BAG Urteil v. - 10 AZR 898/11

Umfang der Wochenarbeitszeit - Bezugnahmeklausel - Vertragsauslegung

Gesetze: § 1 TVG, § 305 Abs 1 BGB, § 305c Abs 2 BGB, § 2 Abs 1 S 2 Nr 7 NachwG, § 2 Abs 1 S 2 Nr 10 NachwG, § 2 Abs 3 S 1 NachwG

Instanzenzug: ArbG Ludwigshafen Az: 8 Ca 2118/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 6 Sa 185/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers.

2Der Kläger ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 8./ seit bei der Beklagten, die Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz e. V. ist, als Busfahrer beschäftigt. Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

3Nach dem zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz e. V. und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Bezirkstarifvertrag für die kommunalen Nahverkehrsbetriebe (BezTV-N RP) vom betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags 38,5 Stunden. Durch § 1 Nr. 1 des 3. Änderungstarifvertrags zum BezTV-N RP vom wurde die tarifliche Wochenarbeitszeit mit Wirkung ab auf 39 Stunden angehoben. Zum Fahrplanwechsel am hob die Beklagte daraufhin die betriebliche Arbeitszeit ebenfalls auf 39 Stunden pro Woche an.

4Unter dem schloss die Gewerkschaft ver.di mit verschiedenen Verkehrsunternehmen aus dem Rhein-Neckar-Raum, darunter die Beklagte, einen „Rahmentarifvertrag zur Überleitung auf den Manteltarifvertrag (MTV-RNV) für die Arbeitnehmer vom “ (Ü-MTV-RNV), der nach seinem § 7 Abs. 1 am in Kraft trat. Ziel dieses Tarifvertrags war, „im Grundsatz alle Beschäftigten der einzelnen Gesellschaften auf den Manteltarifvertrag der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (MTV-RNV) zu überführen“ (Satz 2 der Präambel).

5§ 4 Abs. 1 Ü-MTV-RNV lautet:

6In der zusätzlich vom Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz e. V. unterzeichneten „Anlage für die VBL GmbH“ zum Überleitungstarifvertrag heißt es ua.:

7Eine Arbeitszeitregelung enthält diese Anlage nicht.

8Die wöchentliche Arbeitszeit betrug nach § 8 Abs. 1 Satz 1 MTV-RNV seit dem 38,5 Stunden. Durch Änderungstarifvertrag zum MTV-RNV vom wurde sie rückwirkend zum auf 39 Wochenstunden angehoben.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach dem vorrangig maßgeblichen eindeutigen Wortlaut seines Arbeitsvertrags betrage die wöchentliche Arbeitszeit für ihn unabhängig von der tariflichen Arbeitszeiterhöhung 38,5 Stunden. Vertragliche Bestimmungen seien grundsätzlich rechtsbegründend, es sei denn, der Vertrag mache deutlich, dass die vertragliche Regelung ausnahmsweise nicht diesen Charakter haben solle. Eine bloß deklaratorische Wiedergabe der damals gültigen Tarifregelung wäre im Vertragstext in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebracht worden, wenigstens durch Formulierungen wie „die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden“ oder „die wöchentliche Arbeitszeit beträgt derzeit 38,5 Stunden“. Maßgeblich bei der Auslegung des Arbeitsvertrags sei die Sicht des Klägers; dieser kenne sich mit Tarifverträgen nicht aus. Bei der Beklagten handele es sich um ein in Form der GmbH betriebenes Personenbeförderungsunternehmen, nicht um den „Staat“. Im Übrigen spreche das Gesamtgefüge des Vertrags, insbesondere der Umstand, dass keinerlei sonstige Tarifregelungen deklaratorisch im Vertrag wiederholt würden, für eine konstitutive Regelung. Eine sechsmonatige Probezeit sei in Arbeitsverträgen gang und gäbe. Wenn überhaupt ein Hinweis auf die tarifliche Regelung gegeben würde, wäre dies am ehesten beim Gehalt des Klägers zu erwarten gewesen. Gerade über dieses schweige sich der Vertrag aus. Er lege lediglich fest, dass der Kläger in die Entgeltgruppe 5 einzureihen sei, und beziehe sich hierzu ausdrücklich auf den „BezTV-N RP“. Die Regelung zum zweiten zentralen Punkt, nämlich der wöchentlichen Arbeitszeit, stehe dazu im Gegensatz. Jedenfalls gingen etwaige Zweifel bei der Auslegung der vertraglichen Regelungen nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten der Beklagten.

10Der Kläger hat beantragt

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, in § 4 des Arbeitsvertrags sei lediglich deklaratorisch auf die nach dem damals gültigen Tarifvertrag verbindliche Arbeitszeit hingewiesen worden. Verweise ein Arbeitsvertrag auf den für ein Unternehmen gültigen Tarifvertrag, so sei ohne besondere Anhaltspunkte im Vertrag regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitgeber keine vom Tarifvertrag abweichende Regelung treffen wolle. Das entspreche dem erkennbaren Zweck einer dynamischen Bezugnahmeklausel. Anhaltspunkte für eine vom Tarifvertrag abweichende einzelvertragliche Regelung bestünden nicht. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit im Arbeitsvertrag festzuhalten sei. Der Hinweis auf die Arbeitszeit sei sinnvoll, um die Vereinbarung einer Vollzeitbeschäftigung klarzustellen. Nach den einschlägigen tariflichen Regelungen betrage die wöchentliche Arbeitszeit nunmehr 39 Stunden.

12Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Gründe

13Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

14I. Der Feststellungsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung einer bestimmten Dauer der Wochenarbeitszeit begehrt, ist zulässig (vgl. zB  - zu I der Gründe). Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit herrscht zwischen den Parteien Streit.

15II. Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers beträgt seit dem , betrieblich umgesetzt zum Fahrplanwechsel am , 39 Stunden. Dies ergibt sich für die Zeit bis zum aus § 8 Abs. 1 Satz 1 BezTV-N RP in der Fassung des 3. Änderungstarifvertrags vom und ab dem aus § 8 Abs. 1 Satz 1 MTV-RNV vom in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Ü-MTV-RNV. § 4 des Arbeitsvertrags vom 8./ enthält keine konstitutive Regelung über eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen.

161. Bei den von der Beklagten vorformulierten Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

17Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB  - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( - Rn. 19, BAGE 135, 239).

18Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht ( - Rn. 20, BAGE 135, 239).

192. § 4 des Arbeitsvertrags ist hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit nicht konstitutiv. Dabei ist entgegen der Auffassung der Revision die Vertragsregelung nicht isoliert zu betrachten, sondern die vertraglichen Regelungen sind in ihrer Gesamtheit auszulegen.

20a) Bereits der Vertragswortlaut spricht dafür, dass die Vertragsparteien ihr Arbeitsverhältnis insgesamt den Regelungen des BezTV-N RP in der jeweils geltenden Fassung unterstellen wollten.

21§ 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags enthält nach seinem eindeutigen Wortlaut eine zeitdynamische Bezugnahmeklausel auf den BezTV-N RP. Dessen vollständige Anwendung in der Vergangenheit stand zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Vorschrift ist nach der Angabe der persönlichen Daten des Klägers und dem Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses den weiteren arbeitsvertraglichen Regelungen prominent vorangestellt. Die Bezugnahmeklausel enthält auch keinerlei Beschränkung, wie beispielsweise „im Übrigen“ oder „soweit nicht in diesem Vertrag anderes vereinbart ist“. Eine solche Regelung wäre bei diesem Vertragsaufbau typischerweise zu erwarten, wenn abweichende Einzelregelungen enthalten sind. Anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 des Arbeitsvertrags. Dieser nennt eine Dauer der Arbeitszeit, die der bei Vertragsschluss gültigen tariflichen Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte entsprach. Zwar ließe eine isolierte Wortlautauslegung die Annahme zu, dass es sich um eine konstitutive Festlegung der Arbeitszeit handelt. Schon der Wortlaut der weiteren vertraglichen Regelungen steht einer solchen Auslegung jedoch deutlich entgegen.

22b) Zieht man die Systematik der vertraglichen Regelungen und das Gesamtbild des Vertrags heran, lassen diese unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise nur die Auslegung zu, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt - einschließlich der Dauer der Wochenarbeitszeit - den tariflichen Regelungen dynamisch unterworfen werden sollte (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation:  - BAGE 119, 248). Sämtliche Vertragsbestimmungen entsprechen den Regelungen des BezTV-N RP in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung vom , soweit dort vergleichbare Regelungen enthalten waren. Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass es sich bei der Entgeltgruppe 5 um die tariflich zutreffende Entgeltgruppe handelte. Die Probezeitregelung in § 3 des Arbeitsvertrags entspricht § 2 Abs. 2 Satz 1 BezTV-N RP und die wöchentliche Arbeitszeit betrug zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BezTV-N RP 38,5 Stunden. § 5 des Arbeitsvertrags entspricht der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Schaffung einer Zusatzversorgung nach § 19 BezTV-N RP; die Ausschlussfrist in § 11 des Arbeitsvertrags entspricht § 21 BezTV-N RP. Entsprechend ist der Vertrag offensichtlich gelebt worden; auch der Kläger trägt nicht vor, dass ihm etwa tarifliche Verbesserungen nicht zugutegekommen sind.

23Anhaltspunkte dafür, dass gerade § 4 des Arbeitsvertrags konstitutiv gelten sollte und damit tarifvertragliche Regelungen - seien sie günstiger oder ungünstiger - insoweit keine Anwendung finden sollten, gibt es nicht. Zwar war die Aufnahme einer Bestimmung über die Arbeitszeit nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG zwingend, da § 2 des Arbeitsvertrags die Voraussetzungen von § 2 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG erfüllt. Sie dient aber jedenfalls der Klarstellung, dass sich der Kläger in einem Vollzeitarbeitsverhältnis befindet und ist damit nicht überflüssig. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Beklagten um das 100%ige Tochterunternehmen einer Kommune handelt und sie Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband ist, können daraus keine weiter gehenden Schlussfolgerungen gezogen werden. Eine statische Festlegung der Arbeitszeit wäre in diesem Bereich besonders ungewöhnlich, zumal die hiermit in Zusammenhang stehende Vergütung dynamisch geregelt ist. Vielmehr war für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar, dass das Arbeitsverhältnis umfassend nach den entsprechenden tariflichen Regelungen gestaltet werden sollte. Ohne besondere Anhaltspunkte gab es keinen Anlass, von einer Besser- oder Schlechterstellung gegenüber diesen Regelungen auszugehen (vgl. zum Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte: zB  - BAGE 125, 179).

24c) Die vertraglichen Regelungen sind nicht mehrdeutig iSd. § 305c Abs. 2 BGB. Bei Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden bestehen im Entscheidungsfall keine erheblichen Zweifel (vgl.  - Rn. 20, BAGE 135, 239; - 10 AZR 1/08 - Rn. 15).

253. Die tarifliche Arbeitszeit beträgt seit dem 39 Wochenstunden.

26a) Durch § 1 Nr. 1 des 3. Änderungstarifvertrags zum BezTV-N RP vom wurde die Wochenarbeitszeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BezTV-N RP von ursprünglich 38,5 Stunden auf 39 Stunden erhöht. Durch Än zum MTV-RNV vom ist die dortige Wochenarbeitszeit ebenfalls auf 39 Stunden angehoben worden.

27b) Seit wendet die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis aufgrund des Ü-MTV-RNV den MTV-RNV an. Dies entspricht der Vertragslage; durch Inkrafttreten des Ü-MTV-RNV ist eine nachträgliche Regelungslücke entstanden, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

28aa) Der BezTV-N RP vom galt nach § 1 Abs. 1 grundsätzlich als Flächentarifvertrag für die Nahverkehrsbetriebe in Rheinland-Pfalz, die Mitglieder des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz e. V. waren und eine betriebliche Anwendungsvereinbarung abgeschlossen hatten. Demgegenüber erfasst der Ü-MTV-RNV als „gemeinsamer Haustarifvertrag“ (Satz 4 der Präambel) nur bestimmte Unternehmen, die sich im Rhein-Neckar-Verkehr bundesländerübergreifend (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen) zusammengeschlossen haben. Der BezTV-N RP vom ist deshalb durch den Ü-MTV-RNV nicht insgesamt aufgehoben worden, sondern hat diesen lediglich für die Mitarbeiter der tarifvertragschließenden Unternehmen des Ü-MTV-RNV abgelöst. Dazu gehört auch die Beklagte. Erst durch den BezTV-N RP vom ist der Geltungsbereich auf vier in § 1 Abs. 1 benannte Verkehrsbetriebe beschränkt worden. Allerdings können der Ü-MTV-RNV und der MTV-RNV damit nicht mehr als ergänzende Tarifverträge im Sinne des § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags angesehen werden, sondern sie sollten für die unter ihren Geltungsbereich fallenden Beschäftigten den BezTV-N RP ersetzen.

29bb) Die Anwendung des Ü-MTV-RNV und des MTV-RNV ergibt sich für den Kläger bei dieser Tariflage nicht aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Es fehlt in dem Arbeitsvertrag der Parteien die Formulierung, wonach auch ersetzende Tarifverträge Anwendung finden sollen (vgl. zu der Problematik im Verhältnis zwischen BAT und TVöD: zB  - Rn. 16 f.). Mit der Ablösung des BezTV-N RP durch den Ü-MTV-RNV ist für Mitarbeiter der Beklagten mit einer solchen beschränkten Bezugnahmeklausel eine nachträgliche Regelungslücke entstanden. Diese ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, die zur Anwendbarkeit des Ü-MTV-RNV und des MTV-RNV führt.

30(1) Die Vertragsergänzung stellt eine allgemeine Lösung zur Verfügung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (zu diesem Erfordernis:  - Rn. 21 mwN).

31(2) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die tariflichen Regelungen für die öffentlichen rheinland-pfälzischen Nahverkehrsunternehmen lässt sich auf den Willen der Parteien schließen, ihre Vertragsbedingungen nicht statisch festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - auf die entsprechenden Veränderungen der einschlägigen Tarifverträge auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession aufgrund der Bildung eines länderübergreifenden Verkehrsverbundes das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart. Ein unabhängig von der weiteren tariflichen Entwicklung fortbestehendes Festhalten an den tariflichen Bedingungen für andere Unternehmen hätte nicht ihren Interessen entsprochen. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (ggf. tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des BezTV-N RP diesem aufgrund des Zusammenschlusses zum Rhein-Neckar-Verkehr einen neuen Inhalt gegeben hätten. Auch der Kläger behauptet im Übrigen nicht, für ihn gelte (ggf. statisch) der BezTV-N RP in einer früheren Fassung weiter oder es finde kein Tarifvertrag mehr auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung.

32III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2356 Nr. 39
VAAAE-44529