Online-Nachricht - Mittwoch, 02.11.2011

Umsatzsteuer | Innergemeinschaftliche Lieferung bei Beteiligung an Steuerhinterziehung (BFH)

Beteiligt sich ein Unternehmer wissentlich an einem "strukturierten Verkaufsablauf", der darauf abzielt, die nach der Richtlinie 77/388/EWG geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat durch Vortäuschen einer differenzbesteuerten Lieferung zu verdecken, ist die Lieferung nicht nach § 6a UStG steuerfrei (; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine innergemeinschaftliche Lieferung - obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung objektiv vorliegen - steuerpflichtig, wenn der Steuerpflichtige die Identität des Erwerbers verschleiert, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen ( NWB UAAAD-61700, R, Rdnr. 51).

Sachverhalt: Im Streitfall vertrieb eine Unternehmensgruppe mittels einer deutschen, holländischen, französischen und spanischen Gesellschaft Pkw letztlich an französische Endabnehmer.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Steuerfreiheit ihrer Lieferungen aufgrund der nachweislich objektiv vorliegenden Voraussetzungen hierfür zu beanspruchen. Der EuGH begründet die Steuerpflicht trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung damit, dass die Vorlage von Scheinrechnungen oder die Übermittlung unrichtiger Angaben sowie sonstige Manipulationen die genaue Erhebung der Steuer verhindern und das ordnungsgemäße Funktionieren des Mehrwertsteuersystems in Frage stellen. Das Ausstellen unrichtiger Rechnungen berechtigt dabei die Mitgliedstaaten aufgrund der ihnen nach dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A der Richtlinie 77/388/EWG eingeräumten Befugnisse, die Steuerfreiheit zu versagen, wobei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Neutralität, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes der Steuerpflicht nicht entgegenstehen, wenn sich der Lieferer dadurch vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, dass er die Identität des wahren Erwerbers verschleiert, um diesen zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Im Streitfall hat sich die Klägerin über ihren Geschäftsführer mit ihren Lieferungen wissentlich an einem auf Umsatzsteuerhinterziehung angelegten Geschäftsmodell beteiligt, das das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet, und kann daher für diese Lieferungen nicht die Steuerfreiheit nach § 6a UStG beanspruchen.

Quelle: BMF online

 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-42861