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Arbeitshilfe Januar 2024

Antrag auf Bewilligung der Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland nach § 146 Abs. 2b AO – Muster

Tim R. Hannig

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  • Antrag auf Bewilligung der Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland nach § 146 Abs. 2b AO

I. Vorbemerkung

Grundsätzlich gilt im Steuerrecht, dass Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen im Geltungsbereich der Abgabenordnung, also im Inland, zu führen und aufzubewahren sind (§ 146 Abs. 2 Satz 1 AO). Um der sich ausweitenden internationalen Verflechtung von Unternehmen und deren Bedarf nach grenzüberschreitender Zentralisierung ihrer Buchführungsprozesse Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen im Ausland zu führen und aufzubewahren, in den letzten Jahren erheblich erweitert.

Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009 wurden erstmals mit der Vorschrift des § 146 Abs. 2a AO a.F. die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen ihre elektronische Buchführung ins Ausland verlagern können. Die Voraussetzungen für eine elektronische Auslandsbuchführung wurden bereits ein Jahr später im Rahmen des JStG 2010 weiter erleichtert und die zuvor auf EU-/EWR-Staaten begrenzte Möglichkeit der Buchführungsverlagerung auch auf Drittstaaten ausgeweitet. Immer mehr international tätige Unternehmen machen seitdem von dieser Option Gebrauch. In der Praxis hat dies vor allem für deutsche Tochterunternehmen von ausländischen Konzernen Bedeutung, bei denen die Verarbeitung und Speicherung ihrer elektronischen Buchführungsdaten auf dem Server ihrer ausländischen Muttergesellschaft zentralisiert werden soll. Darüber hinaus besteht auch in anderen Konstellationen, insbesondere auch bei mittelständischen Unternehmen, immer häufiger das Bestreben, die Kosten der Buchführungs- und Aufzeichnungsarbeiten zu reduzieren und diese Arbeiten zentral im Ausland zu organisieren. Die Verlagerung der elektronischen Bücher ins Ausland bedurfte bislang immer einen schriftlichen oder elektronischen Antrag und zwar unabhängig davon, ob die Buchführung in einem EU-/EWR-Staat oder im Drittstaat geführt wurde sowie der Bewilligung durch die zuständige Finanzbehörde im Inland. Mit dem JStG 2020 wurde die Regelung zur Verlagerung der Buchführung ins Ausland weiter vereinfacht. Verfahrenstechnisch wird nunmehr zwischen der Verlagerung der elektronischen Buchführung in einen anderen EU-/EWR-Staat (§ 146 Abs. 2a AO n.F.) und der Verlagerung in einen Drittstaat (§ 146 Abs. 2b AO n.F.) unterschieden. Auf Basis des reformierten § 146 Abs. 2a AO n.F. ist eine Verlagerung der elektronischen Buchführung in einen anderen EU-/EWR-Staat nunmehr ohne Antrag möglich. Es ist aber in jedem Fall sicherzustellen, dass der Datenzugriff gemäß § 146 Abs. 2b S. 2 AO n.F., § 147 Abs. 6 AO weiterhin in vollem Umfang möglich bleibt. Bei einer Verlagerung der Buchführung in einen Drittstaat verleibt es hingegen bei dem ursprünglichen Antrags- und Bewilligungserfordernis des § 146 Abs. 2a AO a.F., das jetzt inhaltsgleich in § 146 Abs. 2b AO n.F. geregelt ist. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung sind im Einzelnen nunmehr in § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1-4 AO n.F. geregelt.

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom (sog. DAC 7-Umsetzungsgesetz) wurde § 146 Abs. 2a und 2b AO mit Wirkung zum erneut angepasst. Für die Praxis ergeben sich dadurch weitere Erleichterungen bei der Verlagerung der Buchführung ins Ausland. Mit der Möglichkeit, die Buchführungsunterlagen nicht nur in einen Mitgliedstaat bzw. in einen Drittstaat, sondern in mehrere Mitgliedstaaten der EU (§ 146 Abs. 1a Satz 1 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes) bzw. mehrere Drittstaaten (§ 146 Abs. 2b Satz 1 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes) zu verlagern, wird der zunehmenden Verteilung von Buchführungsverarbeitungssystemen und Sicherungssystemen Rechnung getragen. Die Änderung betrifft nicht nur Steuerpflichtige, die verschiedene Buchführungsverarbeitungssysteme anwenden und dabei die jeweiligen Software-Betreiber in verschiedenen Staaten sitzen, sondern auch Steuerpflichtige, die lediglich ein System anwenden, das aber auf verschiedene Mitgliedstaaten bzw. Drittstaaten verteilt ist. Durch die Neuregelung ist es auch diesen Steuerpflichtigen nunmehr möglich, die Buchführung in andere Mitgliedstaaten bzw. Drittstaaten zu verlagern. Eine weitere Vereinfachung der Buchführungsverlagerung in Drittstaaten wird durch die Änderung in § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes bewirkt, wonach es zukünftig nur noch erforderlich ist, den Standort des Systems oder den Namen des beauftragten Dritten und dessen Anschrift zu benennen. Die Nutzung von Cloud-Diensten, bei denen der Serverstandort nicht bekannt ist, wird hierdurch rechtssicher ermöglicht. Darüber hinaus hat das DAC 7-Umsetzungsgesetz auch Erleichterungen bei der Rückverlagerung der Buchführung geschaffen. Nach § 146 Abs. 2b Satz 3 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes muss bei einem Rückverlagerungsverlangen der Finanzbehörde die Buchführung nicht mehr zwingend nach Deutschland rückverlagert werden, sondern kann auch in einen oder mehrere EU-Mitgliedstaaten direkt rückverlagert werden. Dadurch wird das bisher bei Rückverlagerungen praktizierte Hin- und Her-Verlagern der Buchführung vermieden.

Die Finanzverwaltung kann die Ordnungsmäßigkeit der Buchführungsverlagerung im Rahmen einer Betriebsprüfung verifizieren. Die nicht gesetzmäßig erfolgte Auslandsbuchführung kann erhebliche Sanktionsfolgen nach sich ziehen (Verzögerungsgeld bis max. 250.000 €). Zudem hat die Finanzbehörde die Bewilligung der Auslandsbuchführung zu widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen in einen oder mehrere Mitgliedstaaten der EU zu verlangen, wenn der Finanzbehörde Umstände bekannt werden, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen. Trotz der praktischen Bedeutung der Zentralisierung der elektronischen Buchführung im Ausland sind eine Vielzahl von Fragen zur Anwendung und Auslegung des gesetzlichen Regelwerks zur Auslandsbuchführung weiterhin ungeklärt oder werden uneinheitlich beantwortet.

Diese Schreibvorlage soll dabei unterstützen, Anträge auf Bewilligung der Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland in Form der Verlagerung in einen Drittstaat zu erstellen und Problemfelder zu erkennen. Sie weist auf die Anforderungen hin, die die Finanzverwaltung an einen Bewilligungsantrag nach § 146 Abs. 2b AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes stellt und gibt praktische Hinweise zum Aufbau sowie zur Formulierung eines solchen Antrags. Darüber hinaus enthalten die Anmerkungen weiterführende Praxishinweise.

II. Wortlaut der Schreibvorlage nebst Anmerkungen

Einleitende Anmerkung:

Mit der Einführung des § 146 Abs. 2a und 2b AO a.F. im Jahressteuergesetz (JStG) 2009 v. hat der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Verlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und in bestimmte Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen. Mit der Neuregelung der Vorschrift durch das JStG 2010 v. sind die Voraussetzungen wesentlich vereinfacht und der Anwendungsbereich auf alle ausländischen Staaten erweitert worden. Elektronische Bücher konnten danach auf Antrag weltweit, also auch in Drittstaaten wie die USA oder die Schweiz, verlagert und dort aufbewahrt werden. Bis zum befand sich die Regelung zur Verlagerung der elektronischen Buchführung sowie zur Aufbewahrung der elektronischen Buchführung ohne Unterscheidung zwischen EU-/EWR- und Drittstatt in § 146 Abs. 2a AO a.F. In beiden Fällen setzte die Auslandsbuchführung einen Antrag des Steuerpflichtigen und dessen Bewilligung durch die zuständige Finanzbehörde voraus. Seit dem JStG 2020 v. bestimmt § 146 Abs. 2a AO n.F., dass Steuerpflichtige ihre elektronischen Bücher und sonstigen elektronischen Aufzeichnungen unter den dort genannten Voraussetzungen ohne gesonderten Antrag in einem anderen EU-/EWR-Staat führen und aufbewahren können. Der mit dem JStG 2020 neu eingeführte § 146 Abs. 2b AO regelt die weiterhin nur auf Antrag zulässige Verlagerung der Buchführung in Drittstaaten; die Regelung entspricht – abgesehen von der Beschränkung auf Drittstaaten – dem § 146 Abs. 2a AO i.d.F. vor dem JStG 2020.

Zu beachten ist, dass § 146 Abs. 2a, 2b AO nur die Verlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen gestattet. Die Papierbuchhaltung hat weiterhin im Inland zu verbleiben. Die ordnungsgemäße Verlagerung der elektronischen Buchführung in einen oder mehrere Drittstaaten setzt nach § 146 Abs. 2b Satz 2 AO n.F. im Einzelnen voraus:

  • einen schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen beim zuständigen Finanzamt;

  • der Steuerpflichtige muss der zuständigen Finanzbehörde den Standort des Datenverarbeitungssystems und bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift mitteilen;

  • der Steuerpflichtige muss seinen sich aus den §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Abs. 1 und 2 AO ergebenden steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit ordnungsgemäß nachgekommen sein;

  • der Datenzugriff muss nach § 147 Abs. 6 in vollem Umfang möglich sein und

  • die Besteuerung darf durch die Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland nicht beeinträchtigt werden.

Die noch jungen gesetzlichen Regelungen werfen in der Praxis vielfach noch Abgrenzungs- und Auslegungsfragen auf. Die zu den einzelnen Regelungskomplexen vertretenen Auffassungen der Finanzverwaltung und des Schrifttums sind nicht immer deckungsgleich. In der Tendenz knüpft die Finanzverwaltung an die Statthaftigkeit der Buchführungsverlagerung in einen Drittstaat strenge Maßstäbe. Bis zur Präzisierung der Vorschrift durch eine koordinierte bundeseinheitliche Verwaltungsanweisung oder die Finanzgerichte ist anzuraten, dass Unternehmen ihre Pläne zur Buchführungsverlagerung eng mit der Finanzverwaltung abstimmen.

Hinzu kommt, dass mit Wirkung ab 2015 die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) die bislang geltenden GDPdU ersetzen.

Damit konkretisieren die GoBD künftig die Ordnungsmäßigkeitsanforderungen der Finanzverwaltung an den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik bei der Buchführung und bei sonstigen Aufzeichnungen. Obgleich nach Auffassung des BMF durch die GoBD keine Änderung der materiellen Rechtslage bzw. der Verwaltungsauffassung eintreten soll, sieht die Praxis in der Neuregelung eine teilweise Verschärfung der Anforderungen an die Führung elektronischer Bücher und Aufzeichnungen. Die GoBD sind auch nach der Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland zu erfüllen. Die Einrichtung eines sog. Spiegelservers im Inland kann das Finanzamt vom Steuerpflichtigen allerdings nicht verlangen, da dies dem Gesetzeszweck entgegenstünde.

Nicht gesetzeskonforme Auslandsbuchführung wird vom Gesetzgeber streng sanktioniert: Werden der Finanzbehörde Umstände bekannt, die mit Hinblick auf die Verlagerung der Buchführung in einen Drittstaat zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung im Inland führen, hat sie gemäß § 146 Abs. 2b Satz 3 AO die Bewilligung zu widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung der Buchführung zu verlangen. Nach § 146 Abs. 2b Satz 3 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes muss bei einem Rückverlagerungsverlangen der Finanzbehörde die Buchführung nicht mehr zwingend nach Deutschland rückverlagert werden, sondern kann auch in einen oder mehrere Mitgliedstaaten der EU direkt rückverlagert werden. Dadurch wird das bisher bei Rückverlagerungen praktizierte Hin- und Her-Verlagern der Buchführung vermieden. Weiterhin kann die Finanzbehörde nach § 146 Abs. 2c AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes ein Verzögerungsgeld von 2.500 € bis 250.000 € festsetzen, wenn ein Steuerpflichtiger der Aufforderung der Rückverlagerung der Buchführung oder seinen Mitwirkungspflichten nach § 146 Abs. 2b Satz 4 AO, zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO nicht nachkommt oder er seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung in einen oder mehrere Drittstaat/en verlagert hat.

Die Festsetzung des Verzögerungsgelds erfordert neben den zwingenden tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 146 Abs. 2c AO eine zweifache Ermessensentscheidung der Finanzbehörde, nämlich

  1. im Hinblick darauf, ob im jeweiligen Einzelfall ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird (sog. Entschließungsermessen), sowie

  2. – falls das Entschließungsermessen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeübt worden ist – eine Entscheidung über die Höhe der Sanktion innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von mindestens 2.500 € bis höchstens 250.000 €.

Nicht zuletzt wegen des vom Gesetzgeber vorgesehenen Mindestbetrags ist das Entschließungsermessen nicht bereits durch die Vorschrift selbst vorgeprägt. Der Ermessenscharakter des § 146 Abs. 2b AO hat im Übrigen allgemein zur Folge, dass die Finanzgerichte die Festsetzung des Verzögerungsgelds nur eingeschränkt überprüfen können. Die Prüfung nach § 102 Satz 1 FGO ist darauf beschränkt,

  • ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (sog. Ermessensüberschreitung),

  • ob die Finanzbehörde von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der (Ermessens-) Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (sog. Ermessensfehlgebrauch),

  • ein ihr zustehendes Ermessen nicht ausgeübt hat (sog. Ermessensunterschreitung) oder

  • ob die Finanzbehörde die verfassungsrechtlichen Schranken der Ermessensbetätigung, hierunter insbesondere den sog. allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, missachtet hat.

Zur Ermessensausübung im Rahmen der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes nach § 146 Abs. 2b AO a.F. wegen unbewilligter Verlagerung der Buchführung ins Ausland hat das FG Hessen in seinem Urteil v. folgende Grundsätze aufgestellt:

  1. Bei der Ermessensausübung zur Festsetzung eines Verzögerungsgeldes nach § 146 Abs. 2b AO a.F. ist zu berücksichtigen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es durch die unbewilligte Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland bereits zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Prüfungs- und Beanstandungstätigkeit des Finanzamtes im Rahmen einer Außenprüfung gekommen war bzw. vermutlich kommen wird und ob insoweit ein reelles Steuerausfallrisiko bestand bzw. besteht.

  2. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens als Kriterium für die Höhe des Verzögerungsgeldes sind die Umsatzerlöse als alleiniger Indikator ungeeignet.

  3. Die Heranziehung des Mindestsatzes nach § 162 Abs. 4 Satz 3 AO als Richtwert für die Festsetzung eines Verzögerungsgelds nach § 146 Abs. 2b AO a.F. verstößt wegen der grundsätzlichen Andersartigkeit der Ziele der Vorschriften gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und stellt einen Ermessensfehler dar.

Die nachfolgende Arbeitshilfe für einen Antrag nach § 146 Abs. 2b Satz 1 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes bietet Hilfe bei der Erstellung von Anträgen auf Bewilligung der Verlagerung der elektronischen Buchführung in einen Drittstaat. Während in der Unternehmenspraxis eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsvarianten hinsichtlich des Umfangs und der Prozessorganisation der Buchführungsverlagerung existieren, ist allen Optionen gemeinsam, dass der Server, auf dem die elektronischen Buchhaltungsdaten gespeichert und abgerufen werden, an einem ausländischen Standort betrieben wird.

Dem hier gewählten Beispiel für die Arbeitshilfe liegt die häufig bei internationalen Konzernsachverhalten anzutreffende Konstellation zugrunde, dass die Finanzbuchhaltungsprozesse der Datenerfassung, Kontierung und Belegprüfung weiterhin im Inland durch fachkundiges, deutschsprachiges Personal durchgeführt werden, die Erfassung der Belege im Buchführungssystem und die buchhalterische Weiterverarbeitung der Daten jedoch auf dem Server der ausländischen Konzernobergesellschaft erfolgt .

Eine weitere gängige Praxisvariante, die in vorliegender Arbeitshilfe allerdings nicht abgebildet ist, ist die Erledigung der elektronischen Buchführungsprozesse durch eine im Ausland ansässige, konzerneigene Servicegesellschaft (sog. Shared Service Center), die die im Inland gesammelten, geordneten und eingescannten Belegdaten vollumfänglich buchhalterisch weiterverarbeitet. Der Einfachheit halber wird weiterhin davon ausgegangen, dass die Verlagerung der Buchführung nur in einen Drittstaat erfolgt.

Ob der Scanvorgang selbst im Ausland durchgeführt werden darf, ist unklar. Dagegen könnte sprechen, dass nach § 146 Abs. 2 Satz 1 AO die Pflicht zur Aufbewahrung der Papierbelege im Inland besteht und für den Scanvorgang die Papierbelege vom Inland ins Ausland verbracht werden müssen. Dabei gilt zu beachten, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu § 146 Abs. 2a AO a.F. der Bundesrat vorgeschlagen hatte, das kurzfristige Verbringen der Belege ins Ausland explizit im Gesetz zu erlauben, da eine klare Trennung von elektronischer Buchführung und Papierbuchführung in der Praxis nur schwierig umzusetzen sei. Dass dieser Vorschlag letztlich nicht umgesetzt worden ist, könnte man als Hinweis darauf verstehen, dass der Gesetzgeber auch ein nur kurzfristiges Verbringen ins Ausland nicht zulassen wollte. Das Problem kann in der Praxis – unter Effizienzeinbußen – dadurch umgangen werden, dass zur Durchführung des Scanvorgangs nicht die Originalbelege ins Ausland verbracht werden, sondern lediglich Kopien dieser Belege.

Die zur Verfügung gestellten Formulierungshilfen und Praxishinweise können naturgemäß weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Sie ersetzen auch keine rechtliche Beratung. Aufgrund der vielfältigen Gestaltungsoptionen hinsichtlich Art, Umfang und technischer Umsetzung bei der Verlagerung von elektronischen Buchführungsprozessen ins Ausland, ist stets eine individuelle rechtliche Beratung und Einzelfall bezogene Erstellung des Antrags erforderlich.

An das

Finanzamt (örtlich zuständiges Festsetzungsfinanzamt)

Straße, Hausnummer / Postfach

Postleitzahl, Stadt

Anmerkung:

Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag richtet sich nach den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften der §§ 16 ff. AO. Zuständig ist hiernach der Veranlagungsbezirk des für den Antragsteller örtlich zuständigen Festsetzungsfinanzamts. An diese Stelle ist der schriftliche Antrag zu richten.

Vor einer abschließenden Entscheidung im Zusammenhang mit einem Antrag nach § 146 Abs. 2b AO n.F. ist bei Konzernen im Sinne der §§ 13 und 18 Satz 1 Nr. 1 BpO 2000 das Finanzamt, das für die Besteuerung des herrschenden oder einheitlich leitenden Unternehmens zuständig ist, zu beteiligen. Es ist in Konzernsachverhalten für den Antragsteller daher ratsam, im Vorfeld der Antragstellung mit der Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle Kontakt aufzunehmen und die Pläne zur Buchführungsverlagerung im Vorgriff eines Antrags zu besprechen.

Firma, Anschrift des Antragstellers

Steuernummer: XXXXXXXX

Anmerkung:

Für jeden Steuerpflichtigen ist ein gesonderter Antrag erforderlich; dies gilt auch für Konzerne im Sinne der §§ 13 und 18 Satz 1 Nr. 1 BpO 2000.

Antrag auf Bewilligung der Führung und Aufbewahrung von Teilen der elektronischen Bücher und sonstiger erforderlicher elektronischer Aufzeichnungen außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung nach § 146 Abs. 2b AO.

Anmerkung:

Durch § 146 Abs. 2b AO n.F. wird klargestellt, dass auch nur Teile der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen verlagert werden dürfen. Der Antragsteller sollte bereits in der Betreffzeile des Antrags deutlich machen, ob sich der Antrag auf die vollständige Verlagerung der Auslandsbuchführung oder nur Teile davon bezieht.

Formulierungsalternative bei Vollverlagerung:

Antrag auf Bewilligung der Führung und Aufbewahrung der elektronischen Bücher und sonstigen elektronischen Aufzeichnungen außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung gemäß § 146 Abs. 2b AO.

Sehr geehrte Damen und Herren,

namens und im Auftrag unserer Mandantin[alternativ: der Antragstellerin] beantragen wir nach Maßgabe des § 146 Abs. 2b Satz 1 der Abgabenordnung (AO), die Bewilligung zur Führung und Aufbewahrung von Teilen der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen außerhalb des Geltungsbereichs der AO wie nachfolgend näher beschrieben.

Formulierungsalternative bei Vollverlagerung:

Sehr geehrte Damen und Herren,

namens und im Auftrag unserer Mandantin [alternativ: der Antragstellerin] beantragen wir nach Maßgabe des § 146 Abs. 2b Satz 1 der Abgabenordnung (AO), die Führung und Aufbewahrung elektronischer Bücher und sonstiger erforderlicher elektronischer Aufzeichnungen außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung, wie nachfolgend näher beschrieben, zu bewilligen.

Projektbeschreibung

Anmerkung:

Dem Antrag eine knappe Projektbeschreibung voranzustellen ist nicht zwingend. Es empfiehlt sich dennoch eine kurze Beschreibung des Projektvorhabens zur Verlagerung der elektronischen Buchführung an einen ausländischen Standort aufzunehmen. Dies ermöglicht der Finanzbehörde zum einen, das Vorhaben in einen größeren Gesamtkontext einzuordnen und erleichtert somit das Grundverständnis für das häufig komplexe Vorhaben. Zum anderen wird hierdurch seitens des Antragstellers Transparenz und Offenheit signalisiert.

Die Antragstellerin mit Geschäftssitz in Hamburg ist eine Vertriebsgesellschaft für hochfunktionale Betriebsstoffe und gehört zur international tätigen Konzerngruppe der A. Konzernobergesellschaft und unmittelbare Mehrheitsgesellschafterin der Antragstellerin ist die A-Holding PLC mit Geschäftssitz in Manchester, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland (nachfolgend „AH“ genannt).

Die AH beabsichtigt aus Effizienzgründen, die elektronischen Datenverarbeitungsprozesse der elektronischen Finanzbuchhaltung ihrer europäischen Konzerngesellschaften, die bislang an den lokalen Serverstandorten der einzelnen Konzerngesellschaften ausgeführt wurden, auf dem Server am Geschäftssitz der AH zu zentralisieren.

Die Aufbewahrung der elektronischen Bücher und Aufzeichnungen soll ebenfalls am Standort des Datenverarbeitungssystems bei der AH erfolgen. Die Belegerfassung, Dateneingabe und Kontierung wird weiterhin lokal an den jeweiligen Standorten der Konzerngesellschaften ausgeführt.

1. Art und Umfang der Buchführungsverlagerung

Anmerkung:

Der schriftliche Antrag muss eine detaillierte Beschreibung der für die Verlagerung vorgesehenen elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen Aufzeichnungen enthalten. Der Finanzbehörde muss anhand des Antrags die Überprüfung der gesetzlichen Anforderungen des § 146 Abs. 2b AO n.F. ohne weiteres möglich sein. Die für die Verlagerung vorgesehenen elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen sind daher nach Art und Umfang näher zu bezeichnen und es ist bei einer Teilverlagerung anzugeben, welche Bücher und sonstigen Aufzeichnungen weiterhin im Inland verbleiben.

Es ist weiterhin konkret anzugeben, welche Bearbeitungs-/Verarbeitungstätigkeiten zukünftig im Ausland vorgenommen werden, z. B. Kontierung, Erfassung, Datenverarbeitung und Archivierung.

Von der Verlagerung der elektronischen Buchführung und sonstigen elektronischen Aufzeichnungen sind die nachfolgend aufgeführten Bereiche und Prozesse der elektronischen Finanzbuchhaltung betroffen:

  • Buchhalterische Verarbeitung der eingegebenen Buchhaltungsdaten zu sämtlichen Ein- und Ausgangsrechnungen

  • Buchhalterische Verarbeitung der eingegebenen Buchhaltungsdaten sonstiger Geschäftsvorfälle und Buchungsbelege

  • Datenspeicherung

  • Archivierung der elektronischen Geschäftsvorfälle und Geschäftsbriefe

  • Kontenführung

  • Durchführung der Abschlussbuchungen

  • (Anmerkung: Ggf. sind weitere Bereiche, die von der Verlagerung betroffen sind, anzugeben.)

Die Belegerfassung, Prüfung, Dateneingabe und Kontierung erfolgt weiterhin durch das Personal der Antragstellerin im Inland. Die physische Buchführung wie der Jahresabschluss, die Eröffnungsbilanz sowie die der Buchführung zugrunde liegenden Originalbelege verbleiben im Inland bei der Antragstellerin. Die Lohnbuchhaltung ist ebenfalls nicht Gegenstand der Verlagerung und verbleibt weiterhin im Inland.

2. Darstellung der Prozessabläufe

Anmerkung:

Sofern neben der Aufbewahrung auch die Führung der elektronischen Bücher im Ausland erfolgen soll, ist auch das geplante Verfahren detailliert zu beschreiben, wie zukünftig die hierfür erforderlichen Unterlagen ins Ausland gelangen (z. B. Scannen der Original-Belege im Inland und Versenden der digitalen Kopien, Versand von Kopien der Original-Belege und Digitalisierung im Ausland). Hierfür ist unabdingbar, dass sich die steuerlichen Berater eng mit den relevanten Fachabteilungen des Antragstellers (IT-Abteilung, Buchhaltungsabteilung, Rechtsabteilung) abstimmen.
Es ist weiterhin konkret anzugeben, welche Bearbeitungs-/Verarbeitungstätigkeiten zukünftig im Ausland vorgenommen werden, z. B. Kontierung, Erfassung, Datenverarbeitung und Archivierung.

Die AH und die Antragstellerin nutzen für die Finanzbuchführung die Unternehmenssoftware XXX 2.1, die über den zentralen Server am Standort der AH bereitgestellt wird. Die Antragstellerin ist über eine Intranet-Schnittstelle mit dem Server der AH verbunden. Kontierung, Erfassung und Prüfung der Finanzbuchhaltungsdaten erfolgt weiterhin am Standort der Antragstellerin im Inland.

Die Ein- und Ausgangsrechnungen und sonstigen Belege werden bei der Antragstellerin erfasst, vorkontiert und freigezeichnet. Sie werden sodann bei der Antragstellerin eingescannt, elektronisch an die AH übermittelt, auf deren Server hochgeladen und dort gespeichert. Die Originalbelege verbleiben bei der Antragstellerin und werden dort aufbewahrt.

Die weitere buchhalterische Verarbeitung der elektronischen Belegdaten erfolgt durch geschultes Fachpersonal der AH. Die AH gewährleistet die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf die die Antragstellerin betreffenden Buchhaltungsdaten auf ihrem Server.

Der Zugriff auf das Netzwerk und das Datenverarbeitungssystem der AH ist über entsprechend eingerichtete Zugriffsberechtigungen und Passwörter vor unbefugten Zugriffen nicht autorisierter Personen geschützt. Über diesen Zugriff können jederzeit die Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit der Finanzbuchhaltung von der Antragstellerin überprüft werden.

Die auf dem Server der AH gespeicherten Finanzbuchhaltungsdaten werden täglich gesichert und archiviert.

3. Antragsbegründung

Anmerkung:

Die Erteilung der Bewilligung setzt voraus, dass die gesetzlichen Anforderungen des § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1-4 n.F. AO erfüllt sind. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist durch den Antragsteller im Einzelnen darzulegen.

3.1 Standort des Datenverarbeitungssystems (§ 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AO)

Anmerkung:

Gemäß § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AO a.F. hatte der Antragsteller der zuständigen Finanzbehörde bislang den Standort des Datenverarbeitungssystems (Serverstandort) und bei Beauftragung eines Dritten zusätzlich dessen Namen und Anschrift mitzuteilen. Da immer mehr Unternehmen aus Kostenersparnisgründen die Möglichkeit nutzen, Daten, Anwendungen oder ganze Geschäftsprozesse mittels Cloud Computing zu organisieren, trat in der Praxis die Frage auf, ob die Verlagerung der Buchführung in einen Drittstaat mittels Cloud Computing nach § 146 Abs. 2b AO a.F. bewilligungsfähig war. Anbieter von Cloud-Dienstleistungen betreiben regelmäßig eine Vielzahl von Server-Standorten in verschiedenen Ländern. Es entspricht gerade dem Wesen von cloudbasierten Lösungen, dass die Datenspeicherung und -verarbeitung in einer verteilten Rechnerinfrastruktur stattfindet. Der Steuerpflichtige hatte in der Regel also keine Kenntnis darüber, an welchem Standort seine Daten gespeichert und verarbeitet wurden. Solange das Gesetz allerdings verlangte, dass der Serverstandort im Antrag anzugeben war, konnte eine Buchführungsverlagerung mittels Cloud Computing nur unter engen Voraussetzungen bewilligt werden. Zunächst hatte der Steuerpflichtige durch vertragliche Vereinbarung mit dem Cloud Anbieter sicherzustellen, dass die Speicherung der Daten an einem bestimmten Serverstandort erfolgte, der dem Steuerpflichtigen mitzuteilen war. Dabei musste ein uneingeschränktes Datenzugriffsrecht der Finanzbehörde jederzeit sichergestellt sein. Bei einem Wechsel des Serverstandortes hatte der Cloud Anbieter den Steuerpflichtigen vorab darüber zu informieren und den zukünftigen Standort rechtzeitig im Voraus mitzuteilen. Im Falle des Wechsels des Serverstandortes musste sich der Steuerpflichtige ein außerordentliches Kündigungsrecht ausbedingen. Ferner musste eine Rückübertragung der Buchführungsdaten jederzeit gewährleistet sein. Die zu erfüllenden Voraussetzungen machen deutlich, dass § 146 Abs. 2b AO a.F. weiterhin nicht auf die besonderen Anforderungen des Cloud Computing zugeschnitten war. Häufig scheiterte eine Verlagerung der Buchführung in einen Drittstaat über cloudbasierte Lösungen daran, dass der Cloud Dienstleister die vertraglichen Voraussetzungen nicht erfüllen konnte, ohne die hohe Flexibilität seines Cloud Systems aufzugeben. Kein Buchführungsverlagerungsantrag war hingegen erforderlich, wenn die Buchführungsprozesse zwar ausgelagert, aber ausschließlich auf einer „deutschen Cloud“ betrieben wurden. Denn lag das Rechenzentrum der Cloud Lösung im Inland und wurde es aus dem Inland von einem deutschen Cloud-Dienstleister betrieben, so fehlte es mangels grenzüberschreitendem Element an einer Verlagerung der Buchführung ins Ausland.Der Gesetzgeber hat auf das zuvor beschriebene Praxisproblem reagiert und die Vorschrift des § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AO mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom angepasst. Durch die Änderung ist es ab dem nur noch erforderlich, den oder die Standort(e) des Systems oder den Namen des beauftragten Dritten und dessen Anschrift zu benennen. Aufgrund dieser Neuregelung („oder“ statt „und“) werden Steuerpflichtige die Verlagerung der Buchführungssysteme nunmehr auch dann nutzen können, wenn der Serverstandort, wie zB bei Cloud-Diensten, vom Betreiber nicht genannt werden kann.

Das Datenverarbeitungssystem, auf dem die elektronischen Bücher und die sonstigen erforderlichen Aufzeichnungen geführt und aufbewahrt werden sollen, befindet sich in den Geschäftsräumen der:

Firma, vollständige Anschrift.

3.2 Steuerliche Zuverlässigkeit (§ 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 2 AO)

Anmerkung:

Um eine effiziente Steuerkontrolle bei einer Verlagerung der Buchführung außerhalb des Geltungsbereiches der AO zu gewährleisten, kommt nach § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 2 AO n.F. eine Bewilligung nur bei solchen Steuerpflichtigen in Betracht, die ihren steuerlichen Pflichten gemäß §§ 90, 93, 97, 140-147, 200 Abs. 1 und 2 AO in der Vergangenheit ordnungsgemäß nachgekommen sind.

Die Finanzverwaltung stellt hohe Anforderungen an die Prüfung der steuerlichen Zuverlässigkeit. Diese restriktive Sichtweise wird in der Literatur teilweise kritisiert, ist jedoch in der Praxis vorerst – bis zur höchstrichterlichen Klärung dieser Frage – als Beurteilungsmaßstab entscheidend. Daher ist erforderlich, in dem Bewilligungsantrag die steuerliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin nach Maßgabe der Anforderungen der Finanzverwaltung wahrheitsgemäß darzulegen.

Sofern in der Vergangenheit geringfügige Verstöße gegen Buchführungs- oder Mitwirkungspflichten im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellt und dokumentiert wurden, kann es ratsam sein darzulegen, weshalb diese Pflichtverletzungen mit Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Bewilligungsversagung rechtfertigen.

Die effiziente Steuerkontrolle ist auch nach der Verlagerung der Buchführung an den Standort der AH ins Ausland gewährleistet. Die Antragstellerin ist ihren steuerlichen Buchführungs- und Mitwirkungspflichten gemäß §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Abs. 1 und 2 AO in der Vergangenheit ordnungsgemäß nachgekommen. Insbesondere wurden nach unserer Kenntnis keine Verstöße gegen die Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern oder die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung festgestellt.

Die Antragstellerin ist weiterhin ihren allgemeinen Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren gegenüber den Finanzbehörden ordnungsgemäß nachgekommen und hat sich im Rahmen von Außenprüfungen bei der Feststellung der besteuerungserheblichen Sachverhalte gegenüber dem Außenprüfungsdienst stets kooperativ gezeigt.

3.3 Gewährleistung des Datenzugriffs, § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 3 AO

Anmerkung:

Die Voraussetzungen des Datenzugriffs im Sinne des § 147 Abs. 6 AO i.d.F des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022sind gemäß § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 3 AO n.F. wie bei Steuerpflichtigen mit Inlandsbuchführung sicherzustellen; eine digitale Außenprüfung muss uneingeschränkt möglich sein. Der Zugriff der Finanzbehörde auf die elektronischen Buchführungsdaten im Ausland muss demnach sowohl technisch als auch rechtlich uneingeschränkt gewährleistet sein. Zwar ist eine ausdrückliche Zustimmungserklärung der zuständigen Stelle des ausländischen Staats zum Datenzugriff durch die deutsche Finanzbehörde nach der Neuregelung der Vorschrift im JStG 2010 nicht mehr erforderlich, jedoch trägt der Steuerpflichtige die alleinige Verantwortung dafür, dass der Datenzugriff durch die deutsche Finanzbehörde nach dem Recht des ausländischen Staats zulässig ist. Zu den GoBD und den zeitlichen Anwendungsregeln der einzelnen GoBD-Fassungen vgl. die Vorbemerkung einleitende Anmerkung unter Tz. II.

Die Voraussetzungen des Datenzugriffs und der Prüfbarkeit digitaler Unterlagen werden nach unseren Informationen gemäß den geltenden Grundsätzen in vollem Umfang gewährleistet. Die Antragstellerin hat über eine Intranet-Schnittstelle jederzeit den vollen und unmittelbaren Zugriff auf die auf dem Datenverarbeitungssystem der AH gespeicherten Finanzbuchhaltungsdaten.

Den Prüfern der Finanzbehörde kann somit im Rahmen einer Außenprüfung der jeweils erbetene Datenzugriff (Z1, Z2 oder Z3) eingeräumt werden. Dadurch ist sichergestellt, dass die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vom Inland aus durch die Finanzbehörde lückenlos geprüft werden kann.

3.4 Keine Beeinträchtigung der Besteuerung, § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 4 AO

Anmerkung:

Durch die Verlagerung der elektronischen Bücher darf die Besteuerung nicht beeinträchtigt werden (§ 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 4 AO n.F.). Auf ein Verschulden des Antragstellers kommt es nicht an. Nach Auffassung der Finanzverwaltung, die grundsätzlich in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung steht, soll die Nichtbeeinträchtigung der Besteuerung die Erfüllung sämtlicher steuerlicher Pflichten und nicht nur die Erfüllung der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten umfassen. Bei der Prüfung, ob die Besteuerung beeinträchtigt ist, können nach Ansicht der Finanzverwaltung z. B. folgende Umstände von Bedeutung sein :

  • Nicht ordnungsgemäßes Abgabevergabeverhalten des Steuerpflichtigen;

  • Einleitung von Steuerstrafverfahren oder -ordnungswidrigkeitenverfahren der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder Steuerfahndung in steuerlichen Angelegenheiten;

  • Notwendigkeit von Vollstreckungsverfahren wegen unzureichender Erfüllung von eigenen steuerlichen Zahlungspflichten;

  • Verstöße gegen § 138 AO in Form der Unterlassung der Meldung von ausländischen Gesellschaftsbeteiligungen;

  • Das Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens mit großer Auskunftsklausel mit dem „Verlagerungsstaat”.

Kritische Stimmen in der Literatur lehnen diese Sichtweise unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck als zu weitgehend ab. In der Praxis empfiehlt es sich vorerst, bis zur abschließenden Klärung der Reichweite des Tatbestandsmerkmals „keine Beeinträchtigung der Besteuerung“, nach Maßgabe des Beurteilungsmaßstabs der Finanzverwaltung wahrheitsgemäß darzulegen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen ist und dass durch die Buchführungsverlagerung die Besteuerung auch zukünftig nicht beeinträchtigt wird. Hat die Finanzbehörde beim Steuerpflichtigen in der Vergangenheit z.B. das Abgabeverhalten beanstandet, weil Steuererklärungen nicht fristgemäß eingereicht wurden, sollte der Steuerpflichtige in seinem Antrag darlegen, dass das nicht ordnungsgemäße Abgabeverhalten keinen Bezug zur Vorlage aufbewahrungspflichtiger Unterlagen aufweist. Ferner sollte er darlegen, dass trotz der Beanstandung des Abgabeverhaltens für frühere Veranlagungszeiträume eine lückenlose Prüfung der elektronischen Auslandsbuchführung durch die Finanzbehörde vom Inland aus in gleicher Weise möglich ist wie bei Steuerpflichtigen mit DV-gestützter Buchführung im Inland.

Durch die dargestellte Verlagerung der elektronischen Buchführung und sonstigen elektronischen Aufzeichnungen zur Konzernobergesellschaft wird die Besteuerung nicht beeinträchtigt.

Der uneingeschränkte, jederzeitige Zugriff auf die Finanzbuchhaltungsdaten der Antragstellerin ist mittels Intranet-Schnittstelle sichergestellt. Die Weiterverarbeitung der Belegdaten erfolgt durch geschultes Fachpersonal nach Maßgabe der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).

Eine lückenlose Prüfung der Gewinnermittlung durch die Finanzbehörden ist in gleicher Art und Weise möglich, wie wenn die Führung und Aufbewahrung der Finanzbuchhaltung im Inland verblieben wäre. Die Antragstellerin hat nach unserer Kenntnis bislang ihre Steuererklärungen und -anmeldungen fristgerecht abgegeben und ihre Pflichten zur Begleichung von Steuerschulden zum Fälligkeitstermin stets erfüllt. Vollstreckungsmaßnahmen wurden gegen die Antragstellerin wegen säumiger Steuerzahlungen in der Vergangenheit nicht eingeleitet.

Uns ist auch nicht bekannt, dass gegen die Antragstellerin Steuerstrafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Steuervergehen eingeleitet wurden. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom enthält in Art. 27 Abs. 1 darüber hinaus eine sog. große Auskunftsklausel zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch in Steuersachen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 146 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 bis 4 AO liegen vor. Die Bewilligung ist daher antragsgemäß zu erteilen. [Eine Kopie dieses Antrags geht nachrichtlich auch an das zuständige Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung] (Anmerkung: Nur in Konzernfällen).

Anmerkung:

Über den Antrag ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 146 Abs. 2b AO n.F. erfüllt, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Bewilligungserteilung (Ermessensreduzierung auf Null).

Für Rückfragen oder für den Fall, dass Sie noch weitere Informationen oder Unterlagen benötigen, steht Ihnen der Unterzeichner unter der Telefonnummer (xxxxx) gerne zur Verfügung. Da eine kurzfristige Projektrealisierung geplant ist, wird höflich um zeitnahe Prüfung und Bewilligung des Antrags ersucht.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

[Nachrichtlich:

Zuständige Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle] (Anmerkung: Nur in Konzernfällen)

Anmerkung zum Rechtsschutz:

Eine Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland darf nur nach vorheriger Bewilligung durch die Finanzverwaltung erfolgen. Die Finanzbehörde hat die Bewilligung zu widerrufen, wenn ihr Umstände bekannt werden, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen können. Der Widerruf hat die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen elektronischen Aufzeichnungen zur Folge, wobei gemäß § 146 Abs. 2b Satz 3 AO i.d.F. des DAC 7-Umsetzungsgesetzes bei einem Rückverlagerungsverlangen der Finanzbehörde die Buchführung nicht mehr zwingend nach Deutschland rückverlagert werden muss, sondern kann auch in einen oder mehrere EU-Mitgliedstaaten direkt rückverlagert werden kann. Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner elektronischen Buchführung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nach Bekanntgabe durch die zuständige Finanzbehörde nicht nach oder hat er seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde in einen Drittstaat verlagert, kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis 250.000 Euro festgesetzt werden (§ 146 Abs. 2c AO n.F.). Gegen die Versagung der Bewilligung zur Verlagerung der Buchführung kann der Steuerpflichtige Einspruch einlegen und Verpflichtungsklage erheben. Vorläufiger Rechtsschutz wird durch eine einstweilige Anordnung gemäߧ 114 FGO gewährt. Auch gegen den Widerruf und das Rückforderungsverlangen der Finanzbehörde stehen dem Steuerpflichtigen der Einspruch und im Anschluss die Anfechtungsklage zu. Zu den Sanktionsfolgen nicht gesetzeskonformer Auslandsbuchführung vgl. die einleitenden Anmerkungen unter Tz. II.

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