BAG Urteil v. - 3 AZR 959/11

Betriebliche Altersversorgung - Gleichheitssatz - Differenzierung zwischen rentennahen und rentenfernen Jahrgängen bei der Berechnung der bis zur Umstellung eines Gesamtversorgungssystems auf ein beitragsorientiertes Punktemodell erworbenen Anwartschaft

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 1 Abs 1 S 3 BetrAVG, § 18 Abs 2 Nr 1 S 2 BetrAVG, § 133 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 310 Abs 4 S 3 BGB, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB 6, § 72 KiZusVKSa, § 73 Abs 1 KiZusVKSa, § 73 Abs 2 KiZusVKSa, § 73 Abs 5 KiZusVKSa, § 31 Abs 1 KiZusVKSa, § 31 Abs 2 Buchst c KiZusVKSa

Instanzenzug: ArbG Wesel Az: 6 Ca 1695/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 15 Sa 1857/10 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 3286/13 Beschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Berechnung einer Anwartschaft im Rahmen des Anspruchs des Klägers auf eine Versorgungsrente.

2Der am geborene Kläger war bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters als Chefarzt bei der Beklagten angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Gemäß § 1 Abs. 1 der Versorgungsordnung A (VersO A) der Anlage 8 zu den AVR war der Kläger durch die Beklagte bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVK) zum Zwecke der Altersversorgung versichert. Nach § 1 Abs. 2 VersO A der Anlage 8 richtet sich der Versorgungsanspruch des Mitarbeiters nach der Satzung der KZVK (im Folgenden: KZVKS).

3Die KZVK setzt in den Leistungsbestimmungen ihrer Satzung die tarifvertraglichen Versorgungsregelungen des öffentlichen Dienstes um. Bis zur Systemumstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gewährte sie - ebenso wie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) - eine Gesamtversorgung. Mit Wirkung zum wurde das Gesamtversorgungssystem der KZVK entsprechend den Vorschriften des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) vom durch ein Punktemodell ersetzt. Den Erhalt der bis zur Systemumstellung erworbenen Versorgungsanwartschaften regelt die KZVKS in Übergangsvorschriften. Diese lauten auszugsweise:

4Die KZVKS in der am maßgeblichen Fassung (im Folgenden: KZVKS aF) bestimmt ua.:

5Der Kläger erhält neben einer Rente aus einer berufsständischen Versorgung eine Versorgungsrente von der KZVK. Dabei wurde seine Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentennahe Jahrgänge in § 73 Abs. 2 KZVKS ermittelt. Dies ergab einen Anwartschaftsbetrag iHv. 479,14 Euro (119,78 Versorgungspunkte). Wäre die Anwartschaft des Klägers iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge in § 73 Abs. 1 KZVKS ermittelt worden, hätte die Anwartschaft 918,12 Euro (229,53 Versorgungspunkte) betragen.

6Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihm eine auf der Grundlage der Übergangsvorschriften für rentenferne Versicherte ermittelte Zusatzversorgung zu verschaffen. Die in § 73 Abs. 1 und Abs. 2 KZVKS vorgenommene Differenzierung zwischen rentennahen und rentenfernen Jahrgängen bei der Ermittlung der Anwartschaft führe bei Ärzten, die über eine berufsständische Versorgung verfügen, zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da bei den rentenfernen Ärzten lediglich eine nach dem Näherungsverfahren ermittelte (fiktive) gesetzliche Rente in Abzug gebracht werde, während bei den rentennahen Ärzten der höhere, auf der Grundlage der Arbeitgeberanteile berechnete Bezug der berufsständischen Versorgung in Abzug zu bringen sei. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Da eine an der Person orientierte Differenzierung vorliege, könne sich ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung nicht aus der Befugnis des Normgebers zur Typisierung, Generalisierung und Pauschalierung von Sachverhalten ergeben; jedenfalls seien deren verfassungsrechtliche Grenzen nicht gewahrt.

7Der Kläger hat beantragt

8Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

10Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die dem Kläger von der KZVK gewährte Versorgungsrente um den Betrag aufzustocken, um den die Versorgungsrente des Klägers höher ausfiele, wenn seine Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge iSd. § 73 Abs. 1 KZVKS ermittelt würde.

11A. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

12I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Diese ergibt, dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den Betrag zu zahlen, um den die ihm von der KZVK gewährte Zusatzversorgung höher ausfiele, wenn seine Anwartschaft iSv. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge ermittelt würde.

131. Klageanträge der Parteien sind als Prozesshandlungen der Auslegung fähig. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts geltenden Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist der wirkliche Wille der klagenden Partei zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (vgl. etwa  - Rn. 35 mwN). Bei der Auslegung ist neben der Klagebegründung auch das sonstige Prozessvorbringen zu berücksichtigen ( - zu A II der Gründe mwN, BAGE 108, 103).

142. Danach begehrt der Kläger mit seinem Antrag die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den Betrag zu zahlen, um den die ihm von der KZVK gewährte Versorgungsrente höher ausfiele, wenn seine Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge iSd. § 73 Abs. 1 KZVKS ermittelt würde. Zwar richtet sich der Antrag nach seinem Wortlaut nur auf die Verpflichtung der Beklagten zur Verschaffung einer Versorgung nach bestimmten Regeln. Der Kläger hat im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht jedoch ausdrücklich erklärt, dass er mit der Klage die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, „die Differenz zwischen der Rente nach einer Berechnung für rentenferne Jahrgänge und für rentennahe Jahrgänge zu zahlen“. Die vom Kläger begehrte Anwendung der Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge dient dabei nur zur Ermittlung der Höhe der Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS. Der sich ergebende Anwartschaftsbetrag ist nach § 72 Abs. 1 Satz 2 KZVKS in Versorgungspunkte umzurechnen und als Startgutschrift dem Versorgungskonto gutzuschreiben. Erst aus der Summe aller bis zum Beginn der Rente erworbenen Versorgungspunkte errechnet sich die Höhe der bei Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden Versorgungsrente (§ 33 Abs. 1 KZVKS).

15II. Für den so verstandenen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte bestreitet eine entsprechende Zahlungsverpflichtung. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl.  - Rn. 21 mwN). Dies ist hier der Fall.

16B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG auf Zahlung des Betrags, um den die ihm von der KZVK gewährte Versorgungsrente höher ausfiele, wenn seine Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach den Übergangsvorschriften für rentenferne Jahrgänge in § 73 Abs. 1 KZVKS berechnet würde. Für die Ermittlung der Anwartschaft des Klägers gelten die Übergangsvorschriften für rentennahe Jahrgänge in § 73 Abs. 2 KZVKS. Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die unterschiedliche Behandlung rentennaher und rentenferner Ärzte bei der Ermittlung der Anwartschaft iSv. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Einer weitergehenden Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 307 ff. BGB) sind die Übergangsvorschriften entzogen.

17I. Für die Ermittlung der Anwartschaft des Klägers iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS gelten die Übergangsvorschriften für rentennahe Jahrgänge in § 73 Abs. 2 KZVKS.

181. Nach § 1 Abs. 2 VersO A der Anlage 8 zu den AVR richtet sich der Versorgungsanspruch des Klägers nach der KZVKS. Die Regelung enthält eine dynamische Verweisung auf die Leistungsvorschriften der KZVKS. Diese Verweisung umfasst auch die Umgestaltung des Versorgungssystems durch Übernahme der Tarifvorschriften, die im öffentlichen Dienst das Gesamtversorgungssystem in ein Punktemodell überführt haben (vgl. dazu ausführlich  - Rn. 21 ff.). Hierzu gehören auch die in den § 72 ff. KZVKS enthaltenen Übergangsvorschriften für die bis zur Systemumstellung erworbenen Anwartschaften der Versicherten.

192. Die für die Höhe der Startgutschrift maßgebliche Anwartschaft des Klägers iSv. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ist nach den Vorschriften für rentennahe Jahrgänge in § 73 Abs. 2 KZVKS zu ermitteln. Der im Tarifgebiet West beschäftigte Kläger war am schon und am noch bei der KZVK pflichtversichert. Da er am geboren wurde, hatte er am das 55. Lebensjahr vollendet.

20II. § 73 Abs. 2 KZVKS verstößt entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil bei rentennahen Ärzten die Anwartschaft nach § 73 Abs. 5 Satz 2 KZVKS unter Berücksichtigung eines nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 Buchst. c KZVKS aF zu ermittelnden Bezugs aus der berufsständischen Versorgung zu errechnen ist, wohingegen bei rentenfernen Ärzten nicht die fiktive berufsständische Versorgung, sondern nach § 73 Abs. 1 KZVKS iVm. § 18 Abs. 2 BetrAVG die (geringere) fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Berücksichtigung findet. Die Ungleichbehandlung rentennaher und rentenferner Ärzte ist sachlich gerechtfertigt.

211. Die KZVK ist als Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 KZVKS) an die Vorschriften des Grundgesetzes gebunden. Daher dürfen ihre Satzungsbestimmungen nicht gegen Grundrechte und grundgesetzliche Wertentscheidungen verstoßen (vgl. zu den Satzungsbestimmungen der VBL [VBLS]  - Rn. 45 f.;  - Rn. 33 mwN, BGHZ 174, 127). Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - Satzungsregelungen auf Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien zurückzuführen sind, deren Handlungsspielraum durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt ist. Die öffentliche Gewalt wird dadurch ebenso wenig von der Beachtung der Grundrechte entbunden wie bei einem Handeln in privatrechtlichen Organisationsformen (vgl. , 1 BvR 1082/03 - Rn. 38 mwN, BVerfGE 131, 66).

222. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl. etwa  - Rn. 63 mwN, BVerfGE 129, 49).

23Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. nur , 1 BvR 1047/10 - Rn. 40). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl.  ua. - Rn. 12 mwN). Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl.  ua. - Rn. 13 mwN; - 1 BvR 488/10, 1 BvR 1047/10 - Rn. 40). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft (vgl. , 1 BvR 1047/10 - Rn. 40; - 1 BvR 759/05 - Rn. 53).

24Bei der Ordnung von Massenerscheinungen muss nicht für die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle Sorge getragen werden. Es können auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen getroffen werden. Die damit verbundenen unvermeidlichen Härten sind hinzunehmen, wenn sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen, der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist und sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl.  ua. - Rn. 15; - 1 BvR 488/10, 1 BvR 1047/10 - Rn. 41; - 1 BvR 759/05 - Rn. 55; - 1 BvR 1372/98 - zu II 1 b aa der Gründe). Hierbei sind auf der einen Seite die Belastung des Betroffenen, auf der anderen die mit der Typisierung verbundenen Vorteile, insbesondere die Verwaltungserfordernisse, zu berücksichtigen (vgl.  - Rn. 55 mwN).

25Da Grundlage der Satzungsregelungen der KZVK die inhaltsgleichen Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes sind, muss bei der Prüfung des Rechtfertigungsgrundes der sich aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG ergebende Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum beachtet werden (vgl.  - Rn. 57 zur VBLS). Die Tarifvertragsparteien haben, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten oder Rechtsfolgen geht, eine Einschätzungsprärogative sowie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu klären, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Sie dürfen im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit auch typisierende Regelungen treffen (vgl. etwa  - Rn. 21 mwN).

263. Danach verstößt die unterschiedliche Behandlung rentennaher und rentenferner Ärzte bei der Berechnung der für die Startgutschrift maßgeblichen Anwartschaft iSv. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Übergangsvorschriften in § 73 Abs. 1 und Abs. 2 KZVKS führen bei pflichtversicherten Ärzten zwar zu einer Ungleichbehandlung bei der Anrechnung der Grundversorgung im Rahmen der Ermittlung der Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS. Während bei den rentenfernen Ärzten nach § 73 Abs. 1 KZVKS iVm. § 18 Abs. 2 BetrAVG lediglich eine nach dem Näherungsverfahren ermittelte (fiktive) gesetzliche Rente in Abzug gebracht wird, ist bei den rentennahen Ärzten nach § 73 Abs. 2 und Abs. 5 KZVKS iVm. § 31 Abs. 2 Buchst. c KZVKS aF der auf Grundlage der Arbeitgeberbeiträge ermittelte Bezug aus der berufsständischen Versorgung in Abzug zu bringen. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist jedoch entgegen der Ansicht des Klägers sachlich gerechtfertigt.

27a) Bei rentennahen Pflichtversicherten ist zur Ermittlung der Anwartschaft iSd. § 72 Abs. 1 Satz 1 KZVKS nach § 73 Abs. 2 Satz 1 KZVKS die fiktive Versorgungsrente zu berechnen, die sich - unter Beachtung der Stichtagsregelung des § 72 Abs. 2 KZVKS für die maßgeblichen Rechengrößen - nach den Regelungen der KZVKS aF ergeben hätte, wenn der Versicherungsfall am eingetreten wäre, frühestens jedoch zum Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Berücksichtigung des Abschlags wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente. Zur Ermittlung der fiktiven Versorgungsrente ist von dem nach den §§ 32 - 34b KZVKS aF zu bestimmenden Gesamtversorgungsbetrag gemäß § 31 Abs. 1 KZVKS aF die nach § 31 Abs. 2 KZVKS aF maßgebliche Grundversorgung in Abzug zu bringen. Bei versicherten Ärzten, die - wie der Kläger - nicht der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern einer berufsständischen Versorgungseinrichtung iSd. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI unterliegen, sind dabei nach § 31 Abs. 2 Buchst. c KZVKS aF grundsätzlich monatlich 1,25 % der doppelten Summe der Beiträge, die der Arbeitgeber als Zuschuss bzw. als Arbeitgeberanteil zu den Beiträgen des Arbeitnehmers zur berufsständischen Versorgungseinrichtung gezahlt hat, abzuziehen (zur Zulässigkeit der Anrechnung derartiger fiktiver Bezüge aus anderen Versorgungssystemen nach § 40 Abs. 2 Buchst. c VBLS in der Fassung vom vgl. nur  - Rn. 38). Für die Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres sind die Zuschüsse in Höhe des jährlichen Durchschnitts der in der Zeit vom bis zum tatsächlich gemeldeten Zuschüsse in Ansatz zu bringen (§ 73 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 KZVKS).

28Demgegenüber richtet sich die Ermittlung der Anwartschaft für rentenferne Ärzte gemäß § 73 Abs. 1 KZVKS nach den Vorgaben des § 18 Abs. 2 BetrAVG. Unter Beachtung der Stichtagsregelung des § 72 Abs. 2 KZVKS für die maßgeblichen Rechengrößen ist die Vollleistung (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG) zu berechnen, die die vom Versicherten unter Zugrundelegung des höchstmöglichen Versorgungssatzes maximal erzielbare Vollrente beschreibt. Von der sich hieraus ergebenden Höchstversorgung ist die voraussichtliche Grundversorgung in Abzug zu bringen. Diese ist nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG ausschließlich nach dem bei der Berechnung von Pensionsrückstellungen für die Berücksichtigung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung allgemein zulässigen Verfahren - dem Näherungsverfahren - zu ermitteln. Dies hat zur Folge, dass bei den rentenfernen Ärzten nicht der - fiktive - Bezug einer berufsständischen Versorgung, sondern lediglich eine - fiktive - gesetzliche Rente in Abzug gebracht wird.

29b) Die darin liegende Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt.

30aa) Die Umstellung des Zusatzversorgungssystems betrifft eine Vielzahl von Beschäftigten und regelt eine höchst komplexe Materie. Den Tarifvertragsparteien - und diesen folgend dem Satzungsgeber - steht daher grundsätzlich die Befugnis zur Typisierung, Generalisierung und Pauschalierung zu. Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch für die Übergangsvorschriften, die mit Hilfe von personenbezogenen Merkmalen zwischen rentennahen und rentenfernen Jahrgängen differenzieren. Bei einem derartigen Systemwechsel sind die Besitzstandsinteressen der vom Systemwechsel betroffenen Beschäftigten einerseits und das Interesse des Normgebers anderseits, den Systemwechsel zeitnah und möglichst wenig komplex, insbesondere möglichst ohne aufwendige Parallelführung zweier unterschiedlicher Versorgungssysteme und ohne aufwendige Vergleichsberechnungen zu vollziehen (vgl. zu den Übergangsregelungen in der VBLS  - Rn. 81, BGHZ 174, 127; - IV ZR 134/07 - Rn. 50, BGHZ 178, 101), zu berücksichtigen. Wegen der typischerweise höheren Schutzbedürftigkeit rentennaher Beschäftigter ist es gerechtfertigt, diesen einen höheren Besitzstand zu sichern als den rentenfernen Beschäftigten (vgl. zu den Übergangsregelungen der VBLS  - Rn. 30 und 61, aaO). Diesem Ziel dient die unterschiedliche Berechnung der für die Startgutschrift maßgeblichen Anwartschaften rentennaher und rentenferner Beschäftigter in § 73 KZVKS. Die Regelung in § 73 Abs. 2 KZVKS begünstigt die rentennahen Jahrgänge dadurch, dass ihnen - im Gegensatz zu den rentenfernen Jahrgängen - im Ergebnis eine Versorgung erhalten bleibt, die ihnen zustünde, wenn sie unter Geltung der Altregelung mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand treten würden. Lediglich bei Mitarbeitern, die - wie der Kläger - nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern statt dessen in einer berufsständischen Versicherung versichert sind, kann die unterschiedliche Behandlung der für die Startgutschrift maßgeblichen Anwartschaften zu einer Begünstigung rentenferner gegenüber rentennahen Jahrgängen führen. Dies ist jedoch dem Interesse der Tarifvertragsparteien und - ihnen folgend - des Satzungsgebers der KZVKS geschuldet, den Systemwechsel möglichst wenig komplex, insbesondere möglichst ohne aufwendige Parallelführung unterschiedlicher Versorgungssysteme und ohne aufwendige Vergleichsberechnungen zu vollziehen.

31bb) Die damit verbundene Schlechterstellung von rentennahen Ärzten ist hinzunehmen, da sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betrifft, der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist und die Ungleichbehandlung nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wäre.

32(1) Nach den Angaben des Klägers sind ungefähr 5,5 % aller bei der KZVK pflichtversicherten Beschäftigten Ärzte. Die Anzahl der Ärzte, die am Stichtag das 55. Lebensjahr vollendet hatten, lag damit noch unter diesem - ohnehin schon geringen - Prozentsatz. Nach den Angaben des Gesetzgebers betraf die Systemumstellung im öffentlichen Dienst insgesamt 4,8 Millionen Pflichtversicherte, davon waren 600.000 rentennah (vgl. BT-Drucks. 15/5821 S. 181). Dies entspricht einem Anteil von lediglich 12,5 %. Angesichts dieser Größenordnungen durften die Tarifvertragsparteien im Rahmen der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative davon ausgehen, dass von den Vorschriften für rentennahe Pflichtversicherte nur eine - im Verhältnis zur Gesamtzahl aller unter die Übergangsregelungen fallenden Pflichtversicherten - verhältnismäßig geringe Anzahl von Ärzten erfasst wurde. Soweit der Kläger als maßgebliche Bezugsgruppe lediglich auf die Anzahl der von den Übergangsregelungen erfassten Ärzte abstellen will, verkennt er, dass es nicht um die Prüfung der relevanten Vergleichsgruppen zur Feststellung der Ungleichbehandlung geht, sondern um die sachliche Rechtfertigung der Differenzierung. Diese gründet sich auf dem grundsätzlich anzuerkennenden Interesse des Normgebers, für alle vom Systemwechsel betroffenen Beschäftigten generalisierende und praktikable Regelungen zu schaffen.

33(2) Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht sehr intensiv.

34Die für die Höhe der Startgutschriften maßgeblichen Anwartschaften stellen nur einen Berechnungsbestandteil des bei Eintritt des Versorgungsfalls bestehenden Rentenanspruchs dar. Zu diesem treten im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach dem Umstellungsstichtag zusätzliche Versorgungspunkte hinzu. Erst aus deren Summe wird bei Eintritt des Versorgungsfalls die Versorgungsrente nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 KZVKS berechnet. Die im Versorgungsfall zu zahlende Rente wird dabei mit zunehmender Rentenferne typischerweise stärker durch die ungünstigeren Regelungen der KZVKS und weniger durch die Höhe der bis zur Systemumstellung erworbenen Anwartschaften bestimmt. Bei rentenfernen Jahrgängen ist der Anteil der nach dem Umstellungsstichtag nach den ungünstigeren Vorschriften der KZVKS ermittelten Versorgungspunkte auf dem Versorgungskonto (§ 34 KZVKS) im Vergleich zu den vor dem Umstellungsstichtag erworbenen Versorgungspunkten regelmäßig höher als bei rentennahen Jahrgängen. Da es zum Wesen von Stichtagsregelungen gehört, dass sie zu scharfen Trennungen führen (vgl.  - zu III 2 der Gründe), kann das Ausmaß der Betroffenheit entgegen der Ansicht des Klägers nicht ausschließlich an Versicherten gemessen werden, deren Alter nah an der Grenze zu den rentennahen und den rentenfernen Jahrgängen liegt. Den rentennahen Ärzten bleibt aufgrund der Übergangsvorschriften in § 73 Abs. 2 KZVKS im Grundsatz die Versorgungsrente erhalten, die sie nach dem bisherigen Gesamtversorgungssystem beziehen würden, wenn sie bis zum 63. Lebensjahr tätig wären und dann in den Ruhestand treten würden (vgl.  - Rn. 30, BGHZ 178, 101 zu § 79 Abs. 2 der VBLS). Damit werden sie fast vollständig so gestellt, als wäre die Systemumstellung nicht erfolgt. Demgegenüber haben die rentenfernen Ärzte trotz der günstigeren Berechnung ihrer Startgutschrift tendenziell eine geringere Versorgungsrente zu erwarten.

35(3) Die Ungleichbehandlung rentennaher und rentenferner Ärzte bei der Berechnung der für die Startgutschrift maßgeblichen Anwartschaften wäre nur unter Schwierigkeiten vermeidbar.

36Die Tarifvertragsparteien haben für alle vom Systemwechsel erfassten Pflichtversicherten rentenferner Jahrgänge eine Übergangsvorschrift geschaffen, nach der die Anwartschaften mittels einer pauschalierenden Methode für alle Beschäftigten einheitlich berechnet werden können. Die Regelung soll den Aufwand bei der Umstellung des Zusatzversorgungssystems von einer Gesamtversorgung auf ein Punktemodell reduzieren und dadurch eine zügige Umstellung des Systems ermöglichen. Dabei lag es nahe, bei der dem Bestandsschutz dienenden Übergangsvorschrift an § 18 Abs. 2 BetrAVG anzuknüpfen, der Vorgaben zur anteiligen Berechnung unverfallbarer Anwartschaften von Beschäftigten enthält, die vorzeitig aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden (vgl.  - Rn. 115, BGHZ 174, 127 zu § 79 Abs. 1 Satz 1 der VBLS). Nach dem gesetzlichen Regelungsmodell des § 18 Abs. 2 BetrAVG ist eine anzurechnende Grundversorgung ausschließlich nach dem Näherungsverfahren zu ermitteln (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG). Da den rentennahen Jahrgängen durch die Übergangsvorschrift in § 73 Abs. 2 KZVKS im Wesentlichen die Versorgung nach den bisherigen Bestimmungen erhalten werden sollte, hätte die Ungleichbehandlung rentennaher und rentenferner Ärzte bei der für die Berechnung der Startgutschrift maßgeblichen Anwartschaft nur durch eine weitere Differenzierung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Pflichtversicherten nach der Art der anzurechnenden Grundversorgung vermieden werden können. Das hätte die Komplexität der Übergangsvorschriften weiter erhöht und einen größeren Verwaltungsaufwand bei der Überführung der Pflichtversicherten in das neue Zusatzversorgungssystem zur Folge gehabt. Dies wäre dem berechtigten Vereinfachungsinteresse der Tarifvertragsparteien und ihrem Ziel, den Systemwechsel zeitnah zu vollziehen, erkennbar zuwider gelaufen (vgl.  - Rn. 61, BGHZ 178, 101 zu § 79 Abs. 2 Satz 1 der VBLS). Die Tarifvertragsparteien bestimmen autonom über den Inhalt der Zusatzversorgung einschließlich des Versorgungsziels und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Deshalb waren sie nach Art. 3 Abs. 1 GG bei der Überleitung nicht gehalten, die individuelle Versorgungslücke des einzelnen Pflichtversicherten zugrunde zu legen. Sie durften vielmehr auf einen standardisierten Versorgungsbedarf abstellen (vgl.  - Rn. 115, aaO zu § 79 Abs. 1 Satz 1 der VBLS). Die von Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen zulässiger Typisierung und Pauschalierung wurden durch die Anwendung des Näherungsverfahrens auch auf Beschäftigte mit berufsständischer Versorgung nicht überschritten. Für den die Tarifbestimmungen umsetzenden Satzungsgeber der KZVKS gilt nichts anderes.

37III. Eine weitergehende Inhaltskontrolle der Übergangsvorschriften am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 307 ff. BGB) scheidet aus. Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, in welchem Umfang § 307 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB die Inhaltskontrolle der KZVKS einschränken. Auch kann offenbleiben, ob die inhaltliche Übereinstimmung der zu überprüfenden Übergangsvorschriften der KZVKS mit einer Tarifvorschrift oder - so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa  - Rn. 32, BGHZ 174, 127) - erst die Ausführung einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien durch die KZVKS entscheidend ist (vgl.  - Rn. 46). Eine weitergehende Inhaltskontrolle der KZVKS am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil damit indirekt eine Kontrolle des den Satzungsbestimmungen zugrunde liegenden Tarifvertrags anhand der dafür nicht vorgesehenen Maßstäbe des AGB-Rechts vorgenommen würde ( - Rn. 47).

38C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2867 Nr. 47
DB 2013 S. 2808 Nr. 49
MAAAE-48310