Online-Nachricht - Freitag, 25.04.2014

Umsatzsteuer | Geschäftsveräußerung durch eine Gruppe an eine andere Gruppe (FG)

Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung kann auch vorliegen, wenn bebaute Grundstücke mit Inventar, die insgesamt verpachtet sind, auf eine Gruppe von Erwerbern in der Weise übergehen, dass die Grundstücke von einer Gesellschaft und das Inventar von einer weiteren Gesellschaft erworben werden und die bisher einheitlichen Pachtverträge deshalb nicht fortgeführt werden, sondern neue Pachtverträge von den Erwerbergesellschaften jeweils über Grundstücke und Inventar getrennt abgeschlossen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Grundstücke von den Pächtern an einen Betreiber unterverpachtet wurden und es der Erwerbergruppe auf die Übernahme dieser Unter-Pachtverträge entscheidend angekommen ist (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Zum Erwerb durch eine Unternehmergruppe hat das FG Nürnberg kürzlich entschieden, dass § 1 Abs. 1a UStG in der Weise auszulegen sei, dass von der nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung auch die Fälle erfasst werden, in denen ein Unternehmen nicht auf einen einzigen Erwerber, sondern auf mehrere übertragen werde, die den Geschäftsbetrieb gemeinsam in der bisherigen Form fortführen wollen ( NWB OAAAE-46990; BFH-Az. NWB NAAAE-49351). Im Gegensatz dazu hat das FG Köln in einem Fall, in dem das bisher einheitliche Unternehmen vom Erwerber als Verpachtungs- und Betriebsunternehmen fortgeführt wurde, entschieden, dass keine Geschäftsveräußerung vorliege ( NWB NAAAC-80143, rkr.). Nach Ansicht des FG Köln muss gerade derjenige Betrieb, der vorher umsatzsteuerlich beim Übergeber eine zusammengefasste Sachgesamtheit war, mit gerade dieser Identität auf den Übernehmer übergehen.
Sachverhalt: Im zu beurteilenden Fall ging es wirtschaftlich um die Veräußerung eines Geschäftsbetriebes „Verpachtung von Seniorenheimen” durch eine Unternehmergruppe an eine andere Unternehmergruppe, wobei die Erwerbergruppe gänzlich anders strukturiert ist als die Veräußerergruppe. Durch den Verkauf nicht berührt wurden jedoch die Unterverpachtungen an den eigentlichen Betreiber der Heime. Im Streit war ausschließlich die Veräußerung des Inventars, da die Veräußerung der übrigen Wirtschaftsgüter (Grundstücke, Gesellschaftsanteile) gem. § 4 Nr. 8f und Nr. 9a UStG steuerfrei ist.
Hierzu führte das FG Rheinland-Pfalz weiter aus:

  • Die Auslegung durch das FG Köln ist nicht zwingend und nach Auffassung des Senats durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache Schriever überholt ( NWB MAAAD-96071). Der EuGH hatte dort entschieden, dass die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber eine Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellen kann, sofern die übertragenen Sachen hinreichen, damit der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann.

  • Der Senat folgt daher der Entscheidung des FG Nürnberg. Hiernach ist § 1 Abs. 1a UStG richtlinienkonform auszulegen. Der Zweck der Vorschrift, die Übertragung von Unternehmen, bzw. Unternehmensteilen zu erleichtern und der Neutralitätsgrundsatz gebieten es, eine Geschäftsveräußerung auch dann anzunehmen, wenn ein Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Unternehmer übertragen wird, diese den Geschäftsbetrieb aber in der bisherigen Form nur gemeinsam fortführen können und dies auch tun.

Quelle: NWB Datenbank
Hinweise: Ein Unterschied des aktuellen Streitfalles zu dem des FG Nürnberg liegt zwar darin, dass hier auch auf der Veräußererseite mehrere Personen beteiligt waren. Nach Ansicht des Senates waren die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer im Streitfall jedoch irrelevant. Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Rechtsfrage, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung auch bei Veräußerer- und/oder Erwerbergruppen angenommen werden kann, grundsätzliche Bedeutung habe. Die Zulassung war aber auch im Hinblick auf das bereits anhängige Revisionsverfahren (BFH-Az. NWB NAAAE-49351) erforderlich.
 

Fundstelle(n):
NWB SAAAF-11284