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Grundlagen vom

Häusliches Arbeitszimmer

Anna M. Nolte

A. Problemanalyse

I. Allgemeines

1. Bis einschl.

1 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung können grds. nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG). Davon gibt es zwei Ausnahmen:

2 Für den Bereich der Werbungskosten sowie den Abzug solcher Aufwendungen als Sonderausgaben im Rahmen der eigenen Berufsausbildung gilt die Regelung entsprechend (§ 9 Abs. 5 EStG, § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 EStG).

3 Gehören die Aufwendungen zu den Betriebsausgaben, sind sie einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 7 Satz 1 EStG). Andernfalls dürfen sie bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 7 Satz 2 EStG). Diese Aufzeichnungsregelung gilt nicht für den Bereich der Werbungskosten und Sonderausgaben.

4 Zu den Fragen im Zusammenhang mit den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer hat die Finanzverwaltung Anwendungsschreiben herausgegeben, zuletzt das Schreiben v. , mit dem sie auf die aktuelle Rechtsprechung des BFH reagiert hat. Es ist für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Das vorherige wurde aufgehoben. Die und v. gelten nur bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2006.

4/1VZ 2020 bis 2022: Steuerliche Vorteile für Homeoffice

Im Rahmen Jahressteuergesetzes 2020 lässt der Gesetzgeber für die VZ 2020 und 2021 den Abzug von Aufwendungen für einen Arbeitsplatz in der eigenen oder gemieteten Wohnung oder im eigenen oder gemieteten Wohnhaus angesichts der neuen Arbeitsformen, die durch die Corona-Pandemie erforderlich geworden sind, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach pauschal in Höhe von 5 €/Tag, max. 600 €/Jahr zu, und zwar auch für Fälle, in denen der häusliche Arbeitsplatz nicht den Anforderungen an ein häusliches Arbeitszimmer entspricht. Diese Regelung wurde mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz bis einschl. verlängert.

2. Ab

4/2Weiterhin gilt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grds. nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG i. d. F. des JStG 2022). Davon gibt es eine Ausnahme:

Unbeschränkter Abzug, wenn das Arbeitszimmer Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG). Anstelle der tatsächlich angefallenen Aufwendungen ist ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 € (Jahrespauschale) für das Kalender- oder Wirtschaftsjahr zulässig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). Dieser Betrag ist für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Pauschale nicht vorliegen, um 1/12, also um 105 € zu kürzen.

Die in Rz. 2 und 3 dargestellten Regelungen gelten sinngemäß.

4/3Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde die zunächst durch das Jahressteuergesetz 2020 erstmals eingeführte sog. Homeoffice-Pauschale in abgewandelter Form in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG entfristet im Gesetz verankert. So kann nunmehr für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung eine Tagespauschale in Höhe von 6 €, maximal 1.260 €/Jahr geltend gemacht werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG i. d. F. des JStG 2022). Für den Steuerpflichtigen ergibt sich hieraus die Pflicht, die Anzahl der jeweiligen Tage auf geeignete Art festzuhalten.

II. Rechtsentwicklung

1. Grundsatz: Abzugsverbot

5 Seit können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grds. nicht mehr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, § 9 Abs. 5 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996).

2. Ausnahmen vom Abzugsverbot bis einschl. 2022
6 Bis 2006

Davon gab es bis einschließlich 2006 drei Ausnahmen: Das Abzugsverbot galt nicht, wenn

  • die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen betrug (= 1. sachliche Einschränkung dem Grunde nach), oder

  • dem Steuerpflichtigen für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand (= 2. sachliche Einschränkung dem Grunde nach).

In diesen Fällen war der Abzug der Aufwendungen der Höhe nach auf 2.400 DM/1.250 € begrenzt (= betragsmäßige Einschränkung der Höhe nach).

Die Begrenzung dem Grunde und der Höhe nach galt nicht, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen darstellte (= 3. Ausnahme). In diesen Fällen konnten die Aufwendungen weiterhin ohne Begrenzung abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 1996). Gegen diese Regelungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

7 Ab 2007

Wegen des hohen Verwaltungsaufwands und der Streitanfälligkeit der Regelung durften ab Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch geltend gemacht werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i. V. mit § 52 Abs. 1 EStG i. d. F. des StÄndG 2007). Für den Bereich der Überschusseinkünfte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG galt Entsprechendes (§ 9 Abs. 5 EStG).

8 Diese Regelung ist insoweit nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, als sie Aufwendungen vom Abzug ausschließt, die für ein häusliches Arbeitszimmer anfallen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Wegfall der Abzugsmöglichkeit, soweit die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt, ist hingegen verfassungsgemäß.

9 Die Abzugsregelung wurde durch das JStG 2010 rückwirkend ab nochmals geändert . Die bis einschließlich 2006 geltende Regelung des Abzugs von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer wird für Fälle, in denen dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wieder hergestellt. Der Abzug der Höhe nach ist – wie vor der Änderung durch das StÄndG 2007 – bis zu einem Gesamtbetrag von 1.250 € je Veranlagungsjahr wieder möglich.

Die besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG sind unverändert geblieben.


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Übersicht über die Rechtsentwicklung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bis
bis
Ab nach dem StÄndG 2007
Seit durch BVerfG und JStG 2010
Grundsatz:
Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Grundsatz:
Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Grundsatz:
Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Ausnahmen:
  • Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung liegt im häuslichen Arbeitszimmer
    → Vollabzug der Aufwendungen
  • Betriebliche oder berufliche Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers beträgt mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung
    → begrenzter Abzug bis 2.400 DM / 1.250 €
  • Für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung
    → begrenzter Abzug bis 2.400 DM / 1.250 €
Einzige Ausnahme:
  • Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung liegt im häuslichen Arbeitszimmer
    → Vollabzug der Aufwendungen

= teilweise verfassungswidrig
Ausnahmen:
  • Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung liegt im häuslichen Arbeitszimmer
    → Vollabzug der Aufwendungen
  • Für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung
    → begrenzter Abzug bis 1.250 €

Die Ausnahme des begrenzten Abzugs bei mehr als 50 %iger Nutzung wurde nicht wieder eingeführt.
Homeoffice-Pauschale in den Jahren 2020 bis 2022:
Liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor oder wird auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer verzichtet, kann der Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von 5 €, maximal 600 € / Jahr abziehen.

Abb. 1: Übersicht über die Rechtsentwicklung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bis einschl. VZ 2022

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