BVerwG Urteil v. - 4 A 4000/10

Flughafen Berlin Brandenburg: Keine Ausweitung des Nachtflugverbots; Nachbesserung beim Schallschutz

Gesetze: § 2 Abs 2 FluLärmG, § 2 Abs 3 FluLärmG, Art 2 Abs 2 S 1 GG, Anh 2 Nr IntZLuftAbk, § 8 Abs 1 LuftVG, § 8 Abs 4 LuftVG, § 10 Abs 4 S 1 LuftVG, § 29b Abs 1 S 2 LuftVG, § 32 Abs 4 Nr 8 LuftVG, § 32 Abs 4c LuftVG, § 26 Abs 2 LuftVO, § 27a Abs 2 S 1 LuftVO, § 9 Abs 1 UIG, § 42 Abs 2 VwGO, § 99 Abs 1 VwGO, § 100 Abs 1 VwGO, § 21 Abs 1 VwVfG

Instanzenzug: nachgehend Az: 1 BvR 847/12 Nichtannahmebeschluss

Tatbestand

1Die Kläger sind Eigentümer von Wohngrundstücken in der Nähe des Flughafens Berlin-Schönefeld. Sie wenden sich gegen den vom Beklagten erlassenen Planergänzungsbeschluss "Lärmschutzkonzept BBI" zum Vorhaben "Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld" vom .

2Der angegriffene Planergänzungsbeschluss (PEB) ergänzt den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (PFB). Durch den Planfeststellungsbeschluss wurde die Grundlage für den Ausbau des Flughafens zum alleinigen internationalen Verkehrsflughafen für die Region Berlin-Brandenburg geschaffen. A II 5.1.1 PFB regelte den Flugbetrieb während der Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr). In dieser Zeit sollten grundsätzlich nur lärmarme Flugzeuge starten und landen dürfen (5.1.1 Nr. 1). Ausbildungs- und Übungsflüge waren grundsätzlich nicht zulässig (5.1.1 Nr. 4). Abgesehen hiervon sollten Starts und Landungen während der gesamten Nacht zulässig sein.

3Auf ausgewählte Musterklagen von Anwohnern und Gemeinden hat der Senat den Beklagten durch BVerwG 4 A 1001.04, 1073.04, 1075.04 und 1078.04 (BVerwG 4 A 1075.04 veröffentlicht in BVerwGE 125, 116) - verpflichtet, u.a. über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebs in Teil A II 5.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses vom in der Fassung vom unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Soweit der Planfeststellungsbeschluss den ausgesprochenen Verpflichtungen entgegenstand, hat er ihn aufgehoben. Im Übrigen hat er die Klagen abgewiesen.

4Um der Verpflichtung aus den Urteilen vom nachzukommen, hat der Beklagte den Planergänzungsbeschluss vom erlassen. Durch diesen Beschluss hat A II 5.1.1 PFB folgende Fassung erhalten:

5.1.1 Flugbetriebliche Regelungen

Ab Inbetriebnahme der planfestgestellten neuen Südbahn unterliegt der Flugbetrieb folgenden Regelungen:

1) In der Zeit zwischen 23:30 und 5:30 Uhr Ortszeit dürfen keine Luftfahrzeuge starten oder landen.

2) In der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr Ortszeit dürfen strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 000 kg auf dem Flughafen nur starten oder landen, wenn sie nachweisen, dass ihre gemessenen Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) liegen. ...

3) Von den unter Nr. 1) und 2) genannten Regelungen sind ausgenommen:

a) Landungen von Luftfahrzeugen, wenn die Benutzung des Flughafens als Not- oder Ausweichflughafen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen erfolgt,

b) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die sich im Einsatz für den Katastrophenschutz oder für die medizinische Hilfeleistung befinden oder die für Vermessungsflüge von Flugsicherungsunternehmen bzw. in deren Auftrag eingesetzt werden,

c) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die bei Staatsbesuchen und für Regierungsflüge sowie Militär- und Polizeiflüge eingesetzt werden.

4) Von den unter Nr. 1) genannten Regelungen sind ausgenommen:

a) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen im Luftpostverkehr werktags in den fünf Nächten von Montag auf Dienstag bis Freitag auf Samstag,

b) verspätete Starts von Luftfahrzeugen im Interkontinental-Verkehr zu Zielen außerhalb Europas sowie außerhalb der nichteuropäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten, deren planmäßige Abflugzeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit,

c) verspätete Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunftszeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit und verfrühte Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunft nach 5:30 Uhr Ortszeit liegt, ab 5:00 Uhr Ortszeit,

d) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen bei deren Bereitstellung und instandhaltungsbedingter Überführung als Leerflüge bis 24:00 Uhr Ortszeit und ab 5:00 Uhr Ortszeit.

5) In der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr Ortszeit sind auch verspätete Landungen von Flugzeugen mit Lärmzulassung nach Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum ICAO-Abkommen im gewerblichen Verkehr gestattet, wenn deren planmäßige Ankunftszeit vor 22:00 Uhr Ortszeit liegt.

6) An- und Abflüge im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsflügen sind in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr Ortszeit sowie an Sonn- und Feiertagen nicht zulässig. Nach vorheriger Zustimmung der örtlichen Luftaufsicht können Ausbildungs- und Übungsflüge an Werktagen bis 23:00 Uhr Ortszeit durchgeführt werden, wenn sie nach luftverkehrsrechtlichen Vorschriften über den Erwerb, die Verlängerung oder Erneuerung einer Erlaubnis oder Berechtigung als Führer eines Luftfahrzeugs zur Nachtzeit erforderlich sind und die Flüge nicht vor 22:00 Uhr Ortszeit beendet werden können. Als Feiertag im oben genannten Sinne gilt jeder Feiertag, der in den Gesetzen über die Sonn- und Feiertage der Länder Berlin oder Brandenburg genannt ist.

7) (Triebwerksprobeläufe) 8) ... (Schubumkehr)

9) Zum Schutz der Nachtruhe sind Starts und Landungen bei Flügen nach Instrumentenflugregeln mit Ausnahme der in A II 5.1.1 Nr. 3) genannten Flüge und der im Abschnitt A II 5.1.1 Nr. 4) a) genannten Luftpostflüge wie folgt geregelt:

a) Starts und Landungen sind zwischen 23:00 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 6:00 Uhr bis zu einer jährlichen Nachtverkehrszahl von 12 852 für die Sommer- und Winterflugplanperiode zulässig.

b) Die Nachtverkehrszahl ist die Summe der Starts und Landungen über alle Zeitscheiben, pro Zeitscheibe jeweils multipliziert mit einem Nachtflugfaktor. Die maßgeblichen Nachtflugfaktoren und Zeitscheiben sind wie folgt definiert: Nachtflugfaktor 1 für 23:00 bis 23:30 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 23:30 bis 24:00 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 5:00 bis 5:30 Uhr Ortszeit und Nachtflugfaktor 1 für 5:30 bis 6:00 Uhr Ortszeit.

c) Für jede Flugplanperiode ist die geplante Nachtverkehrszahl im Voraus zu ermitteln. Die geplante Nachtverkehrszahl darf in der Sommerflugplanperiode maximal 71 % (9 125) der zugelassenen jährlichen Nachtverkehrszahl betragen, in der Winterflugplanperiode 29 % (3 727). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Jahre die Aufteilung der jährlich zugelassenen maximalen Nachtverkehrszahl (12 852) auf die Sommer- und Winterflugplanperiode jeweils aus den Durchschnittswerten der Aufteilung der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen auf die Sommer- und Winterflugplanperiode der sechs zurückliegenden Flugplanperioden.

d) Zur Berücksichtigung von Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge muss die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht, mindestens um 36 % unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl der Flugplanperiode liegen (Minderungsbetrag). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Flugplanperioden der Minderungsbetrag jeweils als Durchschnittswert der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen aller Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge in den letzten drei Jahren.

e) Sofern nach Ablauf der jeweiligen Flugplanperiode festgestellt wird, dass die maximal zulässige Nachtverkehrszahl aufgrund der tatsächlich durchgeführten Starts und Landungen überschritten wurde, muss in der kommenden Flugplanperiode die geplante Nachtverkehrszahl um den Minderungsbetrag und zusätzlich um den Überschreitungsbetrag unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl liegen.

f) Die geplante Nachtverkehrszahl und die tatsächliche Nachtverkehrszahl der letzten Flugplanperiode einschließlich einer Flugbewegungsstatistik für die maßgeblichen Zeitscheiben sind der Genehmigungsbehörde unverzüglich zu übermitteln, die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht. Der Aufbau und Inhalt der Flugbewegungsstatistik sind mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen.

10) ... (Verteilung der Flüge auf die Start- und Landebahnen)

11) Die Genehmigungsbehörde kann in begründeten Einzelfällen Abweichungen von den vorgenannten flugbetrieblichen Regelungen zulassen.

5Die Kläger, die bereits gegen den Planfeststellungsbeschluss vom geklagt hatten, haben im Anhörungsverfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben. Am haben sie die vorliegenden Klagen erhoben. Sie halten den Planergänzungsbeschluss aus mehreren Gründen für rechtswidrig:

6Gegen den für den Erlass des Planergänzungsbeschlusses zuständigen Beamten bestehe die Besorgnis der Befangenheit. Er habe zwischen April 2005 und September 2008 an Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) teilgenommen und sich mit flughafenfreundlichen Beiträgen beteiligt.

7Der Planergänzungsbeschluss verstoße gegen die Vorgaben des Urteils vom und die darin geäußerte Rechtsauffassung des Gerichts. Das Gutachten der I. GmbH (im Folgenden: I.), auf das sich der Beklagte zum Nachweis des Nachtflugbedarfs stütze, leide an mehreren, im Einzelnen benannten Fehlern. Die Prognose finde in einer nicht überprüfbaren "Black Box" statt. Die Nachtflugregelung lasse sich auch nicht durch die Erwägungen zum Bedarf der einzelnen Verkehrssegmente rechtfertigen. Regionalwirtschaftliche Effekte könnten Nachtflugverkehr nicht rechtfertigen. Eine Eindämmung des Nachtflugverkehrs erst durch eine Kontingentierung stehe mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang. Im Übrigen sei die Nachtverkehrszahl auch in ihrer Ausgestaltung unzureichend.

8Die der Ermittlung der Lärmbetroffenheiten zugrunde gelegten parallelen Abflugstrecken seien aus Gründen der Flugsicherheit nicht vertretbar. Die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen erfordere um mindestens 15Grad divergierende Abflugkurse. Der Planergänzungsbeschluss gehe - wie bereits der Planfeststellungsbeschluss - von im Wesentlichen unzutreffenden Betroffenheiten aus; insbesondere bleibe die Betroffenheit zehntausender zusätzlicher Anwohner außer Betracht.

9Die Gesamtabwägung stehe mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang. Wohngrundstücke in der Nähe des Flughafens seien ohnehin praktisch unverkäuflich; ihr Wert werde bei zusätzlichem Flugverkehr auch in der Nacht noch weiter sinken. Auch die Schadstoffbelastung und die Katastrophengefahr würden weiter erhöht.

10Die Kläger beantragen,

die im Planergänzungsbeschluss vom angeordneten flugbetrieblichen Regelungen (Verfügung A I 1) sowie die diese ergänzenden "Nebenentscheidungen" (Verfügung A III, IV) aufzuheben,

hilfsweise

den Beklagten zu verpflichten,

über weitergehende Einschränkungen des Nachtflugbetriebes in Teil A II Ziff. 5.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses vom in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

und den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

11Soweit die Klagen ursprünglich auch auf weitergehenden passiven Schallschutz und eine weitergehende Entschädigung für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche gerichtet waren, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

12Der Beklagte verteidigt den Planergänzungsbeschluss und beantragt,

die Klagen abzuweisen, soweit sie noch aufrechterhalten sind.

13Im Übrigen hat auch er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

14Die Beigeladene beantragt,

die Klagen abzuweisen.

15Für den Fall, dass es hierauf ankommt, stimmt sie den Erledigungserklärungen zu.

Gründe

16Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen sind die Klagen mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag zulässig, aber nicht begründet.

17A. Zulässigkeit

18Die Kläger begehren eine über A II 5.1.1 PFB i.d.F. des PEB hinausgehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs. Dieses Ziel können sie nicht - wie mit dem Hauptantrag begehrt - durch Aufhebung der getroffenen Betriebsbeschränkungen und der mit diesen Beschränkungen möglicherweise verbundenen konkludenten Zulassung des Nachtflugbetriebs im Übrigen erreichen, sondern nur durch die - hilfsweise beantragte - Verpflichtung des Beklagten zu erneuter Entscheidung über weitergehende Einschränkungen des Nachtflugbetriebs. Zur Abwehr von Lärmimmissionen eines planfestgestellten Vorhabens besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen ist; eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept des Planungsträgers Defizite aufweist, die so schwer wiegen, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt infrage gestellt erscheint ( BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 238 m.w.N.). Das gilt nicht nur, soweit der Lärmschutz durch passiven Schallschutz gewährt wird, sondern auch, soweit Beschränkungen des Flugbetriebs in Rede stehen (Urteil vom a.a.O. Rn. 290). Ausgehend hiervon kommt im vorliegenden Fall - wie der Senat bereits im Urteil vom entschieden hat - nur ein Anspruch auf Planergänzung in Betracht. Aus dem im damaligen Urteil enthaltenen Hinweis, dass der nächtliche Flugbetrieb nicht aufgenommen werden dürfe, solange die gebotene Vervollständigung des Lärmschutzkonzepts ausstehe (a.a.O. Rn. 290), ergibt sich nichts anderes.

19B. Begründetheit

20Die Klagen sind nicht begründet. Die flugbetrieblichen Regelungen in A II 5.1.1 PFB i.d.F. des PEB leiden nicht an Fehlern, die zu einem Anspruch der Kläger auf eine erneute Entscheidung führen.

21I. Verfahren

22Die von den Klägern geltend gemachten Fehler des Planergänzungsverfahrens liegen nicht vor.

23Die Kläger rügen, dass der Leiter des für die Planfeststellung von Flugplätzen zuständigen Referats des Beklagten und Unterzeichner des Planergänzungsbeschlusses, Herr Ministerialrat B., befangen gewesen sei. Er habe zwischen April 2005 und September 2008 als Gast an Sitzungen des Fachausschusses Umwelt der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) teilgenommen. Dies sei ihnen erst während des gerichtlichen Verfahrens bekannt geworden. In den Sitzungen habe er sich in "flughafenfreundlicher" Weise geäußert. Vor dem Hintergrund, dass die Autoren der Fluglärmsynopse selbst nach Einschätzung der ADV zwischenzeitlich wissenschaftlich isoliert seien und diese Einschätzung Herrn Ministerialrat B. bekannt gewesen sei, lasse zudem der Umstand an seiner Unvoreingenommenheit zweifeln, dass der Beklagte einen Mitautor der Fluglärmsynopse, Herrn Prof. Dr. Sch., damit beauftragt habe, die Stellungnahmen eines anderen Mitautors, nämlich des für die Beigeladene tätigen Herrn Prof. Dr. Dr. J., zu begutachten.

24Ein Grund im Sinne des § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 21 Abs. 1 VwVfG, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 21 Rn. 13; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 21 Rn. 9). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus ( BVerwG 4 A 1007.07 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 68 Rn. 14).

25Gemessen hieran begründet die Tatsache, dass Herr Ministerialrat B. vor und während des Planergänzungsverfahrens an den Sitzungen des Fachausschusses Umwelt der ADV teilgenommen hat, nicht die Besorgnis der Befangenheit. Herr Ministerialrat B. hat durch die Teilnahme an den Sitzungen des ADV-Ausschusses eine dienstliche Aufgabe wahrgenommen. Der Beklagte ist nicht nur Planfeststellungsbehörde für Flughäfen des allgemeinen Verkehrs, für die der Bund einen Bedarf nach § 27d Abs. 1 LuftVG anerkannt hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf den Gebieten der Luftfahrt und der Luftsicherheit im Land Brandenburg vom , GVBl Bbg II 1994, 610); er vertritt auch das Land Brandenburg im Bund-Länder-Fachausschuss Luftfahrt. Herr Ministerialrat B. hat an den Sitzungen des ADV-Ausschusses auf Wunsch des Bund-Länder-Fachausschusses Luftfahrt als Gast teilgenommen. Der ADV gehören als ordentliche Mitglieder 21 internationale und 17 regionale deutsche sowie mehrere österreichische und schweizerische Verkehrsflughäfen an. Außerordentliche Mitglieder sind die für Luftfahrt zuständigen Ministerien aller 16 Bundesländer, eine Reihe von Industrie- und Handelskammern sowie einzelne Städte, Gemeinden und Verbände (http://www.adv.aero/verband/mitglieder). Der ADV ist zwar ein Verband, der nicht nur den Sachverstand der Verkehrsflughäfen bündelt, sondern auch deren Interessen vertritt. Erfüllt der Beamte durch die Teilnahme an den Sitzungen der ADV jedoch lediglich eine dienstliche Aufgabe, verhält er sich nicht anders, als jeder andere Beamte an seiner Stelle es auch tun müsste; die Besorgnis individueller Befangenheit ergibt sich aus einem solchen Sachverhalt nicht.

26Dass der Beklagte demselben Beamten sowohl die erneute Entscheidung über eine Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld als auch die Teilnahme an Sitzungen der ADV zugewiesen hat, verletzt auch nicht den rechtsstaatlichen Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung. Dieser Grundsatz verlangt, dass die Planfeststellungsbehörde die ihr übertragene Aufgabe in unparteiischer Weise wahrnimmt. Die Unparteilichkeit kann gefährdet werden, wenn Interessenverbände außerhalb zulässiger Beteiligungen auf das Verwaltungsverfahren Einfluss zu nehmen suchen; das schließt Kontaktaufnahmen, Informationen und Kenntnisnahmen nicht aus, sofern daraus nicht im Einzelfall entscheidungsbezogene Aktivitäten betreffend den Verlauf und den Inhalt des Planfeststellungsverfahrens hervorgehen (vgl. BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.> und vom - BVerwG 9 A 8.10 - DVBl 2011, 1021 Rn. 23 ff.). Dass die regelmäßige Teilnahme des Leiters des für die Planfeststellung zuständigen Referats des Beklagten an den Sitzungen eines Verbandes, der die Interessen der deutschen Verkehrsflughäfen vertritt, die Besorgnis begründen kann, die Planfeststellungsbehörde halte die Interessen der Flughäfen unabhängig von der im Planfeststellungsverfahren vorzunehmenden Abwägung, für besonders gewichtig, ist, jedenfalls wenn die Planfeststellungsbehörde einen vergleichbaren Kontakt zu Verbänden von Fluglärmbetroffenen nicht unterhält, nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Außerhalb der Befangenheitsvorschriften genügt der "böse Schein" für die Bejahung eines Verfahrensverstoßes jedoch nicht. Dass die ADV den Gestaltungsspielraum des Beklagten durch aktive Einflussnahme sachwidrig eingeengt habe, machen die Kläger selbst nicht geltend. Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich. Das Planergänzungsverfahren für den Flughafen Berlin-Schönefeld war nicht Gegenstand der Sitzungen, an denen Herr Ministerialrat B. teilgenommen hat.

27Die Äußerungen von Herrn Ministerialrat B. während der Sitzungen des ADV-Ausschusses geben entgegen der Auffassung der Kläger keinen Anlass, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln. Gleiches gilt für die Beauftragung von Herrn Prof. Dr. Sch. mit einer Stellungnahme zu den Einwendungen zum Themenkomplex Lärmmedizin und Lärmwirkungsforschung. Dass die Fluglärmsynopse, deren Mitautor Herr Prof. Dr. Sch. ist, wissenschaftlich umstritten ist, begründet keine Zweifel an seiner Sachkunde und seiner Unparteilichkeit. Unabhängig hiervon müssen Befangenheitsgründe unverzüglich geltend gemacht werden. Sowohl Herr Prof. Dr. Sch. als auch Herr Prof. Dr. Dr. J. waren nicht erst im Planergänzungs-, sondern bereits im Planfeststellungsverfahren für ihre jeweiligen Auftraggeber tätig, ohne dass die Kläger, denen die Fluglärmsynopse schon damals bekannt war, dies gerügt hätten.

28II. Materielle Rechtmäßigkeit

29In der Sache hat der Beklagte bei seiner erneuten, in der mündlichen Verhandlung auf Anraten des Gerichts durch eine klarstellende Erklärung präzisierten Entscheidung über die Einschränkung des nächtlichen Flugbetriebs die im Urteil vom dargelegte Rechtsauffassung des Senats beachtet. Auch im Übrigen hat er die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen.

301. Anforderungen an eine Regelung des Nachtflugbetriebs

31Die Planfeststellungsbehörde ist gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG ermächtigt, im Rahmen der Planfeststellung für die Anlegung oder wesentliche Änderung eines Flughafens auch den Flugbetrieb zu regeln. Zentrales Element dieser Ermächtigung ist die mit ihr verbundene Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit ( BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <341> und vom - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <116>). Begrenzt wird die Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde durch das fachplanerische Abwägungsgebot in Verbindung mit dem in § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG enthaltenen Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Urteile vom a.a.O. S. 341 und vom a.a.O. S. 122 f.). Innerhalb dieser Grenzen wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Planfeststellungsbehörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet; die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und damit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen ( BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <64> dort zum Bundesfernstraßengesetz).

32Die sich aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ergebenden Anforderungen an eine Regelung des nächtlichen Flugbetriebs hat der Senat in seinem BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 Rn. 267 ff.) und der nachfolgenden Rechtsprechung ( BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 67 - 74, vom - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 39, 93 und vom - BVerwG 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 51) wie folgt konkretisiert:

33In der sogenannten Nachtkernzeit (0:00 bis 5:00 Uhr) setzt die Zulassung von Nachtflugbetrieb einen standortspezifischen Nachtflugbedarf voraus. Allein die Absicht, dem Flugverkehr, vor allem dem Linien-, Charter- und Frachtverkehr, optimale Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, rechtfertigt es nicht, die Lärmschutzbelange der Anwohner hintanzustellen. Es müssen vielmehr Umstände gegeben sein, die im Unterschied zur Mehrzahl der anderen deutschen Flughäfen einen unbeschränkten Nachtflugbetrieb zu rechtfertigen geeignet sind. Für den Flughafen Berlin-Schönefeld hat der Senat vorgegeben, dass die Nachtkernzeit grundsätzlich frei von Flugaktivitäten bleiben muss (Urteil vom a.a.O. Rn. 290).

34Für die Nutzung der Nachtrandstunden, also die Zeit von 22:00 bis 24:00 Uhr und 5:00 bis 6:00 Uhr, ist ein standortspezifischer Bedarf nicht erforderlich. Auch die Durchführung eines Flugbetriebs in den Nachtrandstunden bedarf im Rahmen der Abwägung im Hinblick auf § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG jedoch einer besonderen Begründung. Starts und Landungen dürfen nicht ohne erkennbare Notwendigkeit gerade in diesen Zeitraum - und damit außerhalb der unter Lärmgesichtspunkten weniger problematischen Tagesstunden - gelegt werden. In den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr besitzt der Lärmschutz allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Daraus folgt, dass sich plausibel nachgewiesene sachliche Gründe, weshalb ein bestimmter Verkehrsbedarf oder ein bestimmtes Verkehrssegment nicht befriedigend innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann, im Zuge der Abwägung gegen die Belange des Lärmschutzes durchsetzen können. Solche Gründe können sich z.B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs (Zeitzonen, Verspätungen, Verfrühungen) oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften deren Bedürfnisse nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abdecken kann (Urteil vom a.a.O. Rn. 287 f.).

35Für die Ermittlung und Gewichtung des Nachtflugbedarfs in den Nachtrandstunden bedeutet das: Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Nachtflugbedarfs ist die Darlegung einer Nachfrage nach Nachtflugverkehr. Das gilt jedenfalls für die planbaren Verkehre, insbesondere den Passagier- und Frachtverkehr. Nachtflugbedarf kann sich zwar nicht nur aus einer tatsächlichen, aktuell feststellbaren Nachfrage ergeben, sondern auch aus der Vorausschau künftiger Entwicklungen; eine entsprechende Bedarfslage muss aber bei vorausschauender Betrachtung in absehbarer Zeit mit hinreichender Sicherheit erwartet werden können ( BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <271 f.>, vom a.a.O. Rn. 282 und vom - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 17). Die Bedienung der Nachfrage muss zudem von den Planungszielen, die die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens gerechtfertigt haben, umfasst sein. Eine Nachfrage nach Verkehren, für die der Flughafen nicht geplant wurde, kann die Zulassung von Nachtflugbetrieb von vornherein nicht rechtfertigen.

36Die Darlegung einer Nachfrage ist notwendige Voraussetzung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb; sie allein genügt für die Zulassung von Nachtflugbetrieb jedoch nicht. Die Verkehrsinteressen sind nur dann geeignet, sich im Wege der Abwägung gegen die Lärmschutzinteressen der Anwohner durchzusetzen, wenn es ausgehend von den Gegebenheiten des Luftverkehrsmarktes betriebliche oder strukturelle Gründe dafür gibt, den Verkehr gerade in den Nachtrandstunden abzuwickeln. Die Planfeststellungsbehörde muss plausibel darlegen, warum der Nachtflugbedarf gerade in der Nacht besteht. Plausible Gründe für die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten können auch dann gegeben sein, wenn es nur um wenige Flugbewegungen geht; die Zahl der Flugbewegungen ist insoweit ohne Bedeutung.

37Das Gewicht, das einem nachtrandspezifischen Verkehrsbedarf in der behördlichen Abwägung zukommt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Maßgebend sind insbesondere die sich aus den Planungszielen ergebende Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz (vgl. Urteil vom a.a.O. S. 272). Die Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz bestimmen die Erwartungen, die berechtigterweise an das Verkehrsangebot zu stellen sind, insbesondere an die Zahl und die Diversität der Destinationen, die Frequenz der Verbindungen und die Erreichbarkeit des Flughafens in den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Diese Erwartungen sind entscheidend dafür, ob das Verkehrsangebot ohne die in Rede stehenden Nachtflugverbindungen noch als "befriedigend" (Urteil vom a.a.O. Rn. 288) angesehen werden kann. Von Bedeutung kann ferner sein, ob der Bedarf von einem anderen Flughafen nachfragegerecht gedeckt werden könnte (Urteil vom a.a.O. S. 272).

38Die Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz sind ein zentraler Bezugspunkt für die Gewichtung des Nachtflugbedarfs; einen von der Abwägung im Einzelfall unabhängigen Vorrang gegenüber den Lärmschutzbelangen der Anwohner verleihen sie dem Nachtflugbedarf nicht. Der Nachtflugbedarf muss im Wege der Abwägung in ein ausgewogenes Verhältnis zu den berechtigten Lärmschutzbelangen der Anwohner gebracht werden (Urteil vom a.a.O. Rn. 288). Nicht nur die Anwohner müssen Beeinträchtigungen hinnehmen; auch bei den Planungszielen können und müssen gegebenenfalls Abstriche gemacht werden.

39Auch der Umfang der Nachfrage ist für die Gewichtung des Nachtflugbedarfs relevant. Je dringlicher ein bestimmter Nachtflugbedarf tatsächlich ist, desto bedeutsamer ist sein Gewicht im Rahmen der Abwägung ( BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <368> und vom a.a.O. S. 268). Mit der Zahl der Flugbewegungen wächst allerdings auch das Gewicht der Lärmschutzbelange. Für die Flughafenanwohner bedeutet jeder zusätzliche Flug eine zusätzliche Belastung, jeder Flug, der unterbleibt, eine Entlastung (Urteil vom a.a.O. Rn. 76).

402. Ermittlung und Gewichtung des Nachtflugbedarfs

41Ausgehend hiervon hat der Beklagte einen Bedarf für den im Planergänzungsbeschluss zugelassenen Nachtflugverkehr zu Recht bejaht; er hat auch nicht die Bedeutung und das Gewicht dieses Bedarfs verkannt.

422.1 Nachfrage nach Nachtflügen

43Zum Nachweis der Nachfrage nach Nachtflügen hat sich der Beklagte nicht auf das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten der A. GmbH (im Folgenden: A.) "Der besondere Bedarf an der Durchführung von Nachtflugbewegungen während der Nachtzeiten am Flughafen Berlin Brandenburg International" vom (Beiakte 1) gestützt, sondern auf das von ihm selbst in Auftrag gegebene I.-Gutachten "Nachtflugbedarf am Flughafen Berlin Brandenburg International" vom Juni 2009 (Beiakte 17 Bl. 1689 ff. - im Folgenden: Nachtflug-Gutachten). Er hat dem A.-Gutachten zwar die Verwertbarkeit attestiert (PEB S. 69 f.), die von A. ermittelte Zahl von Nachtflugbewegungen jedoch tendenziell für zu hoch erachtet (PEB S. 72 Abs. 1). Die insoweit gegen das A.-Gutachten gerichteten Einwände der Kläger sind mithin nicht entscheidungserheblich.

442.1.1 Verwertbarkeit der I.-Nachtflugprognose

45Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (Urteile vom a.a.O. S. 275, vom - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 50 und vom - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 73). Ausgehend hiervon ist die im I.-Gutachten erstellte Nachtflugprognose nicht zu beanstanden.

462.1.1.1 Bestandsaufnahme

47Als Grundlage der Prognose hat I. die Flugbewegungsdaten der Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld für das Jahr 2008 ausgewertet und auf diese Weise die zeitliche Verteilung des Flugverkehrs aufgeschlüsselt nach Verkehrssegmenten ermittelt (Kapitel 3 des Nachtflug-Gutachtens). Einwendungen gegen diese Bestandsaufnahme haben die Kläger nicht erhoben. Sie rügen allerdings, dass der Ausgangsdatensatz maßgeblich von den Nachtflugbewegungen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld mit seiner unbeschränkten Nachtbetriebserlaubnis geprägt werde und zwar in einem Ausmaß, das in keinem Verhältnis zur Bedeutung Schönefelds im Berliner Flughafensystem stehe. Warum dies zu einer Überschätzung des Nachtflugbedarfs führen sollte, ist nicht ersichtlich. Das Nachtflug-Gutachten ermittelt gerade zunächst die Nachfrage nach Nachtflügen bei einem unbeschränkten Nachtflugbetrieb (Kapitel 8) und erst anschließend die Auswirkungen von Betriebsbeschränkungen (Kapitel 9).

482.1.1.2 Hochrechnung

49In einem zweiten Schritt hat I. aus einer anderen Verkehrsprognose Wachstumsraten 2005 : 2020 für die einzelnen Verkehrssegmente abgeleitet und mit deren Hilfe unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung bis 2008 das Nachtflugaufkommen je Verkehrssegment unter status-quo-Bedingungen auf das Jahr 2020 hochgerechnet (Kapitel 7 des Nachtflug-Gutachtens). Grundlage für die Ermittlung der Wachstumsraten war die "Luftverkehrsprognose Deutschland 2020" vom Dezember 2006 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom - im Folgenden: Masterplan-Prognose), die I. im Auftrag der Initiative "Luftverkehr für Deutschland" für die Fortschreibung des Masterplans zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur erstellt hat. Die genannte Initiative wurde im Jahr 2003 von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, der Flughafen München GmbH, der Fraport AG und der Deutsche Lufthansa AG unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegründet (Masterplan zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur, Dezember 2006, Anlage K 43 zum Schriftsatz der Kläger vom , S. 3). Die Masterplan-Prognose hat für alle deutschen Flughäfen ab 1 Mio. Passagiere (Stand 2005) sowohl das Flugbewegungs- als auch das Passagieraufkommen in 2020 prognostiziert; Basisjahr der Prognose ist das Jahr 2005 (Masterplan-Prognose S. 2). Die Prognosen wurden mit Hilfe eines Gesamtverkehrsmodells errechnet, dessen Ursprünge auf die Bundesverkehrswegeplanung zurückgehen (a.a.O. S. 6). In einem ersten Schritt wird das Gesamtverkehrsaufkommen, darunter das flughafenunabhängige Luftverkehrsaufkommen, in Form einer nach Marktsegmenten differenzierten Quelle-Ziel-Matrix für den Ist-Zustand aus empirischen Grundlagen ermittelt und unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Entwicklung und der Entwicklung des Verkehrsangebotes und der Nutzerkosten aller Verkehrszweige prognostiziert. In einem zweiten Schritt erfolgt die Aufteilung des Luftverkehrsaufkommens auf die Flughäfen durch ein Flughafen-Wahlmodell, das die landseitige Erreichbarkeit und das Luftverkehrsangebot der Flughäfen berücksichtigt (a.a.O. S. 6). Die Quelle-Ziel-Matrix umfasst die Verkehrsströme zwischen allen Quellen (Raumeinheiten, hier Kreisregionen im Inland und 342 Auslandsregionen) und Zielen, ebenfalls in Raumeinheiten (a.a.O. S. 7). Sie ist sachlich gegliedert nach Verkehrsmitteln (Flugzeug, Bahn, motorisierter Individualverkehr, Bus), Reisezwecken (geschäftlich, privat, sonstiger Privatverkehr) sowie nach out- und inbound (a.a.O. S. 9). Sie basiert auf hochgerechneten Fluggastbefragungen, die mit den Relationsstatistiken des Statistischen Bundesamtes und entsprechenden Statistiken des Auslands abgeglichen werden (a.a.O. S. 12).

50Die Hochrechnung mit den aus dieser Prognose abgeleiteten Wachstumsraten ist eine geeignete Methode zur Ermittlung des Nachtflugaufkommens in 2020 auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld. Sie ist keine schlichte Trendprognose. Ob eine solche genügen würde, kann deshalb offen bleiben (vgl. BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 107). I. hat nicht die Entwicklung des Nachtflugverkehrs in der Vergangenheit nach Maßgabe eines sich daraus ergebenden Trends fortgeschrieben, sondern aus einer Modellprognose für den Gesamtverkehr Wachstumsraten für die einzelnen Verkehrssegmente abgeleitet und diese der Entwicklung des Nachtflugverkehrs zugrunde gelegt. Den Flugverkehr unmittelbar durch eine Modellprognose zu ermitteln, wäre auf der Grundlage der vorhandenen Daten nicht möglich gewesen; die zeitliche Lage der Verkehrsströme (Tag/Nacht) ist in den vorhandenen Quelle-Ziel-Matrizes nicht hinterlegt (I.-Stellungnahme vom S. 32).

51Die der Hochrechnung zugrunde liegende Hypothese, dass sich im Prognosezeitraum zwar das Aufkommen des jeweiligen Verkehrssegments, nicht aber die zeitliche Struktur innerhalb des Segments und damit das Verhältnis von Tag- und Nachtflügen ändert, ist plausibel. Sie wird durch die zu erwartende Veränderung der Verkehrsstruktur am ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld als alleinigem Flughafen für Berlin nicht infrage gestellt. Die Wachstumsraten sind nicht für den Gesamtverkehr, sondern spezifisch für die einzelnen Verkehrssegmente ermittelt worden.

52Für den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld hat die Masterplan-Prognose für das Jahr 2020  33,2 Mio. Passagiere und 367 000 Flugbewegungen prognostiziert (Masterplan-Prognose S. 72, 90). Sie weist die Flugbewegungen nicht segmentspezifisch aus, sondern unterscheidet lediglich zwischen Passagierverkehr, Fracht/Post und Allgemeiner Luftfahrt (a.a.O. S. 90). Den Gesamtbewegungszahlen liegt jedoch eine Erfassung der Flugbewegungen je Flughafen mit folgenden Angaben zugrunde: von Flughafen, nach Flughafen, Verkehrsart (Passage, Fracht, sonstige), Airline (Allianz), Anzahl Passagiere, Anzahl t Fracht, Anzahl Flugbewegungen (I.-Stellungnahme vom S. 16). Mit diesen Zusatzinformationen lassen sich die Flugbewegungen den für das Nachtflug-Gutachten definierten Verkehrssegmenten (vgl. Nachtflug-Gutachten S. 20 f.) zuordnen. Dass I. die Flugbewegungen in der Masterplan-Prognose teilweise nach anderen Gesichtspunkten aggregiert hat - so sind z.B. Hub-Flüge im Sinne der dortigen Tab. 3-8 (Masterplan-Prognose S. 41 ff.) nur Interkontinentalflüge und mit den Hub-Feeder-Flügen des Nachtflug-Gutachtens nicht zu vergleichen (I.-Stellungnahme vom S. 16 f.) -, stellt die Plausibilität dieses Vorgehens nicht infrage.

53Das dargelegte, der Masterplan-Prognose zugrunde liegende Gesamtverkehrsmodell ist eine geeignete Methode zur Ermittlung des künftigen Luftverkehrsaufkommens an einem bestimmten Flughafen. Die Kläger behaupten, die in der Masterplan-Prognose dargestellte Methode, nach der angeblich jede einzelne Flugbewegung weltweit (mit Zuweisung zu Fluggesellschaften und Zuweisung zu einem spezifischen Segment) mit Quelle und/oder Ziel in Deutschland ermittelt werden könne, sei derart komplex, dass sie die derzeit technisch-wissenschaftlichen Möglichkeiten der Prognose überstiege; das gelte erst recht, wenn Haus-zu-Haus-Beziehungen abgebildet werden sollten. Zum Beweis dieser Tatsache beantragen sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Antrag war abzulehnen. Dass die Beweisbehauptung nicht zutrifft, kann der Senat auf der Grundlage der Masterplan-Prognose und des Vortrags der Kläger sowie ihrer Sachbeistände selbst beurteilen. Das der Masterplan-Prognose zugrunde liegende Gesamtverkehrsmodell ist nicht darauf gerichtet, einzelne Flugbewegungen oder gar Haus-zu-Haus-Beziehungen abzubilden; es erfasst die Verkehrsströme zwischen den genannten Raumeinheiten. Das entspricht gängiger Praxis bei der Erstellung von Verkehrsprognosen.

54Auch dem Antrag der Kläger, gegenüber dem Beklagten Einsicht in die der Prognose zugrunde liegenden Unterlagen und die computergestützten Berechnungen zu verlangen, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Die Ermittlung der Wachstumsraten ist auch ohne Offenlegung der genannten Unterlagen keine "Black Box". Inwieweit die Ausgangsdaten und die Verarbeitungsschritte einer Verkehrsprognose dokumentiert werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die sich nicht allgemeingültig beantworten lässt (Beschlüsse vom - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom - BVerwG 4 B 77.09 - juris Rn. 44). Ob - wie I. geltend macht - die Quelle-Ziel-Matrizes Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, kann offen bleiben; etwaige Dokumentationsdefizite würden dadurch nicht unbeachtlich. Soweit die Daten erforderlich sind, um die Verwertbarkeit des Gutachtens zu beurteilen, ist es im Grundsatz Sache des Auftraggebers, bei Erteilung des Gutachtenauftrags sicherzustellen, dass der Gutachter ihm die erforderlichen Daten übergibt. Hat der Auftraggeber dies unterlassen, kann zwar auch das Gericht die Vorlage der Daten nicht erzwingen; die fehlende Offenlegung geht jedoch zulasten des Auftraggebers, das Gutachten ist nicht verwertbar. Hier brauchte der Beklagte, soweit es um die Wachstumsraten geht, eine über die Vorlage der Masterplan-Prognose und die im gerichtlichen Verfahren nachgelieferten Erläuterungen hinausgehende Dokumentation nicht zu verlangen. Auch wenn er die Nachtflugprognose selbst erstellt hätte, wäre eine weitergehende Dokumentation nicht erforderlich gewesen. Dies folgt zwar entgegen der Auffassung des Beklagten nicht allein daraus, dass die Masterplan-Prognose aus Sicht des Nachtflug-Gutachtens eine externe Quelle ist. Es kommen hier jedoch mehrere Umstände hinzu: Die Masterplan-Prognose wurde weder speziell für den Flughafen Berlin-Schönefeld noch zur Ermittlung des Nachtflugbedarfs erstellt, sondern für eine realistische Bedarfsplanung der deutschen Luftverkehrswirtschaft insgesamt; die Gefahr, dass Wertungen und Ausgangsdaten mit Blick auf ein bestimmtes Prognoseergebnis ausgewählt wurden, besteht mithin nicht. Allenfalls mangelnde Sorgfalt oder Sachkunde des Gutachters hätten zu Fehlern führen können. Dagegen spricht indes, dass die Prognose bereits mehrfach verwendet worden ist und dabei jeweils Anerkennung gefunden hat. Sie wurde zunächst von der Initiative "Luftverkehr für Deutschland" für die Fortschreibung des Masterplans zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur vom Dezember 2006, sodann von der Bundesregierung für ihr Flughafenkonzept 2009 (S. 17 - 19) verwendet. Die der Masterplan-Prognose zugrunde liegenden Daten wurden für die Nachtverkehrsprognose für den Flughafen Leipzig/Halle ausgewertet. Der Senat hat diese Prognose nicht beanstandet; er ist davon ausgegangen, dass die Methodik der Masterplan-Prognose wissenschaftlichen Ansprüchen genügt ( BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 67 f.). Das Gesamtverkehrsmodell findet im Übrigen auch in der Bundesverkehrswegeplanung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Verwendung. Das BMVBS hat für die Fernstraßenplanung die Verwendung der Daten der Bedarfsplanprognose bzw. der Bundesverkehrswegeplanung sogar vorgegeben ( BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 77). Gegen die der Masterplan-Prognose zugrunde gelegten Annahmen zur Entwicklung der Rahmenbedingungen der Luftverkehrswirtschaft bestehen ebenfalls keine Bedenken; sie sind mit einem projektbegleitenden Arbeitskreis, dem u.a. das BMVBS und Fachministerien der Länder angehörten, abgestimmt worden (Masterplan-Prognose S. 4; I.-Stellungnahme vom S. 5 f., 28). Vor diesem Hintergrund hätte es konkreter Anhaltspunkte dafür bedurft, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und den Zwischenberechnungen Fehler unterlaufen oder dass unvertretbare Einzelwertungen getroffen worden sein könnten. Solche Anhaltspunkte bestehen nicht; auch die Kläger haben sie nicht aufgezeigt.

55Die Masterplan-Prognose war bei Erlass des Planergänzungsbeschlusses noch hinreichend aktuell. Die Basisdaten wurden nicht aus der für den Bundesverkehrswegeplan 2003 erstellten Prognose übernommen, sondern auf das Jahr 2005 aktualisiert; lediglich die Methodik der damaligen Prognose blieb im Wesentlichen unverändert. Den vorübergehenden Einbruch der Weltwirtschaft Ende des Jahres 2008 konnte die Masterplan-Prognose nicht berücksichtigen. Die Erwartung, dass der Konjunktureinbruch die Entwicklung des Luftverkehrs nicht nachhaltig beeinflussen würde, war jedoch bezogen auf den Prognosehorizont 2020 nicht unrealistisch. Auch die aktuelle, im Jahr 2006 nicht absehbare Ölpreisentwicklung steht der Verwertbarkeit der Masterplan-Prognose für das Nachtflug-Gutachten nicht entgegen. Als bestimmenden Faktor für die Entwicklung des Luftverkehrs hat die Masterplan-Prognose nicht den Ölpreis selbst, sondern nur u.a. die Luftverkehrspreise eingestellt und bei diesen neben den Ölpreisen eine Reihe von weiteren preistreibenden und preissenkenden Faktoren verglichen (Masterplan-Prognose S. 32 - 35). Die außergewöhnliche Entwicklung eines einzelnen Faktors stellt die Stimmigkeit des Gesamtergebnisses nicht infrage.

56Die Masterplan-Prognose musste auch keine weitergehenden Betrachtungen zu einer künftigen Verschärfung von Umweltregelungen anstellen. Sie hat bei der Untersuchung der Luftverkehrspreise etwaige Änderungen zum Schutz der Umwelt (Emissionshandel, Lärmabgaben, Kerosinsteuer) in die Betrachtung einbezogen (S. 34 Tab. 3-5). Welche konkreten Regelungsvorhaben darüber hinaus hätten berücksichtigt werden müssen, zeigen die Kläger nicht auf.

572.1.1.3 Glättung

58Um die zeitliche Verteilung der Nachfrage zu ermitteln, die sich auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld bei einem nicht beschränkten Flugbetrieb einstellen würde, hat I. in einem dritten Prognoseschritt die unter status-quo-Bedingungen errechnete Nachfragekurve "geglättet" (Kapitel 8 des Nachtflug-Gutachtens). Sie hat für jeden Zeitpunkt die Flugbewegungen aufsummiert, die bis 30 Minuten vor- und 30 Minuten nachher stattfinden, die Werte gemittelt und angetragen. Einbezogen in dieses Verfahren hat sie nur die Flugbewegungen, die auf die Flughäfen Tegel und Tempelhof entfallen; am Flughafen Berlin-Schönefeld ist der Flugbetrieb bis zur Inbetriebnahme der neuen Südbahn ohnehin zeitlich unbeschränkt zulässig.

59Der Glättung liegt die Annahme zugrunde, dass ein Teil der Flugbewegungen, die sich kurz nach Betriebsbeginn in Berlin-Tegel und kurz vor dem dortigen Betriebsende "stauen", ohne die Betriebsbeschränkungen in die bisherige Betriebspause hinein verlagert würden. Das ist plausibel. Nichts spricht dafür, dass der starke Anstieg der Flugbewegungen nach 6:00 Uhr und der abrupte Abfall nach 23:00 Uhr allein auf die Nachfrage zurückzuführen ist.

60Die Plausibilität wird durch die Kontrollrechnungen der Kläger des Parallelverfahrens (BVerwG 4 A 4001.10) nicht infrage gestellt. Sie machen geltend, dass das Gutachten Gründe für den im Vergleich zum Gesamtverkehr überproportionalen Anstieg des Nachtflugverkehrs nicht aufzeige. Besonders deutlich werde die unterschiedliche Entwicklung von Gesamt- und Nachtverkehr beim Low-Cost-Verkehr. Die Zahl der Flugbewegungen in diesem Segment solle von 89 157 in 2008 (Nachtflug-Gutachten S. 31 Tab. 3-4) auf 144 434 in 2020 (a.a.O. S. 85 Tab. 8-2), also um 62 % steigen. Die Zahl der Nachtflugbewegungen steige im gleichen Zeitraum von 4 325 auf 7 670, also um 77 %, die Zahl der Flugbewegungen zwischen 23:00 und 6:00 Uhr von 278 auf 1 057, also um 280 %. Da die Hochrechnung von einheitlichen Wachstumsraten für Tag und Nacht ausgeht, ist das überproportionale Wachstum der Nachtflugbewegungen rechnerisch eine Folge der Glättung. Dass der Nachtflugverkehr insgesamt bei einem unterstellten Wegfall der zeitlichen Betriebsbeschränkungen auch real stärker wachsen wird als der Tagflugverkehr, ist - wie dargelegt - plausibel und zwar auch in der für den Low-Cost-Verkehr prognostizierten Größenordnung. Die große prozentuale Steigerung für die Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr ist in erster Linie auf die geringe absolute Zahl von Flugbewegungen in diesem Zeitraum unter status-quo-Bedingungen (278 Flugbewegungen - a.a.O. S. 31 Tab. 3-4) zurückzuführen - der Low-Cost-Verkehr wird anders als die touristischen Verkehre überwiegend auf dem Flughafen Tegel abgewickelt - und die im Verhältnis dazu große absolute Zahl von Flugbewegungen insgesamt (144 434 Flugbewegungen) und dementsprechend auch zwischen 22:30 und 23:00 Uhr (2 634 Flugbewegungen - a.a.O. S. 80 Tab. 7-1) sowie nach 6:00 Uhr. Der "Stau-Effekt" ist bei einem aufkommensstarken Verkehrssegment mit hohem Nachtfluganteil stark; das ist nicht unplausibel.

61Die Glättung führt auch in den Zeitsegmenten von 22:00 bis 22:30 Uhr zu einem Anstieg der Flugbewegungen von 7 872 (Nachtflug-Gutachten S. 81 Tab. 7-2) auf 8 325 (a.a.O. S. 89 Tab. 8-5). Das ist rechnerisch die Folge davon, dass zwischen 21:30 und 22:00 Uhr deutlich mehr Flugbewegungen stattfinden als von 22:00 bis 22:30 Uhr. Die Glättung führt auf der anderen Seite für die Zeit von 22:30 bis 23:00 Uhr zu einer Verringerung der Flugbewegungen von 7 005 auf 6 253. Insoweit ist die Glättung lediglich ein statistisches Verfahren zur verfeinerten Betrachtung der Halbstundensegmente.

622.1.1.4 Auswirkungen von Betriebsbeschränkungen

63Im letzten Prognoseschritt hat I. ein mögliches Modell für eine Regelung des Nachtflugbetriebs entwickelt (Nachtflug-Gutachten S. 100 Tab. 9-2) und ausgehend hiervon die Zahl der Nachtflugbewegungen in 2020 prognostiziert (a.a.O. S. 102 Tab. 9-4). Das Betriebsmodell entspricht weitgehend den im Planergänzungsbeschluss getroffenen Regelungen, lässt aber von 5:00 bis 5:30 Uhr und von 23:30 bis 24:00 Uhr Flugverkehr weitergehend zu. Bei diesem Betriebsmodell wird sich die Zahl der Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 nach Einschätzung von I. von 76,6 (a.a.O. S. 101 Tab. 9-3) auf 71,1 (a.a.O. S. 102 Tab. 9-4), also um 5,5 Flugbewegungen, verringern.

64Die Kläger vermissen eine Begründung dafür, wann von einer Verschiebung und wann von einem Entfallen eines Fluges auszugehen sei. Herr Dr. Schu. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass ein Flug, der umlaufbedingt für die Kernzeit der Nacht geplant werde, bei einem Nachtflugverbot in der Regel ersatzlos entfalle. Eine Verschiebung um bis zu 30 Minuten in die Nachtrandzeiten habe man hingegen in der Regel als möglich angesehen; dieser Zeitraum sei eine Setzung. Im Übrigen könnten sich im Zielgebiet ansässige Fluggesellschaften auf nächtliche Betriebsbeschränkungen besser einstellen als Home-Base-Carrier. Da die Durchführung eines Fluges auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, die nicht nur von den Betriebszeiten des Flughafens, sondern einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängt, ist die Prognose, wie sich Beschränkungen des Flugverkehrs auf das Flugangebot auswirken, mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine Überprüfung konkreter Umlaufplanungen ist - wie noch darzulegen sein wird - nicht möglich. Welche weiteren Ermittlungen I. zur Ermittlung der Verschiebbarkeit von Flügen hätte anstellen sollen, ist nicht ersichtlich. Dass Flüge, die kurz nach Ende oder kurz vor Wiederbeginn des Betriebs geplant sind, leichter verschoben werden können als Flüge mitten in der Kernzeit, ist plausibel. Ausgehend hiervon hält sich die Annahme, dass Flüge bei einer zeitlichen Beschränkung des Nachtflugbetriebs in der Regel entfallen, wenn sie um mehr als 30 Minuten verschoben werden müssten, innerhalb des für eine solche Prognose erforderlichen Wertungsrahmens.

652.1.2 Ergänzende Prognose des Beklagten

66Der Beklagte hat die von I. vorgeschlagenen Betriebsregelungen, die in bestimmten Verkehrssegmenten und in bestimmten Jahreszeiten Flugbetrieb von 5:00 bis 24:00 Uhr vorsahen, nicht vollständig übernommen. Er hat den Nachtbetrieb weitergehend beschränkt; Flugbetrieb ist grundsätzlich nur von 5:30 bis 23:30 Uhr zulässig. Ausgehend von dem in Tabelle 9-4 des Nachtflug-Gutachtens (S. 102) ermittelten Bedarf hat er die planmäßigen Flugbewegungen in den halben Stunden vor und nach der Kernzeit auf die nächstliegenden halben Stunden verlagert (vgl. E-Mail des Beklagten an I. vom , Beiakte 17 Bl. 1880). Das Ergebnis dieser Anpassungen findet sich in der Tabelle auf S. 147 des Planergänzungsbeschlusses.

67Die Kläger machen geltend, der Beklagte habe Flugbewegungen verschoben, für die I. einen "unabweisbaren" Nachtflugbedarf festgestellt habe; nach der Definition von I. handele es sich dabei um Verkehre, die "ersatzlos entfallen müssten, wenn die entsprechende Flugzeit nicht zur Verfügung steht" (Nachtflug-Gutachten S. 92). Dies belege die absolute Beliebigkeit des Vorgehens. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Die Bezeichnung des in Kapitel 9 des Nachtflug-Gutachtens ermittelten Bedarfs als "unabweisbar" ist allerdings missverständlich. I. weist selbst darauf hin, dass es in der Praxis einen gewissen Spielraum zur Anpassung an die Gegebenheiten des Nachtflugverkehrs gibt (a.a.O. S. 92 f., 96). Im Übrigen muss der Nachtflugbedarf gegen die Lärmschutzbelange abgewogen werden. Die Verschiebung der Flugbewegungen, die der Beklagte wegen der weitergehenden Beschränkung des Nachtflugbetriebs vorgenommen hat, stellt die Einschätzung von I. zur Verlagerbarkeit von Flügen nicht infrage. Die Verschiebungen überschreiten - von Ausnahmen abgesehen - 30 Minuten nicht. Im Übrigen handelt es sich um bloße Randkorrekturen. Die Gesamtzahl der Nachtflugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 hat sich hierdurch lediglich von 71,1 (Nachtflug-Gutachten S. 102 Tab. 9-4) um 0,1 auf 71,2 erhöht.

68Der Beklagte hat sodann die Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 ausgehend von der in der Masterplan-Prognose ermittelten deutschlandweiten durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 % pro Jahr auf das Jahr 2023 - das ist der Prognosehorizont der dem Antrag auf Planfeststellung zugrunde liegenden Verkehrsprognose - weiter hochgerechnet und zwar auf 77 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht und 103 Flugbewegungen in der typischen Spitzennacht (PEB S. 148).

692.1.3 Plausibilität des Gesamtergebnisses

70Das Ergebnis der Nachtverkehrsprognose ist plausibel. Die vom Beklagten auf der Grundlage des I.-Gutachtens ermittelten Flugbewegungszahlen entsprechen in ihrer Größenordnung den Flugbewegungszahlen, die bereits im Planfeststellungsverfahren für die Fluglärmberechnungen ermittelt wurden. Die damaligen Lärmberechnungen gingen von 16 734 Flugbewegungen (ohne Hubschrauber; 17 074 incl. Hubschrauber) zwischen 22:00 und 6:00 Uhr in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Prognosejahres 20XX aus (Gutachten M 2 S. 31 Tab. 3-14 und 3-15, Beiakte 235 <PFB 2004>). Auf der Grundlage der Verkehrsverteilung der letzten Jahre war festgelegt worden, dass 60 % der gesamten Flugbewegungen eines Jahres auf die sechs verkehrsreichsten Monate entfallen (a.a.O. S. 51). Der Beklagte hat für das Jahr 2023  28 068 Flugbewegungen (ohne Hubschrauber) zwischen 22:00 und 6:00 Uhr prognostiziert (Darstellung der Planfeststellungsbehörde vom zur Entwicklung der Nachtflugbewegungen von 2008 bis 2023 im Planergänzungsbeschluss, S. 7 Tab. B.3). Das entspricht 16 840 Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten und damit ziemlich genau den im Planfeststellungsverfahren für den Prognosehorizont 20XX ermittelten Flugbewegungen. Bei diesem Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Prognosejahr 20XX 360 000 Flugbewegungen/Jahr erreicht sein sollen (a.a.O. S. 29), I. in seinem Nachtflug-Gutachten (S. 78) aber bereits für das Jahr 2020 von 367 000 Flugbewegungen ausgegangen ist. Der Vergleich bestätigt jedoch, dass das dem Planergänzungsbeschluss zugrunde liegende Prognoseergebnis nicht aus dem Rahmen bisheriger Prognosen fällt. Es bleibt im Übrigen auch unter den Flugbewegungszahlen, die A. im Auftrag der Beigeladenen ermittelt hat (PEB S. 71).

71Die Plausibilität des Prognoseergebnisses wird durch den im Parallelverfahren (BVerwG 4 A 4001.10) vorgelegten Modellflugplan 2015, der zwischen 5:30 und 6:00 Uhr nur zwei, zwischen 23:00 und 23:30 Uhr nur vier Flugbewegungen vorsieht, nicht infrage gestellt. Der Planergänzungsbeschluss geht für die genannten Zeitsegmente zwar von erheblich mehr, nämlich von 10,0 bzw. 13,6 Flugbewegungen aus (PEB S. 147); ein Vergleich dieser Zahlen ist jedoch nicht aussagekräftig. Der Modellflugplan 2015 wurde für einen anderen Zweck und nach anderen Grundsätzen erstellt als die Nachtflugprognose im Planergänzungsverfahren. A. hat den Modellflugplan im Jahr 2010 für die Beigeladene erstellt, um zu ermitteln, zu welchen Tageszeiten zeitgleiche Abflüge von beiden Bahnen benötigt werden. Flüge, die bei unbeschränktem Verkehr zwischen 23:30 und 5:30 Uhr geplant würden, wurden, weil für die Fragestellung nicht relevant, für den Modellflugplan ersatzlos gestrichen. Bemessungstag ist zudem ein konkreter Flugplantag, nicht ein gemittelter Durchschnittstag. Im Übrigen sind die Unterschiede zwischen beiden Prognosen bei einem Vergleich der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr insgesamt erheblich geringer als in den oben genannten Zeitsegmenten.

72Die Kläger meinen, der Nachtflugbetrieb entspringe nicht den Wünschen und der Nachfrage der Fluggäste, sondern allenfalls den Wünschen der Fluggesellschaften. Maßgebend für den Nachtflugbedarf ist jedoch nicht die innere Haltung der Fluggäste, sondern ihr tatsächliches Nachfrageverhalten. Dieses wird nicht nur durch die Flugzeiten, sondern durch eine Vielzahl weiterer Faktoren, u.a. durch den Flugpreis, bestimmt. Unabhängig hiervon werden die Ergebnisse des I.-Gutachtens durch die im Parallelverfahren (BVerwG 4 A 4001.10) vorgelegte Emnid-Umfrage nicht infrage gestellt. Auch nach dem Gutachten werden Flüge in 2020 weit überwiegend während des Tages und nur zu etwa 7 % während der Nacht nachgefragt. In dieser Größenordnung haben auch die von Emnid Befragten angegeben, am liebsten während der Nachtstunden abzufliegen (11 %) oder anzukommen (7 %). Anhaltspunkte dafür, dass die Luftverkehrsgesellschaften, um eine Nachfrage nach Nachtflügen hervorzurufen, verlustbringende Flüge durchführen, hat der Beklagte im Übrigen nicht festgestellt (PEB S. 77 Abs. 4). Seine Ermittlungen haben vielmehr ergeben, dass in der Nacht signifikant mehr Passagiere pro Flug befördert werden als am Tag (PEB S. 112 Abs. 2).

732.2 Planungsziele

74Die Verkehre, die der Beklagte in der Nacht zugelassen hat, sind von den Planungszielen für den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld umfasst. Die Planungsziele ergeben sich aus dem Planfeststellungsbeschluss für den Flughafenausbau vom . Die Planfeststellungsbehörde hat sie im Planergänzungsbeschluss zutreffend zusammengefasst. Der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld dient hiernach dem durch die Landesplanung vorgegebenen Ziel, den künftigen nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarf der Länder Berlin und Brandenburg durch Konzentration auf einen einzigen Flughafenstandort zu decken (PEB S. 160 Abs. 5, S. 161 Abs. 3). Durch die Bündelung der Verkehrsströme von den bisherigen Standorten Tegel, Tempelhof und Schönefeld auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld soll ein Flughafen für die Hauptstadt Berlin und die Metropolregion Berlin-Brandenburg entstehen, dessen Verkehrsbedeutung zwar nicht an die größeren Flughäfen Frankfurt Main und München heranreichen wird, der aber doch eine herausragende, über die bisherigen Berliner Flughäfen hinausgehende Bedeutung erlangt (PEB S. 162 Abs. 3) und damit zu einem insgesamt verbesserten Flugangebot führt. Durch einen Zuwachs der Umsteigeverkehre soll insbesondere der in Berlin bisher nur schwach ausgeprägte (PEB S. 101 Abs. 2) Interkontinentalverkehr stärker entwickelt werden. Nicht zuletzt hierfür wird der Flughafen erstmals mit Start- und Landebahnen von mehr als 3 500 m Länge ausgestattet (PFB S. 335). Darüber hinaus soll der ausgebaute Flughafen spezifische Funktionen Berlins als Hauptstadt und Regierungssitz erfüllen. Unter anderem im Hinblick hierauf hat das Bundesministerium für Verkehr als oberste Luftfahrtbehörde der Bundesrepublik Deutschland das öffentliche Interesse des Bundes am Ausbau des Flughafens bejaht (PFB S. 344 Abs. 6). Von Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang schließlich das Ziel, durch den Ausbau des Flughafens die regionale Wirtschaftskraft Berlins und Brandenburgs zu stärken und zu erhalten (PEB S. 148 f.; PFB S. 348 f.). Dieses Ziel ist für sich allein betrachtet zwar nicht geeignet, die Zulassung von Nachtflugverkehr zu rechtfertigen (vgl. BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 52; BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 62). Es kann jedoch für die Gewichtung eines Verkehrsbedarfs von Bedeutung sein.

75Sämtliche Verkehre, die der Beklagte während der Nacht zugelassen hat, sind von den dargelegten verkehrlichen Planungszielen umfasst. Das gilt auch für Flüge im Zusammenhang mit der Luftfahrzeuginstandhaltung. Ihre Zulassung dient nicht allein der Stärkung der Region als Standort von Instandhaltungsbetrieben, sondern in erster Linie der Aufrechterhaltung des regelmäßigen Flugbetriebs im Passagier- und Frachtverkehr (vgl. BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 75).

762.3 Nachtfluggründe

77Der Beklagte hat im Planergänzungsbeschluss sachliche Gründe, weshalb die einzelnen Verkehre nicht befriedigend innerhalb der Tagstunden abgewickelt werden können, plausibel dargelegt.

782.3.1 Hub-Feeder-Verkehr

79Die sinnvolle Vernetzung eines Flughafens mit in- und ausländischen Passagierdrehkreuzen ist ein Grund für die Zulassung von Flugbetrieb in den Nachtrandstunden; das ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt (Urteil vom a.a.O. Rn. 41 ff.). Der Beklagte hat dargelegt, dass bereits heute die Beschränkung der Betriebszeit in Berlin-Tegel auf 6:00 bis 23:00 Uhr dazu führt, dass die vorhandene Nachfrage nach Hub-Feeder-Flügen nicht ausreichend befriedigt werden kann (PEB S. 85 Abs. 2). Der erste Flug nach Frankfurt Main (Abflug 6:00 Uhr, Ankunft 7:10 Uhr) erreiche die Anschlüsse zu bedeutsamen Metropolen wie Barcelona, Genf, Madrid, Mailand und Rom, zu denen es keine Direktflüge der Lufthansa gebe, nicht mehr. Der letzte Abbringer (Abflug 21:45 Uhr, Ankunft 22:50 Uhr) könne Verbindungen aus Genf, Madrid, Mailand und Rom ebenfalls nicht herstellen (PEB S. 82 Abs. 2, 3). Ausgehend hiervon ist die Einschätzung, dass wichtige Zu- und Abbringerflüge zu und von in- und ausländischen Drehkreuzflughäfen nur nachfragegerecht durchgeführt werden können, wenn zumindest die Randstunden bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr für planmäßigen Flugbetrieb zur Verfügung stehen (PEB S. 112 Abs. 5), nicht zu beanstanden.

80Dass einige Fluggesellschaften zu den genannten Metropolen bereits heute Direktverbindungen unterhalten, stellt die Berechtigung von nächtlichen Hub-Feeder-Flügen anderer Luftverkehrsgesellschaften nicht infrage. Das Luftverkehrsnetz, in das der Flughafen durch Hub-Feeder-Flüge eingebunden werden soll, besteht nicht zwischen den Flughäfen als solchen; es entsteht erst durch die von einer Luftverkehrsgesellschaft und den mit ihr in einer Allianz assoziierten Partnern unterhaltenen Drehkreuze und die von ihnen angebotenen Flugverbindungen. Ob es für eine Luftverkehrsgesellschaft sinnvoll ist, einen Hub-Feeder-Flug anzubieten, hängt nicht von der Sinn- und Dauerhaftigkeit jeder einzelnen Drehkreuzverbindung ab (vgl. Urteil vom a.a.O. Rn. 46). Ein Hub-Feeder-Flug verbessert die Einbindung des Flughafens in das Luftverkehrsnetz auch dann, wenn sich die Passagiere auf eine größere Zahl von Anschlussflügen verteilen, jedem einzelnen Anschlussflug für sich betrachtet also nur eine geringe Bedeutung zukommt.

81Die Kläger legen dar, dass die Fluggesellschaften bislang den Zu- und Abbringerverkehr vom Flughafen Tegel zu den von ihnen unterhaltenen Drehkreuzen zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abwickeln und die Betriebszeit teilweise nicht einmal ausschöpfen. Dass der Hub-Feeder-Verkehr einen weitergehenden Nachtflugbetrieb nicht erfordert, folgt daraus nicht. Auf dem Flughafen Tegel muss der Hub-Feeder-Verkehr bereits wegen des dort geltenden Nachtflugverbots zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abgewickelt werden. Die Zahl von nächtlichen Hub-Feeder-Flügen wird zwar insbesondere zwischen 23:00 und 23:30 Uhr gering sein - der Beklagte geht für die Durchschnittsnacht 2020 von 0,6 Flugbewegungen aus (PEB S. 147) -; auch diese wenigen Flugverbindungen sind jedoch geeignet, die Einbindung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld in das Luftverkehrsnetz zu verbessern und für die Zukunft zu sichern.

82Anhaltspunkte dafür, dass die ersten Knoten nach dem Ausbau der Flughäfen Frankfurt Main und München - wie die Kläger meinen - später und die letzten Knoten früher beginnen werden, sind nicht ersichtlich. Nach Einschätzung des Beklagten wird die Erweiterung der Kapazitäten an den beiden Flughäfen vielmehr dazu führen, dass die Anzahl der Flüge steigt, für die eine Anschlussverbindung nach Berlin nicht mehr besteht (PEB S. 83 Abs. 2). Entgegen der Auffassung der Kläger muss auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Fluggesellschaften aufgrund der künftigen Verkehrsbedeutung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld auf dessen Nachtbetriebsregelung einstellen und für Anschlussverbindungen sorgen werden. Die Knotenstrukturen an den Drehkreuz-Flughäfen haben sich über einen längeren Zeitraum gebildet. Sie sind in erster Linie abhängig von der geographischen Lage des Flughafens und den Entfernungen zu den Hauptzielgebieten (A.-Gutachten S. 38). In diese Strukturen müssen sich alle anzubindenden Anschlüsse einfügen. Dass die Verkehrsbedeutung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld so weit wachsen könnte, dass er seinerseits die Knotenstrukturen prägt, liegt fern.

832.3.2 Direktverbindungen der konventionellen Fluggesellschaften

84Für den Point-to-Point-Verkehr der konventionellen Fluggesellschaften hat der Beklagte dargelegt, dass dieser Verkehr weitgehend im Tagflugbetrieb durchgeführt und sich hieran auf absehbare Zeit nichts ändern wird (PEB S. 89 Abs. 2). Die klassischen Pendlerstrecken würden allerdings bis 23:00 Uhr nachgefragt (PEB S. 89 Abs. 3); ohne nächtliche Betriebsbeschränkungen wäre auch nach 23:00 Uhr und in der Kernzeit eine geringe Nachfrage vorhanden (PEB S. 90 Abs. 2). Die Direktverbindungen der klassischen Fluggesellschaften würden auch als Hub-Feeder-Flüge genutzt; oft entstünden erst durch die Kombination von Point-to-Point-Verkehr mit Hub-Feeder-Verkehr hinreichend starke Verkehrsströme, die die Einrichtung der Verbindung ermöglichten (PEB S. 90 Abs. 4).

85Auch damit ist ein sachlicher Grund für die Zulassung dieser Verkehre in den Nachtrandstunden dargelegt. Die Kläger bestreiten die Überschneidung mit den Hub-Feeder-Verkehren nicht. Sie machen geltend, es gebe in diesem Segment keinen nennenswerten Nachtflugbedarf. Richtig ist, dass der Beklagte für die Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr weniger als eine Flugbewegung im klassischen Point-to-Point-Verkehr prognostiziert hat (PEB S. 90 Abs. 3). Seine Annahme, dass oft erst die Kombination von Direktverbindungen und Hub-Feeder-Verkehr in der Lage sei, die Angebotsqualität "zu stabilisieren und nachhaltig zu verbessern" (PEB S. 90 Abs. 4), bezieht sich jedoch nicht nur auf die Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr; sie schließt die Stunde von 22:00 bis 23:00 Uhr mit 1,4 Flugbewegungen ein. Ausgehend hiervon ist die Einschätzung, dass sich das Flugangebot nachhaltig verbessern kann, wenn es nicht nur die Nachfrage nach 7,3 Hub-Feeder-Flügen, sondern zugleich die Nachfrage nach 2,3 Flugbewegungen im klassischen Point-to-Point-Verkehr bedient, nicht zu beanstanden.

862.3.3 Direktverbindungen der Low-Cost-Carrier und der Touristikverkehre / Umlaufplanungen

87Der Nachtflugbedarf der Low-Cost-Carrier und im Touristikbereich ergibt sich insbesondere aus den Erfordernissen einer effektiven Umlaufplanung. Der Beklagte hat im Planergänzungsbeschluss dargelegt:

88Die Low-Cost-Carrier versuchten, die Nachfragebedürfnisse auf Kurz- und Mittelstrecken so miteinander zu kombinieren, dass sie durch nahezu optimale Einsatzdauer mit maximal möglichen Blockstunden günstige Kostenstrukturen erreichten. Es würden bis zu vier Umläufe abgewickelt. Zu diesem Zweck würden die Nachtrandzeiten bis 24:00 Uhr in Anspruch genommen. Die Rotationspläne ließen aufgrund der minimalen Bodenzeiten, aber auch aufgrund von Kapazitätsengpässen an den Quell- und Zielflughäfen kaum Potential für eine Verlagerung der Flüge in den Tag (PEB S. 91 Abs. 4).

89Im Touristikverkehr stehe der Nachfrage derzeit nahezu über 24 Stunden ein adäquates Angebot gegenüber; die Gesamtumlaufzeiten einzelner Flugzeuge betrügen bis zu 21 Stunden; es zeigten sich ausgeprägte Touristikverkehre in der Nachtkernzeit (PEB S. 95 Abs. 4). Die Passagiere strebten die Ausnutzung des ersten und letzten Urlaubstages an und flögen möglichst früh morgens und spät abends (PEB S. 97 Abs. 2). Gründe für Nachtflüge ergäben sich insbesondere aus saisonalen Nachfragespitzen, dem Veranstalterkonzept, den Fluglängen im Mittelstreckenbereich, Zeitverschiebungen, Erfordernissen eines effizienten Fluggeräteeinsatzes und der mangelnden Verfügbarkeit von Slots und Abfertigungsressourcen an den Zielflughäfen (PEB S. 98 Abs. 2). Die Entfernung Berlins zu den wichtigsten Zielorten, die mehrheitlich im Westen und Süden liegen, sei größer als von den meisten anderen deutschen Flughäfen; zur Sicherstellung vergleichbarer Streckenangebote müsse der Flughafen Berlin-Schönefeld entsprechend länger geöffnet sein (PEB S. 99 Abs. 1).

90Damit sind sachliche Gründe für die Nutzung der Nachtrandstunden dargelegt. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Erfordernisse einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten rechtfertigen ( BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 288 und vom - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 48 ff.). Umlaufplanungen sind komplexe Entscheidungen, in die das erwartete Passagieraufkommen, die an den Flughäfen verfügbaren Start- und Landezeiten (Slots), die Möglichkeiten des Personaleinsatzes, die Wartungsmöglichkeiten sowie hinsichtlich des eingesetzten Flugzeugtyps beispielsweise Kapazität, Reichweite und Wartungszeiten einfließen (Urteil vom a.a.O. Rn. 52). Sie beruhen maßgebend auf unternehmerischen Entscheidungen der Luftverkehrsgesellschaften. Eine umfassende Prüfung der Verlagerungsmöglichkeiten von Flügen innerhalb der Nacht und von der Nacht in den Tag kann eine Planfeststellungsbehörde nicht vornehmen. Sie kann den Fluggesellschaften lediglich einen Rahmen für ihre Umlaufplanungen setzen. Davon ist der Beklagte zu Recht ausgegangen (PEB S. 93 Abs. 2, S. 97 Abs. 4).

91Da der Beklagte sich nicht in der Lage gesehen hat, konkrete Flugpläne und Umlaufplanungen einer umfassenden Detailprüfung zu unterziehen (PEB S. 106 f.), hat er zur Darlegung des Nachtflugbedarfs ergänzend auf die von I. im Nachtflug-Gutachten (Kapitel 4) untersuchten repräsentativen Musterumläufe und die auf dieser Grundlage durchgeführten Modellrechnungen zurückgegriffen. I. hat für verschiedene typische Flugstrecken und Umkehrzeiten ermittelt, wie viele Umläufe in 16 (6:00 bis 22:00 Uhr), 17 (6:00 bis 23:00 Uhr), 18 (5:30 bis 23:30 Uhr) und 19 (5:00 bis 24:00 Uhr) Betriebsstunden möglich wären. Den Berechnungen liegt die Annahme zugrunde, dass die gewählten Betriebszeiten sowohl für Berlin als auch für den Zielflughafen gelten. Betrachtet hat I. sieben Umläufe im Shuttle-Betrieb (Nachtflug-Gutachten S. 46 ff. Tab. 4-1 bis 4-7) und zwei Umläufe mit einer Kombination von zwei Zielen (a.a.O. S. 57 f. Tab. 4-8 und 4-9). Anschließend hat I. in einer Modellrechnung für 17 typische Flugstrecken (Shuttle-Betrieb) die Summe der Umläufe und Blockzeiten im Verhältnis zu den Betriebszeiten ermittelt (a.a.O. S. 60 f. Tab. 4-10 und 4-11). Sowohl ein Teil der Einzelberechnungen als auch die Modellrechnung haben ergeben, dass die Produktivität der Flugzeuge bei einer Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 17 Stunden und von 16 auf 18 Stunden überproportional zunimmt (Nachtflug-Gutachten S. 62; PEB S. 108, 109 Abs. 4). In der Modellrechnung führt eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 17 Stunden (dies entspricht einem Zuwachs von 6,25 %) bei den Blockstunden zu einem Zuwachs von 11,2 %, eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 18 Stunden (Zuwachs: 12,5 %) zu einem Zuwachs der Blockstunden von 19,5 %. Die Blockstunden wachsen also im Vergleich zu den Betriebsstunden überproportional (Nachtflug-Gutachten S. 62; PEB S. 109 Abs. 4).

92Die Kläger halten die Modellrechnung nicht für aussagekräftig; die Annahme, dass die Strecken im Shuttle-Betrieb beflogen würden und dass die Betriebszeiten für Berlin und den Zielflughafen gleich seien, sei nicht realitätsgerecht. Die Wirklichkeit genau abzubilden, nimmt das Modell jedoch auch nicht für sich in Anspruch. Es soll den Zusammenhang zwischen der Länge der Betriebszeiten der Flughäfen und den Blockstunden der Flugzeuge für unterschiedliche Umlaufzeiten in typisierter Form aufzeigen; Vereinfachungen sind hierfür unumgänglich. Sie sind bei den Rückschlüssen von dem Modell auf die Wirklichkeit zu berücksichtigen. I. hat im Übrigen nicht nur Umläufe im Shuttle-Betrieb, sondern auch zwei Streckenkombinationen untersucht (a.a.O. S. 57 Tab. 4-8: Kombination von Zielen mit zweieinhalb und viereinhalb Stunden Flugzeit; a.a.O. S. 58 Tab. 4-9: Kombination von Zielen mit 70 Minuten und 2 Stunden Flugzeit). Auf die konkreten Flugziele kommt es für die Musterumläufe, soweit die Flugzeiten gleich sind, im Übrigen nicht an. Dass die ausgewählten Flugzeiten, Umkehrzeiten und die sich daraus ergebenden Zeiten für einen Umlauf für den von Berlin ausgehenden Flugbetrieb repräsentativ sind, stellen auch die Kläger nicht in Abrede. Dem Beklagten war auch bewusst, dass das Modell nicht genau der betrieblichen Wirklichkeit entspricht (PEB S. 109 Abs. 1 und 3); er hat die Aussagekraft des Modells nicht überschätzt.

93Die Kläger meinen, aussagekräftig seien nur Vergleiche innerhalb der Betriebszeiten und der Blockzeiten. Eine Verlängerung der Betriebszeiten führe nur zu einem linearen Zuwachs; bei den Blockstunden sei der Zuwachs sogar unterproportional. Dass die Blockstunden in der Modellrechnung in der ersten zusätzlichen Stunde um 11,2 %, in der zweiten um 19,5 % und in der dritten Stunde um 23,8 % gegenüber den Blockstunden bei 16 Betriebsstunden wachsen, der prozentuale Zuwachs mit jeder weiteren Betriebsstunde also abnimmt (+ 11,2 %, + 8,3 %, + 4,3 %), stellen auch I. (Nachtflug-Gutachten S. 62 Tab. 4-12) und der Beklagte (PEB S. 109 Abs. 4) nicht in Abrede. Dies war ein Grund dafür, nur eine Betriebszeit von 18 und nicht von 19 Stunden zuzulassen. Auch bei diesem Vergleich werden die Blockstunden jedoch in Abhängigkeit von den Betriebszeiten betrachtet. Warum es unzulässig sein soll, den Zuwachs der Blockzeiten mit der linearen Zunahme der Betriebszeiten zu vergleichen, ergibt sich daraus nicht.

94Die Kläger machen weiter geltend, im Musterumlauf mit einer Kombination von Kurzstreckenzielen mit einer Flugzeit von 1:10 und 2:00 Stunden (Nachtflug-Gutachten S. 58 Tab. 4-9) könnten bereits bei einer Betriebszeit von 17 Stunden nicht nur 3,5, sondern 4 Umläufe geflogen werden, wenn der erste Start von 6:15 auf 6:10 Uhr vorverlegt werde. Das trifft nicht zu. Im Musterumlauf landet das Flugzeug nach zweistündiger Flugzeit um 21:55 Uhr auf dem Zielflughafen. Es könnte um 22:45 Uhr wieder starten, würde Berlin also selbst bei der von den Klägern angenommenen Flugzeit von 1:10 Stunden erst um 23:55 Uhr, richtigerweise aber erst nach 2 Stunden, also um 0:45 Uhr wieder erreichen. Aus dem gleichen Grund wäre ein vierter Umlauf auch dann nicht möglich, wenn die Flugzeit um 5 Minuten kürzer wäre.

95Die quantitativen Aussagen des Nachtflug-Gutachtens zum Verhältnis von Betriebszeiten zu Blockstunden gelten nur für die gewählten Ausgangsdaten; andere Flug- und Umdrehzeiten würden zu anderen Ergebnissen führen. Da die betrachteten Musterumläufe für den Flugbetrieb in Berlin repräsentativ sind, ist das Modell jedoch geeignet, den Zusammenhang zwischen den Betriebszeiten des Flughafens und den Blockzeiten der Flugzeuge näherungsweise abzuschätzen. Eine weitergehende Bedeutung hat auch der Beklagte dem Modell nicht beigemessen. Er hat lediglich angenommen, dass bei 18 Betriebsstunden ein "deutlich effizienterer" Flugbetrieb möglich sei als bei 16 Stunden (PEB S. 109 Abs. 5); quantifiziert hat er diesen Effizienzgewinn - anders als in den Modellrechnungen - nicht.

96Der Beklagte ist auf der Grundlage der Analyse der Low-Cost- und der Touristikverkehre sowie der repräsentativen Musterumläufe zu der Einschätzung gelangt, dass für effektive Umlaufplanungen Betriebszeiten von 5:30 bis 23:30 Uhr erforderlich sind; anderenfalls wären nach seiner Einschätzung Umläufe unter wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen nicht mehr möglich mit der Folge, dass wichtige Flugverbindungen entfielen und die Verkehrsfunktion des Flughafens nicht unerheblich beeinträchtigt würde (PEB S. 98 Abs. 1, S. 111 Abs. 2). Diese Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Erforderlich meint in diesem Zusammenhang allerdings nicht, dass die Zulassung von Flugbetrieb für die Erreichung der Planungsziele zwingend erforderlich wäre, sondern lediglich, dass es im Interesse einer unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvollen und vertretbaren Planung vernünftigerweise geboten ist, diesen Zeitraum für Umlaufplanungen zu öffnen. Von einer zwingenden Erforderlichkeit ist auch der Beklagte nicht ausgegangen. Er ist zwar der Auffassung, dass ein völliges Nachtflugverbot der Verkehrsfunktion bzw. dem Widmungszweck des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld widerspräche (PEB S. 165 Abs. 2); dass bereits eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs, insbesondere ein grundsätzliches Nachtflugverbot von 23:00 bis 6:00 Uhr, die Verkehrsfunktion des Flughafens insgesamt infrage stellen würde, hat er hingegen nicht angenommen. Insoweit hat er es lediglich im Hinblick auf die Planungsziele für vernünftigerweise geboten gehalten, den Nachtflugbetrieb nicht weiter als von 23:30 bis 5:30 Uhr grundsätzlich zu beschränken.

97Der Beklagte hat damit die Bedeutung des Nachtflugbedarfs aufgrund von Umlaufplanungen nicht verkannt. Er hat diesem Bedarf insbesondere aufgrund der im Zeitraum von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr relativ starken, bereits aktuell vorhandenen Nachfrage nach Nachtflügen ein hohes Gewicht beigemessen (PEB S. 112 Abs. 2). Das ist ausgehend von der Verkehrsfunktion des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erfordernisse einer effektiven Umlaufplanung sind nicht an jedem deutschen Verkehrsflughafen unabhängig von seiner Stellung im Luftverkehrsnetz und seiner geographischen Lage in gleicher Weise geeignet, die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten zu rechtfertigen. An die Erreichbarkeit des einzigen Verkehrsflughafens der Metropolregion Berlin-Brandenburg dürfen auch im Bereich der Low-Cost- und der Touristikverkehre höhere Anforderungen gestellt werden als an andere Flughäfen mit einem kleineren Passagieraufkommen im Einzugsbereich und geringerer Bedeutung als Zielgebiet. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den für Berlin wichtigsten Zielorten, die mehrheitlich im Süden und Westen liegen, größer ist als von den meisten anderen deutschen Flughäfen (PEB S. 99 Abs. 1).

98Die Kläger wenden ein, dass die Verkehrsfunktion des Flughafens insbesondere im Bereich der Low-Cost- und der Touristikverkehre durch weitergehende Nachtflugbeschränkungen nicht beeinträchtigt werde. Das Fluggastaufkommen werde nicht erheblich weniger ansteigen. Für das Originäraufkommen von Fluggästen aus der Region Berlin-Brandenburg und für Städtereisen nach Berlin sei der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld praktisch ohne Alternative. Eine Verletzung des Abwägungsgebots ergibt sich aus diesem Vortrag nicht. Dass das Flugangebot tendenziell weniger attraktiv wird, wenn die Betriebszeiten beschränkt werden und sich die Kostenstrukturen der Luftverkehrsgesellschaften verschlechtern, liegt auf der Hand. Die Kläger halten die Folgen eines solchen Attraktivitätsverlustes für weniger gravierend als der Beklagte. Dass dieser mit seiner Bewertung die Bedeutung des Nachtflugbedarfs aufgrund von Umlaufplanungen verkannt und damit den mit der Planungsermächtigung verbundenen Einschätzungs- und Bewertungsspielraum überschritten hätte, folgt daraus nicht.

99Dass auf anderen Flugplätzen wie z.B. Berlin-Tegel, Düsseldorf oder Hamburg wegen der dortigen Betriebsbeschränkungen nach 23:00 Uhr und vor 6:00 Uhr Passagierverkehr nicht stattfindet, sich aber gleichwohl ein Low-Cost- und Touristikverkehr entwickelt hat, bedeutet nicht, dass ein weitergehender Nachtflugbedarf auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld nicht besteht. Der Beklagte hat einen solchen Bedarf dargelegt. Er verkennt das Gewicht dieses Bedarfs nicht, wenn er an die Erreichbarkeit des Flughafens Berlin-Schönefeld höhere Anforderungen stellt als an die genannten Flughäfen. Mit dem Flughafen Berlin-Tegel ist der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld im Übrigen schon deshalb nicht zu vergleichen, weil er der einzige Verkehrsflughafen der Region Berlin-Brandenburg sein wird. Anders als auf dem Flughafen Berlin-Tegel darf auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld bis zur Inbetriebnahme der neuen Südbahn während der gesamten Nacht geflogen werden. Insbesondere die touristischen Verkehre machen von dieser Ausweichmöglichkeit Gebrauch. Von 4 469 Nachtflügen zu touristischen Zielen wurden in 2008  1 181 Flüge auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld in der Nachtkernzeit durchgeführt (Nachtflug-Gutachten S. 29 Tab. 3-3).

100Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte auch nicht ein öffentliches Interesse an Flügen "zu jedem Preis" bejaht. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass ein Nachtflug in der Regel nur durchgeführt wird, wenn es neben dem Preis auch andere Gründe für eine entsprechende Nachfrage gibt, wie z.B. die Ausnutzung des ersten bzw. letzten Urlaubstages bei Privatreisenden oder die Nutzung ganzer Arbeitstage bei Geschäftsreisenden (PEB S. 114 Abs. 2).

101Unbegründet ist schließlich der Vorwurf, dass es sich bei den zur Rechtfertigung des Nachtflugbetriebs angeführten Gründen, insbesondere den Erfordernissen einer effektiven Umlaufplanung, ausschließlich um private und kommerzielle Belange der Beigeladenen und der Fluggesellschaften handele. Es ist ein Ziel der Landesplanung, den Flughafen Berlin-Schönefeld zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfs der Länder Berlin und Brandenburg weiterzuentwickeln (Z 1 Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung - LEP FS - vom , GVBl Bbg II S. 154). Der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum einzigen Verkehrsflughafen der Region Berlin-Brandenburg dient der Umsetzung dieses Ziels. Es liegt nicht nur im privaten Interesse der Beigeladenen und der Luftverkehrsgesellschaften, sondern auch im öffentlichen Interesse, den Luftverkehr, für den der Flughafen ausgebaut wird, durch bedarfsgerechte Betriebsregelungen zu ermöglichen. Davon ist der Beklagte zu Recht ausgegangen (PEB S. 112 Abs. 5, S. 161 f.). Die kommerziellen Interessen der Beigeladenen, der Luftverkehrsgesellschaften und der Touristikunternehmen einerseits und die Interessen der Passagiere andererseits müssen im Übrigen nicht gegenläufig sein. Eine frühe Ankunft am Zielort und eine möglichst späte Abreise können - insbesondere bei Kurzurlauben und Geschäftsreisen - auch im Interesse der Passagiere liegen. Auch die Möglichkeit, die Reise zu einem günstigen Preis anzubieten, liegt sowohl im Interesse der Luftverkehrsgesellschaften und Reiseveranstalter als auch der Passagiere.

1022.3.4 Interkontinentalverkehr

103Für den Interkontinentalverkehr hat der Beklagte im Planergänzungsbeschluss dargelegt, dass sich für Flugverbindungen in bestimmte Regionen der Welt aufgrund der Zeitverschiebungen und der Streckenlängen relativ enge Zeitfenster entwickelt hätten (PEB S. 102 Abs. 4, S. 104 Abs. 1). Aufgrund der geographischen Lage Berlins müssten die Abflüge in Richtung Fernost/Asien später erfolgen als von weiter westlich gelegenen Flughäfen (PEB S. 103 Abs. 2). Um die Wirtschaftlichkeit der Langstreckendienste zu sichern, müsse zudem ein Zu- und Abbringernetz von innerdeutschen und Europadiensten das örtliche Aufkommen unterstützen (PEB S. 101 Abs. 4). Die morgendliche Ankunft der Interkontinentalflüge müsse der ersten Abflugwelle zu innerdeutschen und europäischen Zielen, die zwischen 6:00 und 7:00 Uhr liege, vorlaufen; deshalb sei es wichtig, dass Landungen im Interkontinentalverkehr ab 5:30 Uhr möglich seien (PEB S. 102 Abs. 5). Entsprechend müsse der Abflug im Interkontinentalverkehr den letzten zwischen 22:00 und 23:00 Uhr eintreffenden Ankünften nachlaufen, also auch die Zeitscheibe bis 23:30 Uhr nutzen können (PEB S. 103 Abs. 3).

104Damit ist ein sachlicher Grund für die Nutzung der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr plausibel dargelegt. Die Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs sind nach der Rechtsprechung des Senats geeignet, die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten zu rechtfertigen ( BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 288). Die Kläger wenden im Wesentlichen ein, dass der Interkontinentalverkehr auf die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten nicht angewiesen sei; auf dem Flughafen Berlin-Tegel werde er jedenfalls zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abgewickelt. Der im Planergänzungsbeschluss dargelegte weitergehende Bedarf an nächtlichen Interkontinentalflügen auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld wird dadurch nicht infrage gestellt. Mit dem Flughafen Berlin-Tegel ist der künftige "Single-Airport" Berlin-Brandenburg - wie bereits dargelegt - auch im Hinblick auf den Interkontinentalverkehr nicht zu vergleichen. In 2008 wurden 402 von insgesamt 978 nächtlichen Interkontinentalflügen nicht in Tegel, sondern auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld in der Nachtkernzeit durchgeführt (Nachtflug-Gutachten S. 35 Tab. 3-6). Eine solche Ausweichmöglichkeit wird es nach Inbetriebnahme der neuen Südbahn nicht mehr geben. Im Übrigen geht es nicht nur darum, den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld überhaupt mit interkontinentalen Destinationen zu verbinden, sondern den Reisenden am Zielflughafen attraktive Anschlussverbindungen anbieten zu können. Dies setzt eine Einbindung in die dortigen Drehkreuze voraus (PEB S. 103 f.).

105Der Beklagte durfte dem Nachtflugbedarf für den Interkontinentalverkehr ein hohes Gewicht beimessen. Gerade im Bereich des Interkontinentalverkehrs soll die Konzentration des gesamten Berliner Flugverkehrs auf einen Standort ein verbessertes Flugangebot ermöglichen. Die Zulassung von Flugbetrieb in den Nachtrandstunden kann dieses Ziel befördern.

1062.3.5 Luftfrachtverkehr

107Gründe für die Nutzung der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und 5:30 bis 6:00 Uhr für Frachtflüge ergeben sich aus den Abläufen der Logistik. Der Beklagte hat hierzu im Planergänzungsbeschluss dargelegt:

108Der üblichen Logistik des Luftfrachtverkehrs auf Nicht-Hub-Flughäfen entsprechend würden die Sendungen abends nach Beendigung der Produktion eingesammelt, zum Flughafen transportiert, dort verladen und "gebündelt" zu einem Hub-Flughafen geflogen, dort nachts zusammen mit den anderen ankommenden Waren auf die Ziele bzw. die entsprechenden Flugzeuge verteilt, die dann in den frühen Morgenstunden, vor Produktionsbeginn, an den Zielflughäfen landen. Für diese Logistikkette sei die Nutzung der Nachtrandzeiten an den Nicht-Hub-Flughäfen von entscheidender Bedeutung (PEB S. 116 Abs. 3).

109Das ist plausibel. Der Beklagte hat den Bedarf an nächtlichem Luftfrachtverkehr auch nicht überschätzt. Dass der Fracht- im Vergleich zum Passagierverkehr in Berlin nur eine untergeordnete Rolle spielt und spielen wird, hat er erkannt; er weist aber unwidersprochen darauf hin, dass fast zwei Drittel (61,9 %) der Flugbewegungen nachts stattfinden (PEB S. 115 Abs. 4). Dass er der Deckung dieses Bedarfs trotz des geringen Aufkommens eine erhebliche Bedeutung für Berlin als Wirtschaftsraum (PEB S. 119 Abs. 4) beimisst, ist nicht zu beanstanden. Auch ein geringes Frachtaufkommen kann für bestimmte Produktionsabläufe von entscheidender Bedeutung sein. Der nächtliche Frachtverkehr kann auch nicht zu vergleichbaren Bedingungen über den Flughafen Leipzig/Halle abgewickelt werden. Die Transportwege würden sich verlängern; zudem haben die Expressdienstleister TNT, UPS und FedEx - anders als DHL - ihre Verteilzentren nicht in Leipzig/Halle, sondern in Berlin und Umgebung (A.-Stellungnahme vom S. 26 - 29, Beiakte 16 Bl. 1211 <1235 - 1238>).

110Dass die Zahl von sechs Luftfrachtbewegungen (PEB S. 119 Tabelle) im Nachtflug-Gutachten von I. keine Stütze findet, trifft nicht zu. I. hat für das gesamte Cargo-Segment (Fracht und Post) 8,1 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 prognostiziert (S. 102 Tab. 9-4). Davon entfallen jeweils drei Flugbewegungen in den fünf Nächten von Montag auf Dienstag bis Freitag auf Samstag oder 2,1 Flugbewegungen am Durchschnittstag auf die Post (S. 94), die verbleibenden sechs Flugbewegungen auf die Fracht.

1112.3.6 Luftpostverkehr

112Für Nachtpostflüge (A II 5.1.1 Nr. 4 a PFB i.d.F. des PEB) hat der Beklagte einen standortspezifischen Bedarf auch für die Kernzeit der Nacht zu Recht anerkannt. Postflüge sind auf die Nutzung der Nachtkernzeit angewiesen. Sie sind seit mehreren Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Luftverkehrsgeschehens ( BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 76). Die Deutsche Post AG hatte zwar mit Schreiben vom (Beiakte 17 Bl. 1824) mitgeteilt, dass innerdeutsche Nachtluftpostflüge von und nach Berlin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit künftig auch bei saisonal erhöhtem Briefaufkommen nicht mehr erforderlich seien. Der Beklagte ist dieser Einschätzung jedoch zu Recht nicht gefolgt. Hauptgrund für ein Nachtflugpostnetz ist die Einhaltung der Zustellquote im Rahmen der Brieflaufzeit "E + 1" nach § 2 Nr. 3 PUDLV. Die Einschätzung des Beklagten, dass Nachtflüge zur Einhaltung dieser Quote weiter erforderlich sein können, hat sich nach Erlass des Planergänzungsbeschlusses als richtig erwiesen. Die Deutsche Post AG führt seit dem wieder sechs Nachtflüge durch. Sie hat selbst eingeräumt, dass die Brieflaufzeiten im Inland nach Einstellung der Flüge in einzelnen Verkehrsrelationen nicht mehr die gewünschten Qualitätsstandards erreicht haben (Schreiben vom , Beiakte 18 Bl. 2039). Der Flughafen Leipzig/Halle wäre für diese Flüge keine gleichwertige Alternative. Der Flughafen Berlin-Schönefeld ist aufgrund seiner geographischen Lage deutlich besser geeignet, den Briefverkehr auf der großen Distanz zwischen dem Südwesten und dem Nordosten Deutschlands in kurzer Zeit abzuwickeln.

1132.3.7 Regierungsflüge

114Für Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die bei Staatsbesuchen und für Regierungsflüge eingesetzt werden (A II 5.1.1 Nr. 3 c PFB i.d.F. des PEB), hat der Beklagte einen standortspezifischen Bedarf auch für die Kernzeit der Nacht zu Recht bejaht.

115Für Staatsbesuche hat er dargelegt: In Bezug auf Flüge von ausländischen Staatsgästen der Bundesrepublik Deutschland sowie der Begleitdelegationen beschränke sich der Bedarf auf die an- und abreisenden Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Außenminister sowie Leiter internationaler und supranationaler Organisationen (PEB S. 126 Abs. 1). Die Flüge unterlägen bezüglich ihrer Durchführung und Planung diplomatischen und protokollarischen Zwängen (PEB S. 126 Abs. 3).

116Das ist plausibel. Es ist im Staatenverkehr nicht opportun, Staatsgästen Vorgaben für die Flugzeiten zu machen. Der Bedarf ist durch die Funktion Berlins als Bundeshauptstadt bedingt und damit standortspezifisch.

117Zu den Regierungsflügen hat der Beklagte dargelegt: Die Beförderung von Personen aus dem politisch-parlamentarischen Bereich erfolge im Wesentlichen durch die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Bedarf beschränke sich auf die Personen, die gemäß einer von der Bundesregierung beschlossenen Richtlinie anforderungsberechtigt seien (PEB S. 123 Abs. 5). Über ihre Beförderung werde allein in politisch-parlamentarischer Verantwortung entschieden (PEB S. 126 Abs. 3).

118Auch dieser Bedarf ist durch die Funktion Berlins als Bundeshauptstadt bedingt und damit standortspezifisch. Da anforderungsberechtigt nur die Inhaber hoher Staatsämter sind - für die Mitglieder des Bundestags nur der Präsident des Bundestags und die Fraktionsvorsitzenden -, darf die Prüfung, ob die Durchführung des Fluges in der Nachtkernzeit notwendig ist, dem Anfordernden selbst überlassen werden.

1192.3.8 Allgemeine Luftfahrt

120Der nächtliche Taxi- und Werkverkehr hat nach Einschätzung des Beklagten trotz seines geringen Aufkommens - für die Durchschnittsnacht 2020 wird mit 0,9 Flugbewegungen gerechnet (PEB S. 147) - für den Wirtschafts-, Kultur- und Medienstandort Berlin-Brandenburg eine wichtige Bedeutung. Er werde genutzt, um zeitkritische geschäftliche Termine wahrzunehmen, wenn die Luftverkehrsgesellschaften keine geeigneten Verbindungen bereit hielten (PEB S. 129 Abs. 2).

121Damit ist ein Nachtflugbedarf plausibel dargelegt. Er ergibt sich aus der Erreichbarkeit der Metropolregion Berlin-Brandenburg im Taxi- und Werkverkehr auch während der frühen Morgen- und späten Abendstunden. Der Taxi- und Werkverkehr ergänzt insoweit den Linienverkehr. Dass er nach der Zahl der Flugbewegungen und der Passagiere gegenüber dem Linienverkehr nur eine untergeordnete Rolle spielen wird, steht der Anerkennung des vorhandenen Bedarfs nicht entgegen.

1222.3.9 Ausbildungs- und Übungsflüge

123Mit der in A II 5.1.1 Nr. 6 PFB i.d.F. des PEB getroffenen Regelung hält der Beklagte an der bereits im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen inhaltsgleichen Regelung A II 5.1.1 Nr. 4 fest. Die Kläger berufen sich insoweit lediglich auf die Unverwertbarkeit des I.-Gutachtens; dieses liegt der Regelung jedoch nicht zugrunde. Im Übrigen sind ihre Einwände gegen das Gutachten unbegründet (B II 2.1.1). Aus welchen Gründen der dargelegte Bedarf für die ausnahmsweise Zulassung von Ausbildungs- und Übungsflügen bis 23:00 Uhr (PEB S. 129 Abs. 3) zu beanstanden sein sollte, ist nicht ersichtlich.

124 Flüge im Zusammenhang mit der Luftfahrzeuginstandhaltung

125Wartungsflüge dienen der Aufrechterhaltung des regelmäßigen Flugbetriebs und dürfen jedenfalls in dem Umfang zugelassen werden, in dem ihre Verkehre die Nachtzeit in Anspruch nehmen können (Urteil vom a.a.O. Rn. 73, 75). Nach A II 5.1.1 Nr. 4 d PFB i.d.F. des PEB sind Starts und Landungen von Luftfahrzeugen bei deren Bereitstellung und instandhaltungsbedingter Überführung als Leerflüge über die reguläre Betriebszeit hinaus bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr zulässig. Zur Begründung dieser Regelung hat der Beklagte dargelegt: Wegen der Einbindung der Flugzeuge in die täglichen Umläufe und der hohen Auslastung müssten die Instandhaltungsarbeiten möglichst in den Nachtstunden, insbesondere der Nachtkernzeit, durchgeführt werden. Nächtliche Betriebsbeschränkungen könnten zu erheblichen Ineffizienzen führen, wenn instandgesetzte Flugzeuge am Morgen nicht rechtzeitig dem Flugzeugumlauf zugeführt bzw. die Flugzeuge zur Wartung und Instandsetzung nicht unmittelbar nach Beendigung ihres Einsatzes zum Flughafen Berlin-Schönefeld verbracht werden könnten (PEB S. 133 Abs. 3). Bereitstellungs- oder Positionierungsflüge als Leerflüge seien darüber hinaus notwendig, falls ein Ersatzflugzeug von oder nach Berlin zu überführen sei (PEB S. 133 Abs. 4).

126Damit ist ein Nachtflugbedarf bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr plausibel dargelegt. Es geht um größere Wartungsarbeiten, wie die A- und C-Checks, die nur an technisch hierfür ausgestatteten Standorten durchgeführt werden können (PEB S. 132 Abs. 2). Da Wartung und Instandsetzung die reguläre Umlaufplanung möglichst nicht beeinträchtigen sollen, besteht ein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit, derartige Leerflüge dem regulären Flugbetrieb zeitlich vor- bzw. nachlaufen zu lassen. Gleiches gilt für die Bereitstellung von Ersatzflugzeugen. Ohne Not wird im Übrigen keine Fluggesellschaft Leerflüge durchführen. Der geringe Umfang des Verkehrs - der Beklagte geht für die Durchschnittsnacht 2020 von 1,3 Flugbewegungen aus (PEB S. 147) - spricht auch insoweit nicht gegen einen Nachtflugbedarf.

127 Sonderverkehre

128Den Sonderverkehren rechnet der Beklagte die Verkehre zu, die nach A II 5.1.1 Nr. 3 PFB i.d.F. des PEB auch während der Nachtkernzeit zulässig sind.

129Zum Nachtflugbedarf für Militärflüge (Nr. 3 c) wird im Planergänzungsbeschluss dargelegt: Militärflüge, wie z.B. der Lufttransport von militärischem Personal und Material, seien zur Wahrnehmung von außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen sowie bündnispolitischen Interessen und Verantwortlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland unbedingt notwendig. Das Bundesministerium der Verteidigung führe hierzu aus, dass ein Flugbetrieb der Luftwaffe in der gesamten Nacht aus militärischen Gründen erforderlich sei (PEB S. 137 Abs. 1).

130Für die Flugbereitschaft hat das Bundesministerium der Verteidigung dies in seinen Stellungnahmen vom (Beiakte 6) und vom (Beiakte 17 Bl. 1526) plausibel dargelegt. Die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung ist ein Verband der Luftwaffe, der für besondere Aufgaben jederzeit, also auch während der Nachtkernzeit, einsatzbereit sein soll. In erster Linie wird die Flugbereitschaft für die Beförderung von Personen aus dem politisch-parlamentarischen Bereich (Regierungsflüge), den Lufttransport zur Unterstützung bei Hilfeleistungen der Bundeswehr im In- und Ausland z.B. bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen sowie für den Lufttransport von Kranken und Verwundeten (MEDEVAC) eingesetzt. Zu ihrem Auftrag gehört aber auch der Lufttransport von militärischem Personal und Material. Derartige militärische Flüge entziehen sich einer regelhaften Planung; sie können - je nach den militärischen Notwendigkeiten - zu jeder Tages- und Nachtzeit erforderlich sein (vgl. BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 79). Der Nachtflugbedarf für Luftfahrzeuge der Flugbereitschaft ist auch standortspezifisch. Ein Teil der Flugzeuge ist bereits in Berlin stationiert. Die Bundeswehr beabsichtigt, die Anteile der Kurz- und Mittelstreckenflotte, die derzeit noch auf dem Flughafen Köln/Bonn stationiert sind, zum Flughafen Berlin-Schönefeld zu verlegen; auch die Langstreckenflugzeuge sollen dort permanent stationiert werden.

131Ein Bedarf für Nachtflüge sonstiger militärischer Luftfahrzeuge oder ziviler Luftfahrzeuge auf militärische Anforderung, wie sie etwa auf dem Flughafen Leipzig/Halle zum Transport von US-Personal in den Nahen und Mittleren Osten stattfinden, ist hingegen nicht substantiiert dargelegt. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat deshalb in der mündlichen Verhandlung auf Anraten des Gerichts erklärt, dass Militärflüge im Sinne des Abschnitts A II 5.1.1 Nr. 3 c PFB i.d.F. des PEB nur Flüge von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung und von Gastluftfahrzeugen der Regierungen oder militärischer Einrichtungen anderer Staaten sind.

132Einwände gegen die im Planergänzungsbeschluss dargelegte Erforderlichkeit der Regelung für Notlandungen (Nr. 3 a), für Flüge für den Katastrophenschutz, medizinische Hilfeleistungen und Vermessungen (Nr. 3 b) und für Polizeiflüge (Nr. 3 c) erheben die Kläger nicht; sie berufen sich insoweit lediglich auf ihr Vorbringen zur Verwertbarkeit des I.-Nachtflug-Gutachtens.

133 Verspätungen und Verfrühungen

134Zur Begründung des Nachtflugbedarfs für verspätete Landungen bis 24:00 Uhr, verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr, verspätete Starts im Interkontinentalverkehr bis 24:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 b und c PFB i.d.F. des PEB) sowie verspätete Landungen von nicht lärmarmen Flugzeugen bis 23:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 5 PFB i.d.F. des PEB) hat der Beklagte ausgeführt:

135Unpünktlichkeiten im internationalen Luftverkehr ließen sich auch in Zukunft nicht vollständig vermeiden (PEB S. 143 Abs. 2); es sei aber nicht erkennbar, dass die Fluggesellschaften die Verspätungen oder Verfrühungen gezielt erzeugten bzw. deren Konsequenzen bewusst in Kauf nähmen (PEB S. 143 Abs. 3). Planmäßige Flüge müssten auch bei Verspätungen landen können und zwar möglichst auf dem Zielflughafen; eine Umleitung auf einen anderen Flughafen sei mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Geeignete Ausweichflughäfen stünden in näherer Umgebung nicht zur Verfügung (PEB S. 143 Abs. 4). Frühankünfte träten vor allem im Interkontinentalverkehr auf. Ohne Landemöglichkeit müsste das Flugzeug in Warteschleifen in der Luft bleiben - mit allen ökonomischen und ökologischen Folgen (PEB S. 142 Abs. 3).

136Damit ist ein Bedarf für die Verspätungsregelungen plausibel dargelegt. Da die Personenbeförderung im Luftverkehr Bestandteil des öffentlichen, für jeden Nutzer zugänglichen Verkehrs ist, besteht ein allgemeines Interesse daran, den Luftverkehr möglichst planmäßig abzuwickeln (Urteil vom a.a.O. Rn. 55); dieses Interesse besteht auch im Luftfrachtverkehr. Das Ausweichen auf andere Flughäfen stört die Abwicklung des Luftverkehrs erheblich; auch die Passagiere werden dadurch in hohem Maße belastet. Das gilt bereits dann, wenn - wie bislang mit dem Flughafen Berlin-Schönefeld für den Flughafen Berlin-Tegel - ein Ausweichflughafen in der Nähe vorhanden ist. Dass der Beklagte die Flexibilität des Berliner Flughafensystems aus anderen Gründen, insbesondere zur Reduzierung der Lärmbetroffenheiten (vgl. BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 109 ff.), selbst aufgegeben hat, steht der Anerkennung eines Bedarfs nicht entgegen. Dass Verfrühungen - wie die Kläger geltend machen - vermeidbar sind, ist nur teilweise richtig. Eine Verlangsamung des Fluges ist nur innerhalb gewisser Grenzen möglich (Urteil vom a.a.O. Rn. 56; PEB S. 142 Abs. 4). Warteschleifen sind aus den im Planergänzungsbeschluss (S. 142 Abs. 3) dargelegten Gründen keine eindeutig bessere Alternative. Schließlich weisen die Kläger des Parallelverfahrens (BVerwG 4 A 4001.10) auf den ebenfalls stadtnahen Flughafen Düsseldorf hin, der sich auch hinsichtlich der Verspätungsregelungen erhebliche Restriktionen zum Schutz der Anwohner gefallen lassen müsse. Für die Abendstunden hat allerdings auch der Flughafen Düsseldorf eine Verspätungsregelung (Nachtflug-Gutachten S. 67). Lediglich am Morgen werden Landungen erst ab 6:00 Uhr zugelassen - ohne Ausnahme für Verfrühungen. Ein Bedarf für verfrühte Landungen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld ist, auch wenn ihre Zahl gering ist, belastbar dargelegt. Dass der Flughafen Düsseldorf ohne eine solche Regelung auskommen muss, obwohl dort ebenfalls Interkontinentalverkehr stattfindet, muss sich der Flughafen Berlin-Schönefeld nicht entgegenhalten lassen.

1372.4 Regionalwirtschaftliche Aspekte

138Der Beklagte hat die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen einer Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs ausreichend ermittelt. Er hat die Bedeutung der regionalwirtschaftlichen Belange nicht überschätzt.

139Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass die Realisierung des Ausbauvorhabens positive wirtschaftliche und strukturelle Effekte für die Hauptstadtregion haben werde (PEB S. 155 Abs. 1). Die im Gutachten der Beigeladenen (Arbeitsgemeinschaft IfV Köln / KE-Consult, Regionalwirtschaftliche Effekte einer Betriebsgenehmigung mit Kernruhezeit für den Airport Berlin Brandenburg International BBI vom , Beiakte 1) herausgearbeiteten Ursachenbeziehungen zwischen der Steigerung der Verkehrsnachfrage und -leistung an einem Flughafen in Relation zu Flugbetriebsbeschränkungen in den Nachtzeiten und der von diesem Flughafen ausgehenden direkten Beschäftigungswirkungen seien plausibel, wenn auch die Zahlen möglicherweise nicht exakt belegbar seien (PEB S. 155 Abs. 3). Insgesamt änderten die verfügten Flugbeschränkungen zur Nachtzeit nichts daran, dass das Ausbauvorhaben generell geeignet sei, positive arbeitsmarktpolitische Effekte auszulösen (PEB S. 155 Abs. 4). Der Beklagte habe durch die Öffnung der Nachtrandzeiten bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr die durchaus vorhandenen negativen regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Flugbeschränkungen minimiert. Er halte die verfügten Betriebsregelungen auch unter Würdigung des öffentlichen Interesses an Arbeitsplätzen sowie der Erhaltung und Stärkung der Wirtschaftskraft der Hauptstadtregion für vertretbar (PEB S. 156 Abs. 2).

140Die Kläger meinen, dass das Gutachten der Beigeladenen die Effekte von Flugbeschränkungen in der Nachtzeit überbewerte; der Beklagte folge dieser Überbewertung. Es werde verkannt, dass ein Großteil des bei uneingeschränktem Flugbetrieb bestehenden Verkehrs nicht wegfallen, sondern sich in den Tag verlagern werde.

141Die Einwände der Kläger sind unbegründet. Der Beklagte hat sich die quantitativen Einschätzungen insbesondere der Passagierverluste in dem Gutachten der Beigeladenen, die auch I. für überhöht gehalten hat (Bericht vom S. 7, Beiakte 16 Bl. 987 <996>), nicht zu eigen gemacht. Er musste die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Nachtflugbeschränkungen auch nicht weiter ermitteln oder quantifizieren, insbesondere auch nicht für eine Beschränkung des Flugbetriebs auf 6:00 bis 23:00 Uhr. Denn er hat den regionalwirtschaftlichen Effekten im Rahmen seiner Abwägung von vornherein nur eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen. Er ist zwar davon ausgegangen, dass der Flughafenausbau auch deshalb im öffentlichen Interesse liegt, weil er der Stärkung und Erhaltung der regionalen Wirtschaft dient (PEB S. 148 Abs. 4), und dass sich Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs negativ auf dieses Ziel auswirken (PEB S. 152 Abs. 2). Den Nachtflugbedarf hat er jedoch ausschließlich auf die Nachfrage nach Nachtflügen und die strukturellen und betrieblichen Gründe für deren Durchführung in der Nacht gestützt, nicht auf die regionalwirtschaftlichen Effekte des Nachtflugbetriebs. Auch in der Gesamtabwägung hat er diese Effekte lediglich punktuell im Zusammenhang mit den Bereitstellungs- und Überführungsflügen und deren Bedeutung für die Flugzeuginstandhaltungsbetriebe (PEB S. 171 Abs. 4) sowie beim Luftfrachtverkehr (PEB S. 169 Abs. 4) in seine Erwägungen einbezogen. Die regionalwirtschaftlichen Gesamtauswirkungen der von ihm verfügten Betriebsbeschränkungen hat er lediglich geprüft, um der Forderung nach einer weitergehenden Zulassung von Nachtflugbetrieb und dem Argument zu begegnen, dass die positiven wirtschaftlichen und strukturellen Effekte des Flughafenausbaus für die Region Berlin-Brandenburg durch die verfügten Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs infrage gestellt würden. Die Frage, ob dies bei einer weitergehenden Beschränkung des Flugbetriebs, etwa auf 6:00 bis 23:00 Uhr, der Fall wäre, brauchte er nicht zu stellen, da er eine solche Regelung im Rahmen der Abwägung schon wegen des dargelegten Nachtflugbedarfs nicht als angemessen angesehen hat.

1423. Ermittlung und Gewichtung der Lärmschutzbelange

143Der Beklagte hat die Lärmschutzbelange der Kläger ausreichend ermittelt. Er hat das Gewicht dieser Belange nicht zu gering eingeschätzt.

1443.1 Flugroutenprognose

145Welche Auswirkungen der Betrieb eines Flugplatzes auf die Anwohner und die Umwelt hat, hängt nicht nur von Art und Umfang des Flugbetriebs auf dem Flugplatz, sondern auch von den Flugwegen und der Flughöhe der Flugzeuge im Luftraum ab. Der Flugbetrieb auf dem Flugplatz kann im Planfeststellungsverfahren geregelt werden (§ 8 Abs. 4 LuftVG), die Benutzung des Luftraums in der Umgebung des Flugplatzes nicht ( BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <377>). Sie wird maßgebend durch sogenannte Flugverfahren bestimmt. Die Flugverfahren einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte werden vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) auf der Grundlage von Vorarbeiten der DFS durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c LuftVG, § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO). Müssen die Flugverfahren für ein neues Bahnsystem festgelegt werden, kann dies erst nach der Planfeststellung der neuen Bahnen geschehen. Auch nach Inbetriebnahme des Bahnsystems können die Flugverfahren geändert werden (vgl. BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 und vom - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152). Die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten im Planfeststellungsverfahren ist hiernach systemimmanent mit der Unsicherheit behaftet, dass die Flugrouten für die An- und Abflüge nicht feststehen. Die Planfeststellungsbehörde muss nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen; sie kann sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken. Die Flugrouten gehören zu den prognostischen Annahmen, die der Lärmermittlung zugrunde zu legen sind ( BVerwG 4 B 17.05 - juris Rn. 27 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 442.40 § 10 LuftVG Nr. 13>).

1463.1.1 Anforderungen an die Flugroutenprognose

147Die prognostische Flugroutenplanung muss besonderen, sich aus ihrer Funktion ergebenden Anforderungen genügen: Sie muss zum einen die Modalitäten des Flugbetriebs hinreichend genau abbilden; zum anderen muss sie regelmäßig mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sein.

148Für das Planfeststellungsverfahren genügt eine prognostische Grobplanung der An- und Abflugverfahren - eine Detailplanung würde dem vorläufigen Charakter der nur prognostischen Planung nicht gerecht. Auch die prognostische Planung darf jedoch nicht beliebig "grob" sein. Sie muss die Modalitäten des Flugbetriebs soweit abbilden, wie dies für die jeweilige im Planfeststellungsverfahren zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Für die Regelung des Flugbetriebs muss sie nicht so genau sein wie für die Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete. Letztere sollen es ermöglichen, individuelle, im Wege der Abwägung nicht überwindbare Schutzansprüche durchzusetzen. Über die Regelung des Flugbetriebs ist hingegen auf der Grundlage einer Abwägung zu entscheiden (§ 8 Abs. 1 und 4 LuftVG). Relevant für diese Abwägung ist, wie viele Anwohner ungefähr durch Fluglärm betroffen sein werden und wie schwer die jeweilige Betroffenheit sein wird. Welche Anwohner betroffen sein werden, ist - anders als für die Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete - nicht erheblich. Der Flugbetrieb wird geregelt für einen Flughafen an einem bestimmten Standort mit einer bestimmten Siedlungsstruktur in seiner Umgebung. Die Regelung soll grundsätzlich auch dann Bestand haben können, wenn andere An- und Abflugverfahren festgelegt werden als im Planfeststellungsverfahren angenommen wurde. Unabhängig vom Verlauf der jeweiligen Flugrouten muss bei der Flughafenplanung davon ausgegangen werden, dass nach den örtlichen Gegebenheiten bestimmte Siedlungsgebiete durch Fluglärm betroffen werden können. Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung der Flugrouten für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs unter Lärmschutzgesichtspunkten in der Regel nur relevant, wenn wesentlich dichter besiedelte Gebiete auf passiven Schallschutz angewiesen wären als angenommen.

149Die Prognose der An- und Abflugverfahren muss zudem in aller Regel mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sein. Für hoheitliche Planungen gilt der Grundsatz der Problembewältigung; der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen ( BVerwG 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 Rn. 19 und vom - BVerwG 4 A 27.98 - BVerwGE 109, 192 <201>). Hierzu ist die Planung nicht in der Lage, wenn sie eine beliebige Flugroutenplanung zugrunde legt; sie muss von realistischen Annahmen ausgehen. Die Prognose ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht erst dann fehlerhaft, wenn die Flugroutenplanung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht realisiert werden kann oder wenn bereits zum Zeitpunkt der Planfeststellung definitiv feststeht, dass das BAF andere Flugstrecken festlegen wird. Ob eine Flugroutenplanung realistisch ist, kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig allein nicht beurteilen. Nicht sie, sondern die DFS ist für die Planung, das BAF für die Festlegung der An- und Abflugverfahren zuständig. Ziel der Abstimmung ist die Bestätigung, dass die dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende prognostische Flugroutenplanung realisierbar ist und dass sie den bisherigen Planungen der DFS entspricht, ihre Umsetzung also realistischerweise zu erwarten ist.

1503.1.2 Prognose der DFS vom November 1997 / März 1998

151Der Beklagte hat der Ermittlung der Lärmbetroffenheiten im Planergänzungsverfahren - wie im gesamten Planfeststellungsverfahren - eine von der DFS erstellte Grobplanung der Anflugstrecken vom November 1997 (Beiakte 45 <PFB 2004> Bl. 29 f.) und der Abflugstrecken vom März 1998 zugrunde gelegt (a.a.O. Bl. 84 f.). Die DFS hatte diese Planungen der bereits vor Eingang des Planfeststellungsantrags beim Beklagten eingerichteten "Arbeitsgruppe An- und Abflugverfahren EDDB" vorgelegt. Die DFS ging bei ihrer Planung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. In der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe vom wurde sie gebeten zu prüfen, welche Auswirkungen Achsabstand und Schwellenversatz der Pisten auf die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Flugverkehr haben (a.a.O. Bl. 79 <80>). Mit Schreiben vom (a.a.O. Bl. 92 f.) teilte sie mit, dass der vorgesehene Achsabstand (1 900 m) und der Schwellenversatz (1 250 m) keine nachteiligen Auswirkungen auf die gleichzeitige unabhängige Durchführung des IFR-Flugverkehrs hätten. Zugleich wies sie "deutlich" darauf hin, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz der Abflugkurse von mindestens 15Grad erfordere. Ebenso müssten die Abflugkurse um mindestens 30Grad von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Da derartige Präzisierungen in der übergebenen Grobplanung nicht berücksichtigt worden seien, sei bei der weiteren Verwendung dieser Unterlagen ein entsprechender Toleranzbereich zu berücksichtigen. Der Beklagte bat die Vorhabenträgerin, diese Vorgaben der DFS bei den weiteren Planungen zu berücksichtigen (a.a.O. Bl. 95 f.). Die Vorhabenträgerin erwiderte, dass sie die Forderung der DFS bei der Konstruktion der Standard Instrument Departures nicht berücksichtigt habe (a.a.O. Bl. 98 f.). Eine exakte Berücksichtigung solcher modifizierter Abflugwege würde die Deklarierung zusätzlicher Abflugstrecken erfordern, was nicht vorgesehen sein könne. Sie gehe davon aus, dass die Hinweise der DFS nicht zu einer Veränderung der Streckengeometrie führten; anderenfalls müsste kurzfristig ein Klärungsgespräch mit der DFS herbeigeführt werden. Ein solches Gespräch fand am in der Hauptverwaltung der DFS statt; ein Ergebnisprotokoll liegt nicht vor. In einem nicht zu den Verwaltungsvorgängen gelangten Schreiben vom wandte sich der Geschäftsführer der Vorhabenträgerin, Herr Dr. H., an das Bundesministerium für Verkehr mit der Bitte um Unterstützung bei der Lösung eines Problems mit der DFS. In einer schriftlichen Stellungnahme zum Datenerfassungssystem habe die DFS festgestellt, dass bei gleichzeitiger unabhängiger Durchführung von IFR-Abflügen eine Divergenz der Abflugkurse von 15Grad erforderlich werde. Das Ministerium werde gebeten, Einfluss auf die DFS dahingehend zu nehmen, dass sie ihre Stellungnahme zum vorliegenden Datenerfassungssystem modifiziere. Die DFS nahm mit Schreiben vom (a.a.O. Bl. 106) unter Bezugnahme auf die Besprechungen vom 30. März und erneut Stellung. Sie legte dar, dass die von der Vorhabenträgerin zugrunde gelegte Streckengeometrie grundsätzlich den derzeitigen Planungen der DFS entspreche. IFR-Anflüge könnten bei dem geplanten Bahnabstand unabhängig voneinander durchgeführt werden. Sie wies jedoch darauf hin, dass, um parallele Abflüge gleichzeitig von beiden Pisten zu gewährleisten, generell eine Divergenz der Abflugwege von 15Grad erforderlich wäre. Dies bedeute, dass es bei den vorliegenden Abflugverfahren während der Verkehrsspitzen zu Abflugverzögerungen kommen könne. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.

152Im Planfeststellungsverfahren nahm die DFS als Trägerin öffentlicher Belange mit Schreiben vom Stellung (Beiakte 322 <PFB 2004> Nr. 170). Zur Möglichkeit paralleler IFR-Abflüge wiederholte sie praktisch wortgleich den Inhalt ihres Schreibens vom . Im Planergänzungsverfahren erhob sie im Anhörungsverfahren keine Einwendungen gegen das Vorhaben (Schreiben vom , Beiakte 6 Stellungnahme 500007). Auf eine schriftliche Anfrage des Beklagten vom (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom ) teilte sie unter dem mit, eine kurzfristige Festlegung von Flugverfahren würde dem Grundsatz widersprechen, die Verfahren erst nach einer gründlichen Abwägung aller Faktoren einzuführen; sie könne daher noch keine konkreten Angaben zur Flugverfahrensplanung geben (Beiakte 17 Bl. 1576).

153Auf der Grundlage dieser schriftlichen Stellungnahmen der DFS durfte der Beklagte - unabhängig davon, ob ihm das sogenannte H.-Schreiben bekannt war - nicht davon ausgehen, dass die DFS für den unabhängigen Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde. Von einem abhängigen Bahnbetrieb durfte er ebenfalls nicht ausgehen. Die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems, auf dem An- und Abflüge auf beiden Bahnen gleichzeitig durchgeführt werden dürfen, war ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens (PFB S. 336 Abs. 1, S. 409 Abs. 5). Der Senat hat die Entscheidung gegen einen abhängigen und für einen unabhängigen Parallelflugbetrieb in seinem Urteil vom (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 221) nicht beanstandet. Der unabhängige Betrieb paralleler Bahnen unterliegt aber besonderen Anforderungen. Anhang 14 Band I zum Chicagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt empfiehlt für den unabhängigen Betrieb paralleler Bahnen zunächst Mindestabstände zwischen den Bahnen, und zwar für Ankünfte 1 035 m und für Abflüge 760 m (Nr. ). Das ICAO-Dokument 4444, auf das Anhang 14 hinweist, verlangt für unabhängige Abflüge von parallelen Bahnen darüber hinaus, dass die Abflugrouten unmittelbar nach dem Abheben um mindestens 15Grad divergieren sollen (Nr. 6.7.2.2 Buchst. b). Dokument 9643 enthält eine entsprechende Regelung (Nr. 3.2 Buchst. b).

154Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es mit den ICAO-Vorschriften vereinbar wäre, wie am Flughafen München auch am Flughafen Berlin-Schönefeld für gleichzeitige Abflüge parallele Abflugstrecken festzulegen, kann offen bleiben. Eine solche Planung war mit der DFS nicht abgestimmt; sie hatte ihre Forderung, bei gleichzeitigen Abflügen eine Divergenz der Abflugrouten von 15Grad einzuhalten, nicht aufgegeben. Ihren Schreiben konnte auch nicht die Absicht entnommen werden, die Divergenz der Abflugwege in jedem Einzelfall mittels Flugverkehrskontrollfreigaben gemäß § 26 Abs. 2 LuftVO zu erreichen. Während der Nacht werden parallele Starts zwar voraussichtlich nicht benötigt; dass die DFS deshalb - wie der Beklagte meint - für die Nacht an den parallelen Abflugstrecken festhalten würde, hatte sie in ihren Schreiben ebenfalls nicht zu erkennen gegeben. Auch tatsächlich hat die Möglichkeit, die Flugverfahren für Tag und Nacht differenziert zu regeln (vgl. BVerwG 4 C 6.04 - BVerwGE 123, 322 <325, 328>), in den weiteren Planungen der DFS keine Rolle gespielt.

155Konsequenzen hieraus hätte der Beklagte bei der Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete ziehen müssen; diese Gebiete hätte er nicht auf der Grundlage paralleler Abflugrouten festlegen dürfen. Das ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht mehr relevant. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hat, nach der erstmaligen Festlegung der Routen durch das BAF die bisher festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete insgesamt neu auszuweisen; die Nebenbestimmungen zu den bereits festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebieten bleiben hiervon unberührt.

156Soweit es um die Regelung des Nachtflugbetriebs geht, war hingegen die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Die Anflugrouten sind von dem Modus des Bahnbetriebs ohnehin nicht berührt; sie können auch bei unabhängigem Bahnbetrieb - wie in der Grobplanung der DFS vom November 1997 vorgesehen - in gerader Verlängerung der beiden Bahnen durchgeführt werden. Bei den Abflugrouten muss für den unabhängigen Bahnbetrieb allerdings davon ausgegangen werden, dass die Flugwege um bis zu 15Grad nach Norden oder nach Süden abknicken. Abflugrouten in diesem Korridor würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als die parallelen Abflugwege der DFS-Grobplanung; diese Gebiete wären jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Das ergibt sich bereits aus einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung. Betroffen wäre im einen wie im anderen Fall der Randbereich der Metropole Berlin; die dichter besiedelte Metropole selbst wäre nicht betroffen. Abflüge in Richtung Westen - das sind etwa 2/3 aller Abflüge -, die um bis zu 15Grad nach Norden oder Süden abknicken, ändern den Umfang der Betroffenheiten in dem für den passiven Schallschutz relevanten Bereich gegenüber geraden Abflügen allenfalls unerheblich. Bei nach Norden abknickenden Abflügen von der Nordbahn würde Blankenfelde-Mahlow etwas weiter nördlich überflogen. Stärker als bei geraden Abflügen wäre Großbeeren betroffen; im Gegenzug würde Diedersdorf entlastet. Um 15Grad nach Süden abknickende Abflüge von der Südbahn würden Blankenfelde-Mahlow eher entlasten. Auch eine Berechnung der DFS für die Fluglärmkommission mit dem NIROS-Programm hat ergeben, dass eine abknickende Route unter Lärmschutzgesichtspunkten sogar günstiger wäre als gerade Abflüge (Präsentation "Flugverfahrensvorschläge der Fluglärmkommission für BBI" vom , http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/de-tail.php/484669, Folien 25 ff.). Für Abflüge in Richtung Osten ist die Situation allerdings nicht in gleicher Weise eindeutig. Die Gebiete, die bei um 15Grad nach Süden abknickenden Abflügen von der Südbahn auf passiven Schallschutz angewiesen wären, dürften etwas dichter besiedelt sein als die von geraden Abflugstrecken betroffenen Gebiete. Der Norden von Eichwalde und Schulzendorf würde entlastet; die Mitte von Schulzendorf, der Süden von Eichwalde und der Nordrand von Zeuthen wären neu auf passiven Schallschutz angewiesen; eine andere Größenordnung der Betroffenheiten insgesamt würde aber hierdurch nicht erreicht. Ein Abknicken von der Nordbahn nach Nordosten würde zu Direktüberflügen von Bohnsdorf in geringer Höhe und damit zu einer nicht unerheblichen Zunahme der besonders starken Betroffenheiten führen. Dass diese unter Lärmschutzgesichtspunkten ungünstigste Variante zur Umsetzung der 15Grad-Divergenz gewählt werden würde, war jedoch von vornherein unwahrscheinlich. Diese Variante musste deshalb nicht betrachtet werden. Insgesamt bleiben damit die durch die Berücksichtigung der 15Grad-Toleranz möglichen Veränderungen der Lärmbetroffenheiten in einem Unsicherheitsbereich, der bei der prognostischen Flugroutenplanung für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs ohnehin mitgedacht werden muss.

157Daran ändert auch der Umstand nichts, dass abknickende Abflugwege nicht mehr im selben Korridor wie die Anflugwege verlaufen. Die Zahl der Flüge steigt dadurch nicht; lediglich die Verteilung des Lärms ändert sich. Die Belastung neuer Anwohner durch abknickende Abflugwege führt zugleich zu einer Entlastung der durch gerade Abflüge Betroffenen. Selbst wenn diese wegen der Anflüge auf passiven Schallschutz angewiesen bleiben, besteht diese Belastung für viele nicht mehr bei beiden Betriebsrichtungen und damit an jedem Tag, sondern nur noch bei einer Betriebsrichtung. Gleiches gilt für die Anwohner, die aufgrund der abknickenden Abflugwege neu in das Nachtschutzgebiet einbezogen werden müssen; auch sie benötigen den passiven Schallschutz nur bei einer Betriebsrichtung.

158Dass um mehr als 15Grad abknickende Abflugstrecken festgelegt werden würden, wenn dies nicht - wie z.B. bei der in der Planung der DFS vom enthaltenen Route "LUDDI-kurz" (vgl. Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom , Folie 20 f.), die unmittelbar nach Verlassen der Südbahn in Richtung Osten bereits vor Erreichen von Schulzendorf stark nach rechts abbiegt - zu einer Verringerung der Lärmbetroffenheiten führt, musste der Beklagte nicht in Betracht ziehen; insbesondere musste er nicht von einer Verwirklichung der von der DFS nach Erlass des Planergänzungsbeschlusses präsentierten, um mehr als 15Grad nach Norden abknickenden Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow ausgehen. Die DFS hatte in ihrem Schreiben vom bestätigt, dass die auf der Grundlage ihrer Grobplanung erstellte Streckengeometrie grundsätzlich ihren Planungen entspreche; mehr als die Berücksichtigung des Toleranzbereichs hatte sie auch im Schreiben vom nicht gefordert. Hiervon war sie weder im Planfeststellungs- noch im Planergänzungsverfahren abgerückt. Ob sie im Jahr 2009 bei der Erarbeitung von Luftraummodellen von der Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow ausging und den Beklagten hierüber informierte, ist unerheblich. Maßgebend für die Abstimmung der Flugroutenprognose mit der DFS sind die von ihr im Planfeststellungs- und im Planergänzungsverfahren abgegebenen schriftlichen Erklärungen. Diese enthalten keinen Hinweis auf die Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow. Der Beklagte musste nicht auf jeden zwischenzeitlichen Planungsstand der DFS bei der Vorbereitung der verbindlichen An- und Abflugverfahren reagieren.

1593.2 Lärmberechnung

160Ausgehend von der dargelegten, für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs ausreichenden Flugroutenprognose hat der Beklagte die Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung zutreffend ermittelt. Er hat für die bereits im Planfeststellungsverfahren ausgewählten Immissionsorte sowohl den LAeq Tag und den LAeq Nacht als auch die mittlere tägliche Verteilung der maximalen A-Schallpegel über 55 dB(A) in der Nacht nach der 1. Fluglärmschutzverordnung neu berechnen lassen (Beiakte 17 Bl. 1826 ff., 1832 ff.). Die Berechnungen haben im Wesentlichen die Ergebnisse des Ausgangsverfahrens bestätigt (PEB S. 156 f., S. 160 Abs. 4). Hiernach werden ca. 40 000 Anwohner auf passiven Schallschutz angewiesen sein (PEB S. 166 Abs. 1). Das den neuen Berechnungen zugrunde gelegte Datenerfassungssystem enthält allerdings Eingabefehler. Das hat der Beklagte selbst eingeräumt; die Fehler beruhten auf einer versehentlichen doppelten Eingabe der Rohdaten bei der Berechnung der 3-Sigma-Regelung nach der 1. Fluglärmschutzverordnung, der fehlenden Anlage der A-Matrix-Daten für die virtuelle Bahn sowie einem Übertragungsfehler bei den Hubschrauberstrecken. Sie führten zu einer geringen Vergrößerung des Nachtschutzgebiets im Westen und Osten des Flughafens. Dass diese Eingabefehler geeignet sein könnten, die der Abwägung zugrunde gelegte Größenordnung der Lärmbetroffenheiten infrage zu stellen, machen die Kläger selbst nicht geltend; hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte.

1613.3 Lärmmedizin und Lärmwirkungsforschung

162Die neueren Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung brauchte der Beklagte für die Gewichtung der Lärmschutzbelange nicht zu würdigen.

163Maßgebender Bezugspunkt für die Gewichtung der Lärmschutzbelange ist die sogenannte fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, bei deren Überschreiten passiver Schallschutz zu gewähren ist (vgl. BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 251 und vom - BVerwG 4 C 4.05 - BVerwGE 126, 340 Rn. 34). Die Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung sind bei der Festlegung dieser Schwelle zu berücksichtigen. Auch Lärmbeeinträchtigungen unterhalb der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle sind abwägungsrelevant (Urteil vom a.a.O. Rn. 268). Hat die Planfeststellungsbehörde die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle fehlerfrei bestimmt, genügt es für die Abwägung grundsätzlich, die Lärmschutzbelange ausgehend von dieser Schwelle zu gewichten: Sie sind umso gewichtiger, je näher die Lärmbelastungen an die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle heranreichen, ihr Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleiben. Eine Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung ist für diese Gewichtung nicht erforderlich.

164Der Beklagte hat die Schwelle, bei deren Überschreiten passiver Schallschutz für Schlafräume zu gewähren ist, rechtsfehlerfrei bestimmt. Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom (BGBl I S. 986) mussten mangels normativer Vorgaben die Zulassungsbehörde und im Streitfall die Gerichte entscheiden, welche Lärmpegel den Anwohnern tags und nachts zugemutet werden dürfen; die im Fluglärmschutzgesetz vom (BGBl I S. 282) genannten Lärmwerte waren hierfür nicht aussagekräftig (vgl. Urteil vom a.a.O. Rn. 254). Insoweit hat sich die Rechtslage durch das Gesetz vom geändert. Das neu gefasste Fluglärmschutzgesetz - FluglärmG - verfolgt zwar weiterhin nur einen eingeschränkten Zweck. Es soll in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Fluglärm regeln (§ 1 FluglärmG); die Regelung des sogenannten aktiven Schallschutzes insbesondere durch Betriebsbeschränkungen bleibt dem Planfeststellungsverfahren vorbehalten (vgl. BTDrucks 16/508 S. 17; - NVwZ 2011, 991 Rn. 23). Durch den neu eingefügten § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG hat es nunmehr jedoch auch Bedeutung erhalten für die bei der Planfeststellung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG erforderliche Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG sind hierbei zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG zu beachten. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass bei der Bewältigung der durch Fluglärm hervorgerufenen Probleme im Rahmen der Abwägung keine anderen als die nach dem Fluglärmschutzgesetz maßgeblichen Werte für die Lärmschutzbereiche zugrunde gelegt werden (BTDrucks 16/508 S. 24). § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglärmG legt die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze auch mit Wirkung für die fachplanerische Abwägung normativ fest ( BVerwG 4 B 61.08 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 34 Rn. 33; zustimmend: Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Stand August 2010, § 6 Rn. 126; Kämper, ZLW 2009, 16 <22>; Paetow, NVwZ 2010, 1184 <1190>; a.A. Mechel, ZUR 2007, 561 <566>). Jedenfalls zur Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze müssen lärmmedizinische Gutachten im luftrechtlichen Zulassungsverfahren nicht mehr eingeholt werden (vgl. BTDrucks 16/3813 S. 11 f.).

165A II 5.1.3 Nr. 1 PFB i.d.F. des PEB gewährt passiven Schallschutz für Schlafräume bei Überschreiten eines LAeq Nacht innen von 35 dB(A) - das entspricht unter Berücksichtigung eines Pegelunterschieds zwischen außen und innen von 15 dB(A) (vgl. Anlage zu § 3 FluglärmG) einem LAeq Nacht außen von 50 dB(A) - und eines LAmax von 6 × 55 dB(A). Diese bereits im Planfeststellungsbeschluss 2004 und damit vor Inkrafttreten des neu gefassten Fluglärmschutzgesetzes festgelegten Werte sind für die Anwohner günstiger als die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG bis zum maßgebenden Werte für neue Flughäfen (LAeq Nacht = 53 dB<A>, LAmax = 6 × 57 dB<A>). Ob der Flughafen Berlin-Schönefeld ein neuer Flugplatz oder ein Bestandsflughafen ist, kann deshalb offen bleiben. Lediglich der nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b FluglärmG ab maßgebende LAmax mit 6 × 53 dB(A) wäre für die Anwohner günstiger als der entsprechende Wert des Planfeststellungsbeschlusses. Diesen Wert musste der Beklagte bei der Abwägung jedoch nicht beachten. Jedenfalls wenn es nicht um die Festlegung des Lärmschutzbereichs, sondern - wie hier - um die Abwägung geht, ist maßgebend der für den Zeitpunkt der Planfeststellung festgelegte Wert.

166Anhaltspunkte dafür, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG verfassungswidrig sein könnte, weil die festgelegten Werte der Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht genügen, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass das Fluglärmschutzgesetz einen LAeq Nacht unter 50 dB(A) und/oder einen LAmax unter 6 × 55 dB(A) hätte festlegen müssen. Bei der Erfüllung von Schutzpflichten kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen; die Verletzung von Schutzpflichten kann nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben (BVerfG, Beschlüsse vom a.a.O. Rn. 38 und vom - 1 BvR 3474/08 - NVwZ 2009, 1489 Rn. 29). Dass bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom die dort festgelegten Werte zum Schutz der menschlichen Gesundheit ausreichend waren, hat der Senat in seinem Urteil vom (a.a.O. Rn. 297 ff.) ausführlich dargelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Einschätzung nicht beanstandet ( - NVwZ 2008, 780 Rn. 85). Die Kläger machen geltend, dass nach neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung bereits unterhalb dieser Werte und damit erst recht unterhalb der Werte des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken, signifikant ansteige. Zum Beweis hierfür berufen sie sich insbesondere auf die Krankenhaus-Studie von Herrn Prof. Dr. G. ("Im Krankenhaus behandelte Erkrankungen als Folge der Exposition gegenüber nächtlichem Fluglärm - Ergebnisse einer Fall-Kontrolle-Studie im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn", Februar 2009), die Hypertension and Exposure to Noise Near Airports (HYENA)-Studie (Selander u.a., Saliva Cortisol and Exposure to Aircraft Noise in Six European Countries, Environmental Health Perspectives 117 <2009> S. 1713 ff.) sowie die sogenannte Stockholm-Studie (Eriksson, Rosenlund u.a., Aircraft Noise and Incidence of Hypertension, Epidemiology Vol. 18 No. 6, November 2007 S. 716 ff.). Diese Studien sind schon deshalb nicht geeignet, eine Verletzung der Schutzpflicht bei Erlass des § 2 Abs. 2 FluglärmG zu begründen, weil sie erst nach Erlass des Gesetzes () veröffentlicht wurden. Eine Verletzung der Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden ist ( a.a.O. Rn. 38). Das ist nicht der Fall. Um dies festzustellen, ist eine Gesamtschau der lärmmedizinischen Erkenntnisse erforderlich. Die neuen Studien mögen zwar Anlass geben, die bisherigen Werte im Rahmen der spätestens 2017 anstehenden Überprüfung (vgl. § 2 Abs. 3 FluglärmG) zu hinterfragen; auch der Aussagewert dieser Studien wird jedoch - wie Herr Prof. Dr. Sch. als Sachbeistand des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - in der Fachwissenschaft kontrovers diskutiert. Aus diesem Grund könnte, selbst wenn die Ergebnisse der Studien dem Gesetzgeber bereits bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, auch nicht festgestellt werden, dass er mit den in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG festgelegten Werten den ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hat.

167Die Kläger wollen durch Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des Umweltbundesamtes unter Beweis stellen, dass die sogenannte Medikamenten-Studie und die sogenannte Krankenhaus-Studie von Herrn Prof. Dr. G. aus Sicht des Umweltbundesamtes den aktuellen Stand der Lärmmedizin wiedergeben. Diese Behauptung ist nicht entscheidungserheblich. Maßgebend für die Gewichtung der Lärmschutzbelange sind nicht die Studien von Herrn Prof. Dr. G. und die Einschätzung dieser Studien durch das Umweltbundesamt, sondern die in § 2 Abs. 2 FluglärmG festgelegten Werte; sie haben eine Überprüfung des dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Lärmschutzkonzepts auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung entbehrlich gemacht (PEB S. 186 Abs. 2 und 3). Im Übrigen kann der Senat die Studien von Herrn Prof. Dr. G. - ebenso wie die sonstigen in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung - selbst würdigen.

1683.4 Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG

169Der Beklagte hat die Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG beachtet.

170Das in § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG enthaltene Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen, hat für die Abwägung die Qualität einer Gewichtungsvorgabe ( BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 269 und vom - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 53). Es führt zwar nicht zwingend zu einem Nachtflugverbot als dem allein rechtmäßigen Abwägungsergebnis, vor seinem Hintergrund bedarf die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses indes gesteigerter Rechtfertigung (Urteil vom a.a.O.). Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist nicht nur während der Nachtkernzeit besonders Rücksicht zu nehmen; § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gilt für die gesamte Nacht, also auch für die Nachtrandstunden. Auch die erste Nachtrandstunde von 22:00 bis 23:00 Uhr ist schutzwürdig; sie darf nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebs angesehen werden. Wie bereits dargelegt, besitzt der Lärmschutz in den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit von 22:00 bis 23:00 Uhr allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Ihm ist ein umso höheres Gewicht beizumessen, je näher die zuzulassenden Flugbewegungen zeitlich an den Kernzeitraum von 0:00 bis 5:00 Uhr heranrücken würden (Urteil vom a.a.O. Rn. 288).

171Der Beklagte hat dieser Gewichtungsvorgabe Rechnung getragen. Er hat nicht nur die Nachtkernzeit als schutzwürdig angesehen, sondern seine Abwägung für die gesamte Nacht an § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gemessen (PEB S. 156 Abs. 3). Gerade für die Nachtrandstunden hat er den Nachtflugbedarf in Halbstundensegmenten untersucht, um die Belange differenziert abwägen zu können. Er ist hierbei - der Rechtsprechung des Senats folgend (Urteil vom a.a.O. Rn. 279) - davon ausgegangen, dass der Verkehrsbedarf, der als Rechtfertigung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb dient, umso dringlicher sein muss, je gewichtiger die Lärmschutzinteressen sind, die nach den konkreten örtlichen Verhältnissen auf dem Spiel stehen (PEB S. 156 Abs. 3). Im Hinblick auf die Stunde von 22:00 bis 23:00 Uhr hat er allerdings dargelegt, dass deutlich mehr als die Hälfte der Nachtflüge auf diese Stunde entfalle, "die als Verlängerung des Tagesflugbetriebes gesehen wird" (PEB S. 166 Abs. 2). Die Geltung des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG auch für diese Stunde hat er damit jedoch nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich erläutert, warum die Verkehrsinteressen in dieser Stunde ein besonders hohes Gewicht haben und er sie - wie im folgenden Satz dargelegt - höher bewertet als das Interesse der Flughafenanwohner an einer ungestörten Nachtruhe.

172Der Beklagte hat bei der Gewichtung der Lärmschutzbelange auch nicht die konkreten örtlichen Verhältnisse des Standorts Berlin-Schönefeld unberücksichtigt gelassen. Er hat vielmehr die Vielzahl von Lärmbetroffenen der nahen und dicht besiedelten Gebiete in der Umgebung des Flughafens als in hohem Maße schutzbedürftig angesehen (PEB S. 165 Abs. 4). Dass weniger Menschen durch Fluglärm beeinträchtigt worden wären, wenn der Flughafen am Standort Sperenberg gebaut worden wäre, war insoweit nicht abwägungsrelevant. Über die Wahl des Standorts war im Planergänzungsverfahren nicht erneut zu entscheiden. Maßgebend für die Betriebsregelungen am Standort Berlin-Schönefeld waren allein die dortigen, durch die relativ dichte Besiedlung des Metropolenrandbereichs bedingten Lärmbetroffenheiten.

1733.5 Grundstückswerte

174Die Wertentwicklung der Grundstücke in der Umgebung des Flughafens hat der Beklagte im Planergänzungsverfahren nicht als abwägungsrelevant angesehen (PEB S. 47 Abs. 2 und 3, S. 252 vorletzter Spiegelstrich). Er war auch nicht verpflichtet, die Auswirkungen der Betriebsbeschränkungen auf die Immobilienpreise zu ermitteln und in die Abwägung einzustellen.

175Der Senat hat Ansprüche der Kläger auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und auf Entschädigung wegen der durch den Flughafenausbau verursachten Wertverluste ihrer Grundstücke rechtskräftig verneint (Urteil vom a.a.O. Rn. 400 - 407); insoweit ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden. Jedenfalls bis zu den Urteilen des Senats vom musste der Grundstücksmarkt davon ausgehen, dass auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld auch nach dessen Ausbau Nachtflugbetrieb zeitlich unbeschränkt möglich sein würde. Zu einem weitergehenden Wertverfall der Wohngrundstücke konnten die im Planergänzungsbeschluss angeordneten Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs mithin nicht führen. Durch die Beschränkung des Flugbetriebs zu einer Erholung der Grundstückswerte beizutragen, war nicht der Zweck des Planergänzungsverfahrens. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, die bereits eingetretenen Folgen der insoweit rechtmäßigen Planung zu beseitigen.

176Selbst wenn etwaige positive Auswirkungen einer Beschränkung des Nachtflugbetriebs auf die Preisentwicklung der Wohnimmobilien grundsätzlich abwägungsrelevant gewesen sein sollten, bestanden hier keine Anhaltspunkte dafür, dass eine weitergehende Beschränkung des Flugbetriebs zu einer mehr als geringfügigen Erholung der Grundstückswerte führen und sich dies durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachweisen lassen würde. Im Planfeststellungsverfahren hatte es sich als sehr schwierig erwiesen, den Einfluss von Fluglärm auf die Bodenpreisbildung zu quantifizieren (PFB S. 979 ff.). Eine statistisch gesicherte Korrelation zwischen Fluglärmbelastungen und Bodenwertniveau konnte nicht ermittelt werden (PFB S. 983 Abs. 2). Auf der Grundlage dieser Erfahrungen musste der Beklagte nicht versuchen, für die untersuchten Halbstundensegmente der Nachtrandzeiten einen Zusammenhang zwischen der Beschränkung des Flugbetriebs und der Entwicklung der Bodenpreise ermitteln zu lassen. Er durfte vielmehr davon ausgehen, dass die Wertverluste der Wohnimmobilien im Wesentlichen auf die Entscheidung für den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zurückzuführen sind und eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs hieran nichts Wesentliches hätte ändern können.

177Soweit die Kläger geltend machen, durch den im Planergänzungsbeschluss zugelassenen Flugbetrieb werde die Schadstoffbelastung der Anwohner und die Katastrophengefahr im Falle eines Flugzeugabsturzes erhöht, gilt nichts anderes. Auch diese Folgen des Flugbetriebs werden gegenüber dem insoweit bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschluss durch die im Planergänzungsbeschluss angeordnete Beschränkung des Flugbetriebs nicht ausgeweitet.

1783.6 Nachtverkehrszahl

179Der Beklagte hat schließlich die Bedeutung der Nachtverkehrszahl (A II 5.1.1 Nr. 9 PFB i.d.F. des PEB) für den Schutz der Anwohner nicht überschätzt.

180Um einen Anreiz zu schaffen, abends möglichst früh und morgens möglichst spät zu fliegen und die tatsächlich disponiblen Flugbewegungen weniger in den kernzeitnahen Zeitscheiben durchzuführen (PEB S. 157 Abs. 4), hat der Beklagte die Flugbewegungen zwischen 23:00 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 6:00 Uhr kontingentiert. Die während der Nachtkernzeit zugelassenen Verkehre bleiben hiervon unberührt. Die Nachtverkehrszahl wurde auf der Grundlage der für das Jahr 2023 prognostizierten Flugbewegungen festgelegt (PEB S. 158). Eine begrenzende Wirkung entfaltet sie dementsprechend erst, wenn das tatsächliche Verkehrsaufkommen das für 2023 prognostizierte Verkehrsaufkommen übersteigt. Flugbewegungen zwischen 23:30 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 5:30 Uhr sind mit dem Faktor 2 zu gewichten (A II 5.1.1 Nr. 9 b PFB i.d.F. des PEB). Betroffen hiervon sind zwar hauptsächlich Verspätungen und Verfrühungen, also nicht planbare Flugbewegungen; auch insoweit entfaltet die Regelung jedoch eine steuernde Wirkung. Je weiter der geplante An- oder Abflugtermin vom Ende bzw. Beginn der regulären Betriebszeit entfernt bleibt, desto seltener wird es zu verspäteten oder verfrühten Flügen zwischen 23:30 und 24:00 Uhr bzw. 5:00 und 5:30 Uhr kommen. Zudem muss die geplante Nachtverkehrszahl hinter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl zurückbleiben (Nr. 9 d). Wird das Kontingent dennoch überschritten, muss dies in der folgenden Flugplanperiode bei der Planung der Nachtverkehrszahl ausgeglichen werden (Nr. 9 e). Zeitlich wird das Jahreskontingent lediglich zwischen Sommer- und Winterflugplanperiode aufgeteilt (PEB S. 158 Abs. 1). Eine darüber hinausgehende Steuerung etwa nach Wochentagen oder eine Glättung von Verkehrsspitzen ist nicht vorgesehen.

181Der Beklagte hat den Wirkungsmechanismus der Nachtverkehrszahl zutreffend beschrieben (PEB S. 157 - 160). Ein zentrales Instrument zum Schutz der Nachtruhe könnte die Nachtverkehrszahl in dieser Ausgestaltung nicht sein; eine solche Bedeutung hat der Beklagte ihr auch nicht beigemessen. Er hat ihr im Verhältnis zu den verfügten zeitlichen Beschränkungen des Nachtflugbetriebs lediglich eine "zusätzliche, steuernde und sichernde Funktion" zugewiesen (PEB S. 157 Abs. 2).

1824. Ausgleich der gegenläufigen Belange

183Der Ausgleich, den der Beklagte zwischen den Verkehrsinteressen und den Lärmschutzbelangen der Kläger vorgenommen hat, hält sich im Rahmen des der Exekutive zustehenden Gestaltungsspielraums. Der Verzicht auf eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs steht zur objektiven Gewichtigkeit ihrer Belange nicht außer Verhältnis.

1844.1 Nachtkernzeit

185In seinem Urteil vom (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290) hat der Senat den Gestaltungsspielraum des Beklagten dahingehend eingeschränkt, dass zumindest die besonders lärmsensiblen Stunden zwischen 0:00 und 5:00 Uhr von Flugaktivitäten grundsätzlich frei bleiben müssen. Der Beklagte hat diese Vorgabe im Planergänzungsbeschluss fehlerfrei umgesetzt. Nach A II 5.1.1 Nr. 1 PFB i.d.F. des PEB dürfen in der Zeit von 23:30 bis 5:30 Uhr, also auch während der Nachtkernzeit, keine Luftfahrzeuge starten und landen. Die Ausnahmen, die der Beklagte für Notlandungen, Flüge für den Katastrophenschutz, medizinische Hilfeleistungen, Vermessungen, Staatsbesuche, für Regierungsflüge, Militärflüge von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung und den Luftpostverkehr zugelassen hat (A II 5.1.1 Nr. 3 und 4 a PFB i.d.F. des PEB), sind durch einen standortspezifischen Nachtflugbedarf gerechtfertigt. Insoweit durfte der Beklagte die Lärmschutzbelange der Anwohner zurückstellen. Das grundsätzliche Start- und Landeverbot wird trotz dieser Ausnahmen zu einer deutlich spürbaren Lärmpause in der Kernzeit der Nacht führen. Der Beklagte hat für die Durchschnittsnacht 2020  2,7 Flugbewegungen zwischen 0:00 und 5:00 Uhr prognostiziert (PEB S. 147). Um diese Lärmpause zu erreichen, sind die öffentlichen und privaten Verkehrsinteressen zurückgestellt worden. Die Ermittlungen des Beklagten haben ergeben, dass auch in der Nachtkernzeit insbesondere im Interkontinentalverkehr (PEB S. 101 Abs. 3, S. 104 Abs. 4) und in den touristischen Verkehren (PEB S. 96 Abs. 2, S. 100 Abs. 2) eine nicht unerhebliche Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen besteht.

1864.2 Nachtrandzeiten

187Für die Nachtrandzeiten hat der Senat den Gestaltungsspielraum des Beklagten in seinem Urteil vom nicht in gleicher Weise als eingeengt angesehen wie für die Nachtkernzeit. Das Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen (§ 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG), gilt zwar - wie dargelegt - für die gesamte Nacht; die Nachtruhe hat in den Nachtrandstunden allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Bei der Prüfung, ob die Regelung des Flugbetriebs dem besonderen Gewicht der Nachtruhe hinreichend Rechnung trägt, dürfen die Nachtrandstunden nicht isoliert betrachtet werden. Entscheidend ist, ob das Lärmschutzkonzept bei einer Betrachtung der Gesamtnacht ausreichend Rücksicht auf die Nachtruhe der Bevölkerung nimmt.

1884.2.1 Kernzeitnahe Zeitsegmente (23:30 bis 24:00 Uhr und 5:00 bis 5:30 Uhr)

189Der Beklagte hat das grundsätzliche Verbot von Starts und Landungen nicht auf die Nachtkernzeit beschränkt, sondern es auch auf die angrenzenden Zeitscheiben von 23:30 bis 24:00 Uhr und von 5:00 bis 5:30 Uhr erstreckt. Insoweit hat er in Ansehung der standortspezifischen Situation mit einer ausgeprägten Lärmbelastung für Flughafenanwohner und sonstige Lärmbetroffene dem Schutz der Nachtruhe gegenüber den Verkehrsinteressen den Vorrang eingeräumt (PEB S. 168 Abs. 2). Die in diesen Zeitsegmenten zugelassenen Ausnahmen mindern die Wirkungen des Start- und Landeverbots jedenfalls nicht erheblich. Die Regelung führt dazu, dass der Flugverkehr in der letzten halben Stunde vor der Kernzeit deutlich abnimmt und nach ihrem Ende nur langsam wieder ansteigt. Der Beklagte hat für die Zeit von 23:30 bis 24:00 Uhr in der Durchschnittsnacht 2020  4,1 Flugbewegungen prognostiziert; in der halben Stunde zuvor sind es noch 13,6 Flugbewegungen. Für die Zeit von 5:00 bis 5:30 Uhr erwartet er 0,6 Flugbewegungen im Vergleich zu 10,0 Flugbewegungen zwischen 5:30 und 6:00 Uhr (PEB S. 163 f.). Ausgehend hiervon sind die Ausnahmen durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.

190Das gilt zunächst für verspätete Starts im Interkontinentalverkehr bis 24:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 b PFB i.d.F. des PEB; vgl. hierzu ). Er ist davon ausgegangen, dass für den Interkontinentalverkehr selbst von 23:30 bis 24:00 Uhr ein nennenswerter Nachtflugbedarf bestehen wird, der aufgrund des Verbots planmäßigen Flugbetriebs nicht wird gedeckt werden können (PEB S. 141 f.). Vor diesem Hintergrund hat er jedenfalls die Ermöglichung verspäteter Starts im Interesse einer weitgehend ungestörten Abwicklung des Luftverkehrs als gerechtfertigt angesehen (PEB S. 168 Abs. 1). Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Von der Ausnahme werden nur sehr wenige Flugbewegungen profitieren. Die Möglichkeit, diese Starts bis 24:00 Uhr durchzuführen, kann es den Luftverkehrsgesellschaften deutlich erleichtern, Berlin verlässlich in das interkontinentale Luftverkehrsnetz einzubinden. Direkte Interkontinentalverbindungen haben für die Verkehrsfunktion des Flughafens ein erhebliches Gewicht.

191Die Zulassung verspäteter Landungen bis 24:00 Uhr und verfrühter Landungen ab 5:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 c PFB i.d.F. des PEB; vgl. ) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dem Interesse, den Luftverkehr möglichst planmäßig abzuwickeln und insbesondere die Umleitung verspäteter Flugzeuge auf andere Flughäfen zu vermeiden, hat der Beklagte zu Recht ein hohes Gewicht beigemessen (PEB S. 172 Abs. 2). Die Möglichkeit, verfrüht zu landen, ist vor allem für den Interkontinentalverkehr von Bedeutung (PEB S. 142 Abs. 3, S. 168 Abs. 1). Auch den Lärmschutzbelangen der Anwohner kommt in den kernzeitnahen Segmenten zwar ein hohes Gewicht zu. Die prognostizierte Zahl von Verspätungen und Verfrühungen bleibt mit 3,0 bzw. 0,2 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 (PEB S. 147) jedoch in einem vertretbaren Rahmen. Diese Flugbewegungen werden zudem auf die Nachtverkehrszahl angerechnet und dort mit dem Faktor 2 gewichtet. Diese Regelung wird bei Erreichen des Prognoseverkehrs einen Anreiz setzen, bereits die Flugplanung so zu gestalten, dass Verspätungen und Verfrühungen vermieden werden.

192Ausschlaggebend für die Zulassung von Bereitstellungs- und Überführungsflügen bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 d PFB i.d.F. des PEB; vgl. ) war das Interesse, Beeinträchtigungen der regulären Umlaufplanung durch die überwiegend nachts erfolgende Wartung und Instandhaltung möglichst zu vermeiden. Berücksichtigt hat der Beklagte außerdem die arbeitsmarktpolitischen Effekte einer solchen Regelung insbesondere für die am Standort Berlin-Schönefeld mit einer hohen Investitionsintensität bereits angesiedelten Flugzeuginstandhaltungsbetriebe (PEB S. 132 Abs. 3, S. 171 Abs. 4). Da es nur um sehr wenige Flugbewegungen geht - prognostiziert sind für die Zeit von 23:30 bis 24:00 Uhr 0,2, für die Zeit von 5:00 bis 5:30 Uhr 0,3 Flugbewegungen (Durchschnittsnacht 2020 - PEB S. 147) - und Leerflüge zudem weniger laut sind, ist es vertretbar, die Lärmschutzbelange der Anwohner insoweit zurückzustellen.

1934.2.2 Zeitsegmente von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr

194Für die Zeit von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr hat der Beklagte Flugverkehr grundsätzlich zugelassen. Beschränkt wird der Flugverkehr lediglich durch das Start- und Landeverbot für besonders laute Flugzeuge (A II 5.1.1 Nr. 2 PFB i.d.F. des PEB) - bis 23:00 Uhr sind verspätete Landungen auch dieser Flugzeuge zulässig (a.a.O. Nr. 5) - und durch die Nachtverkehrszahl (a.a.O. Nr. 9); der Verkehr von 22:00 bis 23:00 Uhr wird von der Nachtverkehrszahl allerdings nicht erfasst.

195Durch diese Regelung werden die Anwohner des Flughafens erheblichen Belastungen ausgesetzt. Der Beklagte rechnet für die Durchschnittsnacht 2020 mit 40,2 Flugbewegungen zwischen 22:00 und 23:00 Uhr, 13,6 Flugbewegungen zwischen 23:00 und 23:30 Uhr und 10,0 Flugbewegungen zwischen 5:30 und 6:00 Uhr bei 71,2 Flugbewegungen in der Gesamtnacht (PEB S. 147). In Spitzennächten wird die Zahl der Flugbewegungen noch deutlich darüber liegen. Die Zahl der Anwohner, die auf passiven Schallschutz angewiesen sind, wird sich in einer Größenordnung von etwa 40 000 Menschen bewegen. Das entspricht einer mittelgroßen Stadt oder fast einer halben Großstadt (100 000 Einwohner).

196Diesen erheblichen Lärmbetroffenheiten stehen gewichtige Verkehrsinteressen gegenüber. Das mit dem Ausbau des Flughafens verbundene Ziel, den nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarf der Länder Berlin und Brandenburg sowie des angrenzenden Einzugsbereichs zu decken, ist nicht nur von regionaler, sondern von nationaler und internationaler Bedeutung. Berlin ist die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und eine europäische Metropole. Der Flughafen Berlin-Schönefeld wird künftig der einzige Verkehrsflughafen der Metropolregion sein. Der Einbindung dieses Flughafens in das weltweite Luftverkehrsnetz auch in den späten Abend- und den frühen Morgenstunden kommt im Hinblick auf seine herausragende Verkehrsbedeutung ein hohes Gewicht zu. Die Kläger meinen, die Planungsziele könnten jedenfalls auch dann erreicht werden, wenn der Flugverkehr - wie bislang auf dem Flughafen Tegel - auf die Zeit von 6:00 bis 23:00 Uhr beschränkt werde. Dass auch eine solche Beschränkung des Flugbetriebs das Ergebnis der Abwägung hätte sein können, bedeutet indessen nicht, dass die vom Beklagten festgelegten Betriebszeiten den Abwägungsspielraum überschreiten. In den Nachtrandstunden bedarf es für die Zulassung von Nachtflugbetrieb keiner "Erforderlichkeit" im Sinne eines etwa unabweisbaren Flugbedarfs; je dringlicher ein bestimmter Nachtflugbedarf tatsächlich ist, desto bedeutsamer ist sein Gewicht im Rahmen der Abwägung ( BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <368>). Unabhängig hiervon wird für den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld eine über die Verkehrsfunktion des Flughafens Tegel hinausgehende Verkehrsbedeutung erwartet (PEB S. 162 Abs. 3). Zudem entfällt die am Flughafen Tegel noch bestehende Möglichkeit, mit Nachtflügen auf einen anderen Flughafen, nämlich den bisherigen Flughafen Berlin-Schönefeld, auszuweichen. Die Flughäfen Tegel und Schönefeld sind schließlich im Hinblick auf ihre Umgebung nicht vergleichbar. Tegel ist ein innerstädtischer Flughafen. Seine Umgebung ist erheblich dichter besiedelt als die Umgebung des zwar stadtnah, aber außerhalb des Stadtgebiets gelegenen Flughafens Berlin-Schönefeld.

197Ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen den Lärmschutz- und den Verkehrsbelangen soll nach dem Konzept des Beklagten dadurch hergestellt werden, dass der Flugverkehr zwischen 22:00 und 24:00 Uhr abnimmt - ab 23:30 Uhr sogar deutlich -, in der Nachtkernzeit eine weitgehende Lärmpause eintritt und der Verkehr nach 5:00 Uhr bis zum Beginn des Tages erst langsam wieder anschwillt. Ausgehend von diesem Konzept ist es für den Flughafen Berlin-Schönefeld vertretbar, im Hinblick auf den weitgehenden Schutz der Nachtruhe zwischen 23:30 und 5:30 Uhr Flugverkehr bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr grundsätzlich zuzulassen, die Lärmschutzbelange der Anwohner insoweit also weitgehend hinter den dargelegten Verkehrsinteressen zurücktreten zu lassen. Auch zwischen 22:00 und 23:30 Uhr und 5:30 und 6:00 Uhr darf die Nacht jedoch nicht zum Tage werden. Die Verhältnismäßigkeit bleibt nur gewahrt, wenn das Konzept eines Ab- und Anschwellens des Flugverkehrs auch in diesen Zeitsegmenten weiter durchgeführt wird. Für die Zeit von 23:00 bis 24:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 Uhr hat der Beklagte den Verkehr mengenmäßig durch die Nachtverkehrszahl begrenzt. Sie entfaltet ihre Schutzwirkungen zwar erst, wenn die Flugbewegungen das für 2023 prognostizierte Aufkommen erreichen; jedenfalls ein die Prognose überschreitendes Verkehrsaufkommen wird jedoch unterbunden. Eine vergleichbare Regelung hat der Beklagte für die erste Stunde der Nacht nicht getroffen. Die Nachtverkehrsprognose hat aber bereits aufgrund der nachlassenden Nachfrage einen abnehmenden Trend der Flugbewegungen vom Ende des Tages zur Nachtkernzeit hin ergeben (vgl. Nachtflug-Gutachten S. 87 Abb. 8-2). Sollte sich die erste Nachtstunde entgegen dieser Prognose zu einer Stunde entwickeln, in der die Fluglärmbelastung der Anwohner in der Regel größer ist als in den Abendstunden, wäre dies eine mit dem Abwägungsgebot und § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht vereinbare Entwicklung. Schutzlos wären die Kläger auch in diesem Fall nicht. Der Beklagte hat sich in A II 5.1.9 PFB i.d.F. des PEB die nachträgliche Festsetzung, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten. Der Vorbehalt entfaltet drittschützende Wirkung. Er kann - wie der Senat bereits im Urteil vom (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 356) dargelegt hat - auch für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bis hin zu einem (Teil-)Widerruf der Regelungen über den Flugbetrieb nutzbar gemacht werden. Vor diesem Hintergrund war es vertretbar, im Planergänzungsbeschluss von einer weitergehenden Beschränkung des Nachtflugbetriebs in der ersten Nachtstunde abzusehen.

198C. Kosten

199Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 161 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Hier entsprach es billigem Ermessen, bezüglich der erledigten Anträge auf weitergehenden passiven Schallschutz und weitergehende Außenwohnbereichsentschädigung, für die der Senat zusammen die Hälfte der jeweiligen Einzelstreitwerte angesetzt hat, die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten zu 1/2 den Klägern und zu je 1/4 dem Beklagten und der Beigeladenen aufzuerlegen. Der Antrag hätte, soweit er auf eine Herabsetzung der jeweiligen Lärmwerte gerichtet war, voraussichtlich keinen Erfolg, soweit er gegen die Grenzziehung der Schutz- und Entschädigungsgebiete auf der Grundlage der DFS-Flugroutenprognose vom November 1997 / März 1998 gerichtet war, hingegen Erfolg gehabt.

Fundstelle(n):
CAAAE-01208