BFH Beschluss v. - VIII B 78/10

Unterlassen der Aussetzung des Verfahrens kann Verfahrensmangel darstellen; Aussetzung des Verfahrens ist eine Ermessensentscheidung; Aufteilung der Steuer zum Zwecke einer Haftungsbeschränkung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 74, AO § 268

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet. Der von den Klägern und Beschwerdeführern gerügte Verfahrensmangel der unterlassenen Aussetzung des Verfahrens liegt nicht vor.

2 Zwar kann das Unterlassen der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Verfahrensmangel darstellen (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 103). Im Streitfall ist ein solcher indes nicht gegeben, da für das Finanzgericht (FG) keine beachtlichen Gründe gegeben waren, die eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO rechtfertigen konnten. Die Aussetzung des Verfahrens ist grundsätzlich eine Ermessensentscheidung, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom XI B 126/01, BFH/NV 2003, 189). Gegen die hier getroffene Entscheidung des FG bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Das FG hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2004 (Az. 5 K 1464/06) sei für das die Aufteilungsbescheide betreffende Klageverfahren nicht vorgreiflich, weil beide Verfahren nicht derart miteinander verknüpft seien, dass eine einheitliche Entscheidung ergehen müsse (vgl. dazu auch , BFH/NV 2001, 1521). Diese Auffassung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Sollte nämlich das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2004 zu einer Verminderung oder Erhöhung der Einkommensteuerfestsetzung führen, so wären daraus gemäß § 273 Abs. 1 bzw. § 280 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auch Konsequenzen für den Aufteilungsbescheid zu ziehen. Zudem ordnet § 276 Abs. 6 Satz 2 AO für etwaige Überzahlungen ausdrücklich die Erstattung des überzahlten Betrages an.

3 Zutreffend weist das FG in diesem Zusammenhang im Übrigen darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Aufteilung der Steuer gemäß §§ 268 ff. AO zu Gunsten von zur Einkommensteuer zusammen veranlagten Gesamtschuldnern lediglich eine Vollstreckungsbeschränkung im Sinne einer persönlichen Haftungsbeschränkung bezweckt (vgl. Müller/Eiselt in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 268 AO Rz 1 f.), nicht aber einen Ausschluss der Vollstreckung. Denn die Aufteilung der Steuerschuld nach den §§ 268 ff. AO berührt die Gesamtschuld gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 AO als solche nicht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1521).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 299 Nr. 2
TAAAD-58784