BAG Urteil v. - 9 AZR 510/09

Arbeitnehmerüberlassung - Urlaubsentgelt - übertarifliche Vergütungsbestandteile

Leitsatz

1. In § 11 Abs. 1 BUrlG ist die Bemessungsgrundlage für den nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG unabdingbaren Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub geregelt.

2. Die Tarifvertragsparteien haben nur einen eingeschränkten Gestaltungsspielraum, wenn sie für den gesetzlichen Mindesturlaub von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichende Bemessungsregeln aufstellen. Es muss mindestens das Entgelt sichergestellt sein, das bei Fortführung der Arbeit ohne urlaubsbedingte Freistellung gewöhnlich verdient würde.

Gesetze: § 11 Abs 1 BUrlG, § 13 Abs 1 S 1 BUrlG, § 1 BUrlG, Art 7 Abs 1 EGRL 88/2003, § 1 TVG

Instanzenzug: Az: 13 Ca 98/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: H 2 Sa 164/08 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe von Urlaubsentgelt- und Urlaubsabgeltungsansprüchen.

Der 1961 geborene Kläger war vom bis zum bei dem beklagten Zeitarbeitsunternehmen als Elektromechaniker beschäftigt. Die Beklagte überließ den Kläger durchgehend der A. GmbH zur Arbeitsleistung. Im Arbeitsvertrag vom heißt es ua.:

Die am selben Tag von den Parteien geschlossene „Vereinbarung über eine übertarifliche Zulage bei Kunde“ bestimmt ua.:

Ergänzend hierzu vereinbarten die Parteien unter dem als „Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom “ ua. Folgendes:

5Die Beklagte vergütete einen Tarifurlaub des Klägers mit insgesamt 84 Stunden im Dezember 2006 in Höhe von 10,88 Euro brutto je Stunde sowie einen Urlaub im Januar 2007 mit 42 Stunden in Höhe von 10,06 Euro brutto je Stunde. Weiterhin galt sie im Januar 2007 Urlaub mit 7 Stunden mit 9,37 Euro brutto je Stunde ab. Die A.-Zulage in Höhe von 6,97 Euro sowie die Schicht-/Nachtarbeitspauschale in Höhe von 0,81 Euro je Stunde zahlte die Beklagte während des Urlaubs und im Rahmen der Urlaubsabgeltung nicht.

6Der Kläger machte mit Bevollmächtigtenschreiben vom für Dezember 2006 eine Urlaubsvergütung in Höhe von 17,73 Euro brutto je Stunde geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab. Die Ablichtung des Ablehnungsschreibens trägt den Stempelaufdruck „Eingegangen “.

7Der Kläger hat mit gerichtlichem Eingang am die vorliegende Klage erhoben. Er hat für Dezember 2006 einen Differenzurlaubsentgeltanspruch iHv. 575,40 Euro brutto geltend macht. Mit Schriftsatz vom , eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat er die Klage um einen Differenzurlaubsentgelt- und -abgeltungsanspruch iHv. 360,66 Euro brutto für Januar 2007 erweitert. Darin heißt es am Ende: „Der Beklagten wurde die Klageerweiterung vorab per Fax zur Geltendmachung des Anspruchs zugesandt.“

Der mit dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e. V. (BZA) abgeschlossene Manteltarifvertrag Zeitarbeit in der Fassung vom (MTV BZA) enthält, soweit maßgeblich, folgende Regelungen:

Ferner bestimmt der Entgelttarifvertrag Zeitarbeit in der Fassung vom (ETV BZA):

10Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 das in den 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs stets erhaltene Entgelt von 17,73 Euro brutto je Stunde weiterzuzahlen. Es verstoße gegen § 1 BUrlG, das Urlaubsentgelt zu mindern.

12Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die Urlaubsvergütung des Klägers sei in § 13.3 MTV BZA abschließend bestimmt. Das schließe nur die feste tarifliche Vergütung sowie Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ein. Das dem Kläger im Dezember 2006 gewährte Urlaubsentgelt sei mit 10,88 Euro (zusammengesetzt aus 9,14 Euro festem Entgelt sowie den in den letzten 13 Wochen gezahlten Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit) zutreffend und sogar überhöht bemessen gewesen. Der Kläger habe nämlich im maßgeblichen Zeitraum weder Sonn- noch Feiertags- oder Nachtarbeit geleistet. Auch die im Januar 2007 gewährte Urlaubsvergütung sei nicht zu beanstanden. Sie ergebe sich aus dem gemäß § 2 ETV BZA auf 9,37 Euro angehobenen Stundenentgelt sowie den - allerdings offensichtlich irrtümlich angenommenen - Durchschnittszulagen für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit iHv. 0,72 Euro.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision seine Zahlungsansprüche weiter.

Gründe

14Die zulässige Revision ist begründet. Die Beklagte hat die Urlaubsvergütung und den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers zu gering bemessen. Der Senat kann mangels Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend über die Höhe des dem Kläger zustehenden Gesamtzahlungsanspruchs entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Sache muss deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

15Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat auch als Teil seiner Urlaubsvergütung/Urlaubsabgeltung Anspruch auf Zahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten A.-Zulage in Höhe von 6,97 Euro je Stunde. Er hat ebenso Anspruch auf Zahlung der Schicht-/Nachtarbeitspauschale in Höhe von 0,81 Euro je Stunde, allerdings nur nach einer Durchschnittsberechnung auf der Grundlage der dem Urlaub/der Urlaubsabgeltung vorhergehenden 13 Wochen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG). Für diese Durchschnittsberechnung fehlen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

16I. Gemäß § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf „bezahlten“ Urlaub, dh. auf Vergütung der infolge der Freistellung ausfallenden Arbeitszeiten (sog. Zeitfaktor). Wie diese Zeit zu vergüten ist, bestimmt sich nach dem in § 11 Abs. 1 BUrlG unter Zugrundelegung des Referenzprinzips geregelten Geldfaktor (vgl. Senat - 9 AZR 426/09 - Rn. 52; - 9 AZR 887/08 - Rn. 14, 15, EzA BUrlG § 13 Nr. 60; - 9 AZR 601/00 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 100, 189). § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG stellt dazu als Berechnungsgrundlage auf den Verdienst ab, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn erhalten hat. Dazu zählt jede Form der Vergütung, die als Gegenleistung für erbrachte Tätigkeiten im Referenzzeitraum gezahlt wird. Ausgenommen sind für Überstunden geleistete Vergütungen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BUrlG) und Einmalzahlungen (vgl. Senat - 9 AZR 887/08 - Rn. 29, aaO; - 9 AZR 437/99 - zu I 1 der Gründe, BAGE 95, 112). Umfasst sind alle Entgeltbestandteile, die der Arbeitnehmer gesetzlich oder vertraglich zu erhalten hätte (Senat - 9 AZR 266/99 - zu I 4 der Gründe, AP BUrlG § 11 Nr. 48 = EzA BUrlG § 11 Nr. 45).

17II. Die A.-Zulage und die Schicht-/Nachtarbeitspauschale sind gemäß Ziff. 3 der „Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag“ Bestandteile des laufenden Arbeitsentgelts und werden somit als Gegenleistung für erbrachte Tätigkeit geschuldet. Sie sind deshalb gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG der Bemessung des Urlaubsentgelts und für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch der Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG zugrunde zu legen.

18III. Zwar wäre eine von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichende Bemessung nicht ohne Weiteres unzulässig. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts trifft aber der MTV BZA keine abweichende Regelung. Er bestimmt nicht, dass während des Urlaubs ausschließlich der tarifliche Stundenlohn sowie nur die in § 13.3 MTV BZA aufgeführten Zuschläge (für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtarbeit) fortzuzahlen sind.

191. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei, jede ihnen als angemessen erscheinende andere Berechnungsmethode für das während des Tarifurlaubs fortzuzahlende Entgelt zu vereinbaren (vgl. Senat - 9 AZR 887/08 - Rn. 15, EzA BUrlG § 13 Nr. 60; - 9 AZR 601/00 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 100, 189; - 9 AZR 771/98 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 92, 343). Die gewählte Methode muss jedoch geeignet sein, ein Urlaubsentgelt sicherzustellen, wie es der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung voraussichtlich hätte erwarten können. Das entspricht der Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs, der in Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie erkannt hat, der Begriff des „bezahlten Jahresurlaubs“ bedeute, dass der Arbeitnehmer „für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten“ müsse ( - C-131/04 und C-257/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 50, Slg. 2006, I-2531). Dieser Grundsatz gilt auch für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs iSv. § 3 Abs. 1 BUrlG, der identisch ist mit dem durch Unionsrecht gewährleisteten Mindesturlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie, ABl. EU L 299 vom S. 9). Hieraus folgt für die Tarifvertragsparteien ein eingeschränkter Gestaltungsspielraum, der zum Beispiel die Berechnung des Urlaubsentgelts entsprechend dem konkreten Lohnausfall, die Erweiterung des gesetzlichen Referenzzeitraums, eine Vereinfachung der Entgeltberechnung anhand von Pauschalierungen für variable Lohnbestandteile oder auch eine Berücksichtigung von Zeiten der Kurzarbeit beinhalten kann (vgl. Senat - 9 AZR 52/09 - Rn. 16, ZTR 2010, 367; - 9 AZR 427/09 - Rn. 46; - 9 AZR 887/08 - Rn. 15, aaO; - 9 AZR 844/08 - Rn. 39, 40, EzA BUrlG § 13 Nr. 59; - 9 AZR 535/01 - zu I 1, 2 c der Gründe, BAGE 104, 65; - 9 AZR 601/00 - zu A II 2 der Gründe, aaO; - 9 AZR 107/99 - zu I 2 a, 4 der Gründe, BAGE 93, 376).

20Überschritten wird dieser Gestaltungsspielraum mit der zielgerichteten Herausnahme fester Vergütungsbestandteile, die ohne urlaubsbedingte Freistellung angefallen wären, wie etwa bei der Herausnahme von Zuschlägen für die Lage der Arbeitszeit, die nicht bloß der Abgeltung eines besonderen Aufwands dienen (Senat - 9 AZR 52/09 - Rn. 27, ZTR 2010, 367; - 9 AZR 601/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 100, 189). Nur hinsichtlich des übergesetzlichen Mehrurlaubs sind die Arbeits- und Tarifvertragsparteien frei, weiter reichende Abweichungen von der Bemessungsabsicht des § 11 Abs. 1 BUrlG - wie hier - zu treffen. Die gesetzlichen Bestimmungen kommen allerdings dann wieder zur Geltung, wenn hinsichtlich des Mehrurlaubs eigenständige Regelungen fehlen (vgl. Senat - 9 AZR 887/08 - Rn. 18, EzA BUrlG § 13 Nr. 60; - 9 AZR 983/07 - Rn. 84, AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15; - 9 AZR 658/00 - zu A II der Gründe, BAGE 103, 206; - 9 AZR 601/00 - zu A I 1 der Gründe, aaO).

212. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien mit einer ersatzlosen Herausnahme des um 6,97 Euro erhöhten Stundenlohns und der übertariflichen Vergütungsbestandteile ihren Gestaltungsspielraum für den tariflichen Mehrurlaub überschritten hätten (vgl. zu den Grenzen tariflicher Regelungsmacht: Senat - 9 AZR 52/09 - Rn. 27, ZTR 2010, 367). Die Auslegung des MTV BZA ergibt, dass hier keine derartige Regelung getroffen worden ist.

22a) Bereits nach dem Wortlaut von § 13.3 MTV BZA fehlt ein Hinweis darauf, übertarifliche Vergütungsbestandteile sollten nicht während des Urlaubs gezahlt werden. Dann hätte es beispielsweise heißen müssen: „werden nur die festen Entgeltbestandteile gemäß Abs. 2“ weitergezahlt, oder: „weitere Vergütungen werden während des Urlaubs nicht gezahlt“. Der Wortlaut spricht deshalb für die Beschränkung des Regelungswillens der Tarifvertragsparteien auf die tariflichen Ansprüche. Dies zeigt auch ein Vergleich zu anderen Tarifregelungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung. So bestimmt Ziff. 10.1 des von der „Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA“ mit der „Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V.“ am geschlossenen Manteltarifvertrags, dass neben dem maßgeblichen Tarifentgelt alle sonstigen tariflichen und außertariflichen Zuschläge und Zulagen bei der Bemessung des Urlaubsentgelts unberücksichtigt bleiben. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass im Streitfall die hier vertragsschließenden Tarifvertragsparteien BZA und die Mitgliedsgewerkschaften des DGB einen vergleichsweisen Ausschluss aller Zulagen und Zuschläge treffen wollten. Ein solcher Eingriff hätte deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.

23b) Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass die unabdingbare Pflicht (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) besteht, die gewöhnlich zu erwartende Vergütung nach § 1 BUrlG, § 611 Abs. 1 BGB während des gesetzlichen Mindesturlaubs weiterzuzahlen. Soweit in Tarifverträgen auch für den Mindesturlaub Bemessungsregelungen getroffen werden, ist die Vergütung sicherzustellen, die die Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung gewöhnlich erwarten können. Diese Befugnis wird überschritten, wenn zielgerichtet zur Minderung des Entgelts solche Bestandteile aus der Berechnung herausgenommen werden, die ohne die urlaubsbedingte Freistellung von der Tätigkeit anfallen. Das gilt sowohl für die Vergütung solcher Stunden, die voraussichtlich angefallen wären, als auch für Zuschläge für die Lage der Arbeitszeit, soweit damit nicht die Abgeltung eines besonderen Aufwands verbunden ist (Senat - 9 AZR 52/09 - Rn. 27, ZTR 2010, 367). Anhaltspunkte dafür, dass die den MTV BZA schließenden Tarifvertragsparteien eine derartige gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verstoßende Regelung treffen wollten, sind nicht erkennbar. Es gilt auch hier der Grundsatz, dass Vertragsparteien im Zweifel eine mit dem Gesetz vereinbare Regelung treffen wollen.

24c) Die Tarifvertragsparteien haben ihrer Entgeltregelung auch nicht die Qualität von Höchstarbeitsbedingungen beimessen wollen. Darauf weist die Revision zu Recht hin. Hiergegen spricht schon die im Tarifvertrag selbst angelegte Geltungsbereichsausnahme gemäß § 1.3 MTV BZA, die bei übertariflichem Jahresverdienst ausdrücklich Abweichungen vom Regelungsgefüge des MTV BZA zulässt. Ferner lassen sich arbeitnehmerbegünstigende einzelvertragliche Regelungen gemäß § 4 Abs. 3 TVG schon grundsätzlich nicht kraft Tarifvertrag ausschließen.

25d) Die Tarifnormen § 13.2 und § 13.3 MTV BZA sind auch keiner ergänzenden Auslegung zugänglich. Die ergänzende Tarifvertragsauslegung beschränkt sich auf unbewusste Tariflücken, deren Schließung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben mittels hinreichender Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst möglich ist (vgl. etwa  - Rn. 36 mwN, AP BAT § 15 Nr. 55). Vorliegend fehlt es jedoch bereits an einer Lückenhaftigkeit der Entgeltregelungen in § 13 MTV BZA. Denn diese bilden ein in sich geschlossenes und nicht weiter ergänzbares Regelungsgefüge zum tariflichen Entgelt während des Urlaubs.

26IV. Nach der - mangels abweichender tariflicher Regelungen für übertarifliche Entgelte - heranzuziehenden gesetzlichen Vorschrift des § 11 Abs. 1 BUrlG hat der Kläger für Dezember 2006 und Januar 2007 Anspruch auf weitere Urlaubsvergütung/Urlaubsabgeltung unter Berücksichtigung der A.-Zulage in Höhe von 6,97 Euro sowie der Schicht-/Nachtarbeitspauschale in Höhe von 0,81 Euro jeweils je Stunde.

271. Da die A.-Zulage arbeitsvertraglich den tariflichen Stundenlohn erhöht, ist sie auch für jede abgerechnete Urlaubsstunde zu zahlen.

282. Für die Schicht-/Nachtarbeitspauschale ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG eine Durchschnittsberechnung vorzunehmen. Das Urlaubsentgelt bemisst sich deshalb nach dem entsprechenden durchschnittlichen Arbeitsverdienst in den maßgeblichen letzten 13 Wochen. Nach Ziff. 3 der Zusatzvereinbarung vom wird die Schicht-/Nachtarbeitspauschale nur gezahlt, wenn in Schicht oder während der Nacht gearbeitet wird. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 maßgeblichen 13-wöchigen Referenzzeiträume aus seiner Sicht konsequent keine Feststellungen getroffen. Der Senat kann deshalb den Anspruch der Höhe nach nicht berechnen. Das Landesarbeitsgericht hat die dazu notwendigen Feststellungen nachzuholen.

29V. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Der Kläger hat alle Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht.

301. Gemäß § 16 MTV BZA sind „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten (bei Ausscheiden ein Monat) nach Fälligkeit schriftlich“ sowie bei anschließender schriftlicher Ablehnung durch die Gegenpartei „innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich“ geltend zu machen. Der Anspruch auf Urlaubsentgelt unterliegt - anders als der Anspruch auf Urlaubsgewährung - dem tariflichen Verfall (vgl. Senat - 9 AZR 160/04 - zu I 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 12 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 178).

312. Den Vorgaben der zweistufigen Ausschlussfrist war vorliegend genügt.

32a) Das Geltendmachungsschreiben der Klägerbevollmächtigten für die erhöhte Urlaubsvergütung aus Dezember 2006 ging der Beklagten spätestens am zu. Das Faxschreiben mit den Forderungen nach erhöhter Urlaubsvergütung für Januar 2007 und erhöhter Urlaubsabgeltung wurde spätestens am empfangen. Die schriftliche Geltendmachung der Urlaubsvergütung für Dezember 2006 lag nicht länger als zwei Monate seit Fälligkeit zurück, denn der Anspruch auf Urlaubsentgelt war abweichend von § 11 Abs. 2 BUrlG nicht vor Urlaubsantritt fällig geworden. Vielmehr galt für den Betrieb der Beklagten ein anderer Fälligkeitstermin als vereinbart, weil die Urlaubsvergütung des Arbeitnehmers in die allgemeine Abrechnung einbezogen wurde, die jeweils erst vom Letzten des Abrechnungsmonats datiert (vgl. Senat - 9 AZR 160/04 - zu II der Gründe, aaO; - 9 AZR 601/00 - zu A II 4 e der Gründe, BAGE 100, 189). Deshalb hatte der bis zum beschäftigte Kläger für die Geltendmachung der Urlaubsvergütung sowohl für den Urlaub im Dezember 2006 (Abrechnung ) und im Januar 2007 (Abrechnung ) als auch für die Urlaubsabgeltung (Abrechnung ) bis Ende Februar 2007 Zeit zur Geltendmachung.

33b) Auch die zweite Stufe der Verfallfrist ist gewahrt. Nachdem die Beklagte den geltend gemachten Anspruch mit Schreiben vom (Eingangsstempel der Klägerbevollmächtigten vom ) abgelehnt hatte, machte der Kläger mit Faxeingang bei Gericht am die Klage auf erhöhte Urlaubsvergütung für den im Dezember 2006 gewährten Urlaub anhängig. Das genügte zur fristwahrenden gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs entsprechend § 167 ZPO (vgl. Senat - 9 AZR 416/07 - Rn. 22, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190;  - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2).

Die Ansprüche auf erhöhte Urlaubsvergütung für Januar 2007 und auf weitere Urlaubsabgeltung machte der Kläger mit seinem Klageerweiterungsschriftsatz geltend. Dieser ging noch rechtzeitig am bei Gericht ein. Damit sind beide Stufen der Verfallfrist des § 16 MTV BZA gewahrt.

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 2431 Nr. 40
BB 2011 S. 564 Nr. 9
BB 2011 S. 893 Nr. 14
GmbHR 2010 S. 346 Nr. 22
StBW 2010 S. 900 Nr. 19
IAAAD-61581