Online-Nachricht - Mittwoch, 09.12.2015

Umsatzsteuer | Zum Zuordnungswahlrecht bei sonstigen Leistungen (BFH)

Das Zuordnungswahlrecht gilt nur für die Herstellung und Anschaffung von Gegenständen. Der Bezug von sonstigen Leistungen wird vom Zuordnungswahlrecht nicht umfasst; diese sind entsprechend der (beabsichtigten) Verwendung gemäß § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Bis 2010 konnte im Rahmen des sog. Seeling-Modells ein Gebäude, welches teilweise unternehmerisch und teilweise privat genutzt wurde, umsatzsteuerlich insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden. Diese Zuordnung ermöglicht den sofortigen vollen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die unentgeltliche Wertabgabe hinsichtlich des privat genutzten Gebäudeanteils war dagegen erst über einen längeren Zeitraum als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Hierdurch ergab sich hinsichtlich des auf den privat genutzten Gebäudeanteil entfallenden Vorsteuerbetrags ein maßgeblicher Finanzierungsvorteil. Für „Neufälle” (ab dem ) ist das „Seeling-Modell” nicht mehr möglich; seither ist das Abzugsverbot für Vorsteuern in Bezug auf die unternehmensfremde Nutzung zu beachten (§ 15 Abs. 1b UStG).
Sachverhalt: Im Streitfall hatte die Klägerin zunächst nur die Einliegerwohnung eines aus Haupt- und Einliegerwohnung bestehenden Gebäudes an den Ehemann zum Betrieb seiner Steuerberaterpraxis umsatzsteuerpflichtig vermietet und die eigenen Wohnzwecken dienende Hauptwohnung unter Abzug der gesamten Vorsteuern aus den Herstellungskosten ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet (sog. Seeling-Modell). Ab 2007, noch innerhalb der Zehnjahresfrist nach § 15a Abs. 1 UStG, vermietete die Klägerin das Gesamtgebäude an den Ehemann. Die Hauptwohnung wurde unverändert zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Für das Streitjahr 2007 erklärte sie keine unentgeltliche Wertabgabe mehr. Der Ehemann der Klägerin ordnete das Nutzungsrecht an dem Gebäude wiederum insgesamt seinem Unternehmen "Steuerberaterpraxis" zu und machte den vollen Vorsteuerabzug aus der Anmietung geltend. Hinsichtlich des unverändert privat genutzten Gebäudeteils erklärte er nach § 3 Abs. 9a UStG einer entgeltlichen Leistung gleichgestellte steuerpflichtige Umsätze.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • War die Klägerin im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes noch zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt gewesen, so berechtigte sie die Vermietung des gesamten Gebäudes ab 2007 nur noch zu dem auf die als Steuerberatungspraxis genutzte Einliegerwohnung entfallenden Anteil zum Vorsteuerabzug.

  • Durch die Vermietung des gesamten Gebäudes ab ist eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 UStG eingetreten. Die Klägerin nutzte ab diesem Zeitpunkt zwar das gesamte Gebäude zur Ausführung von Vermietungsumsätzen, konnte aber wirksam nur hinsichtlich des auf die Einliegerwohnung entfallenden unternehmerisch genutzten Teils zur Steuerpflicht optieren.

  • Hinsichtlich der Familienwohnung liegen die Voraussetzungen für eine Option nicht vor, weil der Leistungsempfänger (der Ehemann der Klägerin) die bezogene Mietleistung insoweit nicht seinem Unternehmen zuordnen konnte.

  • Dieser Umsatz wurde daher nicht an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt (§ 9 Abs. 1 UStG). Da die Vermietungsumsätze der Klägerin hinsichtlich der privat genutzten Wohnung steuerfrei sind, führen sie gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs.

 

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Ab 2007 hat die Klägerin einen anderen, von der Seeling-Rechtsprechung abweichenden Sachverhalt verwirklicht, indem sie das Gesamtgebäude im Rahmen ihres Unternehmens an ihren Ehemann vermietet. Fortan waren die Mieteinnahmen, soweit sie auf die Hauptwohnung (Familienwohnung) entfielen, zwingend umsatzsteuerfrei, was zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG führte. Der BFH hat entschieden, die Klägerin könne dieser Vorsteuerberichtigung nicht dadurch entgehen, dass der Ehemann als Mieter das Nutzungsrecht für das gesamte Gebäude seinem Unternehmensvermögen (als Steuerberater) zuordnete und dadurch der Klägerin auch hinsichtlich der Hauptwohnung den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ermöglichte.
 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-42098