BAG Urteil v. - 6 AZR 734/09

Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA nach Unterbrechung des Kindergeldanspruchs

Gesetze: § 11 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, § 11 Abs 1 S 3 TVÜ-VKA, Art 3 GG, Art 6 GG

Instanzenzug: Az: 5 Ca 7903/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 13 Sa 330/09 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Zahlung der Besitzstandszulage nach § 11 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) nach Wiederentstehen des Anspruchs auf Kindergeld wieder aufzunehmen ist.

2Der Kläger ist als Schlosser bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme fand zunächst der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung, seit dem der TVöD. Der Kläger erhielt für seinen am geborenen Sohn S bis zum den Sozialzuschlag nach § 33 BMT-G II, sodann vom bis zum die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA von zuletzt monatlich 90,57 Euro brutto. Der Sohn des Klägers absolvierte vom bis zum erfolgreich eine Berufsausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Anschließend war er bis zum in seinem erlernten Beruf tätig. In dieser Zeit erhielt der Kläger für seinen Sohn weder Kindergeld noch die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA. Seit dem absolvierte der Sohn des Klägers an der Staatlichen Technikerschule Weilburg eine weiterführende Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker mit dem Schwerpunkt Produktions- und Qualitätsmanagement im Fachbereich Maschinentechnik. Neben dem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist eine entsprechende Berufstätigkeit von mindestens einem Jahr in diesem Beruf Voraussetzung für diese Weiterbildung. Bei einer Ausbildung in Teilzeitform kann die erforderliche entsprechende berufliche Tätigkeit während der Fachschulausbildung abgeleistet werden.

3Seit Februar 2008 bezog der Kläger wieder Kindergeld. Seinen Antrag auf Zahlung der Besitzstandszulage für die Zeit vom bis lehnte die Beklagte ab, weil das Kindergeld für den Sohn S nicht ununterbrochen gezahlt worden sei.

§ 11 TVÜ-VKA bestimmt:

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom sind mit Wirkung zum Protokollerklärungen zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA vereinbart worden. Diese bestimmen ua.:

6Der Kläger hat die Ansicht vertreten, § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA enthalte nur eine beispielhafte Aufzählung von unschädlichen Unterbrechungstatbeständen. Er hat sich insoweit auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom (- 3 Sa 9/07 - ZTR 2008, 259) berufen. Auch die Protokollerklärungen vom verdeutlichten, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA von Beginn an nicht abschließend gemeint gewesen sei. Ausgeschlossen sei ein Wiederaufleben der Zulage nur in den Fällen, in denen eine bewusste und gewollte Unterbrechung des Kindergeldbezugs ohne anerkennenswerten Grund erfolgt sei. Sei jedoch wie hier der vorübergehende Wegfall des Kindergeldbezugs zwingende Voraussetzung für eine Weiterqualifizierung oder ein Studium, müsse eine unschädliche Unterbrechung angenommen werden, um dem Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA gerecht zu werden. Anderenfalls werde der Kläger im Vergleich zu den Beschäftigten benachteiligt, deren Kinder ohne zwingend erforderliche Berufspraxis ein Studium oder eine Weiterbildung aufnehmen könnten oder sich für ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr entschieden.

Der Kläger hat beantragt,

8Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die unschädlichen Unterbrechungstatbestände seien abschließend in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA aufgeführt. Die Tarifvertragsparteien hätten ein Wiederaufleben des Anspruchs nur in den eng begrenzten Ausnahmefällen des § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA vorsehen wollen und ansonsten möglichst schnell das Ziel erreichen wollen, ebenso wie bei allen ab 2005 neu eingestellten Beschäftigten keine kinderbezogenen Entgeltbestandteile mehr zu zahlen. Seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Zulage nach § 11 TVÜ-VKA einmal weggefallen, dann solle diese Leistung auch nicht mehr aufleben. Folge man der Auslegung des Klägers, werde aus dem Ausnahmefall des § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA der Regelfall, weil in einer Vielzahl von Fällen eine Weiterbildung des Kindes möglich sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe

10A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat mit den Zusätzen „aktuell“ in Ziff. 1 des Klageantrags und „zukünftig“ in Ziff. 2 des Klageantrags deutlich gemacht, dass sich die Leistungsklage auf die Zeit von Februar 2008 bis einschließlich August 2008 bezieht und die Feststellungsklage nur den von der Leistungsklage nicht abgedeckten Zeitraum, also die Zeit von September 2008 bis einschließlich , erfasst. Leistungs- und Feststellungsklage überschneiden sich also nicht, so dass das erforderliche Feststellungsinteresse uneingeschränkt zu bejahen ist (zum Fehlen des Feststellungsinteresses für die Zeit der Überschneidung von Leistungs- und Feststellungsklage ausführlich  - Rn. 13 ff.).

11B. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage rechtsfehlerfrei abgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA für seinen Sohn S ist mit der Beendigung des Kindergeldanspruchs durch die Aufnahme einer Berufstätigkeit seines Sohnes am endgültig untergegangen.

12I. § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA gewährt in Fällen, in denen der Kindergeldanspruch wegen der Fortsetzung der Berufsausbildung des Kindes wieder entsteht, keinen erneuten Anspruch auf die Besitzstandszulage für den kinderbezogenen Entgeltbestandteil.

131. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA besteht der Anspruch auf die Besitzstandszulage nur solange und insoweit, wie für die im September 2005 zu berücksichtigenden Kinder ohne Unterbrechung Kindergeld gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung der §§ 64, 65 EStG oder der §§ 3, 4 BKGG gezahlt würde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur in den in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA abschließend aufgezählten Fällen vor, deren Voraussetzungen hier unstreitig nicht erfüllt sind (vgl. in diesem Sinn schon  - Rn. 16, BAGE 129, 93; - 6 AZR 9/08 - Rn. 15, als Nachfolgeentscheidung zu der vom Kläger angeführten Entscheidung des  - ZTR 2008, 259; ebenso Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Februar 2011 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 131, 133; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand April 2011 § 11 TVÜ-VKA Rn. 30; Müller in BeckOK TVöD Stand Februar 2011 § 11 TVÜ-VKA Rn. 2d). Insoweit stehen § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 TVÜ-VKA in einem eindeutigen und abschließenden Regel-Ausnahmeverhältnis. Hätten die Tarifvertragsparteien, wie die Revision annimmt, Satz 3 dieser Bestimmung nur beispielhaft gemeint, hätten sie dies mit Zusätzen wie „zum Beispiel“, „insbesondere“ oder „etwa“ deutlich gemacht.

142. Entgegen der Annahme des Klägers folgt aus den durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum , also nach Beginn des streitbefangenen Zeitraums, eingefügten Protokollerklärungen zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA nichts anderes. Diese Protokollerklärungen regeln gerade nicht den hier streitbefangenen Fall, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf die Zulage nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA nach einer Unterbrechung des Kindergeldbezugs wieder auflebt. Einen Rückschluss auf den Bedeutungsgehalt des § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA lassen sie darum nicht zu. Die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA erfasst mit dem Ruhen des Entgeltanspruchs des Beschäftigten selbst im Stichmonat September 2005 einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt. Die Protokollerklärungen Nr. 3 und Nr. 4 zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA regeln den Wechsel der Kindergeldberechtigung, setzen aber den ununterbrochenen Anspruch auf Kindergeld für das Kind gerade voraus.

15II. § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 TVÜ-VKA ist mit Art. 3 GG iVm. Art. 6 GG vereinbar. Diese Regelung benachteiligt Eltern, denen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nach einer Unterbrechung der Berufsausbildung des Kindes wieder Kindergeld zusteht, nicht gleichheitswidrig und lässt auch deren durch Art. 6 GG geschützte Belangte nicht gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht.

161. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet jedoch die Arbeitsgerichte dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu einer Gruppenbildung führen, die die durch Art. 6 GG geschützten Belange von Ehe und Familie gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht lässt und deshalb Art. 3 GG verletzt. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht. Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen ( - Rn. 20 f., BAGE 129, 93).

172. Tarifvertragsparteien steht es frei, ob und in welchem Umfang sie neben dem rein arbeitsleistungsbezogenen Entgelt durch einen zusätzlichen Entgeltbestandteil einen sozialen, familienbezogenen Ausgleich gewähren wollen. Nachdem sich die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes zu einem Systemwechsel entschlossen und die ehe- und familienbezogene Ausgleichsfunktion eines Teils des Entgelts für die Zukunft aufgegeben hatten, waren sie an ihre frühere Grundentscheidung, familienbezogene Entgeltbestandteile zu gewähren, auch nicht durch die Grundsätze der Folgerichtigkeit gebunden. Sie durften sich auf die Wahrung des bei Inkrafttreten des TVöD bestehenden Besitzstands beschränken. Sie waren bei der Gestaltung dieser Regelung auch nicht verpflichtet, sämtliche vorstellbaren künftigen Nachteile finanziell auszugleichen oder Vorsorge für jede in Zukunft denkbare Konstellation im Ausbildungs- und Berufsweg der Kinder der Beschäftigten, denen die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA zufließt, zu treffen. Bei der Ausgestaltung dieser Besitzstandsregelung waren sie lediglich gehindert, bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne - auch unter Beachtung der Wertentscheidungen des Art. 6 GG - sachlich vertretbaren Grund von der Besitzstandsregelung hinsichtlich des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Ortszuschlag auszuschließen bzw. bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne einen solchen sachlichen Grund bei Unterbrechungen des Kindergeldbezugs zu begünstigen (vgl.  - Rn. 23, BAGE 129, 93; - 6 AZR 712/07 - Rn. 18, 20, BAGE 128, 219).

18 Diesen Anforderungen genügt § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA.

19a) Der Kläger rügt, er werde gegenüber den Beschäftigten benachteiligt, deren Kinder ohne erforderliche Berufspraxis sofort nach der schulischen Ausbildung ein Studium oder eine Weiterbildung aufnehmen können. Diese Beschäftigten beziehen durchgehend Kindergeld, so dass die Besitzstandszulage auch während des Studiums oder der Weiterbildung weitergezahlt wird, solange die Voraussetzungen für den Kindergeldbezug nach § 32 Abs. 4 EStG erfüllt sind. Die Tarifvertragsparteien durften die endgültige Einstellung der Zulage nach § 11 TVÜ-VKA jedoch auch für die Fälle anordnen, in denen der Anspruch auf Kindergeld nach einer Berufstätigkeit des Kindes wieder entsteht.

20aa) Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Sie dürfen also bestimmte, in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und können Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen, sofern die von ihnen vorgenommenen Verallgemeinerungen im Normzweck angelegt sind und diesem nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden, unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl.  - Rn. 26, BAGE 129, 93).

21bb) Die Tarifvertragsparteien durften darauf abstellen, dass grundsätzlich mit der Einstellung der Kindergeldzahlung der bei Überleitung in den TVöD bestehende und nach ihrem Willen allein schützenswerte Besitzstand der Beschäftigten erlischt. In der als reine Besitzstandsregelung ausgestalteten Bestimmung des § 11 TVÜ-VKA ist die Differenzierung danach, ob der Besitzstand ununterbrochen fortbesteht, dh. das Kindergeld ununterbrochen fortgezahlt wird, oder der Anspruch auf Kindergeld, an den der schützenswerte Besitzstand knüpft, sei es auch nur vorübergehend, untergeht, bereits angelegt. Mit dieser Regelung haben sich die Tarifvertragsparteien von dem bis dahin bestehenden Automatismus, wonach aufgrund der vollinhaltlichen tariflichen Verweisung auf gesetzlich geregelte Anspruchsvoraussetzungen eine Entscheidung über das Kindergeld ohne Weiteres auch für den Anspruch auf die kinderbezogenen Entgeltbestandteile maßgebend sein sollte (vgl.  - Rn. 14, NZA-RR 2008, 610), gelöst. Seit Inkrafttreten des TVöD ist die über § 11 TVÜ-VKA gesicherte kinderbezogene Entgeltkomponente nur noch als Garantie des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Besitzstands, nicht aber als Beitrag zu den Unterhaltslasten für das Kind (vgl. zu diesem Zweck des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag  - Rn. 28, BAGE 129, 93) ausgestaltet.

22Die Tarifvertragsparteien mussten bei ihrer Regelung nicht berücksichtigen, dass es Berufswege gibt, bei denen zwischen schulischen Phasen, in denen ein Kindergeldbezug grundsätzlich in Betracht kommt, auch Phasen der Berufstätigkeit geschaltet sind, in denen nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich kein Kindergeldanspruch besteht (§ 32 Abs. 4 EStG). Sie mussten auch nicht danach differenzieren, ob diese Phasen der Berufstätigkeit - wie im Fall des Sohnes des Klägers - in der Ausbildungsordnung vorgesehen sind oder ob ein Kind eines Beschäftigten sich erst nach einigen Jahren der Berufstätigkeit entschließt, sich weiterzuqualifizieren oder sogar einen gänzlich neuen Berufsweg zu beginnen. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD ist, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl.  - Rn. 21, AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3).

23Dies gilt umso mehr, als auch bei dem Ausbildungsweg des Sohnes des Klägers Fälle denkbar sind, in denen die Zulage nach § 11 TVÜ-VKA fortgezahlt worden wäre. Wird die Technikerausbildung in Teilzeitform absolviert, kann die erforderliche entsprechende berufliche Tätigkeit, die Voraussetzung für die Aufnahme in die Fachschule ist, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung an Ein- und Zweijährigen Fachschulen des Landes Hessen vom (ABl. 06/07 S. 338) während der Fachschulausbildung abgeleistet werden. In solchen Fällen kann darum ungeachtet einer neben der Ausbildung erfolgenden Vollzeit- oder Teilzeiterwerbstätigkeit ein Kindergeldanspruch bestehen, soweit der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschritten ist (vgl.  - BFH/NV 2010, 871). Diese Feinheiten des Kindergeldrechts konnten und mussten die Tarifvertragsparteien in der Besitzstandsregelung des § 11 TVÜ-VKA nicht berücksichtigen, zumal dies der effizienten Umsetzung des neuen Tarifwerks, das die Abschaffung kinderbezogener Entgeltbestandteile anstrebt, entgegengestanden hätte. Sie durften vielmehr pauschalisierend auf die - sei es auch nur vorübergehende - Einstellung des Kindergeldbezugs abstellen und diese zum Anlass nehmen, den Anspruch auf die Besitzstandszulage endgültig untergehen zu lassen.

24b) Auch die vom Kläger angenommene ungerechtfertigte Begünstigung der Eltern, deren Kinder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren, und denen nach dessen Beendigung die Besitzstandszulage (wieder) gezahlt wird, liegt nicht vor.

25aa) Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die Wiederaufnahme der Zahlung der Besitzstandszulage nach Beendigung des Grundwehr- bzw. Zivildienstes Eltern wie ihn nicht diskriminiert. Die Tarifvertragsparteien haben mit § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA dem Umstand Rechnung getragen, dass es sich bei Grundwehrdienst und Zivildienst als dessen Surrogat um Grundpflichten handelte (vgl.  - Rn. 30, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20).

26bb) Die Tarifvertragsparteien durften auch die Eltern, deren Kinder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren, gleichermaßen begünstigen. Insoweit liegt eine grundlegend andere Konstellation als bei der Unterbrechung des Kindergeldbezugs aufgrund einer Berufstätigkeit als Voraussetzung einer weiteren Berufsausbildung vor. Während des freiwilligen sozialen Jahres im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres idF der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 2596) bzw. während des freiwilligen ökologischen Jahres im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres idF der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 2600) sowie des diese Gesetze ablösenden Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten vom (BGBl. I S. 842) besteht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG grundsätzlich weiterhin Anspruch auf Kindergeld (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Stand April 2011 TVÜ-Bund/VKA F § 11 Rn. 9). In dieser Zeit ist damit auch ohne die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA die Besitzstandszulage durchgehend zu zahlen. Insoweit hat § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA lediglich klarstellende Funktion.

27Ohnehin dienen derartige Dienste nicht der Berufsausbildung. Mit ihnen werden in der Regel keine Kenntnisse und Fähigkeiten für den angestrebten Beruf vermittelt. Vielmehr sollen sie den Jugendlichen soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen vermitteln und ihr Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl stärken. Sie dienen insoweit überwiegend der Persönlichkeitsbildung und Orientierung der Jugendlichen (vgl. für das freiwillige ökologische und das freiwillige soziale Jahr  - Rn. 15 f., BFHE 224, 508). Die Berufstätigkeit des Sohnes des Klägers hat jenem dagegen gerade die praktische Berufserfahrung vermittelt, die er als Teil der von ihm gewählten Ausbildung benötigt. An diesen Unterschied durften die Tarifvertragsparteien anknüpfen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
RAAAD-85950