BGH Beschluss v. - IX ZA 15/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Magdeburg, 10 O 229/09 vom OLG Naumburg, 5 U 97/09 vom

Gründe

Die Prozesskostenhilfe ist zu versagen, weil die in Aussicht genommene Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO). Eine etwaige Nichtzulassungsbeschwerde wird wegen Versäumung der in § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmte Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Urteils als unzulässig zu verwerfen sein. Innerhalb der vorbezeichneten Frist, die am endete, ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof nicht eingegangen.

Wiedereinsetzung in die versäumte Frist (§ 233 ZPO) wird der Beklagten nicht gewährt werden können, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet ist. Unterbleibt die fristgerechte Rechtsmitteleinlegung wegen wirtschaftlichen Unvermögens, ist die Frist zwar unverschuldet versäumt, wenn die Partei bis zu deren Ablauf einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag einreicht oder den ohne Verschulden der Partei unvollständigen Antrag innerhalb der Frist des § 234 ZPO ergänzt (vgl. , NJW 2002, 2180; v. - XII ZB 116/05, MDR 2006, 166 f; v. - VII ZA 7/06, FamRZ 2007, 809, Rn. 4) oder überhaupt erstmals einreicht (, WM 2009, 2328, Rn. 5 m.w.N.). Hier fehlt es indes an diesen Voraussetzungen.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe, den der Prozessbevollmächtigte der Beklagten innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt hat, war unvollständig. Am sind beim Bundesgerichtshof zwei gleichlautende Telefaxschreiben eingegangen, mit denen der Prozessbevollmächtigte für die Beklagte um Prozesskostenhilfe nachgesucht hat. Beiden Schreiben lagen keinerlei Angaben oder Belege über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten bei. Diese Dokumente haben den Bundesgerichtshof erst am darauffolgenden Tag - und damit außerhalb der Rechtsmittelfrist - auf dem Postweg erreicht.

Die Fristüberschreitung war überdies auch nicht unverschuldet, sondern ist vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dessen Verschulden sie sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, zu vertreten. Die Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Originalschriftsatz mitsamt ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen rechtzeitig (vgl. , NJW 2003, 3712, 3713) am an den Bundesgerichtshof abgesandt worden ist. Die Darstellungen sowohl ihres Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom als auch die eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin D. sind nicht frei von Widersprüchen. Der Originalschriftsatz trägt im Adressfeld den Aufdruck "Vorab per Fax an: [...]". Trotzdem soll er am Tag seiner Abfassung nur postalisch versandt worden sein. Das ist nicht erklärlich und widerspricht der üblichen anwaltlichen Praxis. Zwei Tage später, just dem Tag des Fristablaufs, soll die Angestellte D. vom Prozessbevollmächtigten den Auftrag erhalten haben, den angeblich schon versandten Schriftsatz doch noch einmal an den Bundesgerichtshof zu senden. Auch das ist nicht nachvollziehbar. Wenn der Schriftsatz tatsächlich schon am postalisch versandt worden wäre, hätte für den Prozessbevollmächtigen keine Handlungsnotwendigkeit mehr bestanden. Er hätte sich nicht einmal beim Bundesgerichtshof nach dem Eingang erkundigen müssen (, NJW-RR 1992, 1020, 1021). Warum er dennoch die abermalige Versendung per Fax veranlasste, ist nicht ersichtlich. Dieses Verhalten erstaunt umso mehr, als die anwaltliche Bearbeitung des Vorgangs am 22. März abgeschlossen gewesen sein müsste. Nach der Darstellung des Prozessbevollmächtigten hat er den Schriftsatz an jenem Tag einschließlich Abschriften unterzeichnet bzw. beglaubigt und zur geschäftsmäßigen Weiterbearbeitung gegeben. Danach bestand für ihn bis auf weiteres keine Veranlassung mehr, sich um den Vorgang zu kümmern. Angesichts dieser Widersprüche ist der naheliegende Verdacht, dass der Schriftsatz tatsächlich erst am Tag des Fristablaufs gefertigt und um zwei Tage rückdatiert wurde, nicht ausgeräumt.

Die Beklagte hat des Weiteren nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter seinem Personal ausreichend deutliche Anweisungen erteilt hatte, Anträgen auf Prozesskostenhilfe in Rechtsmittelverfahren in jedem Fall die vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beizufügen, wenn sie zur Fristwahrung per Telefax versandt werden sollten. Jedenfalls aber fehlte es im Büro des Prozessbevollmächtigten an entsprechender Überwachung. Deshalb beruht es auf einem dem Prozessbevollmächtigten anzulastenden Organisationsmangel, dass den beiden innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Bundesgerichtshof eingegangenen Faxschreiben vom keine Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten beigefügt waren.

Fundstelle(n):
UAAAD-45980