Online-Nachricht - Mittwoch, 16.12.2009

Rückwirkendes Ereignis | Nachträgliche Herabsetzung eines Kaufpreises (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile steuerlich rückwirkend geändert wird, wenn die Vertragsparteien wegen Streitigkeiten über Wirksamkeit oder Inhalt des Vertrages einen Vergleich schließen und den Veräußerungspreis rückwirkend mindern (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer ergeben sich aus dem Zuflussprinzip (§ 11 EStG) und aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und der Bilanzierung Einschränkungen, so dass laufende Geschäftsvorfälle grds. keine rückwirkenden Ereignisse sein können. Bei an einmalige, punktuelle Ereignisse anknüpfenden Steuertatbeständen gilt diese Einschränkung jedoch nicht, unabhängig von der Gewinnermittlungsart. Das betrifft im Falle der Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe (§ 16 EStG) oder beim Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2 EStG jede nachträgliche Änderung der Höhe eines Veräußerungsgewinns oder Aufgabegewinns (NWB IAAAA-94697; NWB DAAAA-94946).

Dazu führt der BFH weiter aus: Schließen die Beteiligten wegen (echter) Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines Vertrages oder dessen Inhalt einen außergerichtlichen Vergleich, bestimmt der Inhalt des Vergleichs rückwirkend die Höhe des Veräußerungspreises. Dies gilt auch dann, wenn er eine streitige Bestimmung des Vertrages in einer Weise neu regelt, wie sie im Falle einer gerichtlichen Entscheidung so nicht hätte getroffen werden können. Ist nur die Höhe des Kaufpreises streitig, werden sich die Beteiligten in der Regel bei einer gütlichen Einigung dahingehend verständigen, dass beide Parteien von ihrer ursprünglichen Forderung abrücken und sich auf einen Preis einigen, der zwischen dem ursprünglich geltend gemachten und dem ursprünglich anerkannten Preis liegt. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn eine Partei aus dem Vertrag ein Recht für sich ableitet, das ihr die andere Partei kategorisch abspricht. In diesem Fall wird sich eine einvernehmliche Beilegung des Streits nur dadurch erzielen lassen, dass die Beteiligten andere Klauseln des Vertrages ebenfalls ändern. Es kommt auch nicht darauf an, ob tatsächlich ein Anfechtungs-  oder Rücktrittsrecht, ein Sachmangel etc. besteht. Voraussetzung für die Annahme eines Ereignisses mit steuerlicher Rückwirkung ist nur, dass die im Vergleich getroffene rückwirkende Änderung des Vertrages durch eine ernstliche Auseinandersetzung über Wirksamkeit und Inhalt des ursprünglichen Vertrages veranlasst ist und die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Die von der Rechtsprechung zu § 16 und § 17 EStG entwickelten Grundsätze sind auch Veräußerungsgewinne nach § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 anzuwenden, da auch insoweit einmalige punktuelle Ereignisse vorliegen.

Anmerkung: Der BFH weist in seinen Entscheidungsgründen auch darauf hin, dass eine im Wege des Vergleichs vereinbarte Änderung des Kaufpreises nur dann ein rückwirkendes Ereignis darstellt, wenn die Änderung auf Gründen beruht, die im ursprünglichen Kaufvertrag selbst angelegt sind (NWB GAAAB-67528). Eine einvernehmliche Änderung eines Vertrages stellt daher grds. kein rückwirkendes Ereignis dar. Der BFH grenzt diese Fälle mit Recht von denen ab, in denen die „Vertragsänderung“ einen („echten“) Streit über die Auslegung des Vertrages beilegen soll, also von dem Fall des Vergleichsvertrages. Man wird aber im Einzelfall stets kritisch prüfen müssen, ob einem als solchem ausgegebenen Vertrag wirklich Unklarheiten des ursprünglichen Vertrages zugrunde liegen, der durch Vergleich beigelegte Streit also ein „echter“ ist.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB BAAAF-13854