Online-Nachricht - Mittwoch, 17.10.2012

Einkommensteuer | Heimunterbringung ohne Heimvertrag als agB (FG)

Kosten der Unterbringung und Verpflegung bei Pflegebedürftigen, die zwar in einer Senioreneinrichtung leben, aber dort keinen Pflege-Wohnvertrag abgeschlossen haben, sind als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (; Revision eingelegt).

Hintergrund: Nach ständiger Rechtsprechung sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur der Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Dagegen sind Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung i. S. d. § 33 EStG aus tatsächlichen Gründen. Auch im Falle der Heimunterbringung kann der Tatbestand des § 33 EStG erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist. Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinne, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung, wenn der Betroffene infolge einer Krankheit pflegebedürftig geworden ist.
Sachverhalt: Der Klägerin waren ein Grad der Behinderung mit 100 v. H. sowie die Merkzeichen G, aG, B und H zuerkannt worden. Zudem ist sie aufgrund ihrer Erkrankung als pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe III anerkannt worden. Die Klägerin und ihr Ehemann zogen gemeinsam in ein Wohnstift. Das monatliche Entgelt setzte sich aus den Bestandteilen Wohnen, Verpflegung sowie Betreuung zusammen. Zusätzlich schloss die Klägerin mit der X einen Pflegevertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen durch den ambulanten Pflegedienst der X ab, in dem sich die X zur Erbringung von Pflegesachleistungen und zur häuslichen Krankenpflege verpflichtete. Die Entgelte hierfür wurden nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung der Klägerin gesondert in Rechnung gestellt. In den Einkommensteuererklärungen wurden Aufwendungen, die mit dem Einzug in das Seniorenstift und der Pflegebedürftigkeit der Klägerin im Zusammenhang stehen, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Im Einspruchsverfahren berücksichtigte das Finanzamt für die Unterbringung der Klägerin einen Tagessatz von 50 € abzüglich einer Haushaltsersparnis von 7.680 €/Jahr sowie die nicht von der Pflegekasse erstatteten Pflegekosten einschließlich Notrufkosten in voller Höhe.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Der Höhe nach seien die Aufwendungen nicht über den bereits vom Finanzamt anerkannten Betrag hinaus berücksichtigungsfähig. Anzuknüpfen sei an die Rechtsprechung des BFH, wonach als Krankheitskosten i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG die Aufwendungen für die Heimunterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim abziehbar seien. Eine Heimdefinition fehle sowohl im EStG als auch in den EStR. Wenn das Einkommensteuerrecht auf die Einstufung in eine Pflegestufe nach SGB XI als Nachweis für die Voraussetzungen der Inanspruchnahme bestimmter Pauschbeträge zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen Bezug nehme, biete es sich an, auch für die Ermittlung steuerlich berücksichtigungsfähiger Heimunterbringungskosten die Vorschriften des SGB XI heranzuziehen. Vorliegend sei (lediglich) ein sog. Wohnstiftsvertrag abgeschlossen worden, in dem die obigen zwingenden Bezugnahmen auf die gesetzlichen Bestimmungen des SGB XI fehlen. Ungeachtet, dass bei der Klägerin keine Heimunterbringung vorliege, habe das Finanzamt bei ihr für Unterkunft und Verpflegung einen Tagessatz von 50 € anerkannt, und zwar zusätzlich zu den Pflegekosten. Durch diese Handhabung sei die Klägerin im Vergleich mit anderen Pflegebedürftigen, die auch in Pflegestufe III eingruppiert sind und in einem Heim mittels Pflege-Wohnvertrag wohnen, keinesfalls benachteiligt worden.
Quelle: FG Düsseldorf online
Anmerkung: Die Unterbringungskosten sind zu Recht um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht, gekürzt worden. Da zu diesem Fall bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen. Die Revision wurde zwischenzeitlich auch eingelegt und ist unter dem Az. NWB VAAAE-17517 beim BFH anhängig. Den Text der o. g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des FG Düsseldorf.

 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-44819