BGH Beschluss v. - IX ZB 121/10

Abweisung der Insolvenzverfahrenseröffnung mangels Masse: Berücksichtigung der nachträglichen Befriedigung der Forderung des antragstellenden Gläubigers im Beschwerdeverfahren

Leitsatz

Im Beschwerdeverfahren gegen die Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels Masse ist die nach Erlass des Ablehnungsbeschlusses erfolgte Befriedigung der Forderung des den Insolvenzantrag stellenden Gläubigers nicht zu berücksichtigen .

Gesetze: § 6 InsO, § 26 InsO, § 34 Abs 1 InsO

Instanzenzug: LG Konstanz Az: 62 T 47/10 A Beschlussvorgehend AG Konstanz Az: 40 IN 117/09

Gründe

1Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).

21. Die von der Rechtsbeschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob Einwendungen gegen den vollstreckbaren Titel, der Grundlage des Insolvenzantrags des Gläubigers ist, ausnahmsweise nicht im dafür vorgesehenem Verfahren verfolgt werden müssen, wenn die Tatsachen, die dem Titel entgegenstehen, unstreitig oder offensichtlich sind (vgl. , WM 2006, 1632, 1633; v. - IX ZB 15/06, NZI 2006, 642; v. - IX ZB 12/07, ZInsO 2008, 103 Rn. 9; v. - IX ZB 26/08, ZInsO 2009, 2072 Rn. 5), stellt sich nicht. Es geht nicht um die nachträgliche Beseitigung der Vollstreckbarkeit eines Titels, auf den der Antragsteller seine Forderung stützt. Der Schuldner will vielmehr die Erfüllung der Forderung des Antragstellers nach Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Abweisung des Gläubigerantrags mangels Masse geltend machen. Insoweit hatte das Beschwerdegericht nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners zum Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde noch keine Kenntnis von der erst nach Erlass seiner Entscheidung mitgeteilten Erfüllung.

32. Auf die weiter für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob in Analogie zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können (, NJW 2002, 1130, 1131; v. - XII ZR 146/08, NJW 2009, 3783 Rn. 27), kommt es nicht an. Liegt ein zulässiger Insolvenzantrag vor, hat das Insolvenzgericht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO von Amts wegen die Deckung der Verfahrenskosten zu ermitteln; maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Insolvenzantrag (Jaeger/Schilken, InsO § 26 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 26 Rn. 18 f; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 26 Rn. 33). Liegen sämtliche Eröffnungsvoraussetzungen vor und fehlt es nur an der Deckung der Verfahrenskosten, so lehnt das Insolvenzgericht - sieht man einmal von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Verfahrenskostenstundung und der Einzahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO ab - die Verfahrenseröffnung ab. Diese Entscheidung, deren Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts hier unstreitig gegeben waren, kann nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Antragstellers zu Fall gebracht werden. Die spätere Befriedigung der Forderung des Gläubigers ändert nichts an der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts die Voraussetzungen für eine Abweisung mangels Masse gegeben waren. Beschwerde- und Rechtsbeschwerdegericht haben deshalb den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers, ungeachtet der Frage, zu welchem Zeitpunkt er erfolgt ist, bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die Abweisung mangels Masse nicht zu berücksichtigen.

43. Eine Gehörsverletzung liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats (, Rn. 2) reicht es aus, wenn dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Begründung seines Rechtsmittels zur Verfügung steht. Hier ist die sofortige Beschwerde des Schuldners am beim Insolvenzgericht eingegangen. Der Einzelrichter hat dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners telefonisch am eine Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde bis zum gesetzt. Die 14-tägige Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde war damit gewahrt, zumal das Beschwerdegericht die Entscheidung über das Rechtsmittel tatsächlich erst am getroffen hat. Gelegenheit zum Ausgleich der der Forderung des Gläubigers brauchte das Beschwerdegericht dem Schuldner nicht zu geben, weil es hierauf aus den vorstehenden Gründen ohnehin nicht ankam.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
DStR 2011 S. 632 Nr. 13
NJW 2011 S. 8 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 4/2011 S. 264
StuB-Bilanzreport Nr. 6/2011 S. 240
WM 2011 S. 135 Nr. 3
ZIP 2011 S. 90 Nr. 2
NAAAD-59411