Online-Nachricht - Mittwoch, 10.10.2012

Kindergeld | Erstattungsanspruch des Sozialleistungsträgers (BFH)

Hat ein Sozialleistungsträger bedarfsabhängige Sozialleistungen für Eltern und minderjährige Kinder erbracht, die in einem Haushalt zusammenleben und eine Bedarfsgemeinschaft bilden, so steht ihm ein Anspruch auf Erstattung des nachträglich festgesetzten Kindergeldes zu. Unbeachtlich ist, dass es sich bei dem Kindergeld aus sozialrechtlicher Sicht um Einkommen des kindergeldberechtigten Elternteils handelt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin stammt aus Syrien und lebt mit ihrem Mann seit 1990 in Deutschland - im Streitzeitraum Juni 2000 bis Februar 2005 zusammen mit den gemeinsamen Kindern. Die Familie erhielt Sozialleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), später nach dem SGB II. Auf die Kinder entfiel dabei ein Gesamtleistungsbetrag in Höhe von rund 74.000 €.

Der Sozialleistungsträger machte einen Erstattungsanspruch im Hinblick auf das der Klägerin oder ihrem Ehemann für zurückliegende Zeiträume möglicherweise zustehende Kindergeld geltend. Die beklagte Familienkasse setzte zugunsten der Klägerin für deren sechs Kinder tatsächlich Kindergeld fest. Gleichzeitig wurde die Erstattung an den Sozialleistungsträger verfügt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen größtenteils keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus: Dem Sozialleistungsträger steht ein Erstattungsanspruch wegen der von ihm erbrachten Sozialleistungen zu - der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld gilt daher als erfüllt. Es spielt für den Erstattungsanspruch keine Rolle, dass die Sozialleistungen für die Kinder erbracht wurden, das Kindergeld jedoch aus sozialrechtlicher Sicht Einkommen der Klägerin darstellt, weil es weder den Kindern direkt zugeflossen ist noch an diese abgezweigt wurde.

Zwar hat der Senat mehrfach entschieden, dass dem Sozialhilfeträger i.d.R. kein Anspruch auf Erstattung von nachträglich festgesetztem Kindergeld zusteht, wenn er einem Kind Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) geleistet hat, weil das Kindergeld zum Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils gehört. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass ein Erstattungsanspruch auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Kindergeldberechtigte mit seinem Ehegatten und seinen minderjährigen Kindern in einem Haushalt lebt, alle Personen bedarfsorientierte Sozialleistungen erhalten und daher eine sozialhilferechtliche Bedarfsgemeinschaft bilden. Denn für den Anspruch auf Sozialhilfe ist dann allein entscheidend, welchen Bedarf die der Bedarfsgemeinschaft angehörenden Personen haben und welches Einkommen ihnen anrechenbar zur Bedarfsdeckung zur Verfügung steht. Kindergeld ist in diesem Falle sozialhilferechtlich vorrangig zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Das sozialrechtlich als Einkommen der Klägerin anzusehende Kindergeld hätte daher in dem vom Finanzgericht festgestellten Umfang die vom Sozialleistungsträger für die Kinder erbrachten Sozialleistungen gemindert.

Quelle: NWB Datenbank


 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-44778