EuGH Urteil v. - C-118/08

Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten - Äquivalenzgrundsatz - Verstoß gegen das Unionsrecht und die nationale Verfassung

Leitsatz

Das Unionsrecht steht der Anwendung einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach eine Staatshaftungsklage, die auf eine in einem Urteil des Gerichtshofs gemäß Art. 226 EG festgestellte Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz gestützt wird, nur Erfolg haben kann, wenn der Kläger zuvor alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat, die auf die Anfechtung der Gültigkeit des auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen beschwerenden Verwaltungsakts gerichtet sind, während eine solche Regelung nicht für eine Staatshaftungsklage gilt, die darauf gestützt wird, dass das zuständige Gericht das betreffende Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat.

Instanzenzug: Tribunal Supremo (Spanien) - Entscheidung vom ,

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz in Bezug auf die in der spanischen Rechtsordnung geltenden Regeln für Staatshaftungsklagen wegen Verletzung des Unionsrechts.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Transportes Urbanos y Servicios Generales SAL (im Folgenden: Transportes Urbanos) und der Administración del Estado wegen der Abweisung der von diesem Unternehmen erhobenen Klage auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung wegen Verletzung des Unionsrechts.

Rechtlicher Rahmen

Sechste Richtlinie

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) bestimmt in ihrem Art. 17 Abs. 2 und 5 in seiner Fassung aufgrund ihres Art. 28f:

"(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;

b) die Mehrwertsteuer, die für eingeführte Gegenstände im Inland geschuldet wird oder entrichtet worden ist;

c) die Mehrwertsteuer, die nach Artikel 5 Absatz 7 Buchstabe a), Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 28a Absatz 6 geschuldet wird;

...

(5) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

..."

Art. 19 der Sechsten Richtlinie nennt die Kriterien für die in ihrem Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 vorgesehene Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs.

Nationales Recht

Art. 163 der spanischen Verfassung (im Folgenden: Verfassung) sieht vor:

"Wenn ein rechtsprechendes Organ in einem Verfahren der Ansicht ist, dass eine auf den konkreten Fall anwendbare Norm mit Gesetzesrang, von deren Gültigkeit der Urteilsspruch abhängt, verfassungswidrig sein könnte, legt es die Frage dem Tribunal Constitucional [Verfassungsgericht] vor, und zwar gemäß den Voraussetzungen, in der Form und mit den Auswirkungen, die das Gesetz vorsieht und die keinesfalls aufschiebenden Charakter haben können."

Das Gesetz 37/1992 vom 28. Dezember 1992 über die Mehrwertsteuer (BOE Nr. 312 vom , S. 44247) in der durch das Gesetz 66/1997 vom (BOE Nr. 313 vom , S. 38517) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz 37/1992) beschränkt das Recht des Steuerpflichtigen, auf den Erwerb von mit Subventionen finanzierten Gegenständen oder Dienstleistungen entfallende Mehrwertsteuerbeträge abzuziehen. Diese Beschränkungen sind ab dem Steuerjahr 1998 in Kraft getreten.

Nach dem Gesetz 37/1992 muss der Steuerpflichtige außerdem in regelmäßigen Abständen Erklärungen abgeben, in denen er die von ihm geschuldeten Mehrwertsteuerbeträge zu berechnen hat (im Folgenden: Selbstveranlagungen).

Gemäß dem Allgemeinen Steuergesetz 58/2003 vom (BOE Nr. 303 vom , S. 44987) kann der Steuerpflichtige die Berichtigung seiner Selbstveranlagungen und gegebenenfalls die Erstattung rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen verlangen. Nach den Art. 66 und 67 dieses Gesetzes beträgt die Frist für die Verjährung dieses Rechts vier Jahre und beginnt grundsätzlich mit dem Tag, der auf den Tag, an dem die rechtsgrundlos geleistete Zahlung vorgenommen wurde, oder auf den Tag folgt, an dem die Frist für die Einreichung der Selbstveranlagung ablief, wenn die rechtsgrundlos geleistete Zahlung innerhalb dieser Frist vorgenommen worden war.

Zum Ausgangsrechtsstreit

Mit Urteil vom , Kommission/Spanien (C-204/03, Slg. 2005, I-8389), hat der Gerichtshof entschieden, dass die im Gesetz 37/1992 vorgesehenen Beschränkungen des Vorsteuerabzugsrechts mit Art. 17 Abs. 2 und 5 sowie Art. 19 der Sechsten Richtlinie unvereinbar sind.

Transportes Urbanos, die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 nach dem Gesetz 37/1992 Selbstveranlagungen vorgenommen hatte, machte von ihrem Recht, gemäß dem Allgemeinen Steuergesetz 58/2003 die Berichtigung dieser Selbstveranlagungen zu verlangen, keinen Gebrauch. Tatsächlich steht fest, dass dieses Recht bei Erlass des oben genannten Urteils Kommission/Spanien durch den Gerichtshof verjährt war.

Transportes Urbanos erhob daraufhin beim spanischen Ministerrat eine Klage auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung. Im Rahmen dieser Klage trägt sie vor, dadurch, dass der spanische Gesetzgeber - wie vom Gerichtshof in dem oben genannten Urteil Kommission/Spanien festgestellt - gegen die Sechste Richtlinie verstoßen habe, sei ihr ein Schaden in Höhe von 1 228 366,39 Euro entstanden. Dieser Betrag entspreche der Mehrwertsteuer, die die spanische Finanzverwaltung im Lauf der erwähnten Veranlagungszeiträume rechtsgrundlos erhoben habe, und den Erstattungen, die sie für die betreffenden Zeiträume hätte verlangen können.

Mit Entscheidung vom wies der Ministerrat die Klage von Transportes Urbanos ab und führte zur Begründung aus, dadurch, dass das Unternehmen nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist die Berichtigung der betreffenden Selbstveranlagungen verlangt habe, sei der unmittelbare Kausalzusammenhang zwischen der dem spanischen Staat vorgeworfenen Verletzung des Unionsrechts und dem behaupteten Schaden unterbrochen worden.

Der Ministerrat stützt seine Klageabweisung insbesondere auf zwei Urteile des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vom und vom (im Folgenden: streitige Rechtsprechung), nach denen bei Staatshaftungsklagen wegen Verletzung des Unionsrechts die Regel gilt, dass zuvor alle außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfe gegen den beschwerenden Verwaltungsakt, der in Anwendung eines gegen das Unionsrecht verstoßenden nationalen Gesetzes erlassen worden ist, ausgeschöpft worden sein müssen.

Am legte Transportes Urbanos gegen die Abweisung ihrer Klage durch den Ministerrat ein Rechtsmittel beim Tribunal Supremo ein.

Vorlageentscheidung und Vorlagefrage

In seiner Vorlageentscheidung führt das Tribunal Supremo aus, dass nach der streitigen Rechtsprechung für eine Staatshaftungsklage wegen Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes anders als für eine Staatshaftungsklage wegen Unvereinbarkeit dieses Gesetzes mit dem Unionsrecht nicht Voraussetzung sei, dass zuvor alle Rechtsbehelfe gegen den auf dieses Gesetz gestützten beschwerenden Verwaltungsakt ausgeschöpft worden seien.

Der Grund für die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Klagen liege in den Unterschieden zwischen den Rechtsbehelfen, die gegen einen Verwaltungsakt eingelegt werden könnten, je nachdem, ob diese Rechtsbehelfe auf die Unvereinbarkeit des Verwaltungsakts mit dem Unionsrecht oder auf die Verfassungswidrigkeit des nationalen Gesetzes, in dessen Anwendung der Verwaltungsakt erlassen worden sei, gestützt würden.

Nach der streitigen Rechtsprechung genieße das nationale Gesetz nämlich die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit und verleihe auch den darauf gestützten Verwaltungsakten die Vermutung der "Rechtmäßigkeit". Folglich könnten weder die Behörden noch die Gerichte diese Akte für nichtig erklären, ohne dass das Tribunal Constitucional aufgrund eines Antrags auf konkrete Normenkontrolle gemäß Art. 163 der Verfassung, der nur von dem mit dem Rechtsstreit befassten Gericht gestellt werden dürfe, das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit durch Urteil für nichtig erklärt habe.

Würde als Voraussetzung für die Befugnis zur Erhebung einer auf einen Verfassungsverstoß gestützten Staatshaftungsklage verlangt, dass zuvor alle außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfe gegen den beschwerenden Verwaltungsakt ausgeschöpft worden seien, würde daher dem Einzelnen im Ergebnis die Verpflichtung auferlegt, den in Anwendung des aus seiner Sicht verfassungswidrigen Gesetzes erlassenen Verwaltungsakt zuerst im Verwaltungsweg und später gerichtlich unter Erschöpfung sämtlicher Instanzen anzufechten, bis eines der angerufenen Gerichte schließlich entschiede, einen Antrag auf konkrete Normenkontrolle in Bezug auf dieses Gesetz beim Tribunal Constitucional zu stellen. Dies wäre unverhältnismäßig und hätte unannehmbare Folgen.

Seien die zuständigen Behörden oder Gerichte demgegenüber der Ansicht, dass ein Verwaltungsakt in Anwendung eines mit dem Unionsrecht unvereinbaren Gesetzes ergangen sei, wären sie nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gehalten, weder dieses Gesetz noch die auf seiner Grundlage erlassenen Verwaltungsakte anzuwenden. Daher könnten diese Stellen unmittelbar auf Nichtigerklärung des beschwerenden Verwaltungsakts und dementsprechend Leistung von Schadensersatz in voller Höhe in Anspruch genommen werden.

Ferner müsse nach der streitigen Rechtsprechung ein Verstoß gegen das Unionsrecht, der die Haftung des Staates auslösen könne, durch eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs festgestellt werden. Die Wirkungen eines nach Art. 267 AEUV erlassenen Urteils des Gerichtshofs seien aber nicht mit denen eines Urteils des Tribunal Constitucional vergleichbar, mit dem ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt werde, da nur die Entscheidung des Tribunal Constitucional zur rückwirkenden Nichtigkeit dieses Gesetzes führe.

Vor diesem Hintergrund hat das Tribunal Supremo das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Läuft die in der streitigen Rechtsprechung vorgenommene unterschiedliche rechtliche Behandlung von Ansprüchen auf Haftung des Staates für gesetzgeberisches Handeln je nachdem, ob diese Ansprüche wegen Verwaltungsakten geltend gemacht werden, die in Anwendung eines für verfassungswidrig erklärten Gesetzes erlassen wurden, oder wegen Verwaltungsakten, die in Anwendung einer Vorschrift erlassen wurden, deren Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht festgestellt wurde, dem Äquivalenzgrundsatz und dem Effektivitätsgrundsatz zuwider?

Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

Nach Auffassung der spanischen Regierung ist der Gerichtshof nicht zuständig, über die Vereinbarkeit gerichtlicher Entscheidungen wie derjenigen, um die es sich bei der streitigen Rechtsprechung handelt, mit dem Unionsrecht zu befinden, da das Tribunal Supremo selbst in der Lage sei, diese Rechtsprechung zu ändern, wenn es der Ansicht sei, dass sie nicht mit dem Unionsrecht in Einklang stehe.

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es zwar nicht Sache des Gerichtshofs ist, im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens die Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Unionsrecht zu beurteilen, der Gerichtshof aber wiederholt entschieden hat, dass er befugt ist, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit zu befinden (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom , Hünermund u. a., C-292/92, Slg. 1993, I-6787, Randnr. 8, und vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7, C-380/05, Slg. 2008, I-349, Randnr. 50).

Ob die Regeln des nationalen Rechts, deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht im Licht der vom Gerichtshof gegebenen Auslegungshinweise das vorlegende Gericht zu beurteilen hat, aus dem Bereich der Gesetzgebung, der Verwaltung oder der Rechtsprechung stammen, berührt, wie der Generalanwalt in Nr. 13 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen insoweit nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten nach Art. 267 AEUV allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Sofern die vorgelegten Fragen die Auslegung des Unionsrechts betreffen, ist der Gerichtshof somit grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom , PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 38, vom , Korhonen u. a., C-18/01, Slg. 2003, I-5321, Randnr. 19, und vom , VTB-VAB und Galatea, C-261/07 und C-299/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 32).

Der Gerichtshof ist hier nicht aufgerufen, das nationale Recht oder ein Urteil eines nationalen Gerichts auszulegen, sondern dem vorlegenden Gericht Hinweise zur Auslegung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz zu geben, damit dieses beurteilen kann, ob es nach dem Unionsrecht gehalten ist, nationale Regelungen über Staatshaftungsklagen wegen Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz unangewendet zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Lucchini, C-119/05, Slg. 2007, I-6199, Randnr. 46).

Der Gerichtshof ist somit zuständig, über das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen zu befinden.

Zur Vorlagefrage

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht verstößt, wonach für Staatshaftungsklagen, die auf eine Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz gestützt werden, Voraussetzung ist, dass zuvor alle Rechtsbehelfe gegen den beschwerenden Verwaltungsakt ausgeschöpft worden sind, obwohl diese Voraussetzung nicht gilt, wenn Staatshaftungsklagen darauf gestützt werden, dass das betreffende Gesetz verfassungswidrig sei.

Vorbemerkungen

Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Haftung des Staates für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, dem System der Verträge innewohnt, auf denen die Union beruht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Francovich u. a., C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357, Randnr. 35, vom , Brasserie du pêcheur und Factortame, C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029, Randnr. 31, und vom , Danske Slagterier, C-445/06, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 19).

Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass die Geschädigten einen Entschädigungsanspruch haben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten, der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (vgl. in diesem Sinne Urteil Danske Slagterier, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Gerichtshof hat außerdem klargestellt, dass vorbehaltlich des Anspruchs auf Entschädigung, der seine Grundlage auf diese Weise unmittelbar im Unionsrecht hat, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, der Staat die Folgen des entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben hat, wobei die im nationalen Schadensersatzrecht festgelegten Voraussetzungen nicht weniger günstig sein dürfen als bei ähnlichen Rechtsbehelfen, die nur nationales Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Köbler, C-224/01, Slg. 2003, I-10239, Randnr. 58, und vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C-524/04, Slg. 2007, I-2107, Randnr. 123).

Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, ist die Vorlagefrage deshalb im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

Zum Äquivalenzgrundsatz

Der Äquivalenzgrundsatz verlangt nach ständiger Rechtsprechung, dass bei der Anwendung sämtlicher für Rechtsbehelfe geltenden Vorschriften nicht danach unterschieden wird, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen internes Recht gerügt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Edis, C-231/96, Slg. 1998, I-4951, Randnr. 36, vom , Levez, C-326/96, Slg. 1998, I-7835, Randnr. 41, vom , Preston u. a., C-78/98, Slg. 2000, I-3201, Randnr. 55, und vom , i-21 Germany und Arcor, C-392/04 und C-422/04, Slg. 2006, I-8559, Randnr. 62).

Dieser Grundsatz kann jedoch nicht so verstanden werden, dass er einen Mitgliedstaat verpflichtet, die günstigste innerstaatliche Regelung auf alle Klagen zu erstrecken, die auf einem bestimmten Rechtsgebiet erhoben werden (Urteile Levez, Randnr. 42, vom 9. Februar 1999, Dilexport, C-343/96, Slg. 1999, I-579, Randnr. 27, und vom 29. Oktober 2009, Pontin, C-63/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45).

Um festzustellen, ob der Äquivalenzgrundsatz im Ausgangsverfahren gewahrt ist, ist daher zu prüfen, ob im Hinblick auf ihren Gegenstand und ihre wesentlichen Merkmale die von Transportes Urbanos erhobene, auf eine Verletzung des Unionsrechts gestützte Staatshaftungsklage und die Staatshaftungsklage, die dieses Unternehmen unter Berufung auf einen möglichen Verfassungsverstoß hätte einreichen können, als gleichartig angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Preston u. a., Randnr. 49).

Was den Gegenstand der in der vorstehenden Randnummer erwähnten Staatshaftungsklagen betrifft, so ist er in beiden identisch und besteht im Ersatz des Schadens, den der Verletzte durch staatliches Tun oder Unterlassen erlitten haben will.

Was die wesentlichen Merkmale der Klagen angeht, nimmt die im Ausgangsverfahren streitige Regel der vorherigen Ausschöpfung aller Rechtsbehelfe eine Unterscheidung zwischen diesen Klagen vor, indem sie vom Kläger nur dann die vorherige Ausschöpfung der Rechtsbehelfe gegen den beschwerenden Verwaltungsakt verlangt, wenn sich die Staatshaftungsklage darauf stützt, dass das nationale Gesetz, in dessen Anwendung der betreffende Akt erlassen worden ist, gegen das Unionsrecht verstößt.

Anders als bestimmte der in Randnr. 20 des vorliegenden Urteils angeführten Entwicklungen der streitigen Rechtsprechung nahezulegen scheinen, hängt der Ersatz des Schadens, der durch den Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht verursacht wird, jedoch nicht davon ab, dass dieser Verstoß in einem Urteil festgestellt worden ist, das der Gerichtshof im Wege einer Vorabentscheidung erlassen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Brasserie du pêcheur und Factortame, Randnrn. 94 bis 96, vom , Dillenkofer u. a., C-178/94, C-179/94 und C-188/94 bis C-190/94, Slg. 1996, I-4845, Randnr. 28, und Danske Slagterier, Randnr. 37).

Allerdings hat Transportes Urbanos im Ausgangsverfahren ihre Klage auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung ausdrücklich auf das gemäß Art. 226 EG erlassene Urteil Kommission/Spanien gestützt, mit dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass das Gesetz 37/1992 gegen die Sechste Richtlinie verstößt.

Ferner ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass sich Transportes Urbanos deshalb mit der betreffenden Klage an den Ministerrat gewandt hat, weil die Fristen für die Einreichung eines Antrags auf Berichtigung der für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 vorgenommenen Selbstveranlagungen abgelaufen waren, als das Urteil Kommission/Spanien erging.

Wie in den Randnrn. 12 und 13 des vorliegenden Urteils ausgeführt, wurde die fragliche Klage aber vom Ministerrat gerade deswegen abgewiesen, weil Transportes Urbanos nicht vor Erhebung dieser Klage die Berichtigung ihrer Selbstveranlagungen beantragt hatte.

Hätte Transportes Urbanos ihre Schadensersatzklage unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung dagegen auf ein Urteil des Tribunal Constitucional stützen können, mit dem dasselbe Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit für nichtig erklärt wird, hätte der Vorlageentscheidung zufolge dieser Klage stattgegeben werden können, und zwar unabhängig davon, dass das betreffende Unternehmen nicht die Berichtigung der genannten Selbstveranlagungen beantragt hatte, bevor die hierfür vorgesehenen Fristen abgelaufen waren.

Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass in dem besonderen, dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Kontext, wie er in der Vorlageentscheidung beschrieben worden ist, der einzige Unterschied zwischen den beiden in Randnr. 35 des vorliegenden Urteils erwähnten Klagen darin besteht, dass die Rechtsverstöße, auf die sie sich stützen, im Fall der einen Klage vom Gerichtshof mit einem Urteil gemäß Art. 226 EG und im Fall der anderen mit einem Urteil des Tribunal Constitucional festgestellt worden wären.

Dieser Umstand allein genügt angesichts dessen, dass in der Vorlageentscheidung keine anderen Gesichtspunkte genannt werden, die darauf schließen ließen, dass zwischen der von Transportes Urbanos tatsächlich erhobenen Staatshaftungsklage und der, die sie auf der Grundlage eines vom Tribunal Constitucional festgestellten Verfassungsverstoßes hätte einreichen können, andere Unterschiede bestehen, nicht, um zwischen den beiden Klagen im Hinblick auf den Äquivalenzgrundsatz zu unterscheiden.

Bei dieser Sachlage sind diese beiden Klagen als gleichartig im Sinne der in Randnr. 35 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung anzusehen.

Folglich verstößt angesichts der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Umstände die Anwendung einer Regelung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, gegen den Äquivalenzgrundsatz.

Demgemäß erübrigt es sich, die im Ausgangsverfahren streitige Regel, wonach zuvor alle Rechtsbehelfe ausgeschöpft worden sein müssen, im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz zu prüfen.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass das Unionsrecht der Anwendung einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach eine Staatshaftungsklage, die auf eine mit einem Urteil des Gerichtshofs gemäß Art. 226 EG festgestellte Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz gestützt wird, nur Erfolg haben kann, wenn der Kläger zuvor alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat, die auf die Anfechtung der Gültigkeit des auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen beschwerenden Verwaltungsakts gerichtet sind, während eine solche Regelung nicht für eine Staatshaftungsklage gilt, die darauf gestützt wird, dass das zuständige Gericht das betreffende Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Das Unionsrecht steht der Anwendung einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach eine Staatshaftungsklage, die auf eine in einem Urteil des Gerichtshofs gemäß Art. 226 EG festgestellte Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz gestützt wird, nur Erfolg haben kann, wenn der Kläger zuvor alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat, die auf die Anfechtung der Gültigkeit des auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen beschwerenden Verwaltungsakts gerichtet sind, während eine solche Regelung nicht für eine Staatshaftungsklage gilt, die darauf gestützt wird, dass das zuständige Gericht das betreffende Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat.

Fundstelle(n):
GAAAD-56133