BGH Urteil v. - I ZR 94/07

Leitsatz

Leitsatz:

a) Die Verfahrensunterbrechung wegen Insolvenzeröffnung nach § 240 Satz 1 ZPO erfasst nicht den aus einem Wettbewerbsverstoß folgenden Anspruch auf Drittauskunft. Über diesen Anspruch kann durch Teilurteil entschieden werden, auch wenn im Hinblick auf die übrigen Klageanträge, mit denen weitere Ansprüche aufgrund des Wettbewerbsverstoßes verfolgt werden, eine Verfahrensunterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO eintritt.

b) Für den Anspruch auf Drittauskunft nach § 242 BGB reicht eine offene Imitationsbehauptung im Rahmen vergleichender Werbung i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG gegenüber dem besonders sachkundigen Verkehrskreis der gewerblichen Abnehmer aus. Für den Drittauskunftsanspruch ist nicht erforderlich, dass das allgemeine Publikum der vergleichenden Werbung eine Imitationsbehauptung entnimmt.

Gesetze: UWG §§ 3, 4 Nr. 9 lit. b, § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 und 6; ZPO § 240 Satz 1; BGB § 242 D

Instanzenzug: OLG Frankfurt/Main, 6 U 13/06 vom LG Frankfurt/Main, 2/3 O 364/04 vom Veröffentlichungen: Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 produziert und vertreibt Parfümprodukte der Dachmarken Lancôme, Helena Rubinstein, Ralph Lauren und Giorgio Armani. Unter diesen Dachmarken vertreibt sie Parfüms der Marken "Miracle (Lancôme)", "HR HELENA RUBINSTEIN SPECTACULAR (Helena Rubinstein)", "Romance (Ralph Lauren)", "Aqua di Gio (Giorgio Armani)", "Emporio Armani (Giorgio Armani)" und "Lauren Ralph Lauren".

Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der international registrierten Marke Nr. 520904 "Romance". Die Klägerin zu 2, eine Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1, ist Inhaberin der Gemeinschafts-Wortmarke Nr. 001286897 "MIRACLE" und der Gemeinschafts-Wort-/Bildmarke Nr. 001776970 "miracle". Die Klägerin zu 1 hat die Klage zudem auf die Gemeinschaftsmarke Nr. 000505669 "Acqua di Gio" und die IR-Marke Nr. 700380 "Emporio Armani" der GA Modefine S.A. gestützt. Sämtliche Marken sind eingetragen für Parfümeriewaren. Die Klägerin zu 1 leitet zudem Rechte aus der für Parfümerien eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 1039400 "Lauren Ralph Lauren" der The Polo/Lauren Company und der für Mittel der Körper- und Schönheitspflege registrierten Wort-/Bildmarke Nr. 2056287 "HR HELENA RUBINSTEIN SPECTACULAR" der Helena Rubinstein S.A. ab.

Die Beklagte zu 1, eine GmbH, stellte Imitate bekannter Markenparfüms her, die sie unter anderem unter den Dachmarken "Max Gordon" und "Blue Up" vertrieb. Der Beklagte zu 2 (im Folgenden Beklagter) war Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Er ist Inhaber der deutschen Marken "Oracle", "Aqua di Bella", "Aqua di Bello", "Imperium", "Laurin", "Romano" und "Romana".

Die Klägerin zu 1 hat behauptet, ausschließliche Lizenznehmerin der GA Modefine S.A. und der The Polo/Lauren Company für Parfüm- und Kosmetikprodukte zu sein und von der Helena Rubinstein S.A. ermächtigt zu sein, deren Markenrechte geltend zu machen. Die Klägerinnen haben vorgetragen, die von der Beklagten zu 1 angebotenen Parfümimitate ähnelten den Namen und den Ausstattungen der Originale so weit, dass die Großhändler und Endverbraucher das nachgeahmte Produkt erkennen könnten. Die Klägerinnen haben darin eine unzulässige vergleichende Werbung und eine Markenverletzung gesehen.

Die Klägerin zu 1 hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,

I. 1. dem Beklagten zu untersagen,

a) im geschäftlichen Verkehr mit Parfümwaren unter den Dachmarken "Blue Up" und/oder "Max Gordon" die Zeichen

Aqua di Bella

Aqua di Bello

Imperium

Laurin

Romana

Romano

zu benutzen, insbesondere diese Zeichen auf Parfümprodukten oder ihrer Umverpackung anzubringen, unter diesen Zeichen Parfümprodukte anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesen Zeichen Parfümprodukte einzuführen oder auszuführen oder die Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Parfümprodukte zu benutzen;

b) im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Parfümprodukte in den auf Seite 3 und Seite 5 der Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen mit Ausnahme der Ausstattungen der Produkte "Sensly" und "Spectacular" anzubieten, zu bewerben und/oder zu vertreiben oder anbieten oder bewerben oder vertreiben zu lassen;

2. den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der für ihn registrierten Wortmarken

a) Aqua di Bella, Register-Nr. DE 300000942

b) Aqua di Bello, Register-Nr. DE 300000943

c) Imperium, Register-Nr. DE 30201164

d) Laurin, Register-Nr. DE 30206864

e) Romano, Register-Nr. DE 30139963

f) Romana, Register-Nr. DE 30139964

einzuwilligen;

3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 1 Auskunft zu erteilen

a) über den Umfang des Vertriebs des Parfümprodukts "Sensly" seit dem , gegliedert nach Quartalen, dem erzielten Umsatz und Gewinn (ohne Berücksichtigung von Gemeinkosten) sowie Art und Umfang der für das Produkt betriebenen Werbung.

Die Klägerin zu 2 hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt,

II. 1. dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr mit Parfümwaren

a) unter den Dachmarken "Blue Up" und/oder "Max Gordon" das Zeichen

Oracle

zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Parfümprodukten oder ihrer Umverpackung anzubringen, unter diesem Zeichen Parfümprodukte anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesem Zeichen Parfümprodukte einzuführen oder auszuführen oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Parfümprodukte zu benutzen;

b) Parfümprodukte in den auf Seite 4 der Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen anzubieten, zu bewerben und/oder zu vertreiben oder anzubieten oder bewerben oder vertreiben zu lassen;

2. den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der für ihn registrierten Wortmarke

Oracle,

Register-Nr. DE 30106204, einzuwilligen;

3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 2 Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, die mit Parfümprodukten gemäß Ziffer II. 1. beliefert wurden, unter Angabe des Lieferdatums sowie unter Vorlage der Belege (Lieferscheine und Rechnungen);

4. festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zu 2 allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aus den Handlungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist und noch entstehen wird.

Nachdem über das Vermögen der Beklagten zu 1 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat das Landgericht durch Teilurteil gegen den Beklagten erkannt und die Klage im Umfang der vorstehenden Anträge abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichteten Rechtsmittel der Klägerinnen hinsichtlich der Anträge I 1 und 2 sowie II vollständig und hinsichtlich des Antrags zu I 3 teilweise zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiter. Während des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage in dem in die Revisionsinstanz gelangten Umfang für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Den Klägerinnen stünden keine Unterlassungsansprüche gegen Angebot und Vertrieb von Parfümerzeugnissen mit den in den Anträgen I 1 b und II 1 b wiedergegebenen Aufmachungen nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG zu. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG finde zwar Anwendung, wenn Parfümerzeugnisse, die in ihrer Duftnote Markenparfüms nachgestellt seien, in der Bezeichnung und den sonstigen Ausstattungsmerkmalen dem nachgeahmten Produkt angenähert worden seien. Untersagt sei allerdings nur eine offene Imitationswerbung. Von dieser sei auch ohne ausdrückliche Nennung der Marke des nachgeahmten Produkts auszugehen, wenn der angesprochene Verkehr aufgrund der Bezeichnung und Produktausstattung des angegriffenen Erzeugnisses erkenne, dass es in der Duftnote dem nachgeahmten Markenparfüm entspreche. Abzustellen sei auf das Verständnis aller Verbraucher, die mehr oder weniger regelmäßig Parfüm benutzten und kauften, und nicht nur auf das Verständnis der von den Beklagten belieferten Wiederverkäufer. Der Senat könne aufgrund eigener Sachkunde nicht feststellen, dass ein entsprechend großer Teil der Endverbraucher die beanstandeten Parfümerzeugnisse als offene Imitationswerbung auffasse. Die Einholung eines demoskopischen Gutachtens zur Verkehrsauffassung hätten die Klägerinnen ausdrücklich nicht beantragt. Die verbliebene Unsicherheit bei der Feststellung des Verkehrsverständnisses gehe zu Lasten der Klägerinnen.

Angebot und Vertrieb der beanstandeten Parfümerzeugnisse verstießen nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 9 lit. b UWG, weil der Ruf der Originalparfüms der Klägerinnen nicht in unlauterer Weise ausgenutzt werde.

Markenrechtliche Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG seien wegen fehlender Verwechslungsgefahr und mangels Rufausbeutung nicht gegeben.

Seien die Unterlassungsansprüche gegen die Produktaufmachungen nicht begründet, kämen erst recht keine Verbotsansprüche gegen die Produktbezeichnungen in Betracht.

Die auf Auskunft und Schadensersatz gerichteten Folgeansprüche seien mangels Wettbewerbs- und Markenverletzung nicht begründet. Aus diesem Grund könnten die Klägerinnen die begehrte Einwilligung in die Markenlöschung ebenfalls nicht beanspruchen.

II. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten ist der zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten anhängige Rechtsstreit gemäß § 240 ZPO im Wesentlichen unterbrochen (Anträge I und II 1, 2 und 4). Von der Verfahrensunterbrechung ausgenommen ist nur der Anspruch der Klägerin zu 2 auf Drittauskunft wegen der Benutzung des Zeichens "Oracle" (Antrag II 3). Diese Wirkungen der Insolvenzeröffnung auf das Revisionsverfahren sind durch Zwischenurteil auszusprechen, weil sie zwischen den Parteien umstritten sind (BGHZ 82, 209, 218). Über den von der Verfahrensunterbrechung nicht erfassten Teil des Rechtsstreits ist durch Teilurteil zu entscheiden (dazu II 3).

1. Nach § 240 Satz 1 ZPO wird ein Rechtsstreit bis zur Aufnahme des Verfahrens nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften unterbrochen, wenn er die Insolvenzmasse betrifft. Ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse genügt (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rdn. 11; MünchKomm.InsO/Schumacher, 2. Aufl., Vorbem. vor §§ 85 bis 87 Rdn. 23). Zu den die Insolvenzmasse betreffenden Ansprüchen zählen ein Unterlassungsanspruch wegen einer Schutzrechtsverletzung und der sich daraus ergebende Schadensersatzanspruch einschließlich des zu seiner Durchsetzung dienenden unselbständigen Auskunftsanspruchs (vgl. Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218, 219 - Dia-Rähmchen III; vgl. auch BGHZ 155, 371, 380; zum gesetzlichen Unterlassungsanspruch auch Jaeger/Windel, Großkomm.InsO, § 85 Rdn. 39; K. Schmidt, Festschrift für Gerhardt, 2004, 903, 919) sowie ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung einer Marke (vgl. zum Nichtigkeitsverfahren im Patentrecht: , GRUR 1995, 394 - Aufreißdeckel; zum patentamtlichen Löschungsverfahren: 29 W (pat) 149/03). Entsprechendes gilt, soweit die Klägerinnen die Ansprüche nicht auf Markenrechte, sondern auf Wettbewerbsrecht gestützt haben.

2. Dagegen betrifft der Anspruch der Klägerin zu 2 auf Drittauskunft die Insolvenzmasse des Beklagten nicht i.S. von § 240 Satz 1 ZPO.

a) Der hier geltend gemachte Drittauskunftsanspruch soll dem Verletzten die Rechtsverfolgung gegenüber gewerblichen Abnehmern ermöglichen, um einen rechtsverletzenden Weitervertrieb der Waren durch die Abnehmer des auf Drittauskunft in Anspruch Genommenen zu unterbinden (, GRUR 2002, 709, 712 = WRP 2002, 947 - Entfernung der Herstellungsnummer III). Bezogen auf die Insolvenzmasse des Beklagten ist der Anspruch auf Drittauskunft vermögensmäßig neutral. Dies gilt auch insoweit, als der Drittauskunftsantrag zu II 3 die Vorlage von Lieferscheinen und Rechnungen umfasst, weil der Beklagte sich entsprechende Kopien vom Insolvenzverwalter verschaffen kann.

b) Die Unterbrechung des Verfahrens zu den Anträgen I und II 1, 2 und 4 erfasst nicht den Drittauskunftsanspruch. Allerdings nehmen die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums an, dass das Verfahren insgesamt unterbrochen wird, wenn mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, von denen nur ein Teil die Insolvenzmasse betrifft, oder wenn bei einem teilbaren Anspruch nur ein Teil die Insolvenzmasse berührt (RGZ 64, 361, 362; 151, 279, 282 f.; BGH GRUR 1966, 218, 219 - Dia-Rähmchen III; , NJW-RR 2004, 925; OLG Nürnberg NZI 2001, 91, 93; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl., § 240 Rdn. 5; MünchKomm.ZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 240 Rdn. 18; Stein/Jonas/Roth aaO. § 240 Rdn. 11; Uhlenbruck/Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 85 Rdn. 9; a.A. bei objektiver Klagehäufung: Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 240 Rdn. 13; Jaeger/Windel aaO. § 85 Rdn. 26; Hess, InsO, § 85 Rdn. 32; MünchKomm.InsO/Schumacher aaO. Vorbem. vor §§ 85 bis 87 Rdn. 26; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 85 Rdn. 15). Hiervon ist der Anspruch auf Drittauskunft jedoch ausgenommen. Durch die andernfalls entstehende Verfahrensunterbrechung im Hinblick auf den Anspruch auf Drittauskunft würde die Rechtsverfolgung für den Verletzten gegen die Dritten erheblich verzögert, ohne dass dies durch den Schutzzweck des § 240 ZPO gerechtfertigt wäre, dem Insolvenzverwalter Bedenkzeit für die Entscheidung über die Aufnahme des Rechtsstreits einzuräumen.

3. Über den Antrag auf Drittauskunft, der von der Verfahrensunterbrechung nicht erfasst wird, ist durch Teilurteil zu entscheiden. Der Entscheidung durch Teilurteil nach § 301 ZPO steht nicht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen entgegen. Allerdings darf ein Teilurteil grundsätzlich nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann. Ein Teilurteil ist deshalb unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich im weiteren Verfahren über die anderen Ansprüche nochmals stellt (BGHZ 107, 236, 242; 173, 328 Tz. 18). Davon ist vorliegend auszugehen, weil über den Anspruch auf Drittauskunft nicht losgelöst von der Frage eines Wettbewerbsverstoßes entschieden werden kann, die sich bei der Entscheidung über die Anträge II 1 und 4 ebenfalls stellt.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, dass das Teilurteilsverbot im Verhältnis zu einem einfachen Streitgenossen nicht gilt, wenn über das Vermögen des anderen Streitgenossen das Insolvenzverfahren eröffnet und das Verfahren deshalb insoweit gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist (vgl. , NJW 2007, 156 Tz. 15). Denn die Unterbrechung nach § 240 ZPO führt zu einer faktischen Trennung der Verfahren, und im Hinblick auf die ungewisse Dauer der Unterbrechung ist ein Stillstand des Rechtsstreits auch gegen den weiteren von der Insolvenz nicht betroffenen Streitgenossen mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Diese Maßstäbe gelten auch, wenn - wie im Streitfall - die Klägerin in einem Rechtsstreit mehrere prozessuale Ansprüche geltend macht, von denen einer durch die Unterbrechung nach § 240 ZPO nicht betroffen ist. Auch in diesem Fall wiegt die Beeinträchtigung der effektiven Rechtsdurchsetzung im Hinblick auf die ungewisse Dauer der durch die Insolvenzeröffnung bedingten Verfahrensunterbrechung so schwer, dass das Teilurteilsverbot dahinter zurückzutreten hat.

III. Die Revision der Klägerin zu 2 (nachfolgend: Klägerin) hat im Umfang, in dem der Rechtsstreit nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist (Antrag II 3), Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Drittauskunft mangels Wettbewerbsverletzung verneint. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Anspruch auf Drittauskunft, den die Klägerin in erster Linie auf §§ 3, 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 UWG i.V. mit § 242 BGB gestützt hat, nicht verneint werden.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin nach §§ 3, 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 UWG nicht schon wegen eines Vorrangs des Markenrechts ausscheiden. Dem markenrechtlichen Schutz kommt gegenüber dem harmonisierten Recht der vergleichenden Werbung grundsätzlich kein Vorrang zu (vgl. , Slg. 2008, I-4231 = GRUR 2008, 698 Tz. 45 f. - O2 Holdings Ltd./Hutchison; , GRUR 2008, 628 Tz. 15 f. = WRP 2008, 930 - Imitationswerbung).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen der §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG im Streitfall nicht vorliegen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

aa) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - nicht ausdrücklich festgestellt, ob die Voraussetzungen der vergleichenden Werbung i.S. von § 6 Abs. 1 UWG erfüllt sind. Es ist jedoch in anderem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die Wiederverkäufer, die mit den Verhältnissen auf dem Parfümmarkt gut vertraut sind, jedenfalls bei einer mehrfachen Annäherung an das Originalprodukt eine Verbindung zwischen den sich gegenüberstehenden Erzeugnissen herstellen. Dies reicht für eine vergleichende Werbung i.S. des § 6 Abs. 1 UWG im Hinblick auf den weit zu fassenden Begriff der vergleichenden Werbung aus, weil jedenfalls für die Zwischenhändler aufgrund der Gesamtaufmachungen in Gestaltung von Form und Farbe der Flakons und Verpackungen sowie der Bezeichnungen die Produkte der Klägerin erkennbar werden (vgl. BGHZ 158, 26, 32 - Genealogie der Düfte; BGH GRUR 2008, 628 Tz. 21 - Imitationswerbung).

bb) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG nicht auf eine explizite Bezeichnung der beworbenen Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung beschränkt ist, sondern auch eine implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung den Tatbestand einer nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG unzulässigen vergleichenden Werbung erfüllt (vgl. , GRUR 2009, 756 Tz. 75 = WRP 2009, 930 - L'Oréal/Bellure; BGH GRUR 2008, 628 Tz. 26 - Imitationswerbung). Die Darstellung als Imitation oder Nachahmung muss jedoch über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehen. Mit einer entsprechenden Deutlichkeit muss aus der Werbung selbst hervorgehen, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird. Für das Erfordernis einer in diesem Sinne "offenen" oder deutlich erkennbaren Imitationsbehauptung spricht auch der Wortlaut der durch § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG umgesetzten Richtlinienbestimmung, die die Tathandlung in der deutschen Fassung mit "darstellt", in der französischen Fassung mit "présente" und in der englischen Fassung mit "presents" umschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 628 Tz. 26 - Imitationswerbung; hierzu auch Ziervogel, Rufausbeutung im Rahmen vergleichender Werbung, 2002, S. 139 f.).

cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Beurteilung, ob die Bezeichnungen der beanstandeten Parfümerzeugnisse oder zumindest die Gesamtausstattungen eine deutlich erkennbare Imitationsbehauptung darstellten, sei auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dagegen könne nicht allein auf das Verständnis eines kleinen, besonders sachkundigen Teils des Verkehrs und zwar auf dasjenige der Wiederverkäufer abgestellt werden. Deren Verständnis rechtfertige nicht das von der Klägerin begehrte umfassende Verbot. Dass die an Duftimitaten interessierten allgemeinen Verbraucherkreise den Bezeichnungen oder den Gesamtausstattungen der beanstandeten Parfümerzeugnisse eine offene Imitationswerbung entnähmen, könne nicht festgestellt werden.

(1) Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, der Bekanntheitsgrad der Originalparfüms sei so groß, dass hinreichende Teile der an Duftimitationen interessierten allgemeinen Verkehrskreise allein beim Betrachten der vom Beklagten vertriebenen Parfümerzeugnisse erkennen, dass mit deren Gesamtausstattung auf das Originalerzeugnis Bezug genommen werden soll.

Zu Recht hat das Berufungsgericht für das hier allein in Rede stehende Erzeugnis der Klägerin mit der Bezeichnung "Miracle", das durch das Parfüm der Beklagten mit der Bezeichnung "Oracle" offen imitiert worden sein soll, keine Bekanntheit angenommen, aufgrund deren sich für die allgemeinen Verkehrskreise eine offene Imitation aufdrängen müsste. Für einen gegenteiligen Schluss reichen die zu dem Produkt "Miracle" vorgetragenen Umsatzzahlen von 7 Mio. € der Damenserie im Jahr 2000 und von 3,5 Mio. € der Herrenserie bei einem Werbeaufwand von 1,3 Mio. € im Jahr 2001 nicht aus.

(2) Die Revision hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts mit der Begründung wendet, durch die angegriffenen Bezeichnungen und Produktgestaltungen würden gerade die Wiederverkäufer angesprochen. Auf das Verständnis dieses Verkehrskreises sei für die Beurteilung abzustellen.

Die Frage, ob allein die Wahrnehmung der Wiederverkäufer zu den angegriffenen Bezeichnungen und Ausstattungen das beantragte generelle Verbot rechtfertigen kann oder hierzu nicht ein entsprechendes Verständnis des Durchschnittsverbrauchers erforderlich ist, kann offenbleiben. Vorliegend ist nur über den Anspruch auf Drittauskunft zu entscheiden.

Für diesen Anspruch hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft ein entsprechendes Verständnis der Wiederverkäufer von einer offenen Imitationsbehauptung nicht ausreichen lassen. Der Anspruch auf Drittauskunft ist auf die Angabe der Namen und Anschriften der mit dem Parfümprodukt belieferten gewerblichen Abnehmer gerichtet. Dieser Anspruch ist bereits begründet, wenn gegenüber dem Verkehrskreis der gewerblichen Abnehmer eine offene Imitationsbehauptung vorliegt, deren Verbot die Klägerin nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG beanspruchen kann. Für ein auf den Kreis der Wiederverkäufer beschränktes Verbot reicht die Wahrnehmung dieses besonders sachkundigen Kreises von den beanstandeten Bezeichnungen und Gesamtausstattungen jedenfalls aus. Der auf Drittauskunft gerichtete selbständige Auskunftsanspruch, der nicht der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den auf Auskunft in Anspruch Genommenen dient, setzt wie jeder Auskunftsanspruch aus § 242 BGB lediglich das Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien voraus, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist. Ein solches Rechtsverhältnis ergibt sich regelmäßig aus dem durch einen Wettbewerbsverstoß begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis (vgl. BGHZ 148, 26, 30 - Entfernung der Herstellungsnummer II).

dd) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wiederverkäufer die beanstandete Bezeichnung (Oracle) oder zumindest eine Kombination der Ausstattungsmerkmale (Bezeichnung, Form und Farbe des Flakons und der Umverpackung) als offene Imitationsbehauptung auffassen. Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Verständnis der Wiederverkäufer bei einer Annäherung an das Originalparfüm durch mehrere Ausstattungsmerkmale ist nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ob es sich nur um bloße Assoziationen an das Originalprodukt handelt oder der Kreis der Wiederverkäufer eine eventuelle Kenntnis von dem Imitatcharakter nicht aus der Aufmachung und Bezeichnung des beanstandeten Produkts, sondern aus anderen Quellen erlangt hat.

2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht den begehrten Anspruch auf Drittauskunft nicht nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG i.V. mit § 242 BGB bejaht hat. Nach der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG ist vergleichende Werbung unlauter, die den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

Das Berufungsgericht hat eine unlautere Rufausbeutung oder -beeinträchtigung der Klagemarken "MIRACLE" in Groß- und Kleinschreibung durch Verwendung der Marke "Oracle" des Beklagten verneint. Es hat nicht feststellen können, dass ausreichende Teile des angesprochenen Verkehrs eine Verbindung zwischen den Bezeichnungen herstellen. Das Berufungsgericht hat auch insoweit rechtsfehlerhaft auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abgestellt und die Wahrnehmung eines durchschnittlichen Angehörigen des Kreises der Wiederverkäufer nicht genügen lassen (Abschnitt III 1 b cc (2)).

3. Die Angriffe der Revision haben ferner insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht den begehrten Anspruch auf Drittauskunft nicht nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. b UWG i.V. mit § 242 BGB bejaht hat.

a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart des Originalprodukts der Klägerin getroffen. Zugunsten der Klägerin ist für das Revisionsverfahren daher von einer wettbewerblichen Eigenart ihres Erzeugnisses auszugehen.

b) Das Berufungsgericht hat Ansprüche nach § 4 Nr. 9 lit. b UWG verneint, weil es auch insoweit nicht hat feststellen können, dass ausreichende Teile des angesprochenen Verkehrs eine Verbindung zwischen den Ausstattungen der beanstandeten Erzeugnisse und dem Originalparfüm der Klägerin herstellen. Dabei hat es rechtsfehlerhaft die Wahrnehmung eines durchschnittlichen Angehörigen des Kreises der Wiederverkäufer nicht genügen lassen (Abschnitt III 1 b cc (2)).

IV. Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsrechtszug zu der Feststellung gelangen, dass ein durchschnittlicher Angehöriger des Verkehrskreises der Wiederverkäufer die in Rede stehende Bezeichnung oder Ausstattung als offene Imitationsbehauptung auffasst, ist hierdurch auch eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung des Originalprodukts i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG und des § 4 Nr. 9 lit. b UWG gegeben (vgl. zu Art. 3a Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 84/450/EWG: EuGH GRUR 2009, 756 Tz. 79 - L'Oréal/Bellure).

Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 2213 Nr. 30
ZIP 2010 S. 901 Nr. 18
QAAAD-37261