Online-Nachricht - Mittwoch, 09.03.2016

Verfahrensrecht | Änderung von Antrags- und Wahlrechten (BFH)

Der BFH hat zur Änderung von Antrags- und Wahlrechten entschieden (; veröffentlicht am )

Hintergrund: Gem. § 34 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1 EStG geltenden Fassung kann auf Antrag die auf Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Diese Ermäßigung kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen (§ 34 Abs. 3 Satz 4 EStG). Gem. § 351 Abs. 1 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht.

Sachverhalt: Die Klägerin erklärte im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung u.a. einen Veräußerungsgewinn, für den der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG beantragt wurde. Das Finanzamt führte die Veranlagung mit Einkommensteuerbescheid v. erklärungsgemäß durch. Ca. vier Jahre später erließ das Finanzamt einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheid. Gegen diesen Bescheid legten die Klägerin firstgemäß Einspruch ein und beantragten, hinsichtlich der außerordentlichen Einkünfte die Einkommensteuer nicht nach dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG zu bemessen.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, kann geändert werden, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.

  • Im Falle einer partiellen Bestandskraft kommt die Änderung nur in Betracht, wenn ihre steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gesetzten Rahmen hinausgehen.

  • Die Änderung eines Wahlrechts rechtfertigt auch dann für sich genommen die Änderung des Steuerbescheids nicht, wenn sie auf einer Änderung der wirtschaftlichen Geschäftsgrundlage beruht.

  • Die in der Rechtsprechung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten entwickelten Grundsätze sind auf das Wahlrecht nach § 34 Abs. 3 EStG nicht übertragbar.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis:

Das Urteil macht deutlich, welche Risiken mit der Ausübung von Wahlrechten verbunden sind, die nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen ausgeübt werden können. Der Steuerpflichtige und sein Berater müssen in derartigen Fällen, wie bei Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG, auch künftige Veranlagungszeiträume im Blick haben, soweit dies im Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts überhaupt möglich ist.

Fundstelle(n):
NWB ZAAAF-68645