Online-Nachricht - Mittwoch, 30.12.2015

Einkommensteuer | Verluste aus Geschäften mit Knock-out Produkten (BFH)

Verfällt eine Option automatisch mit dem Überschreiten einer bestimmten Kursschwelle durch den zugrunde liegenden Basiswert, ist der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht erfüllt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung sind private Veräußerungsgeschäfte i.S. von § 22 Nr. 2 EStG auch Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Gemäß § 23 Abs. 3 Sätze 1 und 5 EStG sind bei der Ermittlung des Gewinns oder des Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften Werbungskosten abzuziehen.

Sachverhalt: Der Kläger tätigte im Streitjahr u.a. Optionsgeschäfte mit sog. Knock-out-Produkten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass bei Eintritt einer Bedingung die Option auch ohne Entscheidung des Käufers verfällt. Die streitbefangenen Produkte verfielen vorzeitig und wurden wertlos, weil der Kurs des Basiswerts eine bestimmte Knock-out-Schwelle berührt oder unterschritten hatte. Es erfolgte kein Rückkauf durch den Verkäufer und kein Ausgleich durch Aktien. Zudem erwarb er Optionsscheine als Knock-out-Produkte, die an Indices bzw. einen bestimmten Kurs der Aktie X gekoppelt waren. Sie führten wegen Verfalls bei Erreichen der Knock-out-Schwelle nicht zu einem Differenzausgleich.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG steuerbar ist zunächst der (positive) Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil als Gewinn. Steuerbar ist folgerichtig aber auch eine negative Differenz oder ein Nachteil, so wie das Gesetz mit "Einnahmen" auch negative Einnahmen oder mit "Gewinn" den Verlust umfasst und, wovon auch § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG ausgeht, wenn er den Verlust aus einem Termingeschäft im Kontext mit einem Differenzausgleich ausdrücklich hervorhebt.

  • Dabei wird das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil auch dann i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird.

  • Nach diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen für die wertlos gewordenen Optionen, um die es im Streitfall geht, nicht als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Termingeschäften gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen (§ 23 Abs. 3 Satz 5 EStG). Der Verlust, um den es hier geht, ist nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG steuerbar.

  • Denn die dem Kläger eingeräumte Option verfiel mit dem Überschreiten einer bestimmten Kursschwelle durch den zugrunde liegenden Basiswert, ohne dass der Kläger hierzu einen Entscheidungsspielraum hatte. Es fehlt an einem Beendigungstatbestand i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG.

 

Quelle: NWB Datenbank

Anmerkung: Die Besonderheit der sog. Knock-out-Produkte, die der Kläger zeichnete, bestand darin, dass seine Option zwangsläufig verfiel, weil der Kurs des Basiswerts die festgelegte Knock-out-Schwelle unterschritt. Für diesen Fall fehlt es an einem verlustrealisierenden Veräußerungsgeschäft. Der BFH hat klargestellt, das unterscheide den Urteilsfall von den Fällen, für die er entschieden hat, ein Verlust werde auch dann realisiert, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch (optionales) Nichtausüben der (wertlosen) Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird. Es handelt sich um einen Streitfall aus dem Jahr 2006. Der BFH hat unter Rn. 32 der Urteilsbegründung unter Hinweis auf das Fachschrifttum angemerkt, dass die entwickelten Maßstäbe für die Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht für die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Einführung der Abgeltungssteuer gelten.

 

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-42224