BBK Nr. 3 vom Seite 97

Geteiltes Leid als doppeltes Leid

Bernd Rätke | VRiFG, BBK-Herausgeber

Erste Zwischenbilanz der Finanzverwaltung zur E-Bilanz

[i]OFD Nordrhein-Westfalen, Vfg. vom 18. 12. 2014 - S 2133b - 2014/0009 - St 145 NWB PAAAE-82488 Die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen zieht eine erste Zwischenbilanz zur E-Bilanz – und die fällt gar nicht gut aus: Denn die Finanzämter haben festgestellt, dass sie zwar reichlich Daten erhalten, die elektronisch verarbeitet werden können. Aber die gewohnten Kontennachweise und Anlagespiegel werden von vielen Steuerberatern nun nicht mehr übersandt – und zwar weder elektronisch noch in Papierform. Die OFD Nordrhein-Westfalen spricht von „deutlich weniger“ Fällen, in denen Kontennachweise und Anlagespiegel übermittelt werden. Zudem liege auch der Informationsgehalt der E-Bilanz „erheblich“ unter dem Informationsgehalt einer Papierbilanz (vgl. hierzu auch die BBK-Kurznachricht auf Seite 105 in diesem Heft).

Für die [i]Freiwillige Übersendung von Kontennachweisen Übersendung der Kontennachweise und Anlagespiegel gibt es keine allgemeine rechtliche Verpflichtung: Die Übersendung ist vielmehr freiwillig. So mancher Berater wird aber, nachdem er sich durch die Taxonomie gekämpft hat, keine große Lust mehr verspüren, das Finanzamt von sich aus noch mit weiteren Unterlagen zu „füttern“.

Selbst schuld, [i]Mehraufwand für allemöchte man der Finanzverwaltung nun zurufen. Warum sollten nur die Berater Mehraufwand mit der E-Bilanz haben? Das Pendel schlägt nun zurück zu den Sachbearbeitern der Finanzämter, die eine manuelle Prüfung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ohne Kontennachweis nicht durchführen können, sondern jetzt im Einzelfall die Kontennachweise und Anlagespiegel beim Berater anfordern sollen. Da freut sich wiederum der Berater, der auf diese Weise seinen Freizeitüberschuss abbauen kann! Dass er im Rahmen der Taxonomie zahlreiche „Mussfelder“ oder „Mussfelder Kontennachweis erwünscht“ ausgefüllt hat, nützt ihm jetzt nichts mehr.

Am liebsten [i]Noch detailliertere Angaben als die E-Bilanz wäre der Finanzverwaltung übrigens eine „detailliertere“ elektronische Übermittlung der E-Bilanz-Daten auf Anforderung – auch wenn die Finanzverwaltung natürlich weiß, dass die Kontennachweise und Anlagespiegel auch in Papierform übersandt werden können.

Die gute [i]Unzufriedene Sachbearbeiter beim FANachricht ist: Selbst die Finanzverwaltung merkt nun, dass ihr das Projekt E-Bilanz ein wenig aus dem Ruder läuft. Die eigenen Sachbearbeiter sind unzufrieden, und die Berater werden auf Einzelanforderungen zur Übersendung „detaillierterer“ Unterlagen sicher nicht begeistert reagieren.

Um die [i]Gemeinsame Aktionen mit Steuerberaternaufkommende Verstimmung abzumildern, hat sich die OFD Nordrhein-Westfalen nun Folgendes überlegt: Zum einen sollen mit den Steuerberatern Klimagespräche geführt werden, um auf das Problem hinzuweisen und um auf die – freiwillige! – Übermittlung von Kontennachweisen und Anlagespiegeln hinzuwirken. Zum anderen sollen mit den Steuerberatern „gemeinsame Aktionen“ durchgeführt werden. Allerdings schwebt der Finanzverwaltung hier nicht ein gemeinsamer Ausflug in den Kletterpark vor, sondern eher eine Art Schnitzeljagd: Bei gemeinsamen Aktionen soll nämlich „der Weg einer E-Bilanz von der Erstellung/Übermittlung durch den Berater bis zur DarS. 98stellung der übermittelten Daten auf dem Bildschirm des Empfängers im Finanzamt verfolgt werden“. Hier ist man jetzt schon gespannt, wer als Erster die Daten auf dem Bildschirm des Finanzbeamten entdeckt!

Praktikabler ist [i]Übersendung der E-Bilanz im PDF-Format – auch elektronisch ...da die Vorgehensweise einzelner Finanzbeamter, die mit einer Übersendung der Bilanz im PDF-Format per E-Mail einverstanden sind. Gewissermaßen auch eine elektronische Bilanz, weil ja das Papier in ein elektronisches Format umgewandelt worden ist – vom Gesetzgeber allerdings so nicht vorgesehen. Da ist man doch glatt geneigt, wieder die Papierbilanz einzufordern und die unselige Taxonomie gleich wieder abzuschaffen; denn für sie gibt es ja ohnehin keine Rechtsgrundlage [1]. Aber dann würden ja die von der OFD angeregten „gemeinsamen Aktionen“ mit den Steuerberatern wegfallen. Oder man geht doch mal zusammen in den Kletterpark …

Beste Grüße

Ihr Bernd Rätke

Bernd Rätke

Fundstelle(n):
BBK 2015 Seite 97 - 98
NWB GAAAE-83489

1Vgl. Rätke, Beilage zu BBK 23/2011 S. 4 NWB BAAAD-96280.