Online-Nachricht - Mittwoch, 07.03.2012

Umsatzsteuer | Geschäftsveräußerung im Ganzen (BFH)

Die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber auf unbestimmte Zeit, allerdings aufgrund eines von beiden Parteien kurzfristig kündbaren Vertrags, stellt eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung dar, sofern die übertragenen Sachen hinreichen, damit der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann (; veröffentlicht am ).

Die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber auf unbestimmte Zeit, allerdings aufgrund eines von beiden Parteien kurzfristig kündbaren Vertrags, stellt eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung dar, sofern die übertragenen Sachen hinreichen, damit der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann (NWB IAAAE-03562; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG). Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

Sachverhalt: Im Streitfall hatte die Klägerin ein Einzelhandelsgeschäft mit Sportartikeln in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal betrieben. Später veräußerte sie den Warenbestand und die Geschäftsausstattung an eine GmbH, der sie das Ladenlokal auf unbestimmte Zeit vermietete. Der Mietvertrag über das Ladenlokal konnte von jeder Partei spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des folgenden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der BFH hatte im Streitfall zunächst eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt. Dieser hatte entschieden, dass eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt kann, wenn die Einrichtung und der Warenbestand eines Ladenlokals verkauft werden. Dies gelte auch für den Fall, in dem die Geschäftsräume vom Verkäufer an den Erwerber auf unbestimmte Zeit vermietet werden und der Vertrag kurzfristig gekündigt werden kann, sofern die übertragenen Sachen für die dauerhafte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Erwerbers ausreichen ( NWB MAAAD-96071, Schriever).

Hierzu führt der BFH weiter nun aus: Nach der im Streitfall ergangenen Entscheidung des EuGH muss, damit eine Übertragung eines Geschäftsbetriebs festgestellt werden kann, die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile hinreichen, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Weiter ist erforderlich, dass der Erwerber beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil weiterzuführen und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln und gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen. Die streitgegenständliche Lieferung des Warenbestands und der Ladeneinrichtung unterliegt als Geschäftsveräußerung nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG). Nach den Feststellungen des Finanzgerichts wurde der   GmbH im Streitfall ermöglicht, den Geschäftsbetrieb fortzuführen.

Quelle: BFH online

Anmerkung: Die Begründung zur Anschlussentscheidung zum EuGH-Urteil in der Rs. Schriever ist kurz und bündig ausgefallen. Von ihr (bzw. der Rechtsprechung des EuGH) geht eine Ausweitung des Geschäftsveräußerungsbegriffs aus, die indes auf der Linie der jüngeren Rechtsprechung liegt. Danach ist entscheidend, ob der Erwerber die übertragene unternehmerische Wirtschaftseinheit fortzusetzen beabsichtigt und die übertragenen Gegenstände in Verbindung mit unterstützenden Vereinbarungen dies ermöglichen.

 

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-43617