EuGH Urteil v. - C-350/10

Keine Umsatzsteuerfreiheit für Swift-Dienste

Leitsatz

Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für Dienstleistungen der elektronischen Nachrichtenübermittlung für Finanzinstitute gilt, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen.

Instanzenzug: Korkein hallinto-oikeus (Finnland) - (Verfahrensverlauf),

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nordea Pankki Suomi Oyj (im Folgenden: Nordea) und der finnischen Finanzverwaltung über die Zurückweisung eines Antrags auf Erstattung der Mehrwertsteuer.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

"Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

..."

Art. 13 Teil B der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

d) die folgenden Umsätze:

...

3. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einbeziehung von Forderungen,

...

5. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung - die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

- Warenpapieren,

- Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3;

..."

Nationales Recht

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Arvonlisäverolaki (Gesetz über die Mehrwertsteuer) (1501/1993) vom in der Fassung des Gesetzes (1486/1994) vom (im Folgenden: AVL) wird an den Staat Mehrwertsteuer auf den in Finnland im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit erfolgenden Verkauf von Waren oder Dienstleistungen entrichtet.

Aus § 9 Abs. 1 AVL ergibt sich, dass der Käufer verpflichtet ist, die Steuer auf die von einem Ausländer in Finnland verkauften Waren oder Dienstleistungen zu entrichten, wenn der Ausländer keinen ständigen Geschäftssitz in Finnland hat und nicht gemäß § 12 Abs. 2 AVL beantragt hat, als steuerpflichtig registriert zu werden.

Nach § 41 AVL fällt auf den Verkauf von Finanzdienstleistungen keine Steuer an. Gemäß § 42 Abs. 1 Nrn. 4 und 6 AVL werden der Zahlungsverkehr und das Geschäft mit Wertpapieren als Finanzdienstleistungen angesehen.

Unter das Geschäft mit Wertpapieren fallen nach § 42 Abs. 3 AVL der Verkauf und die Vermittlung von Aktien und anderen mit diesen vergleichbaren Anteilen sowie von Forderungen und Derivaten, und zwar auch dann, wenn ihnen keine Urkunde zugrunde liegt.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

Nordea ist die finnische Tochtergesellschaft der Nordea Bank AB, die ihren Sitz in Schweden hat. Es handelt sich um eine Geschäftsbank mit einem Privatkunden- und einem Unternehmenskundenbereich. Neben weiteren mit dem Bankgeschäft zusammenhängenden Bereichen ist sie in den Bereichen Wertpapierhandel und -vermittlung, Devisenhandel und -vermittlung sowie Verkauf von Immobilien- und Anlagedienstleistungen tätig. Nordea ist Vertreterin der aus dem Nordea-Konzern bestehenden Mehrwertsteuergruppe.

Noerdea kaufte Dienstleistungen von der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication - SWIFT SC (im Folgenden: SWIFT), einer Genossenschaft, die gemeinsam von über zweitausend Finanzinstituten in über zweihundert Ländern gehalten wird.

SWIFT betreibt einen weltweiten elektronischen Nachrichtenübermittlungsdienst für Finanzinstitute (im Folgenden: Swift-Dienste), der es über neuntausend Banken, Finanz- und Wertpapierverwaltungsinstituten sowie weiteren Unternehmen, die Kunden sind, ermöglicht, mit Hilfe der von SWIFT entwickelten Computersoftware und des von ihr kontrollierten und unterhaltenen internationalen verschlüsselten Datennetzwerks standardisierte Finanzmitteilungen untereinander auszutauschen. Über das von ihr errichtete und unterhaltene Datennetz verarbeitet SWIFT u. a. die zwischen Banken zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs und des Wertpapierhandels ausgetauschten Nachrichten. Die Banken, die Mitglied von SWIFT sind, sind durch ihre eigenen Computeranlagen über einen besonderen SWIFT-Anschluss (gateway) mit dem Netz verbunden. Um diese Dienste in Anspruch nehmen zu können, verlangt SWIFT von ihren Kunden die Verwendung einer von ihr zuvor genehmigten Hardware.

Der Zahlungsverkehr zwischen Banken lässt sich in nationalen und internationalen Zahlungsverkehr unterteilen. Swift-Dienste werden hauptsächlich im internationalen Zahlungsverkehr, zunehmend jedoch auch im nationalen Zahlungsverkehr genutzt.

Das Verfahren der Übermittlung von Nachrichten, die den Zahlungsverkehr zwischen Banken betreffen, sieht nach Angaben des vorlegenden Gerichts vor, dass die Absenderbank, wenn eine Nachricht in das SWIFT-Netz gesandt wird, eine erste Bestätigung (acknowledgement) erhält, dass die Nachricht zur Bearbeitung durch SWIFT angenommen worden sei. Mit dieser Formalität beginne auch die wirtschaftliche Verantwortung von SWIFT dafür, dass die Nachricht den Empfänger erreiche und dass der Vorgang der Nachricht entsprechend durchgeführt werde. Nach Eingang der ersten Bestätigung sei der Auftrag, den die Bank mit ihrer Nachricht erteilt habe, verbindlich. Sobald die Empfängerbank dem SWIFT-System den Empfang der an sie gesandten Nachricht bestätige, ende die Verantwortung von SWIFT für die Durchführung der Transaktion. Gleichzeitig sende SWIFT der anweisenden Bank eine Bestätigung über den Empfang der Nachricht.

Außer in diesem Zahlungsverkehr werden die Swift-Dienste auch bei der Abwicklung grenzüberschreitender Wertpapiergeschäfte genutzt. Nach Angaben des vorlegenden Gerichts begründet erst die Verbuchung der Anteile im elektronischen Wertpapierdepot des Kunden Schutz gegen Eingriffe Dritter, obwohl die Eigentumsrechte an den Anteilen bereits zum Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts an der Börse übergehen. Die Verantwortung von SWIFT in Bezug auf mit Wertpapiergeschäften zusammenhängende Nachrichten entspreche der hinsichtlich des Zahlungsverkehrs zwischen Banken dargelegten.

Zur Wahrung des Bankgeheimnisses dürfe und könne SWIFT nur die Datenfelder der Swift-Nachrichten öffnen, anhand deren sichergestellt werden könne, dass die Standards der Nachrichtenübermittlung eingehalten seien.

Die Ausgaben von Nordea für Swift-Nachrichten, den Swift-Anschluss und dessen Unterhaltung hätten für das Geschäftsjahr 2001 insgesamt 1 999 559,96 Euro betragen. Aufgrund der umgekehrten Steuerpflicht sei hierauf Mehrwertsteuer in Höhe von 439 903,19 Euro entrichtet worden.

Das Konserniverokeskus (Amt für Konzernbesteuerung) wies mit Bescheid vom den Mehrwertsteuererstattungsantrag von Nordea für das Geschäftsjahr 2001 zurück. Der Erstattungsantrag betraf die auf Swift-Dienste im Dezember 2001 gezahlte Mehrwertsteuer.

Nordea erhob gegen den Bescheid Klage beim Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki) mit dem Antrag, den Bescheid des Konserniverokeskus aufzuheben und ihr die Mehrwertsteuer zu erstatten, die sie aufgrund der umgekehrten Steuerpflicht auf Swift-Dienste entrichtet hatte.

Mit Beschluss vom wies das Helsingin hallinto-oikeus die Klage von Nordea unter Hinweis auf die anwendbaren nationalen Bestimmungen, auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie und auf das Urteil vom , SDC (C-2/95, Slg. 1997 I-3017), ab.

Nordea legte gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel beim Korkein hallinto-oikeus ein, das beschlossen hat, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass im Zahlungsverkehr und bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften zwischen Kreditinstituten in Anspruch genommene Swift-Dienste, wie sie unter Nr. 1 dieses Beschlusses geschildert sind, von der Mehrwertsteuer befreit sind?

Zur Vorlagefrage

Einleitende Bemerkungen

Vor der Analyse der Rechtsgrundlage einer möglichen Befreiung von Swift-Diensten wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ist darauf hinzuweisen, dass diese Dienste unstreitig in den Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen, da sie angesichts der Tatsache, dass zwischen den Finanzinstituten, die Kunden sind, und SWIFT ein Rechtsverhältnis besteht und dass die Gegenleistung, die SWIFT von ihren Kunden erhält, den tatsächlichen Gegenwert der Dienstleistungen bildet, die SWIFT an ihre Kunden erbringt, eine Lieferung von Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Skandinaviska Enskilda Banken, C-540/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die in Art. 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. Urteil Skandinaviska Enskilda Banken, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Ferner sind die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Skandinaviska Enskilda Banken, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zur Befreiung der Swift-Dienste von der Mehrwertsteuer

Um als von der Steuer befreite Umsätze im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie qualifiziert zu werden, müssen geleistete Dienste nach ständiger Rechtsprechung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer in diesen Nummern beschriebenen Dienstleistung erfüllt. In Bezug auf die Umsätze im Überweisungsverkehr im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 dieser Richtlinie müssen die erbrachten Dienstleistungen eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Die befreite Dienstleistung im Sinne der genannten Richtlinie ist von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung, wie sie etwa vorliegt, wenn einer Bank ein EDV-System zur Verfügung gestellt wird, zu unterscheiden. Zu diesem Zweck muss das nationale Gericht insbesondere den Umfang der Verantwortung des Dienstleistungserbringers gegenüber den Banken untersuchen, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt (vgl. in diesem Sinne Urteile SDC, Randnr. 66, und vom , CSC Financial Services, C-235/00, Slg. 2001, I-10237, Randnrn. 25 und 26).

Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass die Überweisung ein Vorgang ist, der in der Ausführung eines Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes besteht. Sie ist namentlich dadurch gekennzeichnet, dass sie zu einer Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger auf der einen Seite und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite sowie gegebenenfalls zwischen den Banken führt. Darüber hinaus ist der Vorgang, der zu dieser Änderung führt, allein die Übertragung der Gelder zwischen den Konten unabhängig von deren Grund (vgl. in diesem Sinne Urteil SDC, Randnr. 53).

Außerdem gilt dieser Befund, der die Umsätze im Überweisungs- oder Zahlungsverkehr im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie betrifft, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs grundsätzlich entsprechend für die Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteile CSC Financial Services, Randnr. 27, und Skandinaviska Enskilda Banken, Randnr. 33).

Nichts steht daher der Mehrwertsteuerbefreiung von Dienstleistungen entgegen, mit denen Wirtschaftsteilnehmer, die außerhalb der Finanzinstitute und somit in keiner unmittelbaren Beziehung zu den Kunden dieser Institute stehen, betraut sind (vgl. in diesem Sinne, Urteil SDC, Randnr. 59), sofern diese Dienstleistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes darstellen, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen finanziellen Umsätze erfüllt.

Um beurteilen zu können, ob die Swift-Dienste dieses Kriterium erfüllen, ist zum einen zu prüfen, ob die Erbringung dieser Dienstleistungen zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen kann, die den Änderungen ähnlich sind, die durch den Zahlungsverkehr zwischen Banken oder die Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, bewirkt werden, und zum anderen, ob die Verantwortung von SWIFT gegenüber ihren Kunden auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der genannten finanziellen Umsätze erstreckt.

Hinsichtlich des ersten Aspekts macht Nordea zum einen geltend, dass internationale Zahlungen oder grenzüberschreitende Wertpapiertransaktionen ohne die Swift-Dienste praktisch unmöglich wären, und zum anderen, dass erst die Verbuchung der Anteile im elektronischen Wertpapierdepot des Kunden Schutz gegen Eingriffe Dritter begründe, obwohl die Eigentumsrechte an den Anteilen bereits zum Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts an der Börse, d. h. vor der Übermittlung von in das Datennetz von SWIFT gesendeten Nachrichten, übergingen, so dass diese Dienste implizit die rechtliche und finanzielle Lage der Finanzinstitute sowie die ihrer Kunden berührten.

Wie das vorlegende Gericht, alle Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission ausgeführt haben, ohne dass Nordea dies bestritten hätte, sind Swift-Dienste jedoch Dienstleistungen der elektronischen Nachrichtenübermittlung, mit denen Zahlungsanweisungen und Anweisungen, die Wertpapierumsätze betreffen, in geschützter und zuverlässiger Weise von einem Finanzinstitut an das andere übermittelt werden, während SWIFT keinen Zugang zum Inhalt der so übermittelten Nachrichten hat.

Selbst unter der Annahme, dass die Swift-Dienste - wie von Nordea vorgetragen - auf mehreren Märkten unerlässlich und die einzigen zur Verfügung stehenden sind, lässt sich jedoch aus dem Umstand allein, dass ein Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, nicht die Befreiung dieses Leistungselements herleiten (Urteil SDC, Randnr. 65).

Unstreitig ist auch, dass die Aufträge zum Transfer von Mitteln oder zur Durchführung bestimmter Wertpapiertransaktionen zwar über von SWIFT genehmigte Datenverarbeitungssysteme übermittelt werden müssen, die Übertragung der Eigentumsrechte an diesen Mitteln bzw. Wertpapieren jedoch allein durch die Finanzinstitute selbst im Rahmen ihrer rechtlichen Beziehungen zu ihren eigenen Kunden vorgenommen wird.

Nach der in den Randnrn. 24 bis 26 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben sich zudem die rechtlichen und finanziellen Änderungen, die geeignet sind, einen von der Mehrwertsteuer befreiten Umsatz zu kennzeichnen, allein aus der tatsächlichen oder potenziellen Übertragung des Eigentums an Geld oder Wertpapieren, ohne dass es notwendig wäre, dass der so getätigte Umsatz Dritten entgegengehalten werden kann.

Da die Swift-Dienste Dienstleistungen der elektronischen Nachrichtenübermittlung darstellen, deren einziger Zweck in der Übertragung von Daten besteht, erfüllen sie selbst folglich keine der Funktionen eines der von Art. 13 Teil B Buchst. b Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie erfassten Umsätze, d. h. der Umsätze, die die Übertragung von Geld oder Wertpapieren bewirken, und weisen daher nicht deren Merkmale auf.

Hinsichtlich des zweiten Aspekts trägt Nordea vor, aus der sehr weitgehenden wirtschaftlichen Verantwortlichkeit von SWIFT für die korrekte und geschützte Übertragung finanzieller Nachrichten, die bis zu einem jährlichen Haftungshöchstbetrag von 75 Millionen Euro pro Schaden und 150 Millionen Euro pro Jahr gehe, und der Rolle von SWIFT als Garantin für die Ordnungsgemäßheit der Finanztransaktionen ergebe sich, dass die Swift-Dienste keine rein technischen Dienstleistungen seien.

Der Umfang der finanziellen Folgen der Verantwortlichkeit von SWIFT ist jedoch für die Beurteilung, ob sich diese Verantwortlichkeit auf spezifische und wesentliche Elemente der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden finanziellen Umsätze erstreckt, nicht relevant.

Darüber hinaus sind die vertraglichen Verpflichtungen dieses Unternehmens, wie die belgische Regierung geltend gemacht hat, nach Nr. 4 der allgemeinen Vertragsbedingungen von SWIFT ("Swift General Terms and Conditions") vom , verfügbar auf der Website von SWIFT, auf die technischen Aspekte der Nachrichtenübermittlungsdienstleistungen beschränkt, insbesondere auf die Erstellung, die Aktivierung, die Einrichtung, die Wartung und die Lizenzen von Software, so dass SWIFT lediglich für die ordnungsgemäße Übermittlung finanzieller Nachrichten über ein genehmigtes Datenverarbeitungssystem verantwortlich sei.

Wie sich aus Randnr. 34 des vorliegenden Urteils ergibt und wie alle Mitgliedstaaten, die Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission vorgetragen haben, erstreckt sich die vertragliche Verantwortlichkeit von SWIFT gegenüber Nordea daher lediglich auf die Verpflichtung, die Sicherheit und die Lesbarkeit der übermittelten Daten zu gewährleisten, und auf die Verpflichtung zum Ersatz möglicher Schäden, die durch eine fehlerhafte oder verspätete Übermittlung von Daten entstehen.

Folglich ist festzustellen, dass die Verantwortlichkeit von SWIFT im Ausgangsverfahren auf technische Aspekte beschränkt ist und sich nicht auf spezifische und wesentliche Elemente der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden finanziellen Umsätze erstreckt.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für Swift-Dienste gilt, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für Dienstleistungen der elektronischen Nachrichtenübermittlung für Finanzinstitute gilt, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen.

Fundstelle(n):
RAAAD-88944