OFD Nordrhein-Westfalen - S 3180 - 2014 - St 251

Berechnung von Feststellungsfristen bei der Grundbesitzbewertung

Aus Anlass des wird zur Berechnung der Feststellungsfristen bei der Grundbesitzbewertung wie folgt Stellung genommen:

Für die Feststellung von Grundbesitzwerten gelten nach § 138 Abs. 5 Satz 3 BewG a. F. sowie § 153 Abs. 5 BewG die AO-Vorschriften § 181 Abs. 1 und 5 AO sinngemäß, die für die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes maßgebend sind.

1. Beginn der Feststellungsfrist, § 181 Abs. 3 S. 1 AO

Bei der Feststellung der Grundbesitzwerte beginnt die Feststellungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres (31.12.), in das der Bewertungsstichtag fällt.

Beispiel:

Grundstücksschenkung  = Beginn der Feststellungsfrist mit Ablauf des

2. Anlaufhemmung nach § 181 Abs. 3 AO

Die Regelungen zur Anlaufhemmung nach § 181 Abs. 3 AO gelten auch bei Feststellungen von Grundbesitzwerten.

Eine Anlaufhemmung greift nach § 181 Abs. 3 S. 2 und § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO, wenn eine Erklärung abzugeben ist. Voraussetzung für das Eintreten der Anlaufhemmung ist also, dass eine Erklärungspflicht besteht. Im Rahmen der Grundbesitzbewertung ergibt sich nur dann eine Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung, wenn der Steuerpflichtige nach § 149 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 138 BewG a. F. bzw. § 153 BewG seitens der Verwaltung dazu aufgefordert wird.

Für den Beginn der Anlaufhemmung ist regelmäßig der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts abgegeben wird. Die Anlaufhemmung endet jedoch spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Grundbesitzwertfeststellung vorzunehmen ist (§ 181 Abs. 3 Satz 2 AO).

Eine Anlaufhemmung besteht auch dann, wenn die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung nach Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Grundbesitzwertfeststellung vorzunehmen ist, aber noch innerhalb der 4-jährigen Feststellungsfrist ergeht. Die Anlaufhemmung ist auch für diesen Fall auf 3 Jahre begrenzt ( BStBl 2001 II S. 14). Erfolgt die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung erst nach Ablauf der 4-jährigen Feststellungsfrist, führt dies wegen des Eintritts der Feststellungsverjährung nicht zu einer Anlaufhemmung ( BStBl II S. 529)

Erfolgt die Feststellung des Grundbesitzwerts, ohne dass eine Erklärung angefordert wird, hat die Anlaufhemmung des § 181 Abs. 3 AO keine Bedeutung. Die Feststellungsfrist beginnt in diesem Fall mit Ablauf des Kalenderjahres, in das der Bewertungsstichtag fällt.

3. Dauer der Feststellungsfrist, § 169 Abs. 2 AO

Die Feststellungsfrist beträgt bei der Grundbesitzbewertung 4 Jahre. Sie verlängert sich auf 5 bzw. 10 Jahre soweit durch ein Verhalten in Bezug auf die Grundbesitzbewertung die anknüpfenden Steuern (Erbschaft-/Schenkungsteuer oder Grunderwerbsteuer) leichtfertig verkürzt bzw. hinterzogen worden sind.

4. Ende der Feststellungsfrist

Die Feststellungsfrist endet mit Ablauf der maßgebenden Dauer zum 31.12. des entsprechenden Jahres (vgl. dazu die Beispiele unter Punkt 7).

Für die Fristwahrung durch das Finanzamt ist nicht erheblich, wann der Feststellungsbescheid dem Empfänger zugegangen ist, sondern wann er den Bereich der zuständigen Behörde verlassen hat (vgl. § 169 Abs. 1 S. 3 AO sowie BStBl 1990 II S. 518).

5. Ablaufhemmung, § 171 AO

Für die Feststellung von Grundbesitzwerten gilt nach § 181 Abs. 1 AO auch § 171 AO. Danach ist eine Ablaufhemmung beispielsweise vorgesehen, wenn

  • ein Antrag auf Feststellung oder auf Aufhebung oder Änderung gestellt wird (§ 171 Abs. 3 AO) oder

  • bei Erlass des Feststellungsbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist (§ 171 Abs. 2 AO).

6. Feststellung mit eingeschränkter Wirkung, § 181 Abs. 5 AO

Nach § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der Feststellungsfrist nachgeholt werden, wenn sie noch für eine Steuer (Grundbesitzwertfeststellung für Zwecke der Erbschaft-, Schenkung- oder Grunderwerbsteuer) von Bedeutung ist, deren Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Das ist beispielsweise der Fall, wenn die ESST aufgrund fehlender Überschreitung der persönlichen Freibeträge (vgl. R B 151.2 Abs. 4 ErbStR 2011) oder wegen vorläufiger Steuerfreistellung (Familienheim, vgl. R B 151.2 Abs. 5 ErbStR 2011) zunächst auf die Anforderung eines Grundbesitzwerts verzichtet und erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund sich ergebender Änderungen nachträglich einen Grundbesitzwert anfordert.

Die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts ist in diesen Fällen ggf. auf weit zurückliegende Feststellungszeitpunkte (Zeitpunkt der Schenkung) nachzuholen. Das gilt auch, wenn für die Grundbesitzwertfeststellung bereits Feststellungsverjährung i. S. des § 169 Abs. 2 AO eingetreten ist. Denn nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO i. V. m. § 138 BewG a. F. bzw. § 153 Abs. 5 BewG kann eine Grundbesitzwertfeststellung noch erfolgen, wenn der Grundbesitzwert für die Festsetzung der Folgesteuer noch von Bedeutung ist, weil die Festsetzungsfrist für die Folgesteuer im Zeitpunkt der Grundbesitzwertfeststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht.

Wird insoweit die Feststellung des Grundbesitzwertes nach Ablauf der Feststellungsfrist erlassen, ist in dem Feststellungsbescheid darauf besonders hinzuweisen (§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO). Der unterbliebene oder unklar formulierte Hinweis kann nicht in Form eines Ergänzungsbescheids i. S. des § 179 Abs. 3 AO nachgeholt bzw. richtig gestellt werden. Fehlt der Hinweis, ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig, aber nicht nichtig (vgl. BStBl 2009 II S. 287).

Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO gehört zwar zum Regelungsinhalt des Feststellungsbescheids, aber nicht zu den hierin zu treffenden notwendigen Feststellungen (vgl. zur Einheitsbewertung – BStBl II S. 426).

Auf den entsprechenden maschinellen Erläuterungstext (Nr. 742 im SB 12) wird insoweit hingewiesen.

Die Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO gilt nicht nur für erstmalige Feststellungen, sondern auch für Änderungen und Berichtigungen nach den Vorschriften der Abgabenordnung ( BStBl 1992 II S. 454).

7. Beispiele

Ausgangsfall:


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Bewertungsstichtag:
Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des (ohne Anlaufhemmung)
Ende der Feststellungsfrist:

a) Wie Ausgangsfall, jedoch Aufforderung zur Erklärungsabgabe in 2013 und daraufhin Erklärungsabgabe in 2013


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Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des
(spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Grundbesitzwertfeststellung vorzunehmen ist)
Ende der Feststellungsfrist:

b) Wie Ausgangsfall, jedoch Aufforderung zur Erklärungsabgabe in 2010 und daraufhin Erklärungsabgabe in 2011


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Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des
(Ablauf des Kalenderjahres der Erklärungsabgabe)
Ende der Feststellungsfrist:

c) Wie Ausgangsfall, jedoch Aufforderung zur Erklärungsabgabe in 2011 und daraufhin keine Erklärungsabgabe


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Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des
(spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Grundbesitzwertfeststellung vorzunehmen ist)
Ende der Feststellungsfrist:

d) Wie Ausgangsfall, jedoch Erklärungsabgabe in 2013 und keine Aufforderung


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Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des
(Da aufgrund der fehlenden Aufforderung der Stpfl. nicht verpflichtet ist, eine Erklärung abzugeben, kommt es zu keiner Anlaufhemmung.
Beachte aber: Feststellung nach § 181 Abs. 5 AO prüfen)
Ende der Feststellungsfrist:

e) Wie Ausgangsfall, jedoch Erklärungsabgabe in 2013 und danach Aufforderung zur Erklärungsabgabe in 2013


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Beginn der Feststellungsfrist:
mit Ablauf des
Ende der Feststellungsfrist:

(Die nachträgliche Aufforderung durfte nicht ergehen und hat somit keinen Einfluss auf die Feststellungsfrist.
Beachte aber: Feststellung nach § 181 Abs. 5 AO prüfen)

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 3180 - 2014 - St 251

Fundstelle(n):
BB 2014 S. 423 Nr. 8
Ubg 2014 S. 348 Nr. 5
MAAAE-49000