NWB Nr. 52 vom Seite 4369

„Gutes neues Jahr!”

Heinrich Steinfeld | Verantw. Redakteur | nwb-redaktion@nwb.de

Irrungen und Wirrungen

Im Anfang war das Wort! Dies hat auch derjenige zu verinnerlichen, der schwierige oder mehrdeutige juristische Texte interpretiert. Wirfler führt auf S. 4387 die wörtliche Auslegung des durch das Steuervereinfachungsgesetz zum neu eingeführten § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu überraschenden Erkenntnissen: Das eher versehentlich im Gesetzgebungsverfahren zwischen die Begriffe Berufsausbildung und Erststudium hereingerutschte „und” löst nur dann die beabsichtigte Beschränkung durch die Erwerbstätigkeit des Kindes aus, wenn dieses kumulativ Berufsausbildung und Erststudium abgeschlossen hat. In den nicht seltenen Fällen, in denen ein Kind vor Vollendung des 25. Lebensjahres etwa der Ausbildung ein Studium folgen lässt, müsste unabhängig von einer Erwerbstätigkeit des Kindes Kindergeld gewährt bzw. der Kinderfreibetrag berücksichtigt werden. Solche Weihnachtsgeschenke möchte das BMF mit seinem Schreiben vom nicht verteilen und liest in die Vorschrift das vom Gesetzgeber wohl beabsichtigte „oder” hinein. So dürften bald die Gerichte zu entscheiden haben, ob sie der wörtlichen oder der teleologischen Auslegung den Vorzug geben.
Auch Ruppert, der die erste Rechtsprechung des BFH zum Syndikussteuerberater bespricht (S. 4430), stößt schnell auf Auslegungsfragen. Darf – wie der BFH meint – die Zulassung zum Syndikus-Steuerberater tatsächlich davon abhängig gemacht werden, dass ausschließlich Tätigkeiten i. S. des § 33 StBerG, also Vorbehaltsaufgaben, ausgeübt werden? Der Autor löst die Frage durch gesetzeshistorische Betrachtungen des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG und widerspricht dem Gericht.

Die Anforderungen an die zum eingeführte sog. Gelangensbestätigung (§ 17a Abs. 2 UStDV) sind zwar eindeutig, aber höchst umstritten. Insbesondere die Speditionsunternehmen sehen sich außerstande, die im EU-Ausland erforderlichen Empfangsbestätigungen bei Abnehmern einzuholen, die oft schon aus sprachlichen Gründen die Muster nicht verstehen können. Sie fürchten eine zivilrechtliche Haftung gegenüber den Versendern, wenn diesen aufgrund fehlerhafter Bescheinigungen die Nachentrichtung der Umsatzsteuer droht. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband hat seine Mitarbeiter offenbar aufgerufen, die Gelangensbestätigungen zu boykottieren. Laut vernehmbar sind auch die Marktschreier der Versicherungswirtschaft, die wegen der Erhöhung der Altersgrenze für die Riester-Rente ihren Kunden einen Vertragsabschluss noch im Jahr 2011 abringen möchten. Umsichtige und ganzheitliche Beratung sieht anders aus: Die Neuregelungen bei der Riester-Förderung durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz besprechen Myßen und Fischer en detail auf S. 4390. Alle wichtigen sozialversicherungsrechtlichen Änderungen finden Sie wie gewohnt in den „Grenzwerten der Sozialversicherung” (Eilts auf S. 4417, zusammengefasst auf einem praktischen Faltblatt). Wir hoffen, dass wir Ihnen damit zum Jahreswechsel die nötige Klarheit verschafft haben und dass Sie, liebe Leser, im Jahr 2012 von Zweifelsfragen möglichst verschont bleiben!

Beste Grüße

Heinrich Steinfeld

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 4369
NWB LAAAD-98465