BAG Urteil v. - 8 AZR 119/14

(Betriebsteilübergang - Massenentlassungsanzeige - Aufhebungsverträge als "andere Beendigungen" i.S.v. § 17 Abs 1 S 2 KSchG)

Gesetze: § 613a BGB, EGRL 23/2001, Art 2 EGRL 59/98, § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 KSchG, § 17 Abs 1 S 2 KSchG, Art 3 EGRL 59/98, Art 4 EGRL 59/98

Instanzenzug: ArbG Magdeburg Az: 9 Ca 1041/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Az: 6 Sa 444/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsteilübergangs auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist und ob es jedenfalls vor der von der Beklagten zu 2. ausgesprochenen Kündigung einer Massenentlassungsanzeige bedurft hätte.

2Die Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten zu 2. und deren Rechtsvorgängerinnen als Redakteurin beschäftigt. Die Beklagte zu 2. gehört zur V-Unternehmensgruppe, in der eine Vielzahl von Unternehmen bei der Erstellung der in M erscheinenden Tageszeitung „V“ zusammenwirken. Die Mantelredaktion liegt dabei in der Hand der M GmbH (MVD). Die Beklagte zu 2. ist ihr gegenüber verpflichtet, die Lokalteile für die Bereiche H und B zu liefern. Bis März 2011 produzierte sie diese Lokalteile selbst und verfügte dafür über Lokalredaktionen in H und W (Bereich H) sowie in Ha, Wo und O (Bereich B). Sie beschäftigte damals 31 Arbeitnehmer/innen, davon 18 Lokalredakteur/innen. Die Klägerin war zuletzt in der Lokalredaktion O tätig.

3Die Beklagte zu 2. entschied im März 2011, lediglich die Bereiche „Anzeigen“ und „Back-Office“ weiter selbst zu betreiben, hingegen ihre Verpflichtung gegenüber der MVD zur Lieferung der Lokalteile für die Bereiche H und B nicht mehr mit eigenen Lokalredaktionen, sondern mit Hilfe von Subunternehmen zu erfüllen. Bezogen auf die Lokalteile im Bereich H fiel diese Entscheidung am , bezogen auf die Lokalteile im Bereich B am . Noch im selben Monat erfolgte die Umsetzung dieser Entscheidungen. Dafür waren innerhalb der Unternehmensgruppe die V H GmbH (VSH) und die V B GmbH (VSB) als sog. Produktionsköpfe neu gegründet worden. Ihnen obliegt seither, getrennt nach den beiden Bereichen, die redaktionelle Verantwortung für die Erstellung der Lokalteile (der VSH für den Bereich H seit dem ; der VSB für den Bereich B seit dem ). Sie erstellen regional getrennt und eigenverantwortlich die Lokalteile und leiten sie unmittelbar an die Mantelredaktion der MVD weiter. Die Lokalteile werden durch angestellte und freie Redakteur/innen erstellt, außerdem werden Beiträge oder ganze Seiten von zwei regionalen Unternehmergesellschaften, nämlich der Repräsentanz V W (Repräsentanz W) und der Beklagten zu 1. (Repräsentanz B) zugeliefert. Beide beschäftigen dafür keine Arbeitnehmer/innen, sondern greifen auf freie Mitarbeiter/innen und vorgefertigte Meldungen von Agenturen zurück.

4In Umsetzung der Umstrukturierungsentscheidung hat die Beklagte zu 2. mit 16 der 18 bei ihr beschäftigten Lokalredakteur/innen ab dem Personalgespräche geführt. Alle angesprochenen Redakteur/innen beendeten in der Folge ihre Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten zu 2. kurzfristig durch Aufhebungsverträge, spätestens zum . Sie wurden sodann nahtlos teilweise als Arbeitnehmer anderer Konzerngesellschaften weiterbeschäftigt, teilweise als freie Mitarbeiter bei der VSH, der VSB, der Repräsentanz W und der Beklagten zu 1. Die Klägerin und ein weiterer Lokalredakteur waren von diesen Gesprächen und Angeboten ausgenommen. Nach Anhörung ihres Betriebsrats kündigte die Beklagte zu 2. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin - und auch das eines weiteren Lokalredakteurs - mit Schreiben vom , der Klägerin am selben Tage zugegangen, unter Einhaltung der ordentlichen tariflichen Kündigungsfrist zum . Bei der Agentur für Arbeit wurde keine Massenentlassungsanzeige erstattet.

5Mit ihrer Klage hat die Klägerin, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis bestehe ab April 2011 nach erfolgtem Betriebsteilübergang mit der Beklagten zu 1. fort. Der Betriebsteil Lokalredaktion O, in dem die Klägerin tätig war, sei auf die Beklagte zu 1. übergegangen, die nun in denselben Räumen unter Benutzung der darin unverändert befindlichen Technik und mit denselben Mitarbeiter/innen den Lokalteil für den Bereich O erstelle. Zudem sei die Kündigung vom wegen unterbliebener Massenentlassungsanzeige rechtsunwirksam.

6Die Klägerin hat zuletzt im Wesentlichen beantragt

7Die Beklagten zu 1. und zu 2. haben beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB zur Beklagten zu 1. habe nicht stattgefunden. Die Beklagte zu 2. habe den ihr erteilten Auftrag, insgesamt fünf Lokalteile für die „V“ zu erstellen, aufgeteilt und in zwei Schritten untervergeben. Die Unterauftragnehmer VSH und VSB hätten dabei die Struktur der Lokalredaktionen nicht übernommen, sondern produzierten als sog. Produktionsköpfe aus eigenen und zugelieferten Texten jeweils mehrere Lokalteile für ihre jeweilige Region. Die Beklagte zu 2. habe, da sie den ihr erteilten Auftrag nicht mehr selbst erfülle, ihren bisherigen Redaktionsbereich vollständig stillgelegt und die Arbeitsverhältnisse mit allen ihren Redakteur/innen beendet. Eine Massenentlassungsanzeige sei nicht erforderlich gewesen.

8Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 2. nicht durch die Kündigung vom beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten zu 2. die Entscheidung des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Es hat auch den Klageantrag zu 2. abgewiesen und dem hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3. in Höhe von 46.920,00 Euro stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision greift die Klägerin die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Hinblick auf die Klageanträge zu 1. und zu 2. an.

Gründe

9Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend einen Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. verneint. Jedoch ist die Kündigung der Beklagten zu 2. wegen unterlassener Massenentlassungsanzeige unwirksam, § 17 KSchG.

10A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung zusammengefasst wie folgt begründet:

11Ein Betriebsteilübergang von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. liege nicht vor. Der bei der Beklagten zu 2. bestehende Betriebsteil „Lokalredaktion“ sei nicht unter Wahrung seines Funktionszusammenhangs von der Beklagten zu 1. fortgeführt worden. Sie leiste Zuarbeit, während die Erstellung der Lokalteile für den Bereich B bei der VSB als sog. Produktionskopf liege.

12Die Kündigung der Beklagten zu 2. sei nicht wegen fehlender Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG unwirksam. Ein Aufhebungsvertrag sei nur dann als Entlassung iSd. § 17 KSchG zu verstehen, wenn er das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt beende, an dem auch eine ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hätte. Daran fehle es hier.

13Die Beklagte zu 2. sei zur Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Höhe von 46.920,00 Euro verpflichtet.

14B. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

15I. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht die Abweisung der Klage im Antrag zu 1. durch das Arbeitsgericht bestätigt.

161. Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG vom (ABl. EG L 82 vom S. 16) liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur  - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN;  - Rn. 16 mwN; - 8 AZR 733/13 - Rn. 18 mwN).

17a) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ( - [Amatori ua.] Rn. 31 mwN;  - Rn. 17 mwN; - 8 AZR 733/13 - Rn. 18 mwN).

18b) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237;  - Rn. 40 ff. mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua.  - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95;  - Rn. 18 mwN; - 8 AZR 733/13 - Rn. 18 mwN).

19c) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt ( - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95;  - Rn. 19 mwN; - 8 AZR 733/13 - Rn. 18 mwN).

20d) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt oder nicht ( - [Amatori ua.] Rn. 31 ff. mwN; - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen ( - [Klarenberg] Rn. 53, aaO;  - Rn. 18; - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26).

212. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler einen Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB auf die Beklagte zu 1. verneint.

22a) Bei der Frage des Vorliegens eines Betriebs(teil)übergangs ist die Bewertung der maßgeblichen Tatsachen nach Unionsrecht Sache der nationalen Gerichte (vgl. ua. und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, 44, Slg. 2005, I-11237) und im deutschen Arbeitsrecht Sache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. ua.  - Rn. 19 mwN; - 8 AZR 312/10 - Rn. 21, BAGE 139, 52).

23b) Danach ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht bei der Beklagten zu 2. einen Betriebsteil „Lokalredaktion“ mit fünf Untergliederungen (den Lokalredaktionen in H, W, Ha, Wo und O) als abtrennbare wirtschaftliche Einheit mit eigener Identität angenommen hat, die nicht unter Wahrung ihres Funktionszusammenhangs von der Beklagten zu 1. fortgeführt worden ist.

24Dem zugrunde liegt die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, dass die Frage des Übergangs des Betriebsteils „Lokalredaktion“ mit fünf Untergliederungen zur Entscheidung stand. Zwar ist nach den Ausführungen der Klägerin in der Revisionsinstanz nicht auszuschließen, dass es ihr womöglich (zudem) weiterhin um die Frage des Übergangs eines etwaigen Betriebsteils „Lokalredaktion O“ geht. Das hat sie jedoch in der Revision nicht zum Thema gemacht. Bezogen auf einen derartigen Betriebsteil enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts weder Feststellungen noch Erwägungen, was die Klägerin in keiner Weise, insbesondere auch nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag oder mit zulässigen Verfahrensrügen angefochten hat. Unabhängig davon ist nicht erkennbar, dass sich eine solche Behauptung zu ihren Gunsten hätte auswirken können.

25aa) Für die zuerst erforderliche Bestimmung der Identität des „bisherigen“ Betriebs(teils) - ausgehend vom Vortrag der Parteien - in ihren Hauptmerkmalen ( - Rn. 24), auch bezogen auf eine vor dem Übergang bestehende ausreichende funktionelle Autonomie ( - [Amatori ua.] Rn. 32 mwN, 34), ist das Landesarbeitsgericht von der sowohl räumlich als auch fachlich abgegrenzten Organisation der Bereiche „Lokalredaktion“, „Anzeigen“ und „Back-Office“ bei der Beklagten zu 2. ausgegangen. Dahinstehen kann, dass das Landesarbeitsgericht weitere Tatsachen zur Beurteilung der Frage einer „hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen“ nicht im Einzelnen ausgeführt hat. Darauf kommt es hier nicht entscheidungserheblich an.

26bb) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass es im Streitfall wesentlich auf den „eigenen Zweck“ der wirtschaftlichen Tätigkeit der „Lokalredaktion“ in ihrem Funktionszusammenhang bei der Beklagten zu 2. ankommt, der bei der Beklagten zu 1. nicht nur nicht „beibehalten“ worden, sondern bereits an sich ein unterschiedlicher ist. Die bezogen darauf nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung, die von der Revision nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden ist, ist nur beschränkt revisibel. Dem halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stand.

27(1) Der wirtschaftliche Zweck des bei der Beklagten zu 2. bis März 2011 vorhandenen Betriebsteils „Lokalredaktion“ bestand in der selbst ausgeführten Erstellung der Lokalteile für die Bereiche H und B, die sie an die „V“ lieferte. Hingegen ist die Beklagte zu 1. bereits nicht mit einer „Erstellung“ von einem oder mehreren Lokalteilen befasst.

28Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht aus den getroffenen Feststellungen geschlossen, dass die Beklagte zu 1. lediglich Zuarbeit dafür leistet. Sie liefert - bezogen auf einen bestimmten Bereich - Beiträge oder ganze Seiten an einen der sog. Produktionsköpfe (VSH/VSB), die nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nun - regional nach Bereichen getrennt - eigenverantwortlich mit angestellten und freien Redakteur/innen die jeweiligen Lokalteile erstellen. Die redaktionelle Verantwortung für die „Erstellung“ der Lokalteile, die zuvor bei der Beklagten zu 2. lag, wurde Mitte März/Anfang April 2011 nicht der Beklagten zu 1. übertragen, sondern teilweise der VSH und teilweise der VSB.

29(2) Die nicht näher konkretisierte Behauptung der Klägerin, dass die „Erstellung der Lokalteile“ Aufgabe der Redakteure bei der Beklagten zu 1. sei, stellt demgegenüber keine zulässige Verfahrensrüge iSv. § 559 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO dar.

30(3) Da somit im Hinblick auf die identitätsprägende Tätigkeit der redaktionellen „Erstellung“ ganzer Lokalteile der „eigene Zweck“ der Beklagten zu 1. bereits ein anderer ist als der des früheren Betriebsteils „Lokalredaktion“ der Beklagten zu 2., ist der „Grad der Ähnlichkeit“ der vor und nach dem behaupteten Übergang verrichteten Tätigkeit gering. Die Beklagte zu 1. hat die Erstellung von Lokalteilen weder „tatsächlich weitergeführt“ noch „wieder aufgenommen“ (für diese Voraussetzungen ua.  - [Jouini ua.] Rn. 23 mwN, Slg. 2007, I-7301; - 24/85 - [Spijkers] Rn. 15, Slg. 1986, 1119). Diese Aufgabe teilen sich vielmehr seit Mitte März/Anfang April 2011 die VSH und VSB, die dabei nur für Zuarbeiten auf die beiden regionalen Unternehmergesellschaften, darunter die Beklagte zu 1. zurückgreifen. Die Beklagte zu 1. als behaupteter „Erwerber“ geht demnach weder „derselben“ noch einer „gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit“ nach wie sie für den früheren Betriebsteil „Lokalredaktion“ der Beklagten zu 2. identitätsprägend war.

31cc) Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht innerhalb der vorzunehmenden Gesamtbewertung bezogen auf die Identität der wirtschaftlichen Einheit dem Umstand der Nichtfortsetzung der derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit ein besonderes Gewicht beigemessen hat. Ebenso wenig ist revisionsrechtlich zu beanstanden, dass es demgegenüber den Umstand, dass für die Beklagte zu 1. tätige freie Mitarbeiter/innen nunmehr die Räumlichkeit der ehemaligen Lokalredaktion in O nutzen, als allein nicht ausreichend erachtet hat, um einen Übergang der wirtschaftlichen Teileinheit „Lokalredaktion“ mit fünf Untergliederungen auf die Beklagte zu 1. annehmen zu können.

32(1) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht nicht darauf abgestellt, dass die Lokalredakteur/innen bei der Beklagten zu 1. als „freie“ Mitarbeiter/innen tätig sind. Dies spräche nämlich für sich genommen nicht gegen einen Betriebsteilübergang. Bei § 613a BGB handelt es sich wie auch bei der Richtlinie 2001/23/EG um zwingendes Recht; der Übergang erfolgt von Rechts wegen (ua.  - [Celtec] Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389; - C-362/89 - [d’Urso ua.] Rn. 20, Slg. 1991, I-4105; - C-324/86 - [Foreningen af Arbejdsledere i Danmark, „Daddy’s Dance Hall“] Rn. 14, Slg. 1988, 739;  - Rn. 81) und ungeachtet anderslautender Abmachungen. Es ist ohne Bedeutung, in welchem (vermeintlichen) Rechtsverhältnis der Übernehmer die bisherigen Arbeitnehmer nach der Übernahme (weiter-)beschäftigt ( - Rn. 60; - 8 AZR 485/97 - BAGE 91, 41).

33(2) Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts wird nicht dadurch erschüttert, dass die Klägerin von einer angeblichen Übernahme der Hauptbelegschaft der Beklagten zu 2. durch die Beklagte zu 1. ausgeht und darauf hinweist, dass es bezogen auf die redaktionelle Arbeit überwiegend auf das Spezialwissen und die Qualifikation der Arbeitnehmer/innen ankomme, die nach dem Vortrag der Klägerin überwiegend über eine journalistische Ausbildung und entsprechende Erfahrung verfügen.

34Der Belegschaft des Betriebsteils „Lokalredaktion“ mit fünf Untergliederungen bei der Beklagten zu 2. gehörten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 18 Lokalredakteur/innen an. Ob weiteres Personal diesem Betriebsteil zugeordnet war, ist nicht erkennbar. Ausgehend von demnach jedenfalls 18 Beschäftigten des Betriebsteils ist den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - und auch dem Vortrag der Klägerin - weder eine etwaige Übernahme der „Hauptbelegschaft“ (dazu ua.  - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95) durch die Beklagte zu 1. - also die Übernahme eines sehr großen Anteils der 18 Beschäftigten - noch eine Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils (dazu ua.  - [CLECE] Rn. 36 mwN, aaO) der 18 Lokalredakteur/innen durch die Beklagte zu 1. zu entnehmen. In diesem Zusammenhang sind auch weder Verfahrensrügen erhoben noch ist ein Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt worden. Ungeachtet dessen geht die Klägerin offenbar selbst davon aus, dass bei der Beklagten zu 1. lediglich zwei der früheren Lokalredakteure tätig sind (Herr M, Herr D). Eine Übernahme der Hauptbelegschaft kann darin nicht liegen, auch keine Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils von zuvor 18 Lokalredakteur/innen.

35dd) Weder nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nach dem Vortrag der Klägerin in der Revisionsinstanz ist erkennbar, dass im Rahmen der Gesamtbewertung dem Gesichtspunkt materieller Betriebsmittel eine wesentliche Bedeutung zukommt.

36Soweit die Klägerin auf eine Identität der Kundschaft bzw. auf eine Auftragsnachfolge als eines der wesentlichen immateriellen Aktiva abstellt, kommt auch diesen Gesichtspunkten offensichtlich kein besonderes Gewicht zu. Die Beklagte zu 1. hat keinen Auftrag von der Beklagten zu 2. übernommen. Der Auftrag der MVD ist nach wie vor bei der Beklagten zu 2., die ihn nicht mehr selbst ausführt, sondern mit Hilfe von Subunternehmen (VSH und VSB) erfüllt. Unabhängig davon, welche Bedeutung einer Untervergabe eines Auftrags im Hinblick auf die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs im Einzelfall zukommen kann (zB  - [Temco] Rn. 20 bis 33, Slg. 2002, I-969), betrifft die Zulieferung der Beklagten zu 1. nur einen Ausschnitt des eigentlichen Auftragsvolumens.

37II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war dem Klageantrag zu 2. stattzugeben. Die Kündigung vom ist unwirksam - § 134 BGB ( - Rn. 31 ff., BAGE 144, 47) -, weil die Beklagte zu 2. die dafür erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht erstattet hat.

381. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit schriftlich (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG) Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als fünf Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlasst werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

392. Im Streitfall traf die Beklagte zu 2. im März 2011 die Entscheidung der Stilllegung des Betriebsteils „Lokalredaktion“ und die des damit verbundenen Personalabbaus. Diese setzte sie umgehend, beginnend ab dem mit Personalgesprächen und Kündigungen um. Im März 2011 - „vor einer Entscheidung“ zur Kündigung von Arbeitsverträgen (zum Zeitpunkt der Anzeigepflichten nach der für die Auslegung von § 17 KSchG maßgebenden Richtlinie 98/59/EG:  - [Rodríguez Mayor ua.] Rn. 48, Slg. 2009, I-11621; - C-188/03 - [Junk] Rn. 44, Slg. 2005, I-885) - beschäftigte sie nach den Feststellungen im Berufungsurteil mehr als 20 und weniger als 60, nämlich regelmäßig 31 Arbeitnehmer/innen. Damit war der für den betrieblichen Geltungsbereich maßgebende Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG überschritten.

403. Auch der maßgebende Schwellenwert von fünf Entlassungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG war überschritten. Die im Rahmen des stilllegungsbedingten Personalabbaus beabsichtigten Aufhebungsverträge sind als „andere Beendigungen“ iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen. Dabei ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht von Bedeutung, auf welchen Zeitpunkt der Beendigung Kündigungen und Aufhebungsverträge gerichtet sind. Maßgebend ist in beiden Fällen ein Zeitpunkt „vor“ der „Entlassung“ iSv. § 17 KSchG, worunter die Erklärung der Kündigung und gleichbedeutend die Handlung der „Veranlassung“ des Arbeitgebers zu verstehen ist. Nur dieser Zeitpunkt liegt den Vorgaben entsprechend „vor einer Entscheidung“ zur Kündigung der Arbeitsverträge.

41Damit wird die Pflicht zur Einhaltung bestimmter Verfahren zum Schutz der Arbeitnehmer (vgl.  - [Rockfon] Rn. 30, Slg. 1995, I-4291) ausgelöst.

42a) Zwar ist im Hinblick auf die Zahl der Entlassungen für Betriebe mit „in der Regel mehr als 20 und weniger als 60“ Arbeitnehmern in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG ein Schwellenwert von „fünf“ Arbeitnehmern bestimmt, während in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a i 1. Spiegelstrich der maßgebenden Richtlinie 98/59/EG vom (ABl. EG L 225 vom S. 16) der Schwellenwert für Betriebe „mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmern“ höher, nämlich bei „mindestens 10“ Arbeitnehmern liegt. Zudem ist die Gleichstellung anderer Beendigungen des Arbeitsverhältnisses, die vom Arbeitgeber veranlasst werden, in § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG keinem Schwellenwert unterstellt, hingegen in Art. 1 Abs. 1 letzter Satz der Richtlinie 98/59/EG mit einem Schwellenwert versehen („sofern die Zahl der Entlassungen mindestens fünf beträgt“).

43Diese Abweichungen begegnen jedoch keinen Bedenken, denn die Richtlinie 98/59/EG lässt nach ihrem Art. 5 die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder für die Arbeitnehmer günstigere tarifvertragliche Vereinbarungen zuzulassen oder zu fördern. Das ist hier gegeben, denn die genannten Vorschriften des nationalen Rechts sind günstiger für die Arbeitnehmer. Entschließt sich der nationale Gesetzgeber, in den Begriff der Massenentlassung im Sinne der Richtlinie 98/59/EG Fälle einzubeziehen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, sind Auslegungsdivergenzen der maßgebenden Begriffe durch eine einheitliche Auslegung zu vermeiden ( - [Rodríguez Mayor ua.] Rn. 27 mwN, Slg. 2009, I-11621).

44b) Der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG für die Anzeigepflicht maßgebende Schwellenwert „fünf“ war hier erreicht und überschritten. Die Klägerin eingerechnet hat die Beklagte zu 2. gegenüber zwei Arbeitnehmer/innen betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen, hinzuzuzählen sind jedenfalls vier der von ihr iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG veranlassten Aufhebungsverträge.

45aa) Eine „Veranlassung des Arbeitgebers“ iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG verlangt eine unmittelbare Willensäußerung des Arbeitgebers ( - [Rodríguez Mayor ua.] Rn. 40, Slg. 2009, I-11621). Eine solche Willensäußerung des Arbeitgebers liegt beispielsweise dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu verstehen gibt, dass er, der Arbeitgeber, anderenfalls das Arbeitsverhältnis beenden werde, weil nach Durchführung einer Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe ( - Rn. 47, BAGE 142, 202).

46bb) Kennzeichnend für eine andere Beendigung iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist zudem die Zustimmung des Arbeitnehmers ( - [Kommission/Portugal] Rn. 56, Slg. 2004, I-9387). So kann eine andere Beendigung iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG ein Aufhebungsvertrag sein, der auf Veranlassung des Arbeitgebers geschlossen wird (ua.  - Rn. 48 mwN, BAGE 142, 202; - 2 AZR 461/98 - zu II 2 der Gründe, BAGE 91, 107). Auch wenn der Arbeitnehmer durch eine Eigenkündigung einer sonst erforderlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung zuvorkommt, ist er bei der Angabe der Zahl der zu entlassenden Arbeitnehmer grundsätzlich zu berücksichtigen ( - aaO).

47cc) Im Anschluss an die Entscheidung Junk ( - Rn. 39, Slg. 2005, I-885), nach der unter dem Begriff „Entlassung“ in Art. 2 bis 4 der Richtlinie 98/59/EG und richtlinienkonform auch in § 17 KSchG (ua.  - Rn. 31, BAGE 147, 237; - 6 AZR 49/12 - Rn. 153; - 2 AZR 343/05 - Rn. 18, BAGE 117, 281) die Erklärung der Kündigung zu verstehen ist, gilt zweifelsohne nichts anderes für die ebenfalls zur Berechnung des Schwellenwertes bedeutsame Bestimmung in § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Abweichendes ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der genannten Bestimmungen. Soweit die Beklagte zu 2. ihre gegenteilige Auffassung auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1973 stützt ( - BAGE 25, 430), wurde darin noch ausdrücklich „Entlassung“ nicht als „Erklärung der Kündigung“, sondern als die „tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ aufgefasst. Diese Auffassung entsprach nicht unionsrechtskonformer Auslegung ( - [Junk] aaO) und wurde vom Bundesarbeitsgericht ausdrücklich aufgegeben ( - Rn. 18 ff., aaO).

48dd) Innerhalb von 30 Kalendertagen hat die Beklagte zu 2. nicht nur zwei Kündigungen ausgesprochen, darunter die des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin, sondern sie hat zudem mit 16 Arbeitnehmer/innen Personalgespräche geführt und ihnen kurzfristig das Arbeitsverhältnis beendende Aufhebungsverträge angeboten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte dies zur Umsetzung der getroffenen Umstrukturierungsentscheidung. Das Angebot von Aufhebungsverträgen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist eine die „Veranlassung des Arbeitgebers“ iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG kennzeichnende unmittelbare Willensäußerung des Arbeitgebers. Die Aufhebungsverträge wurden damit auf Veranlassung der Beklagten zu 2. geschlossen und sind deshalb bei der Berechnung des Schwellenwertes zu berücksichtigen.

49ee) Eine Berücksichtigung der Beendigungen des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsverträge nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG entfällt im Streitfall nicht deshalb, weil den Aufhebungsverträgen eine nahtlose (Weiter-)Beschäftigung oder andere Tätigkeit folgte.

50(1) Dahinstehen kann, ob es grundsätzlich ohne Bedeutung ist, wenn nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG eine (Weiter-)Beschäftigung oder andere Tätigkeit folgt (zur Diskussion ua.  - Rn. 43, BAGE 142, 202 bezogen auf den Wechsel in eine Transfergesellschaft; Niklas/Koehler NZA 2010, 913; ErfK/Kiel 15. Aufl. § 17 KSchG Rn. 12; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 29, 54). Dafür spricht jedenfalls der Wortlaut von § 17 KSchG, ebenso wie wohl auch der von Art. 1 und Art. 3 der Richtlinie 98/59/EG. Danach kommt es für die Auslösung der Anzeigepflicht ungeachtet weiterer Umstände lediglich darauf an, ob der Arbeitgeber Entlassungen oder gleichgestellte Handlungen vornimmt, die die maßgebenden Schwellenwerte erreichen. Zudem nennt Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/59/EG für „Entlassungen“ (Kündigungen) einschließlich ihnen gleichgestellter Beendigungen „alle beabsichtigten Massenentlassungen“ als anzeigepflichtig. Im damit bezeichneten frühen Zeitpunkt der „Absicht“ ( - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK ua.] Rn. 40, Slg. 2009, I-8163) ist idR sowohl für Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, als auch für diejenigen (im Zeitpunkt der „Absicht“ idR zudem noch gar nicht feststehenden) Arbeitnehmer, die womöglich durch eine gleichgestellte Beendigung ausscheiden werden, unklar, ob und wann ggf. eine Anschlussbeschäftigung gefunden werden wird. Vorliegend kommt es allerdings auf eine Antwort auf diese Frage nicht an, weshalb nicht näher erörtert werden muss, ob sie klar/geklärt ist oder ob ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderlich wäre.

51(2) Mitzuzählen als Beendigungen des Arbeitsverhältnisses nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG sind im Streitfall wegen der sozioökonomischen Auswirkungen, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können ( - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28, Slg. 2007, I-1499;  - Rn. 44, BAGE 142, 202; - 8 AZR 692/10 - Rn. 77), jedenfalls vier der auf Veranlassung der Beklagten zu 2. in Umsetzung ihres Stilllegungskonzeptes geschlossenen Aufhebungsverträge, die zusammen mit den beiden ausgesprochenen Kündigungen zur Überschreitung des Schwellenwertes von fünf Arbeitnehmern führen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde nämlich anschließend an die geschlossenen Aufhebungsverträge sowohl bei der VSH, der VSB, der Repräsentanz W als auch bei der Beklagten zu 1. jeweils (zumindest) eine/r der ehemaligen Lokalredakteur/innen - also insgesamt vier - lediglich in freier Mitarbeiterschaft tätig. Soweit es überhaupt auf solche weiteren Umstände ankommt, stand im Hinblick auf eine lediglich freie Mitarbeiterschaft, zudem im frühen Zeitpunkt der „Absicht“ ( - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK ua.] Rn. 40, Slg. 2009, I-8163), noch nicht fest (ähnlich  - aaO), ob der Arbeitsmarkt belastet wird. Gerade für die Anfangsphase einer Selbständigkeit ist weder absehbar noch steht fest, dass das erwünschte oder erforderliche Einkommen erzielt wird oder aus finanziellen und anderen Gründen alsbald wieder ein Arbeitsverhältnis angestrebt wird.

52III. Der auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gerichtete Hilfsantrag (Antrag zu 3.) ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

53IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 97 ZPO. Zur Kostenentscheidung erster Instanz war noch ein mit dem Klageantrag zu 2. ursprünglich gestellter Weiterbeschäftigungsantrag zu berücksichtigen, den das Arbeitsgericht - im Ergebnis rechtskräftig - abgewiesen, aber in seiner Kostenentscheidung nicht berücksichtigt hatte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:190315.U.8AZR119.14.0

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 2036 Nr. 34
BB 2017 S. 2491 Nr. 42
DB 2015 S. 2029 Nr. 35
DStR 2015 S. 13 Nr. 41
CAAAE-98371