausdruck „wissenschaftliches Personal“ eine Beschäftigtengruppe, ohne diese näher zu definieren. Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern ( - Rn. 21 mwN; - 7 AZR 827/09 - Rn. 35, BAGE 138, 91; - 7 AZR 1100/06 - Rn. 33, BAGE 126, 211).

30(2) Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist dabei von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Bei Mischtätigkeiten ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Überwiegend mit der bloßen Vermittlung von Sprachkenntnissen betraute Fremdsprachenlektoren gehören deshalb in der Regel nicht zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt (vgl.  - Rn. 22; - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 bis 45 mwN, BAGE 138, 91). Das bedeutet nicht, dass wissenschaftliche Lehre iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG das Hervorbringen eigener Forschungsergebnisse und deren Vermittlung an die Studierenden verlangt. Für eine wissenschaftliche Lehre ist es nicht erforderlich, dass sich der Lehrende um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse bemüht. Es kann vielmehr ausreichen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermittelt werden. Unter Berücksichtigung des Zwecks der durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffneten besonderen Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich ist jedoch nicht jede Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse als wissenschaftliche Dienstleistung anzusehen. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre (BT-Drs. 15/4132 S. 17). Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt auch eine Lehre, die nicht auf eigenen, neuen Forschungserkenntnissen basiert, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Ergebnisse verlangt. Entscheidend ist, dass der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde (vgl.  - Rn. 50, BVerfGE 126, 1;  - aaO mwN). Unter Berücksichtigung dessen ist eine Lehrtätigkeit, die sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt, nicht als wissenschaftliche Lehre anzusehen, während eine Lehrtätigkeit auch dann eine wissenschaftliche Dienstleistung ist, wenn zwar keine eigenen Forschungsergebnisse gelehrt, sondern Erkenntnisse Dritter vermittelt werden, von dem Lehrenden aber nach dem Vertragsinhalt erwartet wird, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und dass er diese eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt. Dies kann von dem Lehrenden allerdings nur erwartet werden, wenn ihm während seiner Arbeitszeit die Gelegenheit und insbesondere die erforderliche Zeit zu eigener Reflexion verbleibt. Die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Einrichtungen außerhalb der Dienstzeit genügt nicht ( - Rn. 23).

31bb) Das Landesarbeitsgericht hat danach im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die mit Vertrag vom übertragenen Tätigkeiten der Klägerin als Lehrkraft für besondere Aufgaben, die den Umfang von 50 vH einer Vollzeitkraft einnehmen, wissenschaftlichen Zuschnitt haben. Da nach § 2 Abs. 2 TV-H von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugehen ist, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob auch die mit dem Vertrag vom übertragenen Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausbildung von Tutorinnen und Tutoren wissenschaftlich geprägt sind. Diese Aufgaben nehmen bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung nur einen untergeordneten Zeitanteil von 25 vH einer Vollzeitkraft ein und sind daher für das Arbeitsverhältnis nicht insgesamt prägend.

32(1) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann allerdings für die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin als Lehrkraft für besondere Aufgaben nicht auf die Arbeitsplatzbeschreibung vom abgestellt werden.

33(a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, „maßgeblich für die Annahme der klägerischen Tätigkeit als eine mit wissenschaftlichem Gepräge“ sei „die Anfang April 2012 der Klägerin ausgehändigte Arbeitsplatzbeschreibung“ vom . Hierdurch habe das beklagte Land in Anwendung des ihm zustehenden Direktions- und Weisungsrechts den Rahmen für die zukünftige Tätigkeit der Klägerin als Lehrkraft für besondere Aufgaben konkretisiert, ohne dass hiergegen rechtliche Bedenken bestünden. Eine rechtlich unzulässige, einseitige Abänderung der Tätigkeit sei hiermit nicht verbunden.

34(b) Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht uneingeschränkt stand. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der am abgeschlossenen Befristungsabrede und damit auch für die Frage, ob die geschuldete Tätigkeit wissenschaftlichen Zuschnitt hat, kommt es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin im Rahmen der Tätigkeit als Lehrkraft für besondere Aufgaben wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen hatte, kommt es daher darauf an, welche Tätigkeiten der Klägerin nach den Vereinbarungen bei Abschluss des befristeten Änderungsvertrags am übertragen werden sollten. Danach sollte sich die Tätigkeit nach der von Prof. Dr. G unterzeichneten „Beschreibung aller anfallenden Arbeitsvorgänge“, die der Klägerin bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom überreicht worden war und im Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung galt, richten. Das beklagte Land hat es nicht in der Hand, die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit eines Mitarbeiters durch eine nachträgliche einseitige Modifizierung der Tätigkeitsbeschreibung herbeizuführen. § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrags bestimmt zwar, dass sich Art und Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben nach der ausgehändigten Arbeitsplatzbeschreibung richten und die Festlegung der Aufgaben unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen steht. Dies ermöglicht es dem beklagten Land, der Arbeitnehmerin im Rahmen des ihm zustehenden Direktionsrechts andere Aufgaben zuzuweisen. Davon umfasst ist jedoch nicht die Umgestaltung einer bisher nicht wissenschaftlichen Tätigkeit in eine Tätigkeit mit wissenschaftlichem Gepräge. Für die Zuordnung zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist es - wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat - ebenso unbeachtlich, ob die vorgegebene Arbeitsplatzbeschreibung von der Klägerin tatsächlich umgesetzt wurde. Anderenfalls könnte erst aufgrund der im Einzelfall erbrachten Leistungen festgestellt werden, ob ein Mitarbeiter zum „wissenschaftlichen Personal“ iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört oder nicht.

35(2) Die vom Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft zugrunde gelegte Arbeitsplatzbeschreibung vom , die erstmals den Arbeitsvorgang „wissenschaftliche Dienstleistung und selbstbestimmte Forschung“ mit einem Zeitanteil von 19,5 vH vorsieht, führt jedoch nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die angefochtene Entscheidung ist aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Denn die Änderung der Arbeitsplatzbeschreibung gegenüber der von Prof. Dr. G unterzeichneten „Beschreibung aller anfallenden Arbeitsvorgänge“ begründet nicht erst die Zuordnung der Klägerin zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Bereits die der Klägerin mit Arbeitsvertrag vom übertragenen Lehrtätigkeiten haben wissenschaftlichen Zuschnitt.

36Das Landesarbeitsgericht ist insoweit davon ausgegangen, dass die Anleitung von Studierenden zur wissenschaftlichen Tätigkeit nur aufgrund wissenschaftlicher Kriterien und wissenschaftlicher Technik erfolgen könne und es schlechterdings nicht vorstellbar sei, wie die Anleitung der Studenten zur wissenschaftlichen Tätigkeit ohne eigene wissenschaftliche Tätigkeit der Klägerin habe erfolgen sollen. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit ein solcher Erfahrungssatz Gültigkeit beansprucht. Denn das Landesarbeitsgericht hat konkret festgestellt, dass die Klägerin ihre Erkenntnisquellen in die für die im Sommersemester 2012 und im Wintersemester 2012/2013 abgehaltenen Lehrveranstaltungen einfließen lassen konnte und schon mit der Konzeption und Vorbereitung der Lehrveranstaltungen die Möglichkeit zur eigenständigen Reflexion und Forschung hatte. Sie habe innerhalb der von ihr zu beachtenden Modulvorgaben die Themen gewählt und Inhalte frei bestimmt. Dies gelte auch bereits für Lehrveranstaltungen in den ersten Semestern der grundständigen Studiengänge. Schon bei diesen Veranstaltungen gehe es um die Einführung der Studierenden in das wissenschaftliche Denken und Arbeiten, auch wenn hier die Vermittlung von Basiswissen im Mittelpunkt stehe. Die Klägerin hat gegen diese Feststellungen keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Soweit sie zuletzt nochmals in der mündlichen Verhandlung ihre Auffassung bekräftigt hat, sie habe nicht über ausreichende Möglichkeiten verfügt, am wissenschaftlichen Prozess zu partizipieren, so vermag dieser Vortrag die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht in Frage zu stellen. Auch unter Berücksichtigung ihrer weiteren Aufgaben ist nicht ersichtlich, dass ihr als Lehrkraft für besondere Aufgaben mit einem während der Vorlesungszeit bestehenden Lehrvolumen von neun Wochenstunden, das weniger als die Hälfte der für die Lehre vorgesehenen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 vH eines Vollzeitbeschäftigten ausmacht, keine angemessene Zeit eingeräumt war, um die Unterrichtseinheiten auf wissenschaftlichem Niveau vorzubereiten. Zusätzlich stand ihr hierfür die vorlesungsfreie Zeit zur Verfügung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch  - Rn. 26).

374. Andere Unwirksamkeitsgründe für die Befristung sind nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Maßstäbe des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. st. Rspr. des Senats seit  - BAGE 142, 308) bei Befristungen im Wissenschaftsbereich nach dem WissZeitVG grundsätzlich keine Anwendung finden, weil sich die zeitlichen Grenzen für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge in diesen Fällen aus den Sonderregelungen des § 2 Abs. 1 WissZeitVG ergeben, die ihrerseits durch die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 GG) gerechtfertigt sind.

38II. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist als uneigentlicher Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag auszulegen. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

39III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:200116.U.7AZR376.14.0

Fundstelle(n):
QAAAF-74898