BSG Urteil v. - B 4 AS 30/09 R

Leitsatz

Leitsatz:

1. Die Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung wegen des Eintritts einer Sanktion setzt keinen vorgeschalteten, zusätzlichen feststellenden Verwaltungsakt voraus.

2. Die Wirksamkeit einer Rechtsfolgenbelehrung erfordert, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus seinem Verhalten folgen.

Instanzenzug: LSG Bayern, L 7 AS 100/08 vom SG Regensburg, S 13 AS 454/06 vom SG Regensburg, S 13 AS 454/06 vom Bayerisches Landessozialgericht 7. Senat - L 7 AS 100/08-

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Der 1953 geborene Kläger war von 1987 bis 1999 als Selbstständiger im Vertriebsbereich der EDV-Branche tätig. Nach Verbüßung einer zweijährigen Haftstrafe bezog er zunächst Sozialhilfe. Seit erhält er Leistungen nach dem SGB II. Für die Monate Januar bis Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von monatlich 616,38 Euro (Bescheid vom ; Änderungsbescheid vom ).

Mit Schreiben vom bot die Beklagte dem Kläger eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung (1,50 Euro) als Gemeindearbeiter bei der Stadt S. im Umfang von 30 Stunden wöchentlich an. Die Tätigkeit sollte sofort aufgenommen werden und war bis zum befristet. Dem Schreiben der Beklagten war eine im Wesentlichen den Gesetzestext des § 31 Abs 1 SGB II wiederholende Rechtsfolgenbelehrung beigefügt. Am hatte sich der Kläger zwar bei der Stadt S. vorgestellt. Den vereinbarten Beginn der Arbeitsgelegenheit zum ließ er jedoch verstreichen, ohne dass er die Tätigkeit aufnahm.

Nachdem der Kläger gegen das Schreiben vom "Widerspruch" erhoben hatte, teilte ihm die Beklagte mit, das Arbeitslosengeld (Alg) II werde für die Zeit vom 1.3. bis monatlich um 30 % der Regelleistung, maximal um 104 Euro, abgesenkt. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung werde insoweit gemäß § 48 Abs 1 SGB X aufgehoben (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

Das SG Regensburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das Bayerische LSG hat die hiergegen gerichtete Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Bescheid vom sei hinreichend bestimmt. Der Kläger habe den konkreten Absenkungsbetrag den ihm erteilten Bescheiden unschwer entnehmen können. Die Abänderung der Leistungsbewilligung habe ihre Grundlage in § 48 SGB X. Die Voraussetzungen für eine Absenkung gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst d SGB II lägen vor. Der Umstand, dass die Beklagte mit § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II sowohl im Bescheid vom als auch im Widerspruchsbescheid eine falsche Rechtsgrundlage genannt habe, sei unschädlich. Die dem Kläger angebotene Maßnahme habe den Kriterien des § 16 Abs 3 Satz 2 SGB II entsprochen. Es habe sich insbesondere um eine zusätzliche Maßnahme gehandelt. Das Angebot sei auch hinreichend bestimmt gewesen. Hinsichtlich der Beurteilung der Rechtsfolgenbelehrung komme es darauf an, was nach Lage der Dinge auf der einen Seite im Interesse des Hilfebedürftigen geboten, auf der anderen Seite aus der Sicht der Behörde noch zumutbar erscheine. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte die Rechtsfolgenbelehrung zwar standardisiert im Erscheinungsbild Allgemeiner Geschäftsbedingungen erteilt, jedoch habe die Belehrung allgemein auch Arbeitsgelegenheiten umfasst (Urteil vom ).

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die fehlende Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides. Darin werde keine konkrete Absenkungssumme genannt. Die Verwaltungsbehörde sei gehalten, unabhängig von der intellektuellen Ausstattung und dem Adressatenkomfort des Empfängers Sanktionsbescheide so exakt und konkret zu fassen, dass ein Absenkungsbetrag vom Empfänger sofort verstanden werde. Eine Absenkung habe auch deshalb nicht vorgenommen werden können, weil es sich bei der Arbeitsgelegenheit um keine zusätzliche Arbeit iS des § 16 Abs 3 Satz 2 SGB II gehandelt habe. Es habe sich vielmehr um Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten gehandelt, die originär von der Gemeinde im Rahmen der ihr obliegenden Daseinsvorsorge durchzuführen seien. Auch der zeitliche Umfang der Arbeitsgelegenheit halte sich mit 30 Stunden nicht im Rahmen des Zumutbaren. Schließlich sei das Angebot an den Kläger nicht hinreichend bestimmt gewesen, weil es keinen Hinweis enthalten habe, dass die Tätigkeit für ein Vorstellungsgespräch unterbrochen bzw im Falle einer tragfähigen Arbeitsaufnahme jederzeit beendet werden könne.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom und des Sozialgerichts Regensburg vom sowie den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Auffassung der Vorinstanzen an.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Vorinstanzen haben zu Unrecht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides angenommen.

Gegenstand des Verfahrens und damit auch des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , soweit damit über eine Absenkung des Alg II des Klägers für die Zeit vom 1.3. bis entschieden worden ist.

Ziel der Klage ist die Aufhebung dieses Bescheides. Daher ist richtige Klageart die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 SGG.

1. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt.

Entgegen der Auffassung des LSG bedarf es als Voraussetzung für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides eines vorgeschalteten, zusätzlichen feststellenden Verwaltungsaktes nicht (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 RdNr 148, Stand VII/07; aA Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 55a). Zwar könnte für ein derartiges Erfordernis die Fassung des § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II sprechen, wonach die Absenkung und der Wegfall mit Wirkung des Kalendermonats eintreten, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt. Allerdings ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte kein Hinweis darauf, dass mit dieser insoweit unklaren Formulierung über die Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X hinaus das Erfordernis eines weiteren, den Eintritt einer Sanktion feststellenden Verfügungssatzes aufgestellt werden sollte (vgl BT-Drucks 15/1516 S 61 zu § 31 Abs 5). Der Hinweis auf die frühere Regelungstechnik des § 25 BSHG (Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 55a) ist schon insofern unbehilflich, als für Verwaltungsentscheidungen im Sozialhilferecht nach Auffassung des BVerwG eine Anwendbarkeit des § 48 SGB X zu verneinen war (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einführung [E 010] RdNr 33) und deshalb eine gesonderte Aufhebung der Bewilligungsentscheidung entbehrlich war. Hingegen macht schon der Verweis in § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II deutlich, dass es sich bei der Bewilligung von Alg II um einen Dauerverwaltungsakt handelt, dessen Bestandskraft nur durch eine gegenläufige Aufhebungsentscheidung durchbrochen werden kann.

Auch ein praktisches Bedürfnis für eine zusätzliche konstitutive Feststellung des Sanktionsereignisses durch die Verwaltung ist jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung nicht ersichtlich. Vielmehr ist § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II lediglich eine Regelung zur kalendermäßigen Festlegung des Sanktionszeitraums zu entnehmen (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 RdNr 148, Stand VII/07). Diese bestimmt den Sanktionszeitraum anhand des Erlasses des "Sanktionsbescheides". Die Regelung führt zu dem gegenüber der Sperrzeitregelung verwaltungspraktischen Vorteil, dass eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung vermieden wird. Das genannte Ergebnis wird jedoch schon dadurch bewirkt, dass eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X getroffen wird, die den ursprünglich bewilligten Leistungsbetrag mit Wirkung des nachfolgenden Kalendermonats wegen des Vorliegens eines in § 31 SGB II geregelten Sanktionsereignisses modifiziert. Ein derartiger "Absenkungsverwaltungsakt" genügt den Erfordernissen des § 31 Abs 6 SGB II, ohne dass zusätzlich noch eine gesondert zu treffende abstrakte Feststellung einer Sanktion in einem Verfügungssatz des Aufhebungsbescheides zu fordern wäre.

2. Der angefochtene Sanktionsbescheid war - entgegen der Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Bei diesem Erfordernis handelt es sich um eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung (Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand März 2004, K § 33 RdNr 1). Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts Klarstellungsfunktion zu ( = BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 384 mwN). Unbestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl BSG SozR 3-4100 § 242q Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 33 RdNr 3; Krasney in KassKomm § 33 SGB X RdNr 3). Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9).

Nach diesen Maßstäben lässt sich die Unbestimmtheit des Aufhebungsbescheides nicht feststellen. Zwar verfügte die Beklagte in dem streitbefangenen Bescheid vom , dass sich der monatliche Absenkungsbetrag ab dem auf 30 % der Regelleistung belaufe, woraus sich maximal 104 Euro ergeben würden. Damit brachte die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck, dass dem Kläger ab dem Leistungen nicht mehr in unveränderter Höhe zustehen sollten. Dem Verfügungssatz konnte der Kläger unter Hinzuziehung des Bewilligungsbescheides durch einfache Rechenoperationen auch ohne Weiteres den für ihn maßgebenden konkreten Absenkungsbetrag entnehmen. Für den Kläger war somit ausreichend und in nachvollziehbarer Weise erkennbar, dass und in welchem Umfang aufgrund des Sanktionsereignisses Zahlungen von Alg II ab dem erfolgen sollten. Schließlich machte der angefochtene Bescheid auch deutlich, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid insoweit aufgehoben werde.

3. Der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ist jedoch deshalb rechtswidrig, weil die in § 31 SGB II geregelten Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II des Klägers nicht vorliegen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist infolgedessen nicht eingetreten.

Eine tatsächliche Änderung im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X tritt ein, wenn die Voraussetzungen des § 31 SGB II für eine Absenkung des Alg II und den Wegfall des befristeten Zuschlags vorliegen (vgl Urteil des Senats vom - B 4 AS 60/07 R, BSGE 102, 201, 211 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, RdNr 14). Gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom in der Fassung des Änderungsbescheides vom vorgelegen haben, kann eine Änderung allenfalls dadurch eingetreten sein, dass der Kläger die ihm angebotene Arbeitsgelegenheit Anfang Februar 2006 nicht antrat. Hierdurch waren die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II des Klägers aber nicht erfüllt.

a) Als Rechtsgrundlage für eine Absenkung des Alg II kommt nur § 31 Abs 1 Nr 1 Buchst d SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2954) in Betracht. Danach wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB in einer ersten Stufe um 30 vH der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit nach § 16 Abs 3 Satz 2 SGB II auszuführen. Dies gilt nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Nach § 16 Abs 2 Satz 3 SGB II in der bis zum geltenden Fassung ist dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum Alg II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen, wenn Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Abs 1 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert werden. Diese Arbeiten begründen nach ausdrücklicher Regelung zwar kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts, jedoch sind die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz entsprechend anzuwenden und für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

b) Dahinstehen kann, ob es sich bei der Arbeitsgelegenheit um eine zusätzliche Arbeit iS des § 16 Abs 3 Satz 2 SGB II in der genannten Fassung handelt, was der Kläger beanstandet. Allerdings dürften die tatsächlichen Feststellungen des LSG dessen Annahme tragen, es habe sich bei Anlegung des sinngemäß heranzuziehenden Maßstabs des § 261 Abs 2 SGB III bei den vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten um zusätzliche Arbeiten gehandelt. Der Senat hatte jedoch bereits in seinem Urteil vom (B 4 AS 60/07 R, BSGE 102, 201, 211 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), offengelassen, ob es sich bei dem Merkmal der Zusätzlichkeit überhaupt um eine Voraussetzung handelt, der im Verhältnis zu den Teilnehmern an der Maßnahme drittschützender Charakter zukommt. Zweifel daran, dass dieses Merkmal von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die sich gegen die Absenkung ihres Leistungsanspruchs zur Wehr setzen, zur Prüfung gestellt werden kann, ergeben sich weiterhin daraus, dass die Zielrichtung des Merkmals der Zusätzlichkeit eher auf den Schutz von Konkurrenten ausgerichtet sein dürfte. Der Senat kann diese Frage weiterhin offenlassen.

c) Denn im Hinblick auf die angebotene Arbeitsgelegenheit fehlt es jedenfalls an einer hinreichenden Rechtsfolgenbelehrung. § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II setzt in allen dort geregelten Alternativen voraus, dass der Hilfebedürftige die von ihm geforderte Handlung "trotz Belehrung über die Rechtsfolgen" unterlassen hat. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot einer Arbeitsgelegenheit erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung, die angebotene Arbeitsgelegenheit anzutreten, für ihn ergeben, wenn für die Weigerung kein wichtiger Grund vorliegt (vgl schon , BSGBE 102, 201, 211 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, RdNr 36; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 44; Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 64 ff; Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II, Stand Dezember 2007, § 31 RdNr 84 ff; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 139 ff; Dauber in Mergler/Zink, SGB II, Stand Oktober 2008, § 31 RdNr 16; vgl ferner zum Arbeitsförderungsrecht = BSGE 84, 270, 276 mwN; B 7a AL 26/05 R = juris RdNr 14). Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des § 31 Abs 1 SGB II (Absenkung der für ihn maßgebenden Regelleistung um 30 % und Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II) zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen (vgl = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 87; , BSGE 61, 289, 293 = SozR 4100 § 119 Nr 31). Nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen.

Die Warn- und Steuerungsfunktion geht verloren, wenn der Grundsicherungsträger die Rechtsfolgenbelehrung derart standardisiert, dass sie - wie vorliegend - lediglich verschiedene Arten von Maßnahmen aufzählt und die Arbeitsgelegenheit iS von § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst d SGB II als eine von mehreren möglichen Varianten benennt. Hinreichend belehrt wird der Adressat nämlich nur, wenn nur die konkrete Maßnahme, an deren Nichtteilnahme nachteilige Folgen geknüpft werden, ausdrücklich benannt wird und der Adressat sich damit direkt angesprochen fühlt. Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn mehrere Varianten zur Auswahl gestellt werden und dem Hilfebedürftigen die Auswahl überlassen wird, ob eine der genannten Alternativen für ihn einschlägig ist. Angemerkt sei hierzu, dass auch die Beklagte im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid die für den vorliegenden Sachverhalt einschlägige Variante nicht zutreffend benannt hat. Die hier zu beurteilende Rechtsfolgenbelehrung ist darüber hinaus auch deshalb mangelhaft, weil sie in der einschlägigen Passage die fragliche Maßnahme lediglich durch einen Hinweis auf deren gesetzliche Grundlage (§ 16 Abs 3 Satz 2 SGB II) umschreibt. Es ist mit dem Zweck der Rechtsfolgenbelehrung nicht zu vereinbaren, dass deren Inhalt nur unter Hinzuziehung des Gesetzestextes zu erschließen ist.

An das Erfordernis der hinreichenden Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung sind auch nicht im Einzelfall etwa dann geringere Anforderungen zu stellen, wenn sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige über die möglichen Rechtsfolgen einer Ablehnung der konkret angebotenen Arbeitsgelegenheit im Klaren sein musste. Denn es kommt insoweit nicht auf das Kennen oder Kennenmüssen der Rechtsfolgen durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, sondern auf das Handeln dessen an, der die Arbeitsgelegenheit unterbreitet. Als formale und zwingende Bedingung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst d SGB II muss eine Konkretisierung der Belehrung daher unabhängig von der Person des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erfolgen (vgl , BSGE 53, 13, 16 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 88 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
LAAAD-40928