BGH Beschluss v. - VII ZB 23/13

Vollstreckungsimmunität: Forderungen der Republik Griechenland auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz

Leitsatz

Die der Republik Griechenland zustehenden Forderungen auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz dienen hoheitlichen Zwecken und unterliegen daher der Vollstreckungsimmunität.

Gesetze: Art 25 GG, § 20 Abs 2 GVG, SchulFinG BY

Instanzenzug: LG Ansbach Az: 1 T 124/13vorgehend AG Ansbach Az: M 3036/12vorgehend AG Ansbach Az: M 3036/12

Gründe

I.

1Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Arbeitsgerichts N. in einen Anspruch auf Zahlung von Zuschüssen nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz.

2Die Schuldnerin betreibt eine "Private Volksschule der Republik Griechenland" in N. Hierfür erhält sie von Seiten des Drittschuldners Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz. Die Gläubigerin ist Inhaberin einer titulierten Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.402,60 €. Wegen dieser Forderung hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend die Ansprüche auf Auszahlung der Zuschüsse erlassen.

3Die hiergegen eingelegte Vollstreckungserinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen.

4Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, welche das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat.

5Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.

II.

6Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

71. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Pfändung sei zulässig. Die Schuldnerin sei nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, da sie bei dem Betrieb der Schule nicht hoheitlich handele.

8Schwerpunktmäßige Aufgabe bei dem Betrieb einer Schule sei die Vermittlung von Wissen, somit die Unterrichtstätigkeit. Nach deutschem Verständnis nähmen Lehrer jedoch nicht hauptsächlich hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, weshalb sie auch nicht der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften.

9Zudem unterliege die von der Schuldnerin betriebene Schule einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den deutschen Staat. Aufgrund dessen könne die Schuldnerin ihren Bildungsauftrag nicht autonom, sondern nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Bei dem Betrieb der Schule habe sich die Schuldnerin daher der staatlichen Hoheit Deutschlands unterworfen.

10Schließlich unterfielen die gepfändeten Forderungen auch nicht der völkerrechtlichen Vollstreckungsimmunität. Da schon der Betrieb der Schule nicht hoheitlich sei, dienten auch die Fördergelder keinen hoheitlichen Zwecken.

112. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

12Die Zwangsvollstreckung in die Ansprüche der Schuldnerin gegen den Drittschuldner auf Auszahlung der Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz ist unzulässig. Dabei kann es dahinstehen, ob das Amtsgericht für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 828 Abs. 2, 2. Alt., § 23 Satz 2 ZPO international zuständig war. Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedenfalls, dass bezüglich der gepfändeten Zahlungsansprüche Vollstreckungsimmunität besteht.

13a) Die Vollstreckungsimmunität ist eine Ausprägung des Grundsatzes der Staatenimmunität, der aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten folgt. Es besteht eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG, wonach die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögensgegenstände ohne seine Zustimmung unzulässig ist, soweit diese im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen. Ob ein Vermögensgegenstand hoheitlichen Zwecken dient, richtet sich danach, ob er für eine hoheitliche Tätigkeit verwendet werden soll. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Zwecken ist mangels entsprechender Kriterien im allgemeinen Völkerrecht grundsätzlich nach der Rechtsordnung des Gerichtsstaats vorzunehmen (BVerfG, NJW 2012, 293, 295; , NJW-RR 2013, 1532 Rn. 10 ff.; jeweils m.w.N.).

Nach deutschem Verständnis unterfallen unter anderem kulturelle Einrichtungen ausländischer Staaten der Vollstreckungsimmunität. Zur Wahrnehmung ausländischer Gewalt gehört auch die vom Staat abhängige Repräsentation von Kultur und Wissenschaft im Ausland (, NJW 2010, 769 Rn. 26 m.w.N; vgl. auch IGH, Urteil vom , Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy, Greece intervening), I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 119, abrufbar unter http://www.icj-cij.org/docket/files/143/16883.pdf).

14b) Bei dem Betrieb der Privaten Volksschule der Republik Griechenland in N. handelt es sich um eine kulturelle Einrichtung der Beklagten.

15Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts erfüllen Auslandsschulen nicht nur Gemeinwohlinteressen des Staates, in dem die Schule betrieben wird, indem sie als Ersatz für eine grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule eine verfassungsrechtlich anerkannte öffentliche Aufgabe des Erziehungs-, Bildungs- und Ausbildungswesen verwirklichen (vgl. , NJW 1989, 216, 218; Badura in Maunz/Dürig, GG (2013), Art. 7 Rn. 111, 112). Auslandsschulen dienen darüber hinaus dem Zweck, einen Beitrag zur Förderung von Sprache und Kultur des ausländischen Staates im jeweiligen Sitzland zu erbringen. Demgemäß haben sich die Bundesrepublik Deutschland und die Schuldnerin mit ihrem Kulturabkommen vom (BGBl. 1957 II S. 501) verpflichtet, die Gründung von kulturellen Instituten des anderen Landes zur Erlernung der jeweiligen Sprache zuzulassen und zu fördern, Art. 5 des Kulturabkommens, und sich wechselseitig im Falle von Einschränkungen der Tätigkeiten von Auslandsschulen bei der Wiederinbetriebnahme zu unterstützen, Art. 12 des Kulturabkommens.

16Die Ansprüche auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz dienen der Aufrechterhaltung des Betriebs einer Auslandsschule und mithin einem hoheitlichen Zweck.

173. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG) war nicht veranlasst. Eine Abweichung von den Entscheidungen des , - 5 AZR 79/12 und - 5 AZR 78/12 (NJW 2013, 2461) sowie vom - 2 AZR 960/11 (NJOZ 2013, 1835) ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdegegnerin - nicht gegeben. Nach den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts soll weder das Vertragsverhältnis zwischen der Auslandsschule und ihren Lehren noch die Tätigkeit der Lehrer an Auslandsschulen als hoheitlich zu bewerten sein. Das Dienstverhältnis der Lehrer an einer Auslandsschule sei nicht Ausdruck der Souveränität des Staates nach innen oder außen in einem für diese Bestimmung maßgebenden Sinne. Diese Einordnung besagt jedoch nichts über die Qualifikation der von der Schuldnerin in Deutschland betriebenen Schule als kulturelle Einrichtung, deren Betrieb durch den gepfändeten Anspruch auf Zahlung eines staatlichen Zuschusses gewährleistet wird.

III.

18Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Eick                        Safari Chabestari                        Halfmeier

             Kartzke                                   Jurgeleit

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW 2014 S. 8 Nr. 32
NJW-RR 2014 S. 1088 Nr. 17
WM 2014 S. 1431 Nr. 30
OAAAE-70233