Online-Nachricht - Mittwoch, 05.08.2009

Ausfuhrlieferung und innergemeinschaftliche Lieferung | Beleg- und Buchnachweise (BFH)

Mit drei zeitgleich veröffentlichten Urteilen hat der BFH eine Reihe von Zweifelsfragen der Umsatzsteuerbefreiungen bei Lieferungen in Drittstaaten (Ausfuhrlieferung) und in andere EG-Mitgliedstaaten (innergemeinschaftliche Lieferung) geklärt (, v. - V R 65/06 und v. - V R 23/08; veröffentlicht am ).


Hintergrund: Die Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen setzen u.a. voraus, dass die gelieferte Ware in das Ausland befördert oder versendet wird. Da der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen nur mit unzumutbaren Aufwand vollumfänglich nachweisen kann, ordnet das UStG in Verbindung mit der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) an, dass der Unternehmer den Nachweis der Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und bei Ausfuhrlieferungen durch Belege und Aufzeichnungen als sog. Beleg- und Buchnachweis zu erbringen hat.
Urteile v. 23.4.2009 und 12.5.2009: Hiernach kommt dem Beleg- und Buchnachweis nur vorläufiger Beweischarakter zu. Zwar ist der Unternehmer berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, wenn ihm der erforderliche Beleg- und Buchnachweis vorliegt. Die durch den Unternehmer beizubringenden Nachweise unterliegen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung. Wird dabei die Unrichtigkeit von Beleg- oder Buchangaben festgestellt oder bestehen zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, entfällt die dem Beleg- und Buchnachweis zukommende Vermutung, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Die Lieferung ist dann nur steuerfrei, wenn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv feststehen oder der Unternehmer die Lieferung trotz einer Täuschung durch den Abnehmer gutgläubig in Anspruch genommen hat.
Den eben genannten BFH-Urteilen kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da der BFH in beiden Entscheidungen betont, dass sich der Umfang der den Unternehmer treffenden Verpflichtungen abschließend aus der UStDV ergibt. Die Finanzverwaltung ist danach nicht befugt, die Bestimmungen der UStDV um weitere Voraussetzungen zu verschärfen, deren Fehlen für sich allein die Annahme berechtigt, Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen seien bereits mangels Beleg- und Buchnachweis umsatzsteuerpflichtig. Holt z.B. ein vom Abnehmer Beauftragter die Ware beim Unternehmer im Inland zum Transport in das Ausland ab (sog. Abholfälle), ist der Unternehmer mangels gesetzlicher Anordnung in der UStDV nach beiden Urteilen nicht generell verpflichtet, die Abholberechtigung eines Beauftragten belegmäßig nachzuweisen. Weitergehende Nachweispflichten bestehen für den Unternehmer aber, wenn an der Steuerfreiheit der Lieferung im Einzelfall begründete Zweifel bestehen. Mit Urteil vom 12.5.2009 hat der BFH weiter entschieden, dass der Nachweis der Versendung auch durch einen sog. CMR-Frachtbrief geführt werden kann, ohne dass es darauf ankommt, ob der Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung enthält.
Urteil vom 28.5.2009: Dieses Urteil betrifft schließlich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer den Buchnachweis durch buchmäßige Aufzeichnungen zu führen hat. Der BFH entschied unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, dass die erforderlichen Aufzeichnungen bis zum Zeitpunkt der Abgabe der jeweiligen Umsatzsteuer-Voranmeldung zu führen sind. Danach können die buchmäßigen Aufzeichnungen nur noch ergänzt und/oder berichtigt werden.
Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 66/2009
Anmerkung zum Urteil vom 28.5.2009: Die Entscheidung ist für Fälle von Bedeutung, in denen der für die Ausfuhrsteuerbefreiung erforderliche Beleg- und Buchnachweis mangelhaft ist, was meistens erst durch spätere Außenprüfungen aufgedeckt wird. Die Chancen, die Steuerfreiheit dennoch zu erreichen, haben sich erhöht. Weil der BFH unter Änderung seiner Rechtsprechung den Nachweisvorschriften in § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV keinen materiell-rechtlichen Charakter mehr beimisst, eröffnet er die Möglichkeit, Mängel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht zu beseitigen. Der Belegnachweis kann jedenfalls noch nachträglich geführt werden, während der Buchnachweis grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt geführt sein muss, in dem die Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben ist, in der die Ausfuhrlieferung zu deklarieren ist. Spätere Nachbesserung des grundsätzlich rechtzeitig geführten Buchnachweises toleriert der BFH jedoch. Darüber hinaus haben die betroffenen Unternehmer eine letzte Chance, wenn der Buchnachweis weder rechtzeitig erbracht noch zulässigerweise korrigiert worden ist. Gelingt nämlich der Nachweis, dass tatsächlich die Voraussetzungen der steuerfreien Ausfuhrlieferung vorliegen (Feststellung der deutschen oder einer ausländischen Finanzverwaltung können dabei berücksichtigt werden), billigt der BFH die Steuerbefreiung ungeachtet der Buchnachweismängel.
 


 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-12897