BFH Urteil v. - IX R 35/11

Schuldzinsen zur Finanzierung einer Zugewinnausgleichsforderung keine Werbungskosten

Leitsatz

Schuldzinsen zur Finanzierung der Erfüllung einer Zugewinnausgleichsverpflichtung sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug: , AO (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1999 bis 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

2 Mit Darlehensvertrag vom gewährte die Klägerin dem Kläger ein Darlehen über 4,2 Mio. DM. Das Darlehenskapital verwendete der Kläger zur Anschaffung von Grundstücken (1.465.000 DM) sowie zur Ablösung von Darlehensverbindlichkeiten bei der D-GmbH (1.859.594 DM) und der E-GmbH (831.312 DM). Aus den Grundstücken wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die Mittel aus den Darlehensverbindlichkeiten bei der D-GmbH und der E-GmbH waren zur Anschaffung von Immobilien verwendet worden, aus denen der Kläger ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte.

3 Die für die Darlehensgewährung an den Kläger verwandten Mittel stammten aus dem Erlös eines von der Klägerin mit notariellem Vertrag vom für 4,2 Mio. DM veräußerten Grundstücks. Dieses Grundstück hatte der Kläger im Januar 1989 erworben und es der Klägerin mit Vertrag vom geschenkt, damit diese das Grundstück —wie geschehen— verkauft.

4 Das genannte Darlehen hatte eine Laufzeit von drei Jahren und sollte mit 4 % p.a. verzinst werden. Des Weiteren war Folgendes geregelt:

5 „Die Vertragschließenden leben derzeit im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie haben die Absicht, in naher Zukunft Gütertrennung zu vereinbaren und eine Regelung für den Zugewinnausgleich zu treffen. Für die Regelung des Zugewinnausgleichs werden die Vermögensverhältnisse ohne Berücksichtigung von wechselseitigen Schenkungen unter Lebenden und dementsprechend auch ohne Berücksichtigung dieses Darlehensvertrages getroffen. Die Beteiligten sind sich jedoch darüber einig, dass Zahlungen, die „der Kläger” ggf. auf Grund der beabsichtigten Änderung des Güterstandes und Durchführung des Zugewinnausgleichs an seine Ehefrau leisten wird, angerechnet werden auf die nach Maßgabe dieses Vertrages begründete Darlehensforderung der Darlehensgeberin gegenüber dem Darlehensnehmer. Soweit entsprechende Zahlungen auf Grund des beabsichtigten Gütervertrages unter Herbeiführung des Zugewinnausgleichs den Betrag von 4,2 Mio. DM (Darlehensverbindlichkeit) nicht übersteigen, gelten diese Zahlungen als Tilgungen der Darlehensverbindlichkeit.”

6 Am schlossen die Kläger einen notariellen Ehevertrag, mit dem sie den Zugewinnausgleich regelten und den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten. Zum Ausgleich des Zugewinns wurde ein Barbetrag von 3.150.000 DM zugunsten der Klägerin festgelegt, den der Kläger in den Jahren 1992 und 1993 vereinbarungsgemäß in vier Raten zu je 550.000 DM an die Klägerin zahlte, die letzte Rate am . Bei der Berechnung der Ausgleichszahlung blieb das Darlehen über 4,2 Mio. DM unberücksichtigt.

7 Zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten nahm der Kläger Darlehen über insgesamt 2,6 Mio. DM auf, und zwar am 1.500.000 DM (Überweisung am an die Klägerin), 550.000 DM (Überweisung in Raten am 19. Januar, 22. März und 9. Juni) und 550.000 DM aus einer Hypothek in Höhe von 1.500.000 DM auf ein Grundstück. 550.000 DM zahlte der Kläger am aus dem Verkaufserlös eines Grundstücks. Die genannten Darlehen schuldete der Kläger später zugunsten der Darlehen um, deren Zinsen er in den Streitjahren zum Abzug als Werbungskosten begehrte. In der Folgezeit vertraten die Kläger hinsichtlich der Existenz der Forderung der Klägerin aufgrund des Darlehensvertrages vom über 4,2 Mio. DM unterschiedliche Auffassungen.

8 Am schlossen die Kläger in Ergänzung des Ehevertrages und zur „verbindlichen und definitiven Regelung aller offenen Vermögensfragen sowie der wechselseitigen Unterhaltsansprüche” einen weiteren Ehevertrag. Darin vereinbarten sie eine zusätzliche Zugewinnausgleichszahlung des Klägers an die Klägerin in Höhe von 525.000 DM. Mit dieser Zahlung, der Übertragung weiterer Vermögenswerte im Wert von 525.000 DM sowie dem bereits geleisteten Zugewinnausgleich von 3.150.000 DM sollte das dem Kläger von der Klägerin lt. Vertrag vom gewährte Darlehen in Höhe von 4,2 Mio. DM vollständig getilgt sein. In dem Ehevertrag wurde ferner bestimmt, dass die für das Darlehen vereinbarten Zinsen —tatsächlich sind keine Zinsen gezahlt worden— dadurch ausgeglichen sein sollten, dass der Kläger abweichend von den gesetzlichen Regeln der §§ 1360 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Verpflichtungen beider Vertragschließenden zur Bestreitung des Familienunterhaltes überwiegend aus eigenen Mitteln erfüllt habe.

9 Eine Betriebsprüfung bei den Klägern betreffend die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1993 versagte dem Darlehensvertrag vom die steuerliche Anerkennung, da die Darlehensvereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten und der Vertrag tatsächlich auch nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei. Die für das Darlehen in Höhe von 2,6 Mio. DM gezahlten Zinsen in den Jahren 1992 und 1993 (1992 - 93.499 DM; 1993 - 122.812 DM) erkannten die Prüfer weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben an. U.a. gegen die Kürzung der Schuldzinsen aus den Darlehen über 2,6 Mio. DM als Werbungskosten wandten sich die Kläger im Klageverfahren zum Az. 14 K 6464/02 E. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Rechtsstreit hielten die Kläger dieses Begehren mit Blick darauf nicht mehr aufrecht, dass die Zinsen im Wege der Billigkeit vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung angesetzt wurden.

10 Von Februar 2004 bis September 2006 fand eine Betriebsprüfung durch das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung beim Kläger für den Zeitraum 1999 bis 2001 statt. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass die für die Bankdarlehen —die nach den insoweit unstreitigen Feststellungen die ursprünglich zur Rückzahlung des Darlehens vom über 4,2 Mio. DM aufgenommenen Darlehen ersetzt haben— in Höhe von 2,6 Mio. DM gezahlten Zinsen (1999: 90.991 DM; 2000: 106.894 DM; 2001: 92.286 DM) mit der Finanzierung der Zugewinnausgleichsschulden im Zusammenhang stünden und nicht als Schuldzinsen von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen seien.

11 Das FA ließ die betreffenden Schuldzinsen in den im Anschluss an die Betriebsprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre vom November 2007 unberücksichtigt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

12 Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 227 veröffentlichten Urteil, die vom Kläger gezahlten Schuldzinsen seien nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten abziehbar, weil sie mit dem Zugewinnausgleich in ursächlichem Zusammenhang stünden.

13 Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die aufgenommenen Kreditmittel seien für die Anschaffung von Grundstücken, aus denen der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe, tatsächlich verwendet worden. Unbeachtlich sei, ob mit einem zur Tilgung eines einkunftsrelevanten Darlehens aufgenommenen Darlehen gleichzeitig eine Zugewinnausgleichsverpflichtung erfüllt werde. Denn Letzteres berühre lediglich den Grund und den Anlass für die Aufnahme und die Verwendung des Darlehens zum Zwecke der Tilgung eines anderen Darlehens. Auch sei mit den Zahlungen, die der Kläger aufgrund des Ehevertrages vom an die Klägerin geleistet habe, keine Zugewinnausgleichsschuld beglichen worden. Den streitigen Zinsaufwendungen liege ein Gesamtplan zugrunde, wonach der Ausgleich des Zugewinns bereits durch die mit notariellem Vertrag vom erfolgte Schenkung des Grundstücks erfolgt sei.

14 Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteueränderungsbescheide 1999 bis 2001 insoweit zu ändern, als Schuldzinsen in Höhe von 90.991 DM für 1999, 106.876 DM für 2000 und 92.286 DM für 2001 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden,

hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

15 Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

16 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

17 Zutreffend hat das FG die Schuldzinsen aus den streitbefangenen Bankdarlehen über insgesamt 2,6 Mio. DM nicht als Werbungskosten anerkannt.

18 1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Das gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG), und damit für ein Darlehen geleistet worden sind, das durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist (z.B. , BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389; vom IX R 58/03, BFHE 209, 299, BStBl II 2005, 597).

19 Maßgeblich ist, ob die Darlehensvaluta zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgenommen und tatsächlich verwendet worden ist. Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang reicht nicht aus (, BFHE 171, 445, BStBl II 1993, 751, m.w.N.). Die Feststellung, wofür das Darlehen im Einzelfall tatsächlich verwendet worden ist, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer Einkunftsart als Voraussetzung für den steuermindernden Abzug der geltend gemachten Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige (, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, unter II.1.c; vom IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, unter 2., m.w.N.).

20 2. Diesen Maßstäben entspricht die Vorentscheidung. Zutreffend hat das FG den begehrten Abzug der Zinsaufwendungen als Werbungskosten wegen fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der Vermietungstätigkeit des Klägers versagt.

21 Die Schuldzinsen entstanden wegen der Finanzierung der Erfüllung einer privat veranlassten, nämlich güterrechtlichen Verpflichtung. Die Würdigung des FG, dass die streitbefangenen Darlehen unmittelbar zur Begleichung der güterrechtlichen Zahlungsverpflichtungen verwendet wurden, ist möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Darlehensvertrag vom . Danach sollten Zahlungen, die der Kläger „auf Grund der Durchführung des Zugewinnausgleichs an seine Ehefrau leisten wird, angerechnet werden auf die…Darlehensforderung…Soweit entsprechende Zahlungen auf Grund des…Gütervertrages unter Herbeiführung des Zugewinnausgleichs” die Darlehensverbindlichkeit „nicht übersteigen, gelten diese Zahlungen als Tilgung der Darlehensverbindlichkeit”. Damit werden an die Durchführung des güterrechtlichen Vertrages Rechtsfolgen für das Darlehen geknüpft. Vorgreiflich ist aber die Erfüllung der Verpflichtung aus dem güterrechtlichen Vertrag vom . Denn nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger tatsächlich auf diese Verpflichtung geleistet. Dabei handelt es sich auch nicht um einen bei wirtschaftlicher Betrachtung bloß formalen Zwischenschritt in dem Sinne, dass der Kläger, lediglich motiviert durch güterrechtliche Umstände, auf die Darlehensverpflichtung gegenüber der Klägerin geleistet hätte.

22 Zudem ist der Darlehensvertrag vom der Besteuerung nicht zugrunde zu legen. Er entspricht nicht den Maßstäben, welche die ständige Rechtsprechung für Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen aufgestellt hat. Danach sind solche Verträge steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (, BFH/NV 2011, 1677). Da nach den Feststellungen des FG keine Zinsen gezahlt wurden, wurde der Darlehensvertrag auch nicht tatsächlich durchgeführt (vgl. zur ständigen Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen , BFHE 236, 522, BStBl II 2012, 487; in BFH/NV 2011, 1677; insbesondere zum Erfordernis der tatsächlichen Durchführung , BFHE 229, 301, BStBl II 2010, 823). Daran ändert die Regelung im Ehevertrag nichts, wonach die nicht bezahlten Zinsen dadurch ausgeglichen sein sollten, dass der Kläger den Familienunterhalt überwiegend aus eigenen Mitteln erfüllt habe. Diese nachträgliche Zinsregelung hält jedenfalls einem Fremdvergleich nicht stand. Es kann auch nicht von einer steuerlich relevanten Umschuldung dieses steuerlich nicht anzuerkennenden Darlehens ausgegangen werden. Denn mit der Erfüllung der Verpflichtung aus dem Ehevertrag ist die Darlehensschuld erloschen. Eine Umschuldung kommt nicht mehr in Betracht.

23 Soweit die Kläger meinen, mit den Zahlungen aufgrund des Ehevertrages sei keine Zugewinnausgleichsschuld beglichen worden, weil eine solche nicht mehr bestanden hätte, kann auch dies einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Zahlungen mit den Vermietungseinkünften des Klägers nicht begründen. Denn durch den Ehevertrag sollten die ehelichen Güterrechtsverhältnisse der Kläger einvernehmlich geregelt werden, dies gerade vor dem Hintergrund einer insoweit unklaren Situation. Die Zahlungen des Klägers an die Klägerin erfolgten zur Durchführung des Zugewinnausgleichs. Dies folgert das FG schlüssig gerade auch aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Darlehensaufnahmen und der Fälligkeit der im Ehevertrag vereinbarten Raten.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 522 Nr. 4
HFR 2013 S. 391 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2013 S. 578
CAAAE-29287