Online-Nachricht - Mittwoch, 24.06.2015

Kindergeld | Elterngeldzahlungen als Bezüge eines behinderten Kindes (BFH)

Das Elterngeld, das ein behindertes Kind, für das Kindergeld begehrt wird, wegen der Betreuung und Erziehung seines eigenen Kindes erhält, gehört in vollem Umfang zu den Bezügen, die zur Abdeckung des Grundbedarfs des behinderten Kindes geeignet sind (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Kindergeld wird u.a. für ein Kind gewährt, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sofern die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 i.V. mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). Der Lebensbedarf eines behinderten Kindes setzt sich aus dem Grundbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Der Grundbedarf orientiert sich in den Jahren 2010 und 2011 am Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 8.004 €, welcher der Höhe nach dem Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG entspricht. Die Prüfung des Imstandeseins zum Selbstunterhalt ist für jeden einzelnen Monat durchzuführen. Erreichen die Einkünfte und Bezüge des Kindes die Summe aus Grundbedarf und behinderungsbedingtem Mehrbedarf, so kann das Kind sich selbst unterhalten.
Sachverhalt: Die Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwerbehindert. Sie ist Mutter von drei Kindern, die im Februar 2010, Februar 2011 und Oktober 2012 geboren sind. Sie bezog Blindengeld, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in der für die Jahre 2010 und 2011 geltenden Fassung (BEEG).
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Im Streitfall deckt das Blindengeld den durch die Blindheit verursachten Mehrbedarf der Klägerin auch insoweit ab, als es den anteiligen Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG von monatlich 308,33 € übersteigt.

  • Zu den Bezügen, mit deren Hilfe die Klägerin ihren existenziellen Grundbedarf abdecken kann, gehören auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II.

  • Auch das Elterngeld gehört schließlich zu den Bezügen der Klägerin und ist daher bei der Prüfung der (Un-)Fähigkeit zum Selbstunterhalt einzubeziehen.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Das Urteil des Finanzgerichts wurde zwar aufgehoben, weil der BFH der Auffassung des FG Düsseldorf nicht folgen konnte, dass die blinde Klägerin fähig sei, sich selbst zu unterhalten, weil ein Gutachter eine vollschichtige Tätigkeit für möglich gehalten habe. Das Finanzgericht hat daraufhin eine Tätigkeit als Telefonistin in Betracht gezogen, eine Möglichkeit, die der BFH für eher von „theoretischer Natur“ hielt. Gleichwohl fällt die Entscheidung kaum erfreulich für die Klägerin und ihren, das Kindergeld begehrenden Vater aus, weil der BFH das der Klägerin gezahlte Elterngeld in vollem Umfang zu den Bezügen zählt, die der Bestreitung ihres Lebensunterhalts dienen.

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-47253