Online-Nachricht - Freitag, 03.12.2010

Bilanzsteuerrecht | Rückstellung für die Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben (FG)

Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass bei Großbetrieben - entgegen H 5.7 Abs. 4 EStH - die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung zulässig ist ().


Hierzu führt das Gericht weiter aus: Bei Großbetrieben ist die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung in Bezug auf die für den Prüfer anfallenden Sachkosten sowie die Personal- und Sachkosten für die Ansprechpartner des Prüfers während der Prüfung zulässig. Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, an der Prüfung mitzuwirken, hat ihren wirtschaftlichen Bezugspunkt in der gewerblichen Tätigkeit zum Bilanzstichtag. Insoweit unterscheidet sich die Verpflichtung nicht von den Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung von Kosten durch eine Betriebsprüfung ergibt sich nicht aus der Festsetzung der Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 168 S. 1 AO, sondern aus der Einstufung des Steuerpflichtigen als Großbetrieb. Dies folgt zunächst aus § 4 Abs. 2 BpO: Danach ist bei Großbetrieben die Anschlussprüfung der von der Finanzverwaltung vorgesehene Regelfall, das „Auslassen” einzelner Jahre die Ausnahme. Dieses rechtliche Regel-Ausnahme-Verhältnis wird durch statistische Zahlen der Finanzverwaltung tatsächlich untermauert. Hiernach lag die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Großbetrieb ein Veranlagungsjahr geprüft wird, im Prüfungsjahr 2007 bei 80,4%, im Prüfungsjahr 2008 bei 81,7% und im Prüfungsjahr 2009 bei 78,5%. Der Prüfungsturnus bei Großbetrieben bewegt sich seit Jahr(zehnt)en in dieser Größenordnung, so dass sich die Wahrscheinlichkeit im Streitfall auf ähnlichem Niveau bewegte. Dies belegt, dass das Finanzamt zwar zutreffend darauf hinweist, dass auch bei Großbetrieben eine Anschlussprüfung keineswegs sicher ist. Für die Bildung einer Rückstellung bedarf es jedoch keiner absoluten Sicherheit, sondern nur einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Dies ist bei der Klägerin als Großbetrieb (anders als bei Mittel-, Klein- oder Kleinstbetrieben) sowohl rechtlich als auch tatsächlich so lange zu bejahen, wie die Klägerin als Großbetrieb eingestuft ist.

Anmerkung: Das Gericht hat die Revision zugelassen, da der erkennende Senat eine andere Rechtsauffassung als die Finanzverwaltung in H 5.7 Abs. 3 EStH 2007 (jetzt: H 5.7 Abs. 4 EStH 2009) vertritt. Des Weiteren bedürfe es der Zulassung der Revision wegen des anhängigen Verfahren BFH-Az. NWB AAAAD-46253 für den Fall, dass der BFH dem erkennenden Senat nicht darin folgen sollte, dass die Rückstellung objektiv zu Recht gebildet wurde.

Hinweis: Michael Kalus und Christian Hahn kommentieren das o.g. Urteil in der aktuellen Ausgabe der NWB, Heft 49 S. 3934. In der Datenbank finden Sie den Beitrag unter der DokID: NWB SAAAD-56797

Quelle: NWB Datenbank

 

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-16229