BGH Urteil v. - Xa ZR 131/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: HGB § 25 Abs. 1

Instanzenzug: BPatG, 1 Ni 28/02 EU vom

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am unter Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung in Italien angemeldeten, inzwischen infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschenen europäischen Patents 334 266 (Streitpatents), das im Einspruchsverfahren beschränkt aufrechterhalten worden ist. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:

"An automatic apparatus for closing containers (c) with a sealing lamina (50), the containers (c) being fed to the apparatus by a feeding conveyor (7), the apparatus comprising a framework (2) supporting a sealing unit (4, 6) including a heatwelding head (6) arranged above a resting table (4), a second conveyor belt (5) leading away from an outlet side of said sealing unit (4, 6), a pusher (8) defining a grip portion (9) which is engageable with a plurality of containers (c) to be transferred towards and away from said sealing unit (4, 6), first actuation means (18-20, 22, 26) acting on said pusher (8) to engage it with said plurality of containers (c) and disengage it therefrom and second actuation means (28-33) to move said pusher (8) longitudinally along its axis of rotation, arranged between said feeding conveyor (7) and said sealing unit (4, 6), a first conveyor belt (3) leading from said feeding conveyor belt (7) towards an inlet side of said sealing unit (4, 6), characterized in that - said sealing unit (4, 6) has a longitudinal size for sealing at least one container at a time, - said first conveyor belt (3) is of the intermittent type and is operatively connected to said sealing unit (4, 6) to allow a number of containers to wait ahead of the sealing unit (4, 6) for the time required to transfer them onto said resting table (4) thereof, - said pusher (8) moves from a first position in which said grip portion (9) is arranged to flank a leading portion of said first conveyor belt (3) and said resting table (4) to a second position in which said grip portion (9) is arranged to flank a trailing portion of said second conveyor belt (5) and said resting table (4), - said grip portion (9) overlapping the conveyor belts (3) and (5) at the leading/trailing portion respectively for a length corresponding to the length of at least one container to be processed, - said second conveyor belt (5) being operatively connected to said sealing unit (4, 6)."

Wegen der deutschen Übersetzung dieses Patentanspruchs wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen das Streitpatent erhob im Jahr 1998 die J. GmbH in O. , die Verpackungsmaschinen unter der Bezeichnung "S. " vertrieb, die Bestandteil der Firma der jetzigen Klägerin ist, Nichtigkeitsklage; das unter dem Aktenzeichen 1 Ni 22/98 (EU) geführte Nichtigkeitsverfahren endete am vor dem Bundespatentgericht mit einem Vergleich, in dem sich die damalige Klägerin, die J. GmbH, der die Erlaubnis erteilt wurde, die mit der Verletzungsklage angegriffene Ausführungsform bis zum weiterhin herzustellen und zu vertreiben und der weiterhin das Recht verblieb, eine modifizierte Ausführungsform einer Vorrichtung zum Verschließen von Behältern herzustellen, verpflichtete, ihre Nichtigkeitsklage zurückzunehmen und keine neue Nichtigkeitsklage zu erheben.

Die von der Beklagten aus dem Streitpatent gerichtlich in Anspruch genommene Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, da sie die Nichtangriffsabrede aus dem Vergleich mit der J. GmbH auch der Klägerin entgegenhalten könne.

Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage als unzulässig, jedenfalls aber als sachlich unbegründet erstrebt.

Der Bundesgerichtshof hat durch Vermittlung des Patentgerichts Beweis erhoben. Der Senat hat ferner den Geschäftsführer der Klägerin als Partei vernommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Die Beklagte kann der Klägerin die Nichtangriffsverpflichtung aus dem Vergleich mit der J. GmbH nicht entgegenhalten.

a) Die Beklagte beruft sich in erster Linie auf § 25 Abs. 1 HGB und meint, die Klägerin sei an die Nichtangriffsabrede gebunden, weil sie das Handelsgeschäft der J. GmbH unter der bisherigen Firma fortführe. Damit kann sie keinen Erfolg haben.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin das Handelsgeschäft der J. GmbH oder einen Teil desselben tatsächlich fortführt, obwohl die J. GmbH weiterhin geschäftlich tätig ist. Denn sie tut dies jedenfalls nicht "unter der bisherigen Firma". Zwischen der Firma der J. GmbH und der Firma der Klägerin besteht - abgesehen von der Rechtsformangabe - keine Gemeinsamkeit. Daran ändert es auch nichts, dass die J. GmbH ihrer Firma das Kennzeichen "S. " und damit den kennzeichnenden Bestandteil der Firma der Klägerin vorangestellt haben mag.

Beim Wechsel des Unternehmensinhabers ist die Firmenfortführung deshalb eine Voraussetzung für die in § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgesehene Haftung, weil in ihr die Kontinuität des Unternehmens nach außen in Erscheinung tritt, die der tragende Grund für die Erstreckung der Haftung für früher im Betrieb des Unternehmens begründete Verbindlichkeiten des Vorgängers auf seinen Nachfolger ist (, NJW 1992, 911; v. - II ZR 355/03, NJW 2006, 1002 Tz. 7; v. - VIII ZR 192/06, NJW-RR 2009, 820 Tz. 19). Dabei kommt es nicht auf eine wort- und buchstabengetreue Übereinstimmung zwischen alter und neuer Firma, sondern nur darauf an, ob aus der Sicht des Verkehrs trotz vorgenommener Änderungen noch eine Fortführung der Firma vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der prägende Teil der alten Firma in der neuen beibehalten wird (, NJW-RR 2004, 1172; BGH NJW 2006, 1002 Tz. 12; , aaO Tz. 19). Prägender Bestandteil der Firma der J. GmbH war der Eigenname J. . Selbst wenn man "S. " wie einen Firmenbestandteil behandeln würde, weil für die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 HGB maßgeblich ist, welche Bezeichnung das Unternehmen für sein Auftreten am Markt gewählt hat (, NJW 1987, 1633; MünchKomm.HGB/Lieb, 2. Aufl., § 25 HGB Rdn. 62 m.w.N.), fehlte der dann jedenfalls mitprägende Eigenname J. in der Firma der Klägerin.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die J. GmbH fallweise, wie die Beklagte unter Hinweis auf einen Lieferschein (Bl. 288 der Akte 1 Ni 22/98 des Bundespatentgerichts) geltend macht, auf ihren Briefbögen auch die hervorgehobene Angabe "S. " verwendet haben mag. Denn die J. GmbH ist zuvor, wie durch verschiedene Schriftstücke belegt ist, werbend ohne diesen Zusatz aufgetreten und hat dadurch die Sicht des Verkehrs von ihrer Firma geprägt. Die nur für einen Einzelfall gegenüber einer ausländischen Gesellschaft im Unternehmensverbund belegte Verwendung der Bezeichnung "S. " in Verbindung mit der Firma J. GmbH ist demgegenüber nicht ausreichend, den Senat davon zu überzeugen, dass diese Bezeichnung im Sinn eines zudem herausgehobenen Firmenbestandteils verwendet worden ist, der als (allein) prägender Teil des im Verkehr verwendeten Unternehmenskennzeichens angesehen werden könnte. Die Verwendung der Angabe in der Firma der Klägerin kann deshalb eine Firmenfortführung im Sinn des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht begründen.

b) Die Klägerin ist auch nicht aus anderen Gründen an die von der J. GmbH eingegangene Nichtangriffsverpflichtung gebunden.

aa) Die Nichtigkeitsklage kann als Popularklage grundsätzlich von jedermann erhoben werden. Es ist deshalb, von Sonderfällen abgesehen, nicht erforderlich, dass der Kläger ein eigenes wirtschaftliches oder ideelles Interesse an der Nichtigerklärung des Patents darlegt oder dass ein solches eigenes Interesse des Klägers überhaupt gegeben ist. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Nichtigerklärung eines Patents, das die gesetzlichen Schutzvoraussetzungen nicht erfüllt und sich daher als sachlich ungerechtfertigte Behinderung des Wettbewerbs darstellt, im öffentlichen Interesse liegt und damit die Nichtigkeitsklage statthaft macht (vgl. Ia ZR 174/63, GRUR 1963, 253 - Bürovorsteher). Es entspricht allerdings ebenso der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Nichtigkeitsklage nicht nur in den Fällen einer (wirksam) vereinbarten Nichtangriffsabrede unzulässig sein kann, sondern auch dann, wenn der Kläger durch den Antrag auf Nichtigerklärung eines Patents gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt (, GRUR 1958, 177, 178 - Aluminiumflachfolien I; v. - X ZR 97/86, GRUR 1987, 900, 901 - Entwässerungsanlage; v. - X ZR 119/88, GRUR 1990, 667 - Einbettungsmasse; v. - Xa ZR 64/08, nicht im Druck veröffentlicht; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 81 Rdn. 68). Die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage findet dort ihre Grenze, wo sich aus der Person des Klägers oder aus den Beziehungen der Parteien zueinander besondere Umstände ergeben, welche die Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens gerade zwischen diesen Parteien und unter den besonderen Umständen dieses Falles als anstößig oder jedenfalls als dem auch im Prozessrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben widersprechend erscheinen lassen (, aaO; v. - la ZR 93/65, GRUR 1971, 243, 244 - Gewindeschneidvorrichtungen; v. - Ia ZR 174/63, GRUR 1963, 253 - Bürovorsteher). Solche Umstände hat die Rechtsprechung unter anderem dann angenommen, wenn über die Patentfähigkeit bereits rechtskräftig entschieden ist, der unterlegene Nichtigkeitskläger diese gleichwohl weiter bekämpfen will und deshalb ein Dritter als Strohmann des früheren Klägers und allein in dessen Interesse erneut Nichtigkeitsklage erhebt (, GRUR 1998, 904 - Bürstenstromabnehmer; Ia ZR 174/63, aaO). Dagegen ist die Nichtigkeitsklage desjenigen "Strohmanns" zulässig, der zugleich ein ins Gewicht fallendes eigenes gewerbliches Interesse an der Vernichtung des Streitpatents hat (BGH GRUR 1987, 900, 903 - Entwässerungsanlage; Xa ZR 64/08 Tz. 10).

bb) Danach ist die Klägerin nicht als "Strohmann" der J. GmbH an die von dieser eingegangene Nichtangriffsverpflichtung gebunden, denn sie hat, da sie von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents verklagt ist, ein eigenes Interesse an der Nichtigerklärung des Streitpatents.

Zu der Behauptung der Beklagten, K. sei als Alleingesellschafter der Klägerin nur Treuhänder des Alleingesellschafters der J. GmbH, hat der Senat durch Einvernahme von K. als Partei Beweis erhoben; auf Grund der Aussage kann der Vortrag nicht als erwiesen angesehen werden. K. hat bekundet, dass es eine Treuhandvereinbarung niemals gegeben habe, dass er die Marke "S. " unentgeltlich, aber ohne Absprache mit der Markeninhaberin genutzt habe und dass dieser Nutzung nicht widersprochen worden sei, dass er die Stammeinlage für die Klägerin aus eigenen Mitteln erbracht habe und dass er auch Darlehen auf Grund eigener Sicherheiten aufgenommen habe. Damit hat die Beklagte den materiell ihr obliegenden Nachweis, dass K. als Treuhänder durch die Nichtangriffsabrede in dem Vergleich gebunden sei, nicht geführt. Für eine Vereidigung der Partei hat der Senat bei dieser Sachlage keine Veranlassung gesehen (§ 452 Abs. 1 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).

cc) Auch sonst besteht kein hinreichender Anlass für die Annahme, die Klägerin handele treuwidrig, wenn sie die von der J. GmbH eingegangene Nichtangriffsverpflichtung nicht beachte.

(1) Aus dem unstreitigen Sachvortrag und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich, dass in mehrfacher Hinsicht Verbindungen zwischen der Klägerin und der J. GmbH bestehen. Der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin, K. , war bis März 2001 Prokurist der J. GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter sein Bruder J. war, der zugleich Geschäftsführer und Alleingesellschafter der S. B.V. war. Die Klägerin hat keine Maschinen oder Gerätschaften von der J. GmbH übernommen, jedoch in von J. gemieteten Räumen unter derselben Marke ("S. ") Montage und Vertrieb der bis dahin angebotenen Verpackungsmaschinen fortgesetzt. Der Vertriebsleiter der Klägerin, S. D. , war bis Mitte 2001 bei der J. GmbH beschäftigt und wechselte Mitte Juni 2001 auf ein von K. ausgesprochenes Angebot zur Klägerin, wo er seine - vornehmlich im Außendienst bestehende - Tätigkeit unter Nutzung der bestehenden Kundenkontakte fortsetzte. Außer ihm wechselten weitere Mitarbeiter wie der Maschinenbaumeister H. H. und der kaufmännische Angestellte M. J. zur Klägerin, weil ihnen erklärt worden war, dass die J. GmbH den Vertrieb der Verpackungsautomaten einstellen und die Klägerin ihn fortsetzen wolle.

(2) All dies spricht zwar für die Annahme, dass mit der Gründung der Klägerin den Problemen Rechnung getragen wurde, die sich bei der J. GmbH ergeben hatten, nachdem diese auf Grund des von ihr geschlossenen Vergleichs den Vertrieb der bis dahin gelieferten Verpackungsmaschinen nicht mehr fortsetzen durfte. Der Zeuge H. hat die Gründe für die Aufgabe des Vertriebs dahin umschrieben, dass diese "einerseits rechtlicher Natur" gewesen und es "auch nicht so gut" gegangen sei. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob die J. GmbH mit der Aufgabe des ihr durch die gegenüber der Beklagten eingegangene Verpflichtungen unmöglich oder jedenfalls unattraktiv gewordenen Vertriebs zugunsten der Klägerin gegen Verpflichtungen aus dem Vergleich mit der Beklagten verstoßen hat, sondern ob die Klägerin treuwidrig handelt, wenn sie den Angriff gegen das Streitpatent führt, den die J. GmbH nicht führen dürfte. Weder aus den familiären Beziehungen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Klägerin zu dem Geschäftsführer der durch den Vergleich gebundenen J. GmbH noch, daraus, dass der Geschäftsführer der Klägerin einzelvertretungsberechtigter Prokurist der J. GmbH gewesen war, lässt sich eine Bindung der Klägerin an den Vergleich begründen, an dem die Klägerin nicht beteiligt war, von dem sie nach der unwiderlegten Bekundung ihres Geschäftsführers auch keine Kenntnis hatte und aus dem folglich eine Verpflichtung des Klägers oder ihres Geschäftsführers nicht abgeleitet werden kann.

dd) Es kann daher offenbleiben, ob die Nichtangriffsabrede wirksam vereinbart worden oder als Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG unwirksam ist.

2. Auch nach dem Erlöschen des Streitpatents ist die Klage weiterhin zulässig. Im Hinblick auf ihre Inanspruchnahme aus dem Streitpatent hat die Klägerin aus diesem Grund weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Nichtigerklärung des Streitpatents (vgl. , GRUR 2008, 90 - Verpackungsmaschine; Urt. v. - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II; Urt. v. - Xa ZR 92/05, GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung, st. Rspr.).

II.

Es hält auch der Nachprüfung stand, dass das Patentgericht den Gegenstand des Streitpatents für nicht patentfähig erachtet hat.

1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Verschließen von Behältern mittels Versiegelungsfolie ().

Die Patentschrift bemängelt, dass bekannte Vorrichtungen trotz Verwendung von Förderbändern keine hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten erlaubten, da sie diskontinuierlich arbeiteten und die Zuführung zur Versiegelungseinrichtung nicht automatisiert erfolge.

Als Aufgabe der Erfindung wird es bezeichnet, eine Vorrichtung zu schaffen, die die zu verschließenden Behälter automatisiert kontinuierlich und mit hoher Geschwindigkeit verarbeiten kann.

2. Hierzu soll durch Patentanspruch 1 des Streitpatents eine automatische Vorrichtung zum Verschließen von Behältern mittels Siegelfolie zur Verfügung gestellt werden, die sich weitgehend in Anlehnung an die Merkmalsgliederung des Patentgerichts wie folgt gliedern lässt:

Die Vorrichtung umfasst (1) einen Zufuhrförderer, durch den der Vorrichtung die Behälter zugeführt werden, (2) ein Gestell, (3) eine von dem Gestell getragene Versiegelungseinrichtung (), mit einem Auflagetisch und einem darüber angeordneten Thermoschweißkopf, (4) ein erstes, zwischen dem Zufuhrförderer und der Versiegelungseinrichtung angeordnetes Förderband, das vom Zufuhrförderer zur Einlaufseite der Versiegelungseinrichtung führt, (5) einen eine Greifeinrichtung () bildenden Schieber zum Erfassen mehrerer der Versiegelungseinrichtung zuzuführender und von ihr abzuführender Behälter, (6) einen ersten Antrieb zur Betätigung des Schiebers, so dass dieser die mehreren Behälter erfassen bzw. sie wieder freigeben kann, (7) einen zweiten Antrieb zur Längsverschiebung des Schiebers entlang seiner Rotationsachse, (8) ein zweites, von einer Auslaufseite der Versiegelungseinrichtung wegführendes Förderband; (9) das erste Förderband arbeitet dabei als Taktförderer (); (10) das erste Förderband ist arbeitsmäßig () mit der Versiegelungseinrichtung verbunden, um eine Anzahl von Behältern vor der Versiegelungseinrichtung für eine Zeitspanne warten zu lassen, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch benötigt wird; (11) die Versiegelungseinrichtung ist von länglicher Form, um gleichzeitig zumindest einen Behälter zu verschließen; (12) der Schieber bewegt sich aus einer ersten Position, in der die Greifeinrichtung einen Leitabschnitt des ersten Förderbands sowie des Auflagetischs flankiert, in eine zweite Position, in der die Greifeinrichtung einen Ablaufabschnitt des Auflagetischs sowie des zweiten Förderbands flankiert; (13) die Greifeinrichtung übergreift die Förderbänder am Leit- bzw. Ablaufabschnitt mit einer Länge, die der Länge von zumindest einem zu bearbeitenden Behälter entspricht; (14) das zweite Förderband ist arbeitsmäßig mit der Versiegelungseinrichtung verbunden.

3. Das Patentgericht hat den so definierten Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann, als den es einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrungen in der Konstruktion von Versiegelungsvorrichtungen angesehen hat, nahegelegt erachtet und zur Begründung ausgeführt:

Den nächstkommenden Stand der Technik bilde die durch offenkundige Vorbenutzung bekanntgewordene Maschine A. 831-2, die vor dem Prioritätstag von der A. A. R. K. GmbH & Co. KG hergestellt und geliefert worden sei. Nach den glaubhaften Aussagen der hierzu vernommenen Zeugen hätten Bau- und Arbeitsweise der Maschine den als Anlage K7 überreichten Photographien entsprochen. Die vorbekannte Vorrichtung weise hiernach einen Zufuhrförderer (Merkmal 1) in Gestalt einer Rutsche am Ausgang einer Entstapelungsvorrichtung auf, mit der vereinzelte Behälter einem (ersten) Förderband (Merkmal 4) und über dieses einer von einem Gestell (Merkmal 2) getragenen Versiegelungseinrichtung von länglicher Form (Merkmal 11) mit einem oberhalb eines Auflagetisches angeordneten Thermo-Schweißkopf (Merkmal 3) zugeführt worden seien. Zur Zuführung zum Schweißkopf würden jeweils zwei Behälter von einer auf- und zufahrenden und längsverschieblichen Zange erfasst, die den Schieber einer Greifeinrichtung im Sinn des Merkmals 5 bilde und entsprechend den Merkmalen 6 und 7 angetrieben werde. Die Abförderung der versiegelten Behälter erfolge statt über ein zweites Förderband (Merkmal 8) über eine Rollenbahn. Das (erste) Förderband sei von intermittierender Bauart (Merkmal 9). Nach übereinstimmender Aussage der Zeugen werde nämlich das (erste) Förderband durch die Steuerelektronik gesteuert immer dann gestoppt, wenn der Siegelvorgang verzögert ablaufe; demgemäß sei auch Merkmal 10 verwirklicht. Die Zangen übergriffen in einer ersten Position einen Leitabschnitt des (ersten) Förderbands sowie des Auflagetischs und in einer zweiten Position einen Ablaufabschnitt des Auflagetischs und des "zweiten Bandförderers" (gemeint wohl: Rollenförderers) jeweils über zwei Behälterlängen (Merkmale 12 und 13). Da die Bewegung der Zangen mit der Bewegung der Verschließeinrichtung synchronisiert sei, sei auch die Rollenbahn arbeitsmäßig mit der Versiegelungseinrichtung verbunden (Merkmal 14).

Der vorbekannten Vorrichtung fehle somit allein ein zweites Förderband.

Die Kenntnis verschiedener Standardfördereinrichtungen wie Förderbänder, Rollenbahnen oder Rutschen, gehöre jedoch zum Grundwissen des Fachmanns; die Auswahl für den Einsatz in einer erfindungsgemäßen Vorrichtung stelle für ihn eine Routinemaßnahme dar.

4. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung stand und ist auch im Übrigen im Ergebnis und im Wesentlichen auch in der Begründung nicht zu beanstanden.

a) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Patentgerichts, dass die bekannte Vorrichtung mit der Rutsche über einen Zufuhrförderer im Sinne des Merkmals 1 verfüge. Die Art des Zufuhrförderers überlässt das Streitpatent dem Fachmann. Der Zufuhrförderer muss lediglich die Behälter dem ersten Förderband zuführen; eben diese Funktion erfüllt bei der A. 831-2 die Rutsche. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Beklagten ist auch unerheblich, wo die Befüllung der zu versiegelnden Behälter erfolgt; der Patentanspruch verhält sich hierzu nicht.

b) Das von einer Kette angetriebene Förderband führt auch entsprechend Merkmal 4 zur Einlaufseite der Versiegelungseinrichtung. Dem steht nicht die von der Beklagten als Zwischenauflagetisch bezeichnete Platte entgegen, die sich zwischen Förderband und Auflagetisch befindet. Entgegen der Auffassung der Beklagten verlangt Merkmal 4 kein unmittelbares Angrenzen des Förderbands an die Versiegelungseinrichtung, sondern nur, dass die Behälter mittels des Förderbands zur Versiegelungseinrichtung gelangen ().

c) Ebenfalls zu Unrecht bezweifelt die Berufung, dass das Förderband der vorbekannten Vorrichtung als Taktförderer, d.h. intermittierend im Sinne des Streitpatents, arbeitet. Merkmal 9 verlangt in Verbindung mit Merkmal 10 lediglich, dass die Förderung der Behälter durch das erste Förderband jeweils solange angehalten wird, bis der nächste Behälter oder das nächste Behälterpaar auf den Auflagetisch befördert und von der Greifeinrichtung erfasst werden kann (was ungenau dahin ausgedrückt wird, dass eine Anzahl von Behältern vor der Verschließeinrichtung (4, 6) für eine Zeitspanne warten soll, die zu ihrem Vorschub auf den Auflagetisch (4) benötigt wird ()). Dies geschieht auch bei der A. 831-2. Der Vortrag der Beklagten, dass dies nur über die Auslösung der Notstoppfunktion erreicht werde, wird durch die Bekundungen der in erster Instanz hierzu vernommenen Zeugen nicht gestützt. Insbesondere hat der Zeuge K. bekundet, dass das Band stoppe, bis die nächsten Schalen zugeliefert werden könnten, wenn die Siegelzeit zu lang sei. Bei einer schwer siegelbaren Folie habe man zwangsläufig den taktweisen Betrieb. Da nach der Bekundung dieses Zeugen die Maschine eingestellt werden kann, hat der Senat mit dem Patentgericht keinen Zweifel daran, dass Merkmal 9 verwirklicht wird. Dass mit dieser Maschine eine kontinuierliche, d.h. unterbrechungsfreie, Beförderung angestrebt worden ist, ist unerheblich, da die Maschine auch die Intervallbeförderung zulässt und für diese eingerichtet ist, weil die Vorschubgeschwindigkeit, wie der Zeuge K. bekundet hat, nicht beliebig klein eingestellt werden kann und je nach Siegeltemperatur und Folientyp eine längere Versiegelungszeit benötigt wird.

d) Die von der Dauer des Versiegelungsvorgangs abhängige Steuerung des Behältervorschubs durch das Förderband erfüllt auch die Anforderung des Merkmals 10, dass Förderband und Versiegelungseinrichtung arbeitsmäßig (operativ) verbunden sein sollen.

e) Schließlich ergibt sich aus den Abbildungen nach Anlage K7, dass die Zange in ihrer ersten Position entgegen der Darstellung der Beklagten nicht nur den Zwischenauflagetisch, sondern auch einen Leitabschnitt des Bandförderers flankiert.

f) Dagegen hat die Berufung darin recht, dass die Rollenbahn nicht arbeitsmäßig mit der Versiegelungseinrichtung verbunden ist (Merkmal 14), da es an einer Verbindung über die Steuerelektronik wie bei der Förderbahn fehlt. Dies stellt jedoch die Bewertung des Patentgerichts nicht in Frage, dass die vorbekannte Maschine dem Fachmann den Gegenstand des Streitpatents nahegelegt hat. Denn wenn der Fachmann, was das Patentgericht zu Recht und von der Berufung unangefochten für eine Routinemaßnahme gehalten hat, die Rollenbahn durch eine zweite Förderbahn ersetzen wollte, musste er notwendigerweise entweder für einen ständig wirksamen Antrieb der zweiten Förderbahn sorgen oder durch eine "arbeitsmäßige Verbindung" mit der Versiegelungseinrichtung das Anlaufen des zweiten Förderbandes an die Abgabe von Behältern durch die Versiegelungseinrichtung koppeln.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 PatG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
SAAAD-31845

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein