BAG Beschluss v. - 7 ABR 26/08

Leitsatz

Leitsatz:

Der für eine Betriebsratswahl gebildete Wahlvorstand kann in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 3 BetrVG bei der Durchführung seiner Aufgaben einen Rechtsanwalt als Sachverständigen hinzuziehen. Hierzu bedarf es einer vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Fehlt diese, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die dadurch entstehenden Kosten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu tragen.

Gesetze: BetrVG § 80 Abs. 1; BetrVG § 20 Abs. 3; BetrVG § 40 Abs. 1; BetrVG § 51 Abs. 1; BetrVG § 59; BetrVG § 108 Abs. 2; BetrVG § 111 S. 2

Instanzenzug: LAG Frankfurt/Main, 9 TaBV 153/07 vom ArbG Frankfurt/Main, 9 BV 481/06 vom Veröffentlichungen: Für die Amtliche Sammlung: Ja

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Vergütung eines Rechtsanwalts für die Beratung des Wahlvorstands.

Der Antragsteller ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er beriet seit Jahren den im Betrieb der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrat. Die Arbeitgeberin, die ein globales Reise- und Vertriebssystem anbietet, beschäftigt in ihrem Betrieb in F 35 Arbeitnehmer. Der zur Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahlen im Jahr 2006 eingerichtete, aus drei Personen bestehende Wahlvorstand teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom folgendes mit:

"Der Wahlvorstand ... hat in seiner Sitzung vom beschlossen, die Rechtsanwälte R und D, ..., mit seiner Beratung und der Vertretung seiner rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsratswahl zu beauftragen. Weiterhin wurde bereits jetzt beschlossen, die hierdurch gegen den Arbeitgeber entstehenden Ansprüche auf Freistellung von den Kosten nach § 20 III BetrVG an die Rechtsanwälte R und D abzutreten."

Mit Schreiben vom teilte der Antragsteller der Arbeitgeberin mit, der Wahlvorstand habe seine Kanzlei mit der laufenden Beratung im Zusammenhang mit den Betriebsratswahlen beauftragt und bot ihr alternativ ein Stundenhonorar von 250,00 Euro oder ein Pauschalhonorar iHv. 5.000,00 Euro für 25 Stunden an. Die Arbeitgeberin beantwortete dieses Schreiben nicht.

Mit Schreiben vom forderte der Antragsteller die Arbeitgeberin auf, eine von ihm beigefügte Vergütungsrechnung über 3.804,80 Euro bis zum auszugleichen. Mit dieser Rechnung begehrte der Antragsteller "Vergütung für die laufende Beratung des Wahlvorstands bei den Betriebsratswahlen 2006". Sie umfasst Schulungstätigkeiten am 11., 13. und sowie Beratungstätigkeiten am 4., 7. und über insgesamt 787 Minuten.

Rechtsanwalt R trat durch schriftliche Erklärung vom seine Vergütungsansprüche als Gesamtgläubiger aus der Beauftragung der Rechtsanwälte R und D durch den Wahlvorstand an den Antragsteller ab.

Der Antragsteller leitete ein Beschlussverfahren gegen die Arbeitgeberin ein, mit dem er, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, zuletzt 990,63 Euro nebst Zinsen für seine Beratungstätigkeit am 4., 7. und 12. April geltend gemacht hat. Er hat die Auffassung vertreten, für die von ihm erbrachten Tätigkeiten könne der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin Kostenfreistellung und er selbst damit aus abgetretenem Recht Zahlung der Vergütung für seine Beratungstätigkeiten verlangen. Die Arbeitgeberin habe die im Zusammenhang mit der Wahl anfallenden Kosten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu tragen. Einer Vereinbarung des Wahlvorstands mit der Arbeitgeberin über seine Hinzuziehung nach § 80 Abs. 3 BetrVG habe es nicht bedurft. Diese Regelung sei auf den Wahlvorstand nicht anwendbar.

Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,

die Arbeitgeberin zu verurteilen, an ihn 990,63 Euro nebst Zinsen iHv. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Ihrer Auffassung nach hätte der Wahlvorstand mit ihr eine Vereinbarung über die Beratungstätigkeit des Antragstellers nach § 80 Abs. 3 BetrVG treffen müssen. Sie hat bestritten, dass der Wahlvorstand einen ordnungsgemäßen Beschluss über die Beauftragung des Antragstellers gefasst habe. Jedenfalls sei eine Beratung des Wahlvorstands weder erforderlich noch verhältnismäßig gewesen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Antragstellers abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Vergütungsanspruch weiter.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde, mit welcher der Antragsteller die rechtsfehlerhafte Anwendung und Auslegung von § 20 Abs. 3, § 80 Abs. 3 BetrVG rügt, ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Antrag mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Der Antragsteller kann von der Arbeitgeberin keine Rechtsanwaltsvergütung für die Beratung des Wahlvorstands verlangen. Der an ihn abgetretene Freistellungsanspruch des Wahlvorstands nach § 20 Abs. 3 BetrVG setzt analog § 80 Abs. 3 BetrVG eine nähere Vereinbarung mit der Arbeitgeberin voraus. Daran fehlt es hier.

I. Neben dem Antragsteller und der Arbeitgeberin sind an dem Verfahren keine weiteren Personen beteiligt. Dies gilt auch für den Wahlvorstand.

Nach § 83 Abs. 3 ArbGG ist Beteiligter an einem Beschlussverfahren, wer von der zu erwartenden Entscheidung in seinem betriebsverfassungsrechtlichen Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen wird (vgl. - Rn. 18 mwN, BAGE 125, 100). Der Wahlvorstand ist nach seiner Abtretungserklärung vom nicht mehr Inhaber des betriebsverfassungsrechtlichen Anspruchs aus § 20 Abs. 3 BetrVG. Er kann daher auch nicht mehr in seinem betriebsverfassungsrechtlichen Recht betroffen sein (vgl. - zu B I der Gründe, BAGE 95, 30).

II. Der Antrag ist zulässig. Der Antragsteller ist antragsbefugt. Er macht einen eigenen Anspruch geltend. Der Freistellungsanspruch des Wahlvorstands hat sich mit der Abtretung an den Antragsteller in einen Zahlungsanspruch an diesen umgewandelt (vgl. - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 55 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 42).

III. Der Antrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Antragsteller gegen die Arbeitgeberin keinen Vergütungsanspruch für die Beratung des Wahlvorstands hat. Der Wahlvorstand hat mit der Arbeitgeberin nicht die analog § 80 Abs. 3 BetrVG erforderliche Vereinbarung über die Hinzuziehung des Antragstellers getroffen.

1. Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratswahl. Dazu gehören alle Kosten, die mit der Einleitung und der Durchführung der Wahl sowie mit der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind ( - zu II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 21 = EzA BetrVG 2001 § 20 Nr. 1).

a) Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 20 Abs. 3 BetrVG ist allerdings auf die erforderlichen Kosten der Betriebsratswahl begrenzt. Die zu § 40 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze gelten entsprechend ( - zu II 1 a der Gründe, aaO.; - 7 ABR 8/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 95, 30). Erstattungsfähig sind damit ua. die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung von sonst nicht behebbaren Meinungsverschiedenheiten, die im Laufe des Wahlverfahrens entstehen. Der Wahlvorstand kann mit der Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung einer während des Wahlverfahrens entstandenen Streitigkeit einen Rechtsanwalt beauftragen, sofern er dies nach Abwägung aller Umstände für sachlich notwendig erachten durfte ( - aaO.).

b) Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, ohne vorherige nähere Vereinbarung mit dem Wahlvorstand Kosten zu tragen, die durch die Hinzuziehung sachkundiger Personen entstehen. Die Bestimmung des § 80 Abs. 3 BetrVG, die den Anspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG ergänzt und die Kostentragungspflicht für die Hinzuziehung eines Sachverständigen abschließend regelt, findet auf § 20 Abs. 3 BetrVG entsprechende Anwendung.

aa) Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Verweigert der Arbeitgeber eine solche Vereinbarung trotz der Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Sachverständigen, so kann der Betriebsrat die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung ersetzen lassen (vgl. etwa - BAGE 116, 192 = AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 64 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 4; - 7 ABR 51/90 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 70, 1).

Ein Rechtsanwalt kann Sachverständiger im Sinne des Gesetzes sein. Seine Hinzuziehung setzt voraus, dass er dem Betriebsrat spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, die dieser zur Erledigung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben benötigt ( - Rn. 29, aaO.). Erforderlich ist, dass der Sachverständige konkrete aktuelle Fragen beantwortet, damit das betriebsverfassungsrechtliche Organ die ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben erfüllen kann ( - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 61, 333). Die Aufgabe des Sachverständigen besteht allerdings nicht darin, fehlende Kenntnisse in bestimmten Angelegenheiten generell oder auf Vorrat zu vermitteln. Dem Erwerb solcher erforderlichen oder geeigneten Kenntnisse für die Tätigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Organs dienen die Schulungsansprüche nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG ( - Rn. 31, aaO.).

Geht es nicht um die Vertretung des Betriebsrats in einem Verfahren vor der Einigungsstelle oder vor Gericht, sondern um die Beratung des Betriebsrats außerhalb solcher Verfahren, stellt § 80 Abs. 3 BetrVG - mit Ausnahme der Fälle des § 111 Satz 2 BetrVG - die alleinige Rechtsgrundlage für die Heranziehung sachkundiger Personen durch den Betriebsrat dar (vgl. - zu B II 2 der Gründe, BAGE 70, 1).

bb) § 80 Abs. 3 BetrVG findet seinem Wortlaut nach nur auf die Hinzuziehung von Sachverständigen durch Betriebsräte Anwendung. Die Vorschrift ist aber entsprechend auf die Beauftragung von Sachverständigen durch den Wahlvorstand anwendbar (Jacobs Die Wahlvorstände für die Wahlen des Betriebsrats, des Sprecherausschusses und des Aufsichtsrats 1993 S. 289; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 20 Rn. 54).

(1) Der Wortsinn eines Gesetzes markiert zwar die Grenze der Auslegung. Der Richter darf aber bei der Anwendung von Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht am Wortsinn stehen bleiben, wenn der Sinn und Zweck des Gesetzes damit nicht zur Geltung kommt (vgl. -, - 1 BvL 14/72 - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 35, 263; - Rn. 55, BAGE 121, 212). Eine Gesetzesanwendung über den Wortsinn hinaus durch Analogie bedarf einer besonderen Legitimation. Anders als die vom Gesetzestext sprachlich gedeckte Auslegung fordert die Analogie, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt ( - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 112, 100). Dazu setzt die Analogie das Bestehen einer unbewussten Regelungslücke voraus. Hat sich der Gesetzgeber bewusst für die Regelung oder Nichtregelung eines bestimmten Sachverhalts entschieden, sind die Gerichte nicht befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung durch eine Auslegung der Vorschrift hinwegzusetzen ( - zu II 2 b bb der Gründe, ZTR 2004, 633).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist die entsprechende Anwendung von § 80 Abs. 3 BetrVG auf die Beauftragung eines Sachverständigen durch den Wahlvorstand geboten.

(a) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Befugnisse des Wahlvorstands und die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für dessen Tätigkeit in § 20 Abs. 3 BetrVG unvollständig. Für die Tätigkeit des Wahlvorstands hat der Gesetzgeber nur die Grundnorm des § 20 Abs. 3 BetrVG zur Kostentragung vorgesehen. Die für den Betriebsrat maßgebliche entsprechende Grundnorm in § 40 Abs. 1 BetrVG wird durch spezielle Vorschriften in § 80 Abs. 3 BetrVG, in § 37 Abs. 3 und 6 BetrVG, in § 108 Abs. 2 Satz 3 BetrVG und in § 111 Satz 2 BetrVG ergänzt.

(b) Die Beauftragung von Sachverständigen ist nicht nur für den Wahlvorstand, sondern für eine Reihe weiterer Vertretungsorgane ungeregelt. So fehlt in § 51 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, der für die Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrats auf die allgemeine Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG Bezug nimmt, eine Verweisung auf die spezialgesetzliche Regelung in § 80 Abs. 3 BetrVG ebenso wie in den Vorschriften über die Geschäftsführung des Konzernbetriebsrats nach § 59 BetrVG. Die Verweisungsvorschriften sind abschließend. Sie können insbesondere nicht durch die allgemeine Bezugnahme auf Rechte und Pflichten des Betriebsrats wie in § 51 Abs. 5 BetrVG erweitert werden (GK-BetrVG/Kreutz § 51 Rn. 39; Fitting BetrVG 24. Aufl. § 51 Rn. 27). Sie enthalten damit für den Regelungsgegenstand des § 80 Abs. 3 BetrVG ebenso wie in § 20 Abs. 3 BetrVG eine planwidrige Unvollständigkeit.

(c) Nach der normativen Gesamtkonzeption der Kostentragungspflicht für Tätigkeiten der betriebsverfassungsrechtlichen Organe gilt § 80 Abs. 3 BetrVG für den Wahlvorstand wie für den Betriebsrat, den Gesamtbetriebsrat, den Konzernbetriebsrat und für den Wirtschaftsausschuss, für den § 108 Abs. 2 Satz 3 BetrVG die entsprechende Anwendung des § 80 Abs. 3 BetrVG ausdrücklich vorsieht. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 80 Abs. 3 BetrVG und der Vergleichbarkeit der Interessenlage.

(aa) § 80 Abs. 3 BetrVG eröffnet dem Betriebsrat die Möglichkeit, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Voraussetzung ist allerdings eine vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zumindest über den Gegenstand der gutachterlichen Tätigkeit, über die Person des Sachverständigen und über dessen Vergütung (vgl. - zu B II 1 der Gründe, BAGE 70, 1). Durch das Erfordernis einer Vereinbarung wird dem Arbeitgeber insbesondere die Möglichkeit eröffnet, im Hinblick auf die von ihm zu tragenden Kosten Einwendungen gegen die Beauftragung eines Sachverständigen zu erheben, dem Betriebsrat seinen Sachverstand oder eigene sachkundige Personen anzubieten und den Gegenstand der Beauftragung des Sachverständigen zuverlässig zu begrenzen.

(bb) Dieser Gesetzeszweck gilt für den Wahlvorstand gleichermaßen. Auch für den Wahlvorstand kann die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Sachverständigen zur Durchführung der ordnungsgemäßen Wahl erforderlich sein. Ebenso wie im Fall des Betriebsrats ist es jedoch interessengerecht, den Gegenstand der Beauftragung und den Kostenrahmen durch eine entsprechende Vereinbarung zuverlässig festzulegen und dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu eröffnen, Einwendungen vorzubringen oder dem Wahlvorstand das Angebot zu unterbreiten, eigenen Sachverstand in Rechtsfragen zur Verfügung zu stellen. Die Interessenlage zwischen Betriebsrat und Wahlvorstand ist insoweit weitgehend vergleichbar.

(cc) Die Unterschiede in der Aufgabenstellung von Betriebsrat und Wahlvorstand rechtfertigen es nicht, beim Wahlvorstand auf das Erfordernis einer Vereinbarung zu verzichten. Der Wahlvorstand hat die Wahl nach den gesetzlichen Vorschriften und der erlassenen Wahlordnung einzuleiten sowie für ihre ordnungsgemäße Durchführung zu sorgen. Wie für den Wahlvorstand stellen sich dem Betriebsrat bei der Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben vergleichbar schwierige Rechtsfragen, die eine rechtsgutachterliche Beurteilung erfordern können. § 80 Abs. 3 BetrVG gilt grundsätzlich für sämtliche Fragen, die wegen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Komplexität einen Beratungsbedarf durch Sachverständige fordern können. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit des Wahlvorstands durch Fristen geprägt ist und damit einen kurzfristigen Beratungsbedarf durch Sachverständige mit sich bringen kann, gebietet keine unterschiedliche Behandlung von Betriebsrat und Wahlvorstand. Die Notwendigkeit einer kurzfristigen Beauftragung eines Sachverständigen kann in vergleichbarer Weise für den Betriebsrat gegeben sein, der darauf angewiesen ist, die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers zur Hinzuziehung eines Sachverständigen im Eilverfahren ersetzen zu lassen (ErfK/Kania 10. Aufl. § 80 BetrVG Rn. 35; Fitting § 80 Rn. 93; GK-BetrVG/Weber § 80 Rn. 128). Diese Möglichkeit steht auch dem Wahlvorstand zur Verfügung.

Etwas anderes folgt nicht aus § 111 Satz 2 BetrVG. Nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern bei einer geplanten Betriebsänderung einen Berater zu seiner Unterstützung hinzuziehen. Abweichend von § 80 Abs. 3 BetrVG kann er nach pflichtgemäßem Ermessen allein über die Hinzuziehung eines Beraters entscheiden. Hierbei handelt es sich um einen von der gesetzlichen Grundkonzeption abweichenden Ausnahmetatbestand (Fitting § 111 Rn. 118), der das gesetzgeberische Grundkonzept bestätigt. Dieser normative Ausnahmetatbestand lässt sich nicht auf die Aufgabenwahrnehmung durch den Wahlvorstand übertragen.

2. Hiernach ist die Forderung des Antragstellers unbegründet. Er ist aufgrund seiner Beratungsleistungen als Sachverständiger des Wahlvorstands tätig geworden. Es fehlt aber an der erforderlichen vorherigen Vereinbarung des Wahlvorstands mit der Arbeitgeberin über seine Hinzuziehung.

Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe am für die Prüfung und schriftliche Beantwortung einer konkreten Anfrage des Wahlvorstands zu dem Problemkreis "Wahlvorschläge" insgesamt 50 Minuten aufgewandt, am auf Wunsch des Wahlvorstands Muster in beschreibbare Word-Dokumente umgesetzt und am eine Anfrage des Wahlvorstands über die "Einspruchsfrist Wählerlisten" schriftlich beantwortet. Hierbei handelt es sich um Beratungstätigkeiten über konkrete, aktuelle Fragen, die sich dem Wahlvorstand im laufenden Wahlverfahren gestellt haben. Der Antragsteller ist damit außerhalb eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens tätig geworden. Seine Forderung lässt sich somit nicht allein auf § 20 Abs. 3 BetrVG stützen, sondern ist an den besonderen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 BetrVG zu messen. Ein Vergütungsanspruch setzt damit eine nähere Vereinbarung des Wahlvorstands mit der Arbeitgeberin über seine Beauftragung voraus. Daran fehlt es.

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 1095 Nr. 18
BB 2010 S. 632 Nr. 11
DB 2010 S. 734 Nr. 13
DStR-Aktuell 2010 S. 14 Nr. 10
NJW 2010 S. 10 Nr. 10
AAAAD-38059