BSG Urteil v. - B 5 R 44/08 R

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LSG Nordrhein-Westfalen, L 18 R 124/06 vom SG Düsseldorf, S 11 R 262/05

Gründe

I

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Krankengeld, das sie der bei den Beteiligten versicherten H. R. (nachfolgend Versicherte) im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung gewährt hat.

Die Versicherte war laut Feststellung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) zuletzt als "Fachkrankenschwester für Früh-Rehabilitation für schwerst Schädelhirnverletzte" tätig. In der Zeit vom bis nahm sie zu Lasten der Beklagten an einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der sie als arbeitsunfähig entlassen wurde mit der Maßgabe, einen Arbeitsversuch durchzuführen, beginnend mit vier Stunden täglich für zwei Monate, weitere vier Wochen mit sechs Stunden und danach vollschichtig. Gleichzeitig führte der ärztliche Entlassungsbericht vom nach den Feststellungen des LSG aus, dass der Versicherten die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fachkrankenschwester auf Grund des bestehenden qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens vollschichtig zumutbar sei. Der behandelnde Arzt der Versicherten empfahl - im Einverständnis mit dieser und ihrem Arbeitgeber - gegenüber der Klägerin eine stufenweise Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit vier Stunden täglich für die Zeit vom 9.2. bis und bis sechs Stunden täglich. Mit Zustimmung der Klägerin wurde die stufenweise Wiedereingliederung in der Zeit vom bis durchgeführt. Während dieses Zeitraums erhielt die Versicherte bis zum von ihrem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung und vom bis von der Klägerin Krankengeld in Höhe von 51,99 Euro kalendertäglich.

Mit Schreiben vom teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie zunächst für die stufenweise Wiedereingliederung ab Krankengeld in der genannten Höhe zahle. Gleichzeitig meldete sie einen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an und berief sich auf den zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Rentenversicherungsträgern bestehenden Streit über die Zuständigkeit für eine stufenweise Wiedereingliederung im Anschluss an eine Leistung der medizinischen Rehabilitation.

Die mit Schriftsatz vom erhobene Klage auf Erstattung von 1.663,68 Euro hat das Sozialgericht Düsseldorf (SG) mit Urteil vom abgewiesen und die hiergegen gerichtete Berufung das zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu. Die Voraussetzungen des § 102 SGB X, der nach seinem Zweck auf die hier vorliegende Situation anwendbar sei, lägen nicht vor. Denn die Beklagte sei nach den Vorschriften des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI), auf die nach § 7 Satz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) abzustellen sei, nicht der für die stufenweise Wiedereingliederung zuständige Leistungsträger gewesen. Zwar setze die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger für die stufenweise Wiedereingliederung und das begleitende Übergangsgeld entgegen der Ansicht der Beklagten nicht voraus, dass zeitgleich eine medizinische Rehabilitationsleistung erfolge. Vielmehr seien die Rentenversicherungsträger gemäß § 15 SGB VI iVm § 28 SGB IX und § 20 SGB VI auch für die Erbringung der stufenweisen Wiedereingliederung als selbstständige Maßnahme einschließlich des dazugehörigen Übergangsgeldes zuständig. Im vorliegenden Fall lägen aber die Voraussetzungen der §§ 9, 10 SGB VI nicht vor. Die auf Kosten der Beklagten gewährte Rehabilitationsmaßnahme habe dazu geführt, dass die Erwerbsfähigkeit der Versicherten bei Abschluss der Maßnahme wieder so weit hergestellt gewesen sei, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fachkrankenschwester wieder habe verrichten können. Die Ärzte seien zu der Auffassung gelangt, dass sie bei stufenweiser Wiedereingliederung am Arbeitsplatz diese in absehbarer Zeit auch regelmäßig in vollem Umfang würde ausüben können. Aus rentenversicherungsrechtlicher Sicht sei das Ziel einer dauerhaften Integration schon erreicht gewesen, weil eine rehabilitations-rentenrechtlich relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr vorgelegen habe. Die Versicherte sei lediglich den spezifischen Anforderungen und Belastungen am konkreten Arbeitsplatz nicht voll gewachsen gewesen. Die Wiedereingliederung bei grundsätzlich nur noch teilweiser - nämlich vier Stunden - bestehender Arbeitsunfähigkeit habe dem Zweck gedient, den vollen Einsatz auf dem spezifischen alten Arbeitsplatz und in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fachkrankenschwester zu ermöglichen. Bei einem solchen Leistungsprofil liege Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn mit der Folge eines Krankengeldanspruchs gegenüber der Klägerin vor.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 9, 10, 15 SGB VI iVm § 4 Abs 2 Satz 2, § 28, § 51 Abs 5 SGB IX. Die Beklagte sei nach den genannten Vorschriften für die Erbringung der medizinischen Rehabilitationsleistung "stufenweise Wiedereingliederung" zuständig und dementsprechend für die Dauer der Maßnahme gemäß § 45 Abs 1 Nr 3 SGB IX iVm § 20 SGB VI verpflichtet gewesen, Übergangsgeld zu zahlen. Zutreffend sei das LSG davon ausgegangen, dass die stufenweise Wiedereingliederung auch vor dem von den Rentenversicherungsträgern als selbstständige Rehabilitationsmaßnahme zu erbringen gewesen sei. Nicht nachzuvollziehen sei dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Leistungspflicht der Beklagten sei deshalb nicht gegeben, weil die Versicherte vor Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung in ihrem alten Beruf als Fachkrankenschwester "halbschichtig" habe arbeiten können, sodass die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Beklagten iS der §§ 9 ff SGB VI nicht erfüllt gewesen seien. Bereits die Annahme, nach Beendigung der stationären Rehabilitationsmaßnahme habe eine relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit iS des § 10 SGB VI nicht mehr vorgelegen, sei nicht zutreffend. Unter Erwerbsfähigkeit iS von § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI sei die Fähigkeit zur möglichst dauerhaften Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit in normalem Umfang zu verstehen. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit werde im Rahmen der §§ 9 ff SGB VI im Gegensatz zur Erwerbsfähigkeit iS von §§ 43 bis 45 SGB VI jeweils auf die berufliche Tätigkeit bezogen. Der Bezug zur bisherigen beruflichen Tätigkeit sei somit gleichermaßen vorhanden wie bei der stufenweisen Wiedereingliederung im Rahmen des § 28 SGB IX. Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Leistungsverpflichtung der Beklagten hätten vorgelegen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und des Sozialgerichts Düsseldorf vom aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.663,68 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihre Zuständigkeit für die Zahlung von Übergangsgeld anlässlich der stufenweisen Wiedereingliederung sei grundsätzlich nicht gegeben, wenn diese - wie hier - vollständig nach der Rechtslage vor dem (Einführung des § 51 Abs 5 SGB IX) durchgeführt worden sei. Nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften mangele es an einer Rechtsgrundlage für die Zahlung von Übergangsgeld anlässlich einer stufenweisen Wiedereingliederung, die im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durchgeführt worden sei. Erst mit Einführung des § 51 Abs 5 SGB IX sei eine entsprechende Vorschrift geschaffen worden. Als Rechtsgrundlage für die Zahlung von Übergangsgeld im Zeitraum März bis April 2004 komme § 20 Nr 1 SGB VI nicht in Betracht. Aus dieser Vorschrift könne ein Anspruch auf Übergangsgeld nur hergeleitet werden, wenn bei Wiedereingliederungsmaßnahmen zeitgleich eine Grundleistung durch den Rentenversicherungsträger erbracht worden sei. Das Übergangsgeld solle den Verlust des Arbeitsentgelts während und infolge der Durchführung einer Rehabilitationsleistung ersetzen. Es sei eine unselbstständige akzessorische Leistung, die nur in Zusammenhang mit einer Hauptleistung gezahlt werden könne. Die vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Einführung des § 51 Abs 5 SGB IX spreche ebenfalls dafür, dass vor dem die Möglichkeit zur Zahlung von Übergangsgeld durch die Rentenversicherungsträger nur während einer zeitgleich durchgeführten Rehabilitationsleistung gegeben gewesen sei. Aus der entsprechenden Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1783, S 13) werde ersichtlich, dass es sich bei § 51 Abs 5 SGB IX um eine gesetzliche Neuregelung und nicht um eine Klarstellung im Sinne einer Interpretation eines bereits normierten Leistungsanspruch handele. Dem (B 5a/5 R 26/07 R - SozR 4-3250 § 51 Nr 1) sei die Auffassung zu entnehmen, es verstoße gegen den Grundsatz der umfassenden und vollständigen Leistungserbringung durch einen Leistungsträger, wenn für die zweite Phase einer als einheitlich anzusehenden Rehabilitationsleistung ein anderer Träger zuständig werde. Hierbei werde verkannt, dass eine einheitliche Rehabilitationsleistung durch einen Leistungsträger schon daran scheitere, dass sich im Regelfall die stufenweise Wiedereingliederung nicht nahtlos an die medizinische Rehabilitation anschließe und damit in der Zwischenzeit ohnehin ein anderer Träger für die wirtschaftliche Versorgung des Versicherten zuständig sei. Denn im Zwischenzeitraum erhalte der Versicherte keine Leistung zur Teilhabe durch die Rentenversicherung. Gemäß dem Referentenentwurf zum Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (Stand: ) habe § 51 Abs 5 SGB IX überdies zunächst rückwirkend zum in Kraft treten sollen. Im Gesetzgebungsverfahren sei dieser Entwurf dahingehend überarbeitet worden, dass eine rückwirkende Geltung speziell für § 51 Abs 5 SGB IX entfallen sei. Dieser gesetzgeberische Wille dürfe nicht übergangen werden. Vielmehr werde deutlich, dass für Zeiten vor dem eine stufenweise Wiedereingliederung außerhalb von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur durch § 74 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ermöglicht werden sollte. § 28 SGB IX stelle zudem keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation iS von § 15 SGB VI dar. Nach dieser Norm erbrächten die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 SGB IX. Zwar ergebe sich aus der Formulierung "insbesondere" in § 26 Abs 2 SGB IX, dass die dort genannten Leistungen nicht abschließend aufgezählt worden seien. Jedoch widerspreche es der gesetzlichen Systematik, die ausdrücklich in § 28 SGB IX geregelte stufenweise Wiedereingliederung auch zu den in § 26 SGB IX geregelten eigentlichen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu zählen. Im Übrigen seien im vorliegenden Fall die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI für die sich anschließende stufenweise Wiedereingliederung nicht gegeben gewesen. Im Sinne der Rentenversicherung sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit jede länger andauernde, nicht unwesentliche Einschränkung der vollen Leistungsfähigkeit, jedoch bezogen auf die gesamte berufliche Qualifikation und nicht auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit. Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für die Versicherte H. R. seien am mit dem Erreichen des Rehabilitationsziels beendet gewesen.

II

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Ob der Klägerin der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht, lässt sich nach dem bisherigen Sachstand nicht entscheiden. Es fehlen Feststellungen des LSG zu den persönlichen (§ 10 SGB VI) sowie versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen, dem Vorliegen von Ausschlusstatbeständen (§ 12 SGB VI) und den speziellen Voraussetzungen für die Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung zu Lasten der Gesetzlichen Rentenversicherung (§ 15 SGB VI iVm § 28 SGB IX).

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin ist § 102 SGB X. Diese allgemeine Erstattungsregelung wird im vorliegenden Fall durch § 14 Abs 4 SGB IX nicht verdrängt.

§ 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX ist nicht anwendbar. Diese Vorschrift bestimmt: Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften. Eine Bewilligung der Leistung nach Abs 1 Satz 2 bis 4 erfolgt durch den zweitangegangenen Rehabilitationsträger, an den der Antrag von dem sich selbst für unzuständig haltenden erstangegangenen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist; er ist im Verhältnis zum Versicherten endgültig und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung des Versicherten zuständig ist. § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX trägt dieser Situation des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers Rechnung, indem er für ihn einen speziellen Erstattungsanspruch begründet, der die allgemeinen Erstattungsansprüche verdrängt und sicherstellt, dass der zweitangegangene im Nachhinein seine Aufwendungen vom "eigentlich" zuständigen Rehabilitationsträger zurückerhält (vgl hierzu im Einzelnen BSGE 98, 267, 269 ff, 272). Die Klägerin ist nicht der zweitangegangene Rehabilitationsträger im Sinne der genannten Normen. Die Versicherte hat vielmehr auf Empfehlung des behandelnden Arztes die Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung unmittelbar bei der Klägerin beantragt, sodass diese der erstangegangene Rehabilitationsträger ist. Da die Klägerin den Antrag nicht weitergeleitet hat, ist sie gegenüber der Versicherten gemäß § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX allein zuständig und somit leistungspflichtig geworden.

Zugunsten des erstangegangenen Rehabilitationsträgers, der die Leistung erbringt, begründet § 14 Abs 4 SGB IX keinen Erstattungsanspruch. Er schließt allerdings einen Erstattungsanspruch des leistenden erstangegangenen Trägers nach allgemeinen Vorschriften auch nicht vollständig aus.

§ 14 Abs 4 Satz 3 SGB IX in der hier maßgeblichen Fassung vom (BGBl I 2848) bestimmte lediglich, dass für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs 2 Satz 1 erbracht haben, § 105 SGB X nicht anzuwenden sei. Zwar enthalten die Gesetzesmaterialien zu einer späteren Gesetzesfassung Formulierungen, die dafür sprechen, dass der Gesetzgeber möglicherweise auch die allgemeinen Erstattungsansprüche iS von §§ 102 bis 104 SGB X hatte ausschließen wollen oder nunmehr deren Ausschluss unterstellt. So heißt es im Entwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (BT-Drucks 15/1783, S 13 zu Nr 2 Buchst b): "§ 14 Abs 4 enthält als Spezialregelung zu §§ 102 bis 105 SGB X keine Erstattungsregelung für die Fälle, in denen erstangegangene Rehabilitationsträger trotz fehlender Zuständigkeit eine Leistung erbringen." Der sogenannte Wille des Gesetzgebers bzw der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann indes bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text seinen Niederschlag gefunden hat; dieser Vorbehalt gilt erst recht, wenn es sich wie hier um eine Äußerung zu einem bereits verabschiedeten Gesetz handelt. Derartige Äußerungen haben noch weniger Gewicht als die ursprünglichen Gesetzesmaterialien, die ihrerseits als rein subjektive Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt nicht gleichzusetzen sind (vgl BVerfGE 62, 1, 45 mwN; s auch BVerfGE 111, 54, 91). Ein auf den Ausschluss sämtlicher allgemeiner Erstattungsansprüche gerichteter gesetzgeberischer Wille lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes aber nicht entnehmen; § 14 Abs 4 Satz 3 SGB IX schließt vielmehr ausdrücklich nur die Anwendbarkeit des § 105 SGB X aus.

Ebenso gebieten Sinn und Zweck des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX, den erstangegangenen Rehabilitationsträger im Falle der Erbringung von Rehabilitationsleistungen nicht schlechthin von Erstattungsansprüchen nach §§ 102 bis 104 SGB X auszuschließen. Die Anwendbarkeit der §§ 103, 104 SGB X zugunsten des erstangegangenen Rehabilitationsträgers hat der 1. Senat des BSG bereits mit Urteil vom (B 1 KR 34/06 R - BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 27 f) bejaht. In Fallkonstellationen der hier vorliegenden Art ist darüber hinaus ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X zuzulassen. Insoweit entwickelt der Senat bereits vom 1. Senat beiläufig angestellte Erwägungen fort (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 29).

Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage einschließlich der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärter Zuständigkeit sollen nach § 14 Abs 1 und 2 SGB IX nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen gehen (BT-Drucks 14/5074, S 95 zu Nr 5). Deshalb soll nach § 14 Abs 1 SGB IX der zuerst angegangene Leistungsträger kurzfristig seine Zuständigkeit prüfen und den Antrag bei negativem Ergebnis an den seiner Auffassung nach zuständigen Rehabilitationsträger weiterleiten, der dann im Verhältnis zum Versicherten zuständig und ihm gegenüber leistungspflichtig ist (BT-Drucks 14/5074, S 102 zu § 14). Das System der Erstattungsansprüche muss dem Primärzweck des § 14 SGB IX, der schnellen Zuständigkeitsklärung im Außenverhältnis, dienen. Notwendiges Korrelat der schnellen und strikten Zuständigkeitsklärung im Außenverhältnis zum Versicherten unter Beibehaltung des gegliederten Sozialsystems (§ 7 SGB IX) ist ein umfassender Ausgleichsmechanismus, der sichert, dass der Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit im Rahmen von § 14 SGB IX bejahen kann, ohne allein deshalb verpflichtet zu sein, im Verhältnis zu anderen Rehabilitationsträgern diese Lasten auch endgültig zu tragen. Hätte die Leistungserbringung durch den erstangegangenen Rehabilitationsträger zwingend den Ausschluss von Erstattungsansprüchen zur Folge, während eine nachträgliche Zuständigkeitsprüfung im Rahmen von Erstattungsstreitigkeiten des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers stets gewährleistet wäre, könnte dies ein Anreiz sein, Rehabilitationsanträge - und sei es unter den fadenscheinigsten Vorwänden - weiterzuleiten (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 15, 26). Umfassend ist der danach gebotene Ausgleichsmechanismus nur, wenn Erstattungsansprüche des erstangegangenen Trägers auch nach § 102 SGB X möglich sind. Zwar ist der erstangegangene Träger - anders als der zweitangegangene Träger - nicht in gleicher Weise schutzwürdig. Er ist nicht einer "aufgedrängten" Zuständigkeit aus § 14 Abs 1 und 2 SGB IX ausgesetzt, der er sich nicht zu entziehen vermag, sondern kann vielmehr seine Zuständigkeit prüfen und verneinen (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 21). Gleichwohl sind ausnahmsweise Fallkonstellationen denkbar, in denen sich der erstangegangene Rehabilitationsträger trotz des ihm eingeräumten Prüfungs- und Ablehnungsrechts einem Leistungszwang ausgesetzt sieht, der demjenigen des zweitangegangenen Trägers vergleichbar ist. In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, dem erstangegangenen Träger mit § 102 SGB X - ebenso wie dem zweitangegangenen Träger mit § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX - einen privilegierten Erstattungsanspruch zuzubilligen, dessen Umfang sich nach den für ihn geltenden Vorschriften richtet. Eine solche Fallkonstellation hat hier vorgelegen.

Zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Rentenversicherungsträgern war und ist streitig, ob diese auch vor dem verpflichtet waren, Maßnahmen der stufenweisen Eingliederung als selbstständige Rehabilitationsmaßnahmen zu erbringen. Die Meinungsverschiedenheiten waren sogar Gegenstand einer Besprechung im Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung am , die allerdings nicht die gewünschte Klärung erbracht hat (s die Schreiben des AOK-Bundesverbandes vom und des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger - VDR - vom ). Mit Schreiben vom hat der VDR den Rechtsstandpunkt der Rentenversicherung, für die stufenweise Wiedereingliederung nur dann zuständig zu sein, wenn zeitgleich von ihr eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erbracht werde, noch einmal bekräftigt und an die Krankenkassen unter Hinweis auf eine voraussichtliche und vom Gesetzgeber gerade nicht gewollte Leistungsverzögerung zu Lasten der Versicherten eindringlich appelliert, entsprechende Rehabilitationsanträge nicht an den Träger der Rentenversicherung weiterzuleiten. In dieser Situation einer kurzfristig nicht aufzuklärenden Zuständigkeit und der Ankündigung von Leistungsverzögerungen im Fall der Weiterleitung von Anträgen an die Rentenversicherung waren die Krankenkassen im Interesse des Versicherten an einer schnellen Rehabilitationsleistung und somit zur Realisierung der Ziele des § 14 SGB IX faktisch gezwungen, bei ihnen beantragte Maßnahmen zu erbringen.

Ob auch die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 SGB X im vorliegenden Fall erfüllt sind, ist allerdings bislang nicht geklärt.

Hat ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger gemäß § 102 Abs 1 SGB X erstattungspflichtig. Eine vorläufige Leistungsgewährung im Sinne der Norm setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Leistungsträger zwar zunächst zur Leistung verpflichtet ist, wobei jedoch Unklarheit über die Zuständigkeit für die endgültige Leistungserbringung oder ein Kompetenzkonflikt besteht. Dabei muss der Wille des erstattungsbegehrenden Leistungsträgers, im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar sein (BSGE 58, 119, 120 = SozR 1300 § 104 Nr 7 S 18 mwN).

Die Klägerin war gemäß § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zur Leistung verpflichtet, da sie den von der Versicherten gestellten Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat.

Im Verhältnis zu den Versicherten ist die Leistungsverpflichtung nach dieser Norm endgültig. Im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander kann die Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX hingegen dazu führen, dass der erstangegangene Träger entweder endgültig oder nur zunächst zur Leistung verpflichtet ist. Ob er der "eigentlich" zuständige Leistungsträger ist, richtet sich allein nach den Leistungsgesetzen, die § 14 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB IX unberührt lässt (vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 27). Anders als § 43 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch und der am außer Kraft getretene § 6 Abs 2 Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation verpflichtet § 14 SGB IX den erstangegangenen Rehabilitationsträger nicht schlechthin zur Erbringung der beantragten Leistung. § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX räumt ihm vielmehr das Recht ein, seine Zuständigkeit nach den Leistungsgesetzen zu prüfen und den Antrag weiterzuleiten, falls er feststellt, dass er für die Leistung nicht zuständig ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der erstangegangene Träger den Antrag nicht weiterleiten darf, wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Zuständigkeit nach den Leistungsgesetzen begründet ist, oder er die Zuständigkeit innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nach Abs 1 Satz 1 nicht klären kann. In beiden Fällen hat er gemäß § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich festzustellen. Bejaht der erstangegangene Träger seine Zuständigkeit nach den Leistungsgesetzen und leitet er deshalb den Antrag nicht weiter, führt die gegenüber dem Versicherten bestehende Leistungspflicht auch im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander zu einer endgültigen Leistungsverpflichtung. Leitet der erstangegangene Rehabilitationsträger den Antrag hingegen nicht weiter, weil ihn objektive Umstände daran hindern, seine Zuständigkeit nach den Leistungsgesetzen innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zu klären, führt § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander nur zu einer "zunächst" bestehenden Leistungsverpflichtung. Diese besondere Struktur des § 14 SGB IX zwingt bei der Anwendung von § 102 Abs 1 SGB X darauf zu verzichten, dass die gesetzliche Ermächtigung, auf Grund derer die Sozialleistung erbracht wird, die Leistung ausdrücklich als vorläufig bezeichnet (vgl zu diesem grundsätzlichen Erfordernis BSGE 58, 119, 121 = SozR 1300 § 104 Nr 7 S 19; BSG SozR 3100 § 11 Nr 18 S 22).

Die Klägerin war auf Grund des Kompetenzkonflikts mit den Trägern der Rentenversicherung durch objektive Gründe gehindert, den Antrag weiterzuleiten, sodass ihre Verpflichtung zur Leistung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander eine lediglich "zunächst" bestehende Leistungsverpflichtung ist.

Die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 SGB X sind auch insoweit erfüllt, als der Wille der Klägerin, lediglich im Hinblick auf die unklare Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar war. Die Klägerin hat der Versicherten ab Krankengeld gewährt und bereits mit Schreiben vom bei der Beklagten unter Hinweis auf den bestehenden Zuständigkeitsstreit einen Erstattungsanspruch angemeldet.

Ob die Beklagte im vorliegenden Fall zur Leistung einer stufenweisen Eingliederung und der Gewährung von Übergangsgeld zuständig und somit im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander "endgültig" verpflichtet war, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht entscheiden.

Gemäß § 7 Satz 2 SGB IX richten sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB VI kann die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Nach § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2. bei denen voraussichtlich

a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

Das LSG hat eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten iS von § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI bei Abschluss der stationären medizinischen Rehabilitation verneint. Hierzu hat es ausgeführt: Die auf Kosten der Beklagten gewährte medizinische Rehabilitationsmaßnahme habe dazu geführt, dass die Erwerbsfähigkeit der Versicherten bei Abschluss der Maßnahme soweit hergestellt gewesen sei, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fachkrankenschwester wieder habe verrichten können. Die Ärzte seien zu der Auffassung gelangt, dass sie diese bei stufenweiser Wiedereingliederung am Arbeitsplatz in absehbarer Zeit auch wieder regelmäßig in vollem Umfang würde ausüben können. Aus rentenversicherungsrechtlicher Sicht sei das Ziel einer dauerhaften Integration erreicht, weil eine rehabilitations-rentenrechtlich relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr vorgelegen habe. Die Versicherte sei lediglich den spezifischen Anforderungen und Belastungen am konkreten Arbeitsplatz nicht voll gewachsen gewesen. Die Wiedereingliederung bei grundsätzlich nur noch teilweise - nämlich vier Stunden - bestehender Arbeitsunfähigkeit habe dem Zweck gedient, den vollen Einsatz auf dem spezifischen alten Arbeitsplatz und in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fachkrankenschwester zu ermöglichen.

Diese Erwägungen tragen die vom LSG gezogene rechtliche Schlussfolgerung nicht.

Der Begriff der in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind. Zu prüfen ist, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs noch nachkommen kann (BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 17, 19).

Das LSG hat weder das typische Anforderungsprofil einer Fachkrankenschwester bzw einer "Fachkrankenschwester für Früh-Rehabilitation für schwerst Schädelhirnverletzte" beschrieben noch die spezifischen Belastungen und Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes der Versicherten bezeichnet; es hat auch nicht erörtert, ob und - wenn ja - aus welchen Gründen es in einer "Fachkrankenschwester für Früh-Rehabilitation ..." einen "bisherigen Beruf" mit eigenem Berufsbild iS der genannten Rechtsprechung sieht. Ebenso fehlen Feststellungen zu dem qualitativen Leistungsvermögen der Klägerin. Mangels der erforderlichen Feststellungen ist aber für den Senat nicht erkennbar, ob die Versicherte nur den spezifischen Anforderungen des Arbeitsplatzes oder aber den typischen Anforderungen ihres bisherigen Berufs nicht mehr gewachsen war.

Sollten die vom LSG nachzuholenden Feststellungen ergeben, dass die Versicherte bei Abschluss der stationären Maßnahme den typischen Anforderungen ihres Berufes weiterhin nicht gewachsen war, wird es ferner zu den Erfolgsaussichten einer weiteren Rehabilitation iS von § 10 Abs 1 Nr 2 SGB VI Stellung nehmen müssen. Die nach dieser Norm gebotene Feststellung der Erfolgsaussicht einer Leistung muss sich auf die Prüfung beschränken, ob der Versicherte grundsätzlich rehabilitationsfähig ist, was unter Berücksichtigung seiner körperlichen sowie geistigen Leistungsfähigkeit, seiner Motivation und seines Alters positiv festzustellen ist (BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 29). Näher auf diesen Gesichtspunkt einzugehen braucht das LSG allerdings nur, falls sich insoweit im weiteren Verfahren Zweifel ergeben sollten.

Zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen iS von § 11 SGB VI und den Ausschlusstatbeständen iS von § 12 SGB VI fehlen jedwede Feststellungen des LSG.

Sollte die Klägerin die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt haben, wird das LSG weiter festzustellen haben, ob die speziellen Voraussetzungen für die stufenweise Wiedereingliederung zu Lasten der Rentenversicherung im vorliegenden Fall erfüllt waren.

Nach einer vom Rentenversicherungsträger gewährten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation bleibt die Rentenversicherung für die stufenweise Wiedereingliederung gemäß § 15 Abs 1 SGB VI iVm § 28 SGB IX und damit für die Zahlung von Übergangsgeld gemäß § 45 Abs 1 Nr 3 SGB IX iVm § 20 Nr 1 SGB VI zuständig, solange sich die stufenweise Wiedereingliederung als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt-)Maßnahme darstellt (BSG SozR 4-3250 § 28 Nr 3 RdNr 21). Dies ist der Fall, wenn das "rentenversicherungsrechtliche" Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, dh der Versicherte die bisherige Tätigkeit noch nicht in vollem Umfang aufnehmen kann, weil er den berufstypischen (nicht: arbeitsplatzspezifischen) Anforderungen dieser Tätigkeit gesundheitlich noch nicht gewachsen ist (BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 19), der weitere Rehabilitationsbedarf spätestens bei Abschluss der stationären Maßnahme zutage getreten ist (BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 1 RdNr 28; SozR 4-3250 § 28 Nr 3 RdNr 21), und die Voraussetzungen des § 28 SGB IX bis zum Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung durchgehend vorliegen (BSG SozR 4-3250 § 28 Nr 3 RdNr 21). Sollte der Zeitraum zwischen der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und der stufenweisen Wiedereingliederung weniger als eine Woche betragen, kann von Letzterem ohne Weiteres ausgegangen werden.

An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest.

Die Beklagte wendet hiergegen zu Unrecht ein, es widerspreche der gesetzlichen Systematik, die in § 28 SGB IX geregelte stufenweise Wiedereingliederung zu den in § 26 Abs 2 SGB IX genannten eigentlichen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu zählen. Die Beklagte räumt selbst ein, dass nach § 26 Abs 2 SGB IX Leistungen zur medizinischen Rehabilitation "insbesondere" die dort genannten sind. § 26 Abs 2 SGB IX enthält also keine abschließende Regelung, sondern benennt lediglich den Kernbereich der medizinischen Rehabilitation. Dem entspricht, dass das gesamte Kapitel 4 des SGB IX, das §§ 26 bis 32 umfasst, den Titel führt "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" und damit auch diejenigen Leistungen als medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ausweist, die außerhalb des § 26 Abs 2 SGB IX aufgeführt sind. Zudem werden in § 30 und § 31 SGB IX medizinische Rehabilitationsleistungen iS des § 26 Abs 2 SGB IX näher geregelt. Der systematische Zusammenhang des § 28 mit diesen Vorschriften indiziert ebenfalls, dass auch die von ihm geregelte Maßnahme eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme darstellt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten schränkt § 20 SGB VI die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger für eine stufenweise Wiedereingliederung nicht ein. Nach dessen Nr 1 haben diejenigen Versicherten Anspruch auf Übergangsgeld, die von einem Träger der Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten. Die Beklagte möchte dieser Vorschrift entnehmen, dass jedenfalls bis zur Einführung des § 51 Abs 5 SGB IX durch das Schwerbehinderten-Ausbildungsförderungsgesetz vom (BGBl I 606) Übergangsgeld nur dann habe gezahlt werden können, wenn neben der stufenweisen Wiedereingliederung eine medizinische Rehabilitationsleistung als "Hauptleistung" gewährt worden sei, etwa in Form einer ambulanten medizinischen Rehabilitation.

Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte jedoch in Widerspruch zum Anliegen des SGB IX, die stufenweise Wiedereingliederung nunmehr ausdrücklich als eine auch von der Rentenversicherung zu erbringende Leistung der medizinischen Rehabilitation einzuführen. Nach § 45 Abs 1 SGB IX hat ein Versicherter "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" Anspruch gegen den Träger der Rentenversicherung auf Übergangsgeld "nach Maßgabe dieses Buches und der §§ 20 und 21 des Sechsten Buches" (Nr 3). Mithin ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht isoliert auf die Vorschriften des SGB VI (§§ 20, 21) abzustellen; der Anspruch auf "Leistungen zum Lebensunterhalt" ist - auch soweit er den Rentenversicherungsträger betrifft - nunmehr (zusätzlich) im SGB IX (§ 45) verankert. Überdies lassen sich dem SGB IX an keiner Stelle Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Anspruch auf Übergangsgeld während der stufenweisen Wiedereingliederung die gleichzeitige Gewährung einer "Hauptleistung" voraussetzt (BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 1 RdNr 24; SozR 4-3250 § 28 Nr 3 RdNr 20). Vielmehr ist die stufenweise Wiedereingliederung die "Haupt"- und das Übergangsgeld die ergänzende Leistung. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des § 51 Abs 5 SGB IX nichts zugunsten ihrer Rechtsauffassung herleiten. Die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1783 S 13) enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass § 51 Abs 5 SGB IX eine konstitutive Neuregelung mit Wirkung ab darstellt. Vielmehr weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hin, die Ergänzung "stelle klar", dass entsprechend den Vorgaben des § 28 SGB IX neben den gesetzlichen Krankenkassen alle weiteren Träger der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch ihre Leistungen die Möglichkeiten der stufenweisen Wiedereingliederung einschließlich der ergänzenden Leistungen unterstützen sollen. Angesichts dessen, dass es sich um eine klarstellende Regelung handelt, lässt sich aus dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zum auch nicht der gesetzgeberische Wille ableiten, dass vor diesem Zeitpunkt die Träger der Rentenversicherung nicht zur Erbringung einer stufenweisen Wiedereingliederung als selbstständiger Maßnahme verpflichtet gewesen seien (s hierzu auch BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 1 RdNr 29).

Schließlich kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass eine einheitliche Rehabilitationsleistung durch einen Leistungsträger schon daran scheitere, dass sich im Regelfall die stufenweise Wiedereingliederung nicht nahtlos an die medizinische Rehabilitation anschließe und damit in der Zwischenzeit ohnehin ein anderer Träger für die wirtschaftliche Versorgung des Versicherten zuständig sei. Ein Zeitraum zwischen der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und der stufenweisen Wiedereingliederung löst entgegen der Ansicht der Beklagten nicht notwendig einen Wechsel der Leistungsträger aus. Vielmehr ist für diesen Zeitraum die Leistung eines Zwischenübergangsgeldes durch die Träger der Rentenversicherung zu erwägen (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 25 Nr 1). In Anwendung des SGB IX ist von dem Grundsatz der umfassenden und vollständigen Leistungserbringung auszugehen, wie er im Übrigen bereits § 4 Abs 2, § 5 Abs 1, Abs 2 Satz 1, § 6 Abs 2 (iVm §§ 16, 17 Abs 1) des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom (BGBl I S 1881) zugrunde lag. Insofern kann mit einem angeblichen Trägerwechsel nicht gegen die Leistungspflicht eines Rehabilitationsträgers argumentiert werden; vielmehr schließt - umgekehrt - die Leistungspflicht für mehrere als Einheit aufzufassende Einzelmaßnahmen einen Trägerwechsel aus.

Somit wird das LSG nach den aufgezeigten Kriterien auf der Grundlage seiner Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI außerdem zu beurteilen haben, ob bei Abschluss der stationären Maßnahme weiterer Rehabilitationsbedarf bestanden hatte und zutage getreten war.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG, § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.

Fundstelle(n):
FAAAD-36728